Forchdenkmal
Das sogenannte Forchdenkmal, offiziell Wehrmännerdenkmal, ist eine Gedenkstätte ausserhalb der Ortschaft Forch auf dem Wassberg (Pfannenstielkette) im Kanton Zürich, Schweiz, auf rund 725 m ü. M.
Die 18 Meter hohe Bronzeplastik in Form einer Flamme erinnert an die Zürcher Soldaten, die im Ersten Weltkrieg im Aktivdienst gestorben waren. Im Volksmund wird sie in Anspielung auf die Form auch de gfroore Furz genannt.[1]
Lage des Denkmals auf der Forch |
Beschreibung
Das Denkmal wird gebildet durch eine 18 Meter hohe eherne Flamme aus Kupferblech, die auf einer Stufenpyramide steht. Diese zählt 11 Stufen von je 38 cm Höhe. Um das Besteigen der Pyramide zu erleichtern, ist auf allen vier Seiten eine Treppe mit einer Stufenhöhe von 19 cm angebracht.
Auf dem Steinsockel ist folgende Inschrift eingemeisselt:
„DIES DENKMAL BAUTE DAS ZÜRCHER VOLK ALS SINNBILD SEINER OPFER, DIE DER WELTKRIEG 1914–1918 ZU DES VATERLANDES SCHUTZ FORDERTE“
Geschichte
Idee und Realisierung
Während im Ersten Weltkrieg im Europa ausserhalb der Schweiz zwischen acht und zehn Millionen Soldaten ums Leben kamen, starben rund 3000 Angehörige der Schweizerischen Armee während ihrer Dienstzeit. Abgesehen davon wurden zwischen Juli 1918 und Juni 1919 in der Schweiz ca. 25’000 Personen allein durch die Spanische Grippe dahingerafft, darunter auch Soldaten im Aktivdienst. Während der ersten Grippewelle von 1918 starben auf diese Weise pro Tag bis zu 35 Diensttuende, was in den Familien Dienst leistender Familienväter – bedingt durch die fehlende soziale Absicherung – grosse Not auslösen konnte.[2]
Die Schweiz war damals nicht Schauplatz kriegerischer Auseinandersetzungen, so dass es zu keinen Toten durch Kriegshandlungen kam. Die vielen während des Dienstes krankheitsbedingt verstorbenen Soldaten wurden als Gefallene gezählt. Zu ihren Ehren wurden im ganzen Land Erinnerungsstätten und Denkmäler errichtet.[2] In diesem Sinne bildete sich 1920 auf Initiative der Unteroffiziersgesellschaft des Kantons Zürich auch eine Kommission, die sich zum Ziel gesetzt hatte, im Kanton Zürich ein schlichtes Denkmal für all jene Wehrmänner zu errichten, die während des Aktivdienstes im Ersten Weltkrieg verstorben waren. Dem Komitee gehörten unter anderen Regierungsrat Rudolf Maurer, der Präsident des Kantonsrats Adolf Streuli sowie der Kantonsbaumeister Hermann Fietz an. Von den zahlreichen Gemeinden, die sich um den Standort beworben hatten, wurde schliesslich die Forch ausgewählt. Das Denkmal sollte auf einer Anhöhe nordwestlich des historischen Zentrums errichtet werden.
Am 12. März 1922 beschloss die Gemeindeversammlung von Küsnacht, auf dessen Gebiet das Grundstück liegt, einen Kostenbeitrag von Fr. 9000.–. Die Forchbahn steuerte Fr. 7000.– bei und der Wirt des nahe gelegenen Gasthofes «Krone» spendete Fr. 1000.–. Weitere Spenden stammten vom Unteroffiziersverein und aus der Öffentlichkeit.[3]
Für den Bau wurde unter den Zürcher Künstlern ein Wettbewerb ausgeschrieben. Von den 91 eingegangenen Beiträgen wurde von einem Preisgericht das Projekt «Das Opfer» des Zürcher Architekten Otto Zollinger (1886–1970) ausgewählt. In der Begründung der Jury heisst es: «In diesem Entwurf ist die Idee des Denkmals in überzeugend schöner Weise zum Ausdruck gebracht. Die Bergkuppe wird in der Wirkung durch das Mal verstärkt, und es klingt in dieser gleichsam aus. Durch den pyramidenförmigen Aufbau mit der hochgehenden Flamme wurde eine charakteristische Gestaltung des Denkmals erfunden, in welcher Monumentalität, Ernst und Würde in lebendig zündender Weise verkörpert wird.»
