Finnische Methode

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Die Finnische Methode (auch als Referenzwirkungsgradmethode[1] bezeichnet, englisch alternative generation method) ist eine Methode zur Berechnung der Einsparung an Primärenergie bei der gemeinsamen in Kraftwärmekopplung (KWK) gewonnenen elektrischen Energie und Wärme gegenüber der getrennten bzw. ungekoppelten Gewinnung von elektrischer Energie und Wärme in einem Referenzsystem. Sie wird sowohl bei der Berechnung von Energiebilanzen ganzer Volkswirtschaften als auch zur Beurteilung einzelner KWK-Anlagen (z. B. Heizkraftwerke) angewendet.

Beschreibung der Methode

Zunächst werden über die thermische Jahresarbeit Wth,KWK, die elektrische Jahresarbeit Wel,KWK und den gesamten Jahresbrennstoffeinsatz WBr,KWK für die KWK-Anlagen ein thermischer Wirkungsgrad ηth,KWK und ein elektrischer Wirkungsgrad ηel,KWK bestimmt:[2][3][4]

Zusammen mit den thermischen und elektrischen Wirkungsgraden des Referenzsystems ηth,Ref und ηel,Ref kann dann die Primärenergieeinsparung PEE gegenüber dem Referenzsystem bestimmt werden:[2][3][4]

Anmerkung: Da 100 % = 1 lässt sich die Formel alternativ auch ohne den Term „ 100 %“ darstellen.

Über die Primärenergieeinsparung und die Wirkungsgrade kann dann der gesamte Brennstoffeinsatz WBr,KWK auf einen Brennstoffeinsatz zur Wärmeerzeugung Wth,Br und einen Brennstoffeinsatz zur Stromerzeugung Wel,Br aufgeteilt werden:[2]

Die thermische und elektrische Jahresarbeit in Bezug zum jeweiligen Brennstoffeinsatz ergibt den effektiven Wirkungsgrad des Teilprozesses.

Herleitung der Primärenergieeinsparung

Die Primärenergieeinsparung PEE gegenüber dem Referenzsystem ηth,Ref und ηel,Ref begründet sich wie folgt. Durch Kraft-Wärme-Kopplung wird aus einer Brennstoffeinheit ηth,KWK Einheiten Wärme und ηel,KWK Einheiten elektrische Energie erzeugt. Hätte man diese Nutzenergien ungekoppelt mit den jeweiligen Referenztechnologien generiert, so wäre der folgende Brennstoffbedarf WBr,Ref notwendig gewesen:

Die Primärenergiesparung ist die Differenz zwischen dem Brennstoffbedarf des ungekoppelten Referenzsystems WBr,Ref und der Kuppelproduktion WBr, bezogen auf das Referenzsystem.

Anmerkung: Die Brennstoffallokation WBr,th und WBr,el verteilt die Primärenergieeinsparung zu gleichen Teilen auf die Strom- und Wärmeseite.

Anwendungen und Abgrenzung

Die Finnische Methode wird bei der Erstellung von Energiebilanzen angewandt, konkurriert aber mit anderen Methoden. So wird die Finnische Methode beispielsweise bei den von der Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen für Deutschland erstellten Energiebilanzen angewendet, wobei Referenzwirkungsgrade von ηth,Ref = 80 % und ηel,Ref = 40 % angesetzt werden.[2] Die Energiebilanzen der deutschen Bundesländer werden ebenfalls mit der Finnischen Methode, allerdings mit Referenzwirkungsgraden von ηth,Ref = 90 % und ηel,Ref = 40 % bestimmt.[1] Im Gegensatz dazu verwenden z. B. International Energy Agency (IEA), Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) und Eurostat eine andere Methode.[5]

Gemäß der europäischen KWK-Richtlinie 2004/8/EG war die Verwendung der Finnischen Methode zur Bestimmung der Primärenergieeinsparung von einzelnen KWK-Anlagen vorgeschrieben.[4] Diese Richtlinie wurde durch die Energie-Effizienz-Direktive (EED) 2012/27/EU abgelöst, in der in Anhang II die Primärenergieeinsparung (PEE) nach der gleichen Formel zu berechnen ist.[6]

Neben der Finnischen Methode existieren weitere Methoden zur Berechnung der Primärenergieeinsparung und Allokation von Brennstoffeinsätzen (und damit auch von CO2-Emission) auf Strom und Wärme.[3]

