Falado von Rhodos
Falado von Rhodos 2009 in Søby/Dänemark
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Die Brigantine Falado von Rhodos war ein deutsches Segelschiff für Gruppen der bündischen Jugend. Sie wurde 1968 in der Xalkidos-Werft auf Rhodos nach dem Riss eines deutschen Konstrukteurs und mit der handwerklichen Kunst griechischer Bootsbaumeister gebaut. Die Ausführung wesentlicher Holzarbeiten nach dem Stil griechischer Kaíkis war am Schiffskörper erkennbar. Benannt wurde sie nach dem Traumland aus einem Seefahrergedicht[1] von Hans Leip. Das Schiff sank am 9. August 2013 westlich von Island auf 64° 4′ 8″ N, 23° 5′ 59″ W .[2]
Geschichte
Bauherr, erster Eigner und Skipper war der Altphilologe, Journalist und Jugendbuchverleger Herbert Hörhager, der zunächst mit Studenten den wahren historischen Verlauf der Schlacht bei Artemision und den griechischen Sieg über die persische Flotte aus seefahrerischer Sicht erforschen wollte.[3] Bei dieser Forschung reifte der Gedanke, mit Jugendgruppen und Gruppen der bündischen Jugend auf einem hochseetauglichen Segelschiff – statt enger Küstengewässer – die Weltmeere zu befahren.[4][5]
Nach dem Tod von Herbert Hörhager wurde der Verein „Brigantine Falado von Rhodos e.V.“ in Paderborn gegründet, der das Boot auch erbte und betrieb.
Beschreibung und Takelung
Zunächst war die Falado von Rhodos als Gaffelschoner beziehungsweise als Marstoppsegelschoner getakelt und wurde 1970 in eine Brigantine mit einer Gesamtsegelfläche von ca. 200 m² umgeriggt. Die Falado von Rhodos hatte seit dem Stapellauf ihren typischen roten Anstrich. Als Galionsfigur zierte ein springender Delphin ihren Vorsteven und ein Mahagoni-Schnitzwerk das Heck. Der offizielle Heimathafen war Schleswig. Jedoch lag sie in den letzten Jahrzehnten im Winterlager in Kiel an der Blücherbrücke.
Reviere, Regatten, Erlebnisse
Nach Erkundung der griechischen und türkischen Inselwelt nahm die Falado von Rhodos 1971 mit junger Besatzung unter Leitung des ehemaligen Kommandanten der Gorch Fock, Kapitän zur See a. D. Hans Engel, am Cutty Sark Tall Ship Race von Porto Cervo (Sardinien) nach Valletta (Malta) teil.
Die erste Atlantiküberquerung folgte 1971, nach Erkundung der Karibik und Rückkehr 1972 nahmen bündische Gruppen an der Operation Sail von Cowes (Isle of Wight) nach Skagen (Dänemark) teil, die zugleich Zubringerregatta zur Olympiade in Kiel war.
In den Jahren 1973 bis 1983 wurden die Reviere der Nord- und Ostsee mit ihren Inseln, Schären und Fjorden befahren. 1974/1975 stand eine große Überholung an; es waren der Innenausbau und die Takelage zu erneuern, und das Unterwasserschiff musste nach Befall mit dem Schiffsbohrwurm teredo navalis komplett neu beplankt werden.
Bei einer Kollision mit einem dänischen Küstenmotorschiff im Jahr 1977 sank die Falado von Rhodos im Öresund.[6] Unter hohen Kosten, die nicht vollständig vom Versicherer des Verursachers übernommen wurden, konnte das Schiff aber wieder geborgen und instand gesetzt werden.
1983 überquerte die Falado von Rhodos zum zweiten Mal den Atlantik und lief in der Karibik verschiedene Inseln, Riffs und Buchten an. Nach der Rückkehr 1984 befuhr sie wieder die zweite Heimat im Mittelmeer. Vom Winterlager in Istrien ging es wieder über Atlantik und Biskaya in die Nord- und Ostsee; wo Vorarbeiten der ersten Weltumsegelung in Angriff zu nehmen waren.
1988 folgte zunächst die dritte Atlantiküberquerung von den Kanarischen Inseln aus über die Karibik in den Panamakanal. Vor dort ging es in den Pazifik weiter, dann in die Südsee und nach Australien sowie durch die ostasiatischen Gewässer. Viele Crew-Wechsel und Überholungsarbeiten fern der Heimat waren zu organisieren und zu finanzieren. Bei viel Gegenwind durch das Rote Meer erreichte die Falado von Rhodos 1990 wieder das Mittelmeer.
1991 fuhr das Boot über Atlantik, Biskaya und Nordsee wieder in die Ostsee, wo in der Eckernförder Bucht eine große Feier der glücklichen Rückkehr ausgerichtet wurde. In den Jahren 1992 und 1993 standen die Segelreviere Ost- und Nordsee wieder im Vordergrund, wobei zum ersten Mal die Ostgebiete bis Lettland erkundet wurden. Im Winter 1992/93 wurden notwendige Werftarbeiten am Rumpf durchgeführt und ein neuer, stärkerer und wassergekühlter Motor eingebaut. Im Herbst startete die Falado von Rhodos über die Kanarischen Inseln zu ihrem vierten Atlantik-Törn in die Karibik. Im Sommer 1995 trat in Miami die Crew zur Nordatlantiküberquerung an. Unter schwierigen Wetterbedingungen erreichte das Schiff nach sieben Wochen verspätet Brest. Von dort aus kehrte die Falado von Rhodos im Herbst nach Kiel zurück.