Mit der Opferflamme kreierte der Architekt Otto Zollinger das Symbol der ewigen Flamme, die er in Kupferblech verewigt und auf die Treppenpyramide gesetzt hatte. Das Symbol der ewigen Flamme taucht auch an anderen Orten auf, wie zum Beispiel am Grab des unbekannten Soldaten am Triumphbogen in Paris.[4]
Eine Überprüfung der Realisierbarkeit ergab, dass die vorgesehenen Kosten von Fr. 60'000.– bei weitem überschritten würden. Da Zollinger Möglichkeiten fand, die Kosten zu verringern, wurde im Frühling 1922 mit dem Bau begonnen. Die Bauarbeiten wurden durch die Firmen Hatt-Haller und A. Schulthess ausgeführt.
Einweihung
Das Denkmal wurde am Sonntag, dem 24. September 1922 von Bundespräsident Robert Haab eingeweiht. Die Schätzungen der anwesenden Besucher bewegen sich zwischen 30'000 und 50'000, allein die Forchbahn beförderte 12'865 Personen. In seiner Rede erinnerte der Bundespräsident auch an die zahlreichen Menschen, die im Herbst 1918 an der Spanischen Grippe verstorben waren und erlegte den Anwesenden die Pflicht, den Menschen, die zum Schutz der Schweiz gestorben waren, stets würdig zu gedenken.
Die vier Sozialdemokraten in der städtischen Regierung blieben der Einweihungsfeier fern. Der Historiker Kuhn schrieb darüber folgendes: «
»[5]
Pläne zur Erweiterung
Am 21. November 1946 erteilte der Regierungsrat dem Erbauer des Denkmals Otto Zollinger den Auftrag, ein Projekt über der Erweiterung des Denkmals zu erstellen. Dem bestehenden Denkmal sollte eine Gedenkwand angefügt werden, an der auf einer Tafel die Namen der am Todestage im Kanton wohnhaft gewesenen und während des Aktivdienstes 1914–1918 und 1939–1945 verstorbenen Wehrmänner hätten aufgeführt werden sollen. Vorgesehen waren zudem ein Ruheplatz und ein Weg zur Gedenkwand mit Sitzgelegenheiten. Das Projekt wurde jedoch nicht verwirklicht.
Restaurierungen
1974 wurde das Denkmal restauriert und Rost entfernt, der sich in der Flamme gebildet hatte. In die Flamme wurden Ventilationslöcher gebohrt, um die Bildung von Kondenswasser im Inneren zu verhindern.
Eine weitere Restaurierung erfolgte 1990. Damals wurde die Skulptur per Hubschrauber für eine Überholung abtransportiert,[6] und in ihrem Hohlraum wurde ein Archiv eingerichtet, in dem auf zwei Tafeln die Namen aller in den beiden Weltkriegen verstorbenen Soldaten des Kantons Zürich aufgeführt sind.
Der hohle Betonsockel musste wie 1990 im Jahr 2016 erneut restauriert werden.[6]
Anlässe und Symbolik
Die 1.-August-Feier der Gemeinde Küsnacht wird jeweils beim Forchdenkmal gefeiert. Zudem wird das Gelände am Denkmal immer wieder für militärische Anlässe wie Beförderungen oder Fahnenweihen genutzt.
Am 1. August 1973 organisierte James Schwarzenbach beim Forchdenkmal eine politische Veranstaltung. Rund um den Anlass kam es dabei zu verschiedenen Tumulten, die durch Gegendemonstranten ausgelöst wurden. In der Nacht zuvor war das Denkmal bereits mit Hakenkreuzen verschmiert worden. 1979 organisierte Christoph Blocher einen Festumzug zum Denkmal. Es ist der Ort, an dem der Aufstieg der «neuen» Schweizerischen Volkspartei begann. Die vaterländisch-patriotische Setzung des Denkmals funktionierte demnach 57 Jahre nach der Einweihung noch.
