Funkwerk Köpenick
VEB Funkwerk Köpenick Funkwerk Köpenick GmbH DeTeWe Funkwerk Köpenick GmbH (1992–2004) | |
---|---|
Rechtsform | |
Gründung | 15. Dezember 1949 |
Auflösung | um 2005 |
Auflösungsgrund | in DeTeWe aufgegangen |
Sitz |
|
Branche | Elektronik, Rundfunktechnik |
Website | www.detewe.de |
Der VEB Funkwerk Köpenick war ein Volkseigener Betrieb (VEB) mit Sitz in Ost-Berlin und eine der bedeutendsten Einrichtungen für Nachrichtenelektronik in der DDR. Das Hauptwerk in Berlin-Köpenick, Wendenschloßstraße 142–170, beschäftigte über 3000 Mitarbeiter. Es war aus einem 1934 gegründeten Unternehmen hervorgegangen. Nach 1990 wurde es in eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung überführt. Die Betriebsleitung modernisierte das Produktionssortiment. Die Nachfolgeeinrichtung heißt seit 1992 DeTeWe Funkwerk Köpenick GmbH. Ab dem Jahr 2004 wurde die Produktion in Köpenick aufgegeben, weil sie nur Verluste einbrachte. Die letzten weniger als 100 Mitarbeiter verloren ihren Arbeitsplatz.[1] Am neuen Standort Ratingen entwickelt und vertreibt die DeTeWe-Tochtergesellschaft Funkwerk Köpenick GmbH seitdem digitale Bündelfunktechnik und exportiert analoge Technikausrüstungen.[2]
Firmengeschichte
Im Jahr 1934 hatte sich die Gesellschaft für elektroakustische und mechanische Apparate mbH (GEMA) gegründet, die für die Reichswehr bzw. Wehrmacht (ab 1935) vorrangig Geräte der neuen Radartechnik entwickelte und produzierte.[3] Zusätzlich war die GEMA auf dem Gebiet der Sonaranlagen und Schiffssteuerungen tätig.[4][5] Im September 1937 verlegte das Unternehmen seinen Sitz in die Wendenschloßstraße 154.
Nach dem Zweiten Weltkrieg fiel das in Köpenick liegende GEMA-Werk unter die Verwaltung der Sowjetischen Militäradministration in Deutschland (SMAD). Das Know-how der Firma war im Krieg als kriegswichtig eingestuft worden und wurde nun durch die neuen Machthaber genutzt. Die Produktionsanlagen blieben erhalten und die Herstellung von Schiffsführungsanlagen und elektrischen Messgeräten wurde wieder aufgenommen. Das Unternehmen firmierte nun als Wissenschaftlich-technisches Büro des Ministeriums des Schiffindustriebaus der UdSSR (MSP).
Am 15. Dezember 1949 wurde das MSP an die DDR übergeben und von dieser in einen Volkseigenen Betrieb (VEB) umgewandelt. Der Betrieb erhielt die Bezeichnung VEB Funkwerk Köpenick, das Sortiment wurde langfristig auf die Herstellung von Nachrichtenelektronik umgestellt. Die Fertigung der ursprünglichen Kernprodukte ging 1963 auf den VEB Meßelektronik Berlin über. Neuer Schwerpunkt des Unternehmens in Köpenick war die Entwicklung von Rundfunksendeanlagen. Beispielsweise kam die Funktechnik des Berliner Fernsehturms aus diesem Werk.
Im Juli 1970 konnte der erste eigene Großrechner in Betrieb genommen werden, eine Robotron 300-Anlage. Diese wurde im Dezember 1982 durch eine EC-1035 abgelöst.
Am 22. September 1978 besuchten Astronaut Sigmund Jähn und Politbüromitglied Harry Tisch das Funkwerk aus Anlass der Verleihung des Ehrennamens Sigmund Jähn an eine Brigade im Bereich Betriebsfunk.
Zum 1. Juli 1986 wurde der VEB Funkwerk Köpenick Stammbetrieb des Kombinats VEB Kombinat Nachrichtenelektronik, dessen Verwaltung in Leipzig angesiedelt war. Seit dieser Zeit bis Oktober 1990 war der Betrieb zugleich dem Ministerium für Elektrotechnik und Elektronik zugeordnet.