Das Segelrevier der Jahre 1996 bis 2001 war wieder die Ostsee mit Besuchen in Finnland und Estland. Im Winterlager 2001 wurde das Schiff für die Mittelmeerfahrt vorbereitet und ausgerüstet. Die Törns führten 2002 entlang der Küste durch den englischen Kanal und die Biskaya ins Mittelmeer. 2003 segelten die Gruppen entlang der kroatischen und albanischen Küste und erreichten seit langer Zeit wieder die Inseln und Küsten Griechenlands und der Türkei. Das Winterlager in der Adria wurde 2005 mit dem Ziel Kanarische Inseln verlassen, um von dort den fünften Atlantik-Törn anzutreten. In der Karibik führten die Kurse den gesamten Winter über durch die Karibische See mit stetem Passat und warmem Wetter.
2006 ging der Törn von Miami nach Europa zurück, um in den folgenden drei Jahren vorrangig die Ostsee und den Skagerrak zu befahren.
Nach einer Vorbereitung im Jahre 2012 auf der Werft, ging es erneut auf die Kanaren. Im November startete sie dann zur sechsten Atlantiküberquerung in die Karibik. Von dort aus wurde die amerikanische Ostküste hinauf befahren und dann von New York über Halifax, Neufundland und Labrador nach Grönland sowie weiter nach Island, das am 5. Juli 2013 erreicht wurde.
Untergang
Am 9. August 2013 sank die Falado von Rhodos etwa 10 Seemeilen westlich der isländischen Halbinsel Reykjanesskagi. Die zwölfköpfige Crew wurde von der isländischen Rettungsorganisation ICE-SAR abgeborgen.[7]
Das Boot war am 8. August 2013 gegen 10 Uhr aus dem Hafen von Rif auf Island ausgelaufen. Geplant war, zwei Tage später Keflavík in Island zu erreichen. Die 12-köpfige Besatzung bestand aus dem 44 Jahre alten Schiffsführer, einem 27 Jahre alten CoSkipper, drei weiteren Erwachsenen und sieben Jugendlichen im Alter von 11 bis 14 Jahren. Nach Umrundung des Kaps Snæfellsnes musste hart gegen einen Wind der Stärke 5 Beaufort aus Südost angesegelt werden, wozu der Motor unterstützend eingesetzt wurde. Es kam zu Wellenhöhen von 2 Metern, teilweise auch Kreuzseen, die das Schiff kräftig ins Stampfen brachten. Hin und wieder gingen Wellen über das Vorschiff. Dass das Schiff bei derartigen Verhältnissen erheblich mehr Wasser macht als bei glatter See, war bekannt, und so wurden die Bilgenpumpen regelmäßig eingesetzt.[2]
Der Schiffsführer stellte gegen 22 Uhr fest, dass der Wasserstand in der Bilge ungewöhnlich hoch war. Als es trotz kräftigen Pumpens nicht gelang, diesen Wasserstand abzusenken, wurde gegen 23:30 Uhr per Seefunk ein Notruf abgesetzt. Ein in der Nähe befindlicher Fischkutter hielt sich daraufhin zur Hilfe bereit, und gegen 2 Uhr früh erreichte ein isländisches Seenotrettungsboot die Falado von Rhodos. Zunächst versuchte man, eine von den Seenotrettern übergebene kräftigere Dieselpumpe einzusetzen, die aber nicht zum Laufen gebracht werden konnte. Offensichtlich verstopfte das am Einlauf angebrachte Sieb innerhalb weniger Minuten. Aufgrund des weiterhin steigenden Wasserstandes im Segelschiff wurde die Falado von Rhodos gegen 4 Uhr evakuiert und in Schlepp genommen. Gegen 5 Uhr entschied man sich, die Leinen zu kappen und die Falado von Rhodos sinken zu lassen. Das Schiff liegt in etwa 90 Meter Tiefe 10 Seemeilen westlich von Island.[2]
Untersuchung
Seeunfälle von unter deutscher Flagge fahrenden Schiffen werden von der Bundesstelle für Seeunfalluntersuchung untersucht. Ziel dieser Untersuchungen ist nicht, das Verschulden des Unfalls oder Haftungsfragen zu klären, sondern künftige Seeunfälle zu verhindern. Der 38 Seiten lange Untersuchungsbericht ist im Netz abrufbar.[2]
Im Untersuchungsbericht wird festgestellt,
- dass die Schiffsverbände, die Schiffsbeplankung, die Spanten und die Besegelung für das Seegebiet unterdimensioniert gewesen waren,
- dass daraus eine mangelnde Längs- und Torsionssteifigkeit resultiert hatte,
- dass die Kalfaterungen nicht fachgerecht ausgeführt worden waren,
- dass die Schwingungs- und Schubaufnahme durch die Maschinenanlage und die Schiffsschraube unzureichend gewesen war. Hierzu ist besonders zu bemerken, dass die Brigantine ursprünglich von der griechischen Werft mit einer 20-PS-Maschine ausgerüstet worden war, zuletzt aber über eine 147-PS-Maschine verfügte, ohne dass ausreichende Verstärkungen vorgesehen worden waren.
