Ernst Haenchen

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Ernst Haenchen (* 10. Dezember 1894 in Czarnikau, Provinz Posen; † 30. April 1975 in Münster) war ein deutscher evangelischer Theologe.

Leben

Ernst Haenchen wuchs als jüngster Sohn des Kreissekretärs Carl Hermann Haenchen (1846–1897) und seiner Ehefrau Elfriede Haenchen, geb. Kubsch (1858–1939) zusammen mit seinen beiden Geschwistern in der westpreußischen Kreisstadt Czarnikau auf. 1914 begann er ein Theologiestudium an der Friedrich-Wilhelm-Universität Berlin, das er noch im selben Jahr nach Ausbruch des Ersten Weltkrieges unterbrechen musste. Der Verlust seines rechten Beins infolge einer 1918 erlittenen Kriegsverletzung beeinflusste seinen weiteren Werdegang. 1926 beendete er zunächst sein Theologiestudium an der Universität Tübingen. Seine erste Pfarrstelle gab er nach einem schweren Sturz infolge seiner Behinderung auf und beschloss, sich ganz der Wissenschaft zu widmen. Er kehrte an die Universität Tübingen zurück, wo er noch 1926 seine Lehrtätigkeit als Privatdozent für Systematische Theologie aufnahm.

Eine Tuberkulose-Erkrankung erzwang 1928 einen insgesamt zweijährigen Aufenthalt im schweizerischen Davos. Dort lernte er seine spätere Ehefrau Marguérite Fahrenberger (1905–1990) kennen, die Tochter des Davoser Pfarrers Johannes Fahrenberger. 1933 wurde Haenchen als ordentlicher Professor für Systematische Theologie an die Justus-Liebig-Universität Gießen berufen, wo er noch im selben Jahr zum Dekan der Theologischen Fakultät gewählt wurde. Am 24. März 1939 wechselte er an die Universität Münster, wiederum auf den Lehrstuhl für Systematische Theologie.[1] Nach kriegsbedingter Schließung der Universität Münster 1944 hielt sich Ernst Haenchen bis 1948 wieder im schweizerischen Davos auf, um erneut seine Tuberkulose-Erkrankung zu kurieren. In dieser Zeit entstand sein erstes wissenschaftliches Hauptwerk, ein Kommentar zur Apostelgeschichte, der ihn in Theologenkreisen bald bekannt machte. Das 1956 erstmals erschienene Werk war schnell vergriffen und wurde für die folgenden Auflagen vom Verfasser bis zu seinem Tode immer wieder aktualisiert und ergänzt. Ebenfalls sehr anerkennt wurde sein Kommentar Der Weg Jesu. Eine Erklärung des Markus-Evangeliums und der kanonischen Parallelen, 1966.

Ernst Haenchen war 1933 kurzzeitig Mitglied der Deutschen Christen, die er aber nach der sog. „Sportpalastkundgebung“ vom 13. November 1933, bei der Reinhold Krause, Obmann der Deutschen Christen in Groß-Berlin eine „Abkehr des Deutschen Christentums von seinen jüdischen Wurzeln“ forderte, wieder verließ. Am 13. Februar 1939 trat er – wohl im Vorfeld seiner Ernennung zum ordentlichen Professor an der Universität Münster einen Monat später – in die NSDAP ein, weshalb er 1945 seine Professur in Münster wieder verlor. Eine ordentliche Emeritierung erfolgte erst 1946. Als Emeritus lehrte Haenchen noch eine Reihe von Jahren weiter an der Universität Münster. In dieser Zeit promovierte Gerd Presler bei ihm über Sören Kierkegaard. Kurz vor seinem Tod stellte er den Text seines zweiten, erst posthum erschienenen Hauptwerks, eines Kommentars zum Evangelium nach Johannes fertig.

Ernst Haenchen war der Onkel des Fotografen Karl Ludwig Haenchen.

Schriften

  • Die Frage nach der Gewissheit beim jungen Augustin (Tübinger Studien zur systematischen Theologie ; 1), Stuttgart 1932.
  • Volk und Staat in der Lehre der Kirche. In: Volk. Staat. Kirche. Ein Lehrgang der Theologischen Fakultät Gießen. Verlag von Alfred Töpelmann, Gießen 1933.
  • Die Botschaft des Thomas-Evangeliums. Theologische Bibliothek Töpelmann ; 6, Berlin 1961.
  • Gott und Mensch. Gesammelte Aufsätze. Tübingen 1965.
  • Der Weg Jesu. Eine Erklärung des Markus-Evangeliums und der kanonischen Parallelen (Sammlung Töpelmann. 2. Reihe: Theologische Hilfsbücher;6), Berlin 1966 (2. durchges. u. verb. Aufl. 1968).
  • Die Bibel und wir. Gesammelte Aufsätze. Zweiter Band, Tübingen 1968, ISBN 3-525-51634-7.
  • Die Gnosis. Band I: Zeugnisse der Kirchenväter. Unter Mitwirkung von Ernst Haenchen und Martin Krause eingeleitet, übersetzt und erläutert von Werner Foerster. Zürich 1969 (Nachdruck 1995), ISBN 3-7608-1105-1.
  • Die Apostelgeschichte. Kritisch-exegetischer Kommentar über das Neue Testament / begr. von Heinrich August Wilhelm Meyer. Hrsg. von Ferdinand Hahn ; 3, Göttingen 1977 (16. Aufl., 7., durchges. u. verb. Aufl. dieser Neuauslegung), ISBN 3-525-51634-7.
  • Das Evangelium nach Thomas / möglichst wortgetreue Übers. von Ernst Haenchen. Neu-Isenburg 1979 ISBN 3-920947-27-4.
  • Das Johannesevangelium – ein Kommentar. Aus den nachgelassenen Manuskripten hrsg. von U. Busse mit einem Vorwort von J. M. Robinson. Tübingen 1980, ISBN 3-16-143102-2.

Literatur

  • Apophoreta: Festschrift für Ernst Haenchen zu seinem 70. Geburtstag am 10. Dezember 1964, herausgegeben von Walther Eltester (Zeitschrift für die neutestamentliche Wissenschaft und die Kunde der älteren Kirche / Beihefte ; 30), Berlin 1964

Einzelnachweise

  1. Präsident der Justus-Liebig-Universität Gießen und Gießener Hochschulgesellschaft (November 1983). Egon Wöhlken; Manfred Messing; Annedore Kübe (eds.). Die nationalsozialistische Universität. Gießener Universitätsblätter. Jahrgang XVI Heft 2. Brühlsche Universitätsdruckerei Gießen. pp. 15–16.

Weblinks