Nach der Wende wurde der VEB in die Rechtsform einer GmbH überführt und firmierte als Funkwerk Köpenick GmbH. 1992 erwarb die DeTeWe das Unternehmen und benannte es in DeTeWe Funkwerk Köpenick GmbH um. Der Betrieb wurde schließlich ganz aufgelöst und einige Fabrikhallen beseitigt. So hieß es im Jahr 2010 in der Presse: „Dort, wo einmal 4000 Menschen arbeiteten, steht heute ein Discounter“.[6] Einen Teilbereich übernahm der Konzern Rohde & Schwarz und ließ ihn als ab September 1992 als FTK Funktechnik Köpenick GmbH firmieren.[7] Das große Verwaltungsgebäude entlang der Wendenschloßstraße (Haupteingang Nummer 160) steht seit einigen Jahren leer (Stand 2013).
Fabrikationsbereiche
- Berlin, Wendenschloßstraße: KN-1E
- Zossen/OT Dabendorf, Ernst Thälmann Straße: EKV 12/13
- Calbe, An der Saale 5-6: SEG 15-D[8]
Großsender weltweit
- 1952 Nauen, 100 KW Rundfunk
- 1957 Budapest, TV-Sender
- 1965 Jakarta
- 1970 Berliner Fernsehturm, UKW Radio und TV
- 1988 Antarktis, KFC1300, Georg-Forster-Station
Zukünftige Nutzung
Die BVV des Bezirks hat im Jahr 2016 einen Bebauungsplan beschlossen, wonach das gesamte Areal in ein Wohnquartier mit ca. 750 bis 800 Wohneinheiten und gewerblichen Nutzungen umgestaltet werden soll. Das Planverfahren hat aber im Anschluss der Senat von Berlin an sich gezogen.[9]
Architekten, Landschafts- und Stadtplaner haben im Jahr 2017 an einem Ideenwettbewerb für die Bebauung des Geländes teilgenommen. Unter anderem wurde im Oktober eine Projektstudie veröffentlicht.[10] Doch im Jahr 2018 gab es weder eine Baugenehmigung noch einen Baustart.[11]
Seit April 2022 wird/wurde das Gebäude abgerissen.
Produkte des VEB Funkwerk Köpenick (Auswahl)
- Mikrofone, Kopfhörer, Oszilloskope
- Fernsteuerungen für Fernsehempfänger
- Funkgeräte für Polizei, Feuerwehr, Nationale Volksarmee und auch für Funkamateure[12], darunter
- Antennen[16]
Personen, die mit der Geschichte des Funkwerks verbunden sind
- Siegfried Berger, Streikführer im VEB Funkwerk Köpenick beim Arbeiteraufstand des 17. Juni 1953
- Peter Vielhauer, ab 1956 Entwickler von Sendeantennen und Filtern, später Leiter des Mathematischen Büros und ab 1965 Leiter der Betriebsorganisation und Rechentechnik
- Felix Meier von 1967 bis 1978 Werkdirektor, späterer Minister für Elektrotechnik und Elektronik der DDR.
Literatur
- Gerd Klawitter: 100 Jahre Funktechnik in Deutschland 2: Funkstationen und Messplätze rund um Berlin. 2002, ISBN 3-89685-511-5, Seite 120
Weblinks
- Bestände des VEB beim Landesarchiv Berlin
- Mitarbeiterzeitschrift 'Funkjournal' zum 40. Jahrestag der DDR; Online-Teile sind nicht vollständig.
Einzelnachweise
- ↑ Detewe macht Produktion dicht auf www.tagesspiegel.de, 3. März 2004, abgerufen am 29. August 2016.
- ↑ Pressemitteilung der DeTeWe vom 2. März 2004, abgerufen am 11. März 2012 (Memento vom 28. April 2012 im Internet Archive)
- ↑ Kurzgeschichte der GEMA Berlin auf www.radiomuseum.org; abgerufen am 8. März 2015
- ↑ Patent DE729831C: Lotungs- und Entfernungsmessverfahren mittels reflektierbarer Wellen. Angemeldet am 15. Dezember 1933, veröffentlicht am 23. Dezember 1942, Anmelder: Gema Ges. für elektroakustische u. mech. Apparate m.b.H.
- ↑ Patent DE757912C: Nach dem Leitstrahlprinzip arbeitende Navigationsanlage. Angemeldet am 13. Juni 1937, veröffentlicht am 8. Februar 1954, Anmelder: Gema Ges. für elektroakustische