Funk- und Telegraphenhaus (Flensburg-Mürwik)

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Datei:Funk- und Telegraphenhaus der Torpedostation (Mürwik 2015), Bild 02.JPG
Das Funk- und Telegraphenhaus in der Swinemünder Straße, ein Überrest der Funken-Telegraphieschule Mürwik

Das Funk- und Telegraphenhaus in Flensburg-Mürwik ist ein kleines Gebäude, das im Jahr 1902 am Rande der Torpedostation errichtet wurde. Das zu den Kulturdenkmalen der Stadt gehörige Gebäude stellt den wesentlichen Überrest der Funken-Telegraphieschule Mürwik dar.[1]

Hintergrund

Zum Ende des 19. Jahrhunderts erkannte die Kaiserliche Marine die taktischen Möglichkeiten der Funken-Telegrafie. Die neue Technik sollte schon bald über viele Kilometer hinweg, in Verbindung mit dem Morsealphabet, die Kommunikation ermöglichen.[2][3] 1901/1902 wurde mit dem Bau der Torpedostation eine Funk-Telegraphieschule mit zugehöriger Versuchsstrecke für die Ausbildung aufgebaut.[2][4] 1901 wurde eine erste Landstation offenbar nahe der dortigen Bucht eingerichtet.[5] Eine zweite Station wurde, offensichtlich in höherer Lage, gegenüber dem Parkhotel (am Mürwiker Park) eingerichtet.[6] Das besagte Funk- und Telegraphenhaus wurde 1902 nach Plänen von Regierungsbaumeister Schubert als Bestandteil der Torpedostation errichtet.[7][2] Der eingeschossige, quadratische Putzbau mit Fachwerksgliederung und Pyramidendach war damals, anders als heute, schiefergedeckt.[8] Offensichtlich um 1903 besuchte Kaiser Wilhelm II. die Torpedostation und inspizierte dabei auch das Funk- und Telegraphenhaus. Die vermutlich älteste erhaltene Fotografie des Häuschens, die während des Inspektionsbesuchs entstand, zeigt den Kaiser, wie er die Treppe des damals noch etwas anders gestalteten Gebäudevorbaus hinunterläuft.[8][9] Außer den Landstationen existierten auch noch zwei Versuchsschiffe, in denen Funkstationen eingebaut waren; die SMS Friedrich Carl und die SMS Blücher (beziehungsweise ab 1908 die SMS Kaiser als Ersatz für die Blücher).[2][10][11] Der damalige Übungsverkehr stellte sich im Übrigen zunächst als schwierig heraus. Zwischen der Blücher und den beiden Landstationen brach die Verbindung meist ab den Ochseninseln ab, wobei die Verbindung mittels eines Drachens, der an einem 180 Meter langen Drahtseil in die Höhe gebracht wurde, wiederhergestellt werden konnte.[2]

Siegelmarke der Funken-Telegraphieschule Mürwik

Mit der Errichtung der benachbarten Marineschule Mürwik im Jahr 1910 wurden dort für Ausbildungszwecke weitere Funk-Telegraphenstationen eingerichtet.[11] Als Funkstation der Marineschule diente zudem das Gorch-Fock-Haus.[12][13] Als 1914 der Erste Weltkrieg begann, wurde der Lehrbetrieb an der Marineschule Mürwik eingestellt. Deren leer stehende Räumlichkeiten wurden anschließend in Teilen von der „Funkschule“ weitergenutzt.[14] Im Jahr 1918 wurde letztlich die Funken-Telegraphieschule nach Swinemünde verlegt.[2][15] Die „Funken-Telegraphie-Schule Swinemünde“ existierte nur bis 1920.[2][16] Am 10. September wurde die Ausbildung von der Inspektion des Torpedowesens wieder zurück nach Mürwik verlegt.[14] Dort wurde sodann die Nachrichtenschule auf der Torpedostation eingerichtet.[2][17] Ob dabei das Funk- und Telegraphenhaus noch einmal verwendet wurde, ist unklar. Es wurde letztlich 1923 von der Marinebauverwaltung zu einem Wohnhaus umgebaut.[8] Während des Zweiten Weltkrieges diente es zeitweise wieder als Funkhaus. Die Adresse des Gebäudes lautete ursprünglich Parkstraße 16.[8] Als die Parkstraße 1955 in Swinemünder Straße umbenannt wurde (1954 bis 1956 wurde Flensburg Patenstadt von Swinemünde[18]),[19] erhielt das Wohnhaus die Hausnummer 12.[8] Bis heute dient das ehemalige Herzstück der Funken-Telegraphieschule Mürwik als Wohnhaus.[8]