In der Öffentlichkeit geriet das Denkmal weitgehend in Vergessenheit. Christoph Mörgeli kritisierte, dass es neben dem Forchdenkmal als Erinnerung an die Wehrmänner auch ein Denkmal für die Grippeopfer geben sollte.[7]
Am 24. September 2022 fand eine Gedenkfeier zum 100-Jahr-Jubiläum Wehrmännerdenkmal statt. Die Feier wurde vom kantonalen Unteroffiziersverband Zürich & Schaffhausen organisiert.[8]
Literatur
- Jürg Bruppacher in: Küsnachter Jahrheft 1977.
- Konrad J. Kuhn, Béatrice Ziegler: Heimatfilme und Denkmäler für Grippetote: Geschichtskulturelle Reflexionen zur wirtschaftlichen Nutzbarmachung des Ersten Weltkriegs in der Schweiz. In: Christoph Kühberger, Andreas Pudlat (Hrsg.): Vergangenheitsbewirtschaftung: Public History zwischen Wirtschaft und Wissenschaft. Studien-Verlag, Innsbruck/Bozen/Wien 2012, S. 199Ä215.
- Konrad J. Kuhn: Politik in Bronze und Stein. Denkmäler für die «Gefallenen» des Ersten Weltkriegs. In: Konrad J. Kuhn, Béatrice Ziegler (Hrsg.): Der vergessene Krieg. Spuren und Traditionen zur Schweiz im Ersten Weltkrieg. Hier und Jetzt, Baden 2014, S. 211–231.
Weblinks
- Gemeinde Küsnacht: Forchdenkmal
- Bericht in der Maurmer Post vom 7. Februar 2003 (PDF-Datei; 453 kB)
- Gedenkstätten (Denkmäler, Grenzbefestigungsanlagen) und Museen zum 1. Weltkrieg in der Schweiz (PDF-Datei; 622 kB)
- Marc Tribelhorn: Umkämpftes Gedächtnis. Die Schweiz im Ersten Weltkrieg. In: Neue Zürcher Zeitung. 15. Juli 2014.
Einzelnachweise
- ↑ Marc Tribelhorn: Umkämpftes Gedächtnis. Die Schweiz im Ersten Weltkrieg. In: Neue Zürcher Zeitung. 15. Juli 2014.
- ↑ a b Yvonne Leimgruber: Gedenkstätten und Museen zum 1. Weltkrieg in der Schweiz (pdf; 637 kB), hrsg. vom Zentrum Politische Bildung und Geschichtsdidaktik, Pädagogische Hochschule FHNW, Schweiz.
- ↑ Konrad J. Kuhn, Béatrice Ziegler: Der vergessene Krieg: Spuren und Traditionen zur Schweiz im Ersten Weltkrieg. 1. Auflage. Hier und Jetzt Verlag, Baden 2014, ISBN 978-3-03919-316-5, S. 214.
- ↑ Stefan Hotz: Das vereinnahmte Monument. In: Neue Zürcher Zeitung. 23. September 2022, S. 15.
- ↑ Kuhn, Konrad J.: Der vergessene Krieg: Spuren und Traditionen zur Schweiz im Ersten Weltkrieg. 1. Auflage. Hier und Jetzt Verlag, 2014, ISBN 978-3-03919-316-5, S. 216.
- ↑ a b Michel Wenzler: Forch: Der ewigen Flamme setzt der Regen zu. In: Zürichsee-Zeitung. 5. September 2016, abgerufen am 7. März 2017.
- ↑ Meilenstein der Schweizer Geschichte: Prof. Christoph Mörgeli über das Forch-Denkmal, die Wunden des Ersten Weltkriegs und die Bedeutung des Generalstreiks in Zeiten der russischen Weltrevolution. 2. April 2022, abgerufen am 8. Juni 2022.
- ↑ 100 Jahre Wehrmännerdenkmal Forch. In: Offiziersgesellschaft Zürcher Oberland. Abgerufen am 26. September 2022.
Koordinaten: 47° 19′ 42″ N, 8° 38′ 49″ O; CH1903: 691335 / 242644