- Dies alles habe zusammen mit den an diesem Tage auftretenden extremen Belastungen des Riggs und des Schiffskörpers zu Wassereinbrüchen geführt, vermutlich in allen Bereichen des Schiffsrumpfes.
- Möglicherweise habe auch eine mangelnde Reinigung der Bilge eine Rolle gespielt, da mindestens eine Pumpe wegen Schmutzpartikeln im Saugkorb ausgefallen war.
Es wird festgestellt, dass die Falado von Rhodos „in einem nicht seetüchtigen Zustand und am Ende der Nutzungsdauer“ gewesen sei. Die letzte Reise sei „... trotz vieler warnender Stimmen von Fachleuten und fachkundigen Mitgliedern aus dem Eigentümer-Verein“ durchgeführt worden. Der Schiffsuntergang sei nur durch die schnelle Hilfe „ohne Verlust an Menschenleben ausgegangen“, fern von der Küste hätte ein vergleichbarer Unfall wesentlich tragischer geendet.[2]
Der Bericht bemängelt auch, dass solche Schiffe als „Vereinsboot“ und damit als Sportboot definiert werden und keinerlei behördlicher Überwachung unterliegen. Auch die Qualifikation des Schiffsführers zum Unfallzeitpunkt (er verfügte über den Sportküstenschifferschein) wird als unzureichend angesehen, wenn sie auch nicht ursächlich für den Seeunfall gewesen sei.
In einer Erwiderung weist der Betreiberverein darauf hin, dass das Boot aus seiner Sicht professionell instand gehalten worden sei. Zu seinen Vereinsmitgliedern würden auch Schiffbauingenieure und Bootsbauer gehören, aber auch die wichtigsten Inspektionen und Instandhaltungsarbeiten seien durch eine kompetente Werft erfolgt. Der Verein weist auch darauf hin, dass für ihn Sicherheit damals wie heute eine hohe Relevanz habe und das heutige Nachfolger-Schiff regelmäßig durch einen neutralen Gutachter inspiziert werden solle.[8]
Literatur und weiterführende Informationen
- Otmar Schäuffelen: Die letzten großen Segelschiffe. 10. Auflage. Verlag Delius Klasing, Bielefeld 2002, ISBN 3-7688-0483-6.
- Hans-Jürgen Willeke: Falado o Falado. Die frühe Geschichte eines bündischen Segelschiffs. Puls 26 Dokumentationsschrift der Jugendbewegung. Verlag der Jugendbewegung, Berlin 2009, ISSN 0342-3328.
- Atlantikcrew 1995: Falado von Rhodos Nordatlantik-Überquerung Mai / Juni / Juli 1995. Ring junger Bünde Mitteilungen 94, Heidelberg September 1996.
- Brigantine Falado von Rhodos gem. e. V.: Unser Schiff 1. Auflage. Spurbuchverlag, Baunach 2015, ISBN 978-3-88778-437-9.
Weblinks
- Trägerverein und aktuelle Nachrichten auf falado.de
Einzelnachweise
- ↑ Hans Leip: Falado. In: Die Hafenorgel. Langewiesche-Brandt, 1977, S. 32.
- ↑ a b c d e Untersuchungsbericht 265/13 Sehr schwerer Seeunfall: Untergang der Falado von Rhodos am 9. August 2013 vor Island. (PDF) Bundesstelle für Seeunfalluntersuchung, 15. Dezember 2014, abgerufen am 17. Dezember 2014.
- ↑ Herbert Hörhager: Zu den Flottenoperationen am Kap Artemision. In: Chiron. Nr. 3, 1973, S. 43–59.
- ↑ Klaus Peter Möller: Nachruf Fred Kottek. In: Köpfchen – Mitteilungsblatt der Arbeitsgemeinschaft Burg Waldeck e.V. Nr. 4, 2004, S. 2 ff. (burg-waldeck.de).
- ↑ Herbert Hörhager: Ein anderes Schiff. In: Yacht. Nr. 12, 1970, S. 86 ff.
- ↑ Hartmut Hansen: Im Öresund versank ihr Traum. Der tragische Untergang des Jugendschiffes ›Falado von Rhodos‹. In: Yacht. Nr. 6, 1978, S. 9.
- ↑ Last Minute Rescue of Germans from Yacht off Iceland. Iceland Review Online, 9. August 2013, archiviert vom Original am 1. Juli 2018; abgerufen am 9. August 2013 (englisch).
- ↑ Offener Brief des Brigantine Falado von Rhodos e. V. ... vom 7. April 2016