Weblinks

Commons: Funk- und Telegraphenhaus – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Lutz Wilde: Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland, Kulturdenkmale in Schleswig-Holstein. Band 2, Flensburg, S. 550 f. (Kulturdenkmal-Nummer: 20411)
  2. a b c d e f g h Flensburger Tageblatt: 150 Jahre Flensburger Tageblatt: Als Flensburg den Ton angab, vom: 28. April 2015; abgerufen am: 23. September 2019
  3. Flensburger Tageblatt: Drahtlose Telegraphie, abgerufen am: 23. September 2019
  4. Freundeskreis. Schnellboote und Korvetten. Der Stützpunkt Flensburg, abgerufen am: 23. September 2019
  5. Die Funkstation wurde wohl auf Grund ihrer Lage „Station Mürwik“ genannt.
  6. Die Funkstation wurde wohl auf Grund ihrer Lage „Station Parkhotel“ genannt.
  7. Lutz Wilde: Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland, Kulturdenkmale in Schleswig-Holstein. Band 2, Flensburg, S. 66 und 550 f.
  8. a b c d e f Lutz Wilde: Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland, Kulturdenkmale in Schleswig-Holstein. Band 2, Flensburg, S. 550
  9. Flensburg in alten Ansichten. Band 2, Bild Nr. 96 sowie Deutsches Marine-Institut: Die Marineschule Mürwik 1910-1985. 1985, S. 22; Im ersten der beiden genannten Bücher wird das Häuschen als ein Wachgebäude eingestuft. Als militärisches Gebäude wurde es sicherlich auch bewacht und könnte auf Grund seiner Lage auch möglicherweise eine Wachfunktion für den gesamten Mürwiker Militärkomplex besessen haben. Um ein Wachgebäude im engeren Sinne handelte es sich aber offensichtlich nicht. Vgl. auch Torwache der Marineschule Mürwik sowie Schilderhaus
  10. 100 Jahre Marinefernmeldeausbildung Flensburg-Mürwik, abgerufen am: 23. September 2019
  11. a b Die Funkausbildung an der Schiffsingenieur- und Seemaschinistenschule Flensburg, abgerufen am: 23. September 2019
  12. Lutz Wilde: Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland, Kulturdenkmale in Schleswig-Holstein. Band 2, Flensburg, S. 536
  13. Telegraphisten wurden seit ungefähr 1910 in Flensburg auch an der Seemaschinistenschule ausgebildet. Vgl. Navigationsschule (Flensburg) sowie Guttempler-Logenhaus (Flensburg); Quelle: Die Funkausbildung an der Schiffsingenieur- und Seemaschinistenschule Flensburg, abgerufen am: 23. September 2019
  14. a b Flensburger Tageblatt: 100 Jahre Marineschule: Geschichte der Schule, vom: 11. August 2010; abgerufen am: 23. September 2019
  15. 100 Jahre Marinefernmeldeausbildung Flensburg-Mürwik. Geschichtlicher Rückblick, abgerufen am: 23. September 2019
  16. 45 Jahre Marinefernmeldeschule – 100 Jahre Fernmeldeausbildung in Flensburg, abgerufen am: 23. September 2019
  17. Die unweit des Funk- und Telegraphenhauses gelegene Exerzierhalle wurde erst später in Morsehalle umbenannt. Vgl. Lutz Wilde: Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland, Kulturdenkmale in Schleswig-Holstein. Band 2, Flensburg, S. 544 Ähnliches gilt wohl für die Morsewiese. Vgl. Bundeswehr in Flensburg: Vom Hindukusch an die Förde: Der Neue ist da, vom: 2. März 2017 sowie: Standort Flensburg/Glücksburg: 60 Millionen Euro für die Aufklärer, vom: 22. April 2015; jeweils abgerufen am: 23. September 2019
  18. Die Straßenumbenunng wurde nicht mit der Verlegung der Schule nach Swinemünde begründet.
  19. Dieter Pust: Flensburger Straßennamen. Gesellschaft für Flensburger Stadtgeschichte, Flensburg 2005, ISBN , Artikel: Swinemünder Straße

Koordinaten: 54° 48′ 28,5″ N, 9° 27′ 27,7″ O