Vor- und Nachteile

Laut VDI-Richtlinie 4661 „gibt [es] keine Methode, die insgesamt, d.h. nach thermodynamischen, wirtschaftlichen und ökologischen Kriterien gleichermaßen zwingend anzuwenden wäre“.[7] Es ist jeweils zu prüfen, ob die Finnische Methode oder eine andere Methode „für den jeweils betrachteten Fall und den daraus resultierenden Aussagen besser oder schlechter geeignet“ ist.[3]

Als Vorteile der Finnischen Methode werden angegeben:

  • Es erfolgt keine Überbewertung der Brennstoffeinsparung.[3]
  • Es wird nicht nur die betrachtete KWK-Anlage selbst beurteilt, sondern ihre Energieeinsparung zur ungekoppelten Strom- und Wärmeerzeugung.[3]

Daneben werden folgende Nachteile angegeben:

  • Sie ist verhältnismäßig aufwändig.[8]
  • Es müssen Annahmen zu Referenzanlagen und damit Referenzwirkungsgraden getroffen werden.[8] Die Referenzwirkungsgrade können in einem weiten Bereich streuen und haben daher einen starken Einfluss auf das Ergebnis.[3]

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. a b Länderarbeitskreis Energiebilanzen (Hrsg.): Glossar zu den Energiebilanzen der Länder. März 2014 (lak-energiebilanzen.de [PDF; 252 kB; abgerufen am 18. Januar 2015]). Online als PDF (Memento des Originals vom 4. März 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.lak-energiebilanzen.de
  2. a b c d Arbeitsgemeinschaft Energiebilanzen e. V. (Hrsg.): Vorwort zu den Energiebilanzen für die Bundesrepublik Deutschland. August 2010, 3 Aufteilung des Brennstoff-einsatzes auf die Produkte Strom und Wärme nach finnischer Methode, S. 10 (ag-energiebilanzen.de [PDF; 161 kB; abgerufen am 18. Januar 2015] Methodische Beschreibung der offiziellen Energiebilanzen Deutschlands).
  3. a b c d e f g Wolfgang Mauch, Roger Corradini, Karin Wiesemeyer und Marco Schwentzek: Allokationsmethoden für spezifische CO2-Emissionen von Strom und Wärme aus KWK-Anlagen. In: Energiewirtschaftliche Tagesfragen. Band 55, Nr. 9, 2010, S. 12–14 (ffe.de [PDF; 2,3 MB; abgerufen am 18. Januar 2015]).
  4. a b c Richtlinie 2004/8/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 11. Februar 2004 über die Förderung einer am Nutzwärmebedarf orientierten Kraft-Wärme-Kopplung im Energiebinnenmarkt und zur Änderung der Richtlinie 92/42/EWG, Anhang III: Verfahren zur Bestimmung der Effizienz des KWK-Prozesses.
    Das deutsche Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz verwies in § 9a Abs. 2 Nr. 8 auf den Anhang dieser Richtlinie.
  5. International Energy Agency (IEA), Organisation for Economic Co-operation and Development (OECD) und Eurostat (Hrsg.): Energy Statistics Manual. 2005, S. 48 und 147 (englisch, iea.org [PDF; 1,9 MB; abgerufen am 18. Januar 2015] Methodische Beschreibung internationaler Energiebilanzen).
  6. Richtlinie 2012/27/EU des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 25. Oktober 2012 zur Energieeffizienz, zur Änderung der Richtlinien 2009/125/EG und 2010/30/EU und zur Aufhebung der Richtlinien 2004/8/EG und 2006/32/EG, Anhang II: Verfahren zur Bestimmung der Effizienz des KWK-Prozesses.
    Das deutsche Kraft-Wärme-Kopplungsgesetz verweist in § 31 Abs. 2 Nr. 13 auf den Anhang dieser Richtlinie.
  7. Verein Deutscher Ingenieure (Hrsg.): Richtlinie VDI 4661 Energiekenngrößen : Definitionen – Begriffe – Methodik. September 2003, S. 27.
  8. a b Gerald Kalt: Primärenergiefaktoren von fossilen und erneuerbaren Energieträgern, Strom und Fernwärme im Zeitraum 2000 bis 2011. Teilbericht des Projektes „Erweiterung der Monitoringmethoden im Sinne der RL 2006/32/EG um Primärenergieeinsparungen sowie Berechnung der Primärenergieeffekte der Ziele der Energiestrategie Österreich im Hinblick auf den Entwurf der Energieeffizienzrichtlinie der Europäischen Kommission COM(2011) 370 final“. Hrsg.: Österreichische Energieagentur. Wien Juni 2013, S. 7 f. (bmwfw.gv.at [PDF; 965 kB; abgerufen am 23. Februar 2015]). Online als PDF (Memento des Originals vom 4. Juli 2014 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.bmwfw.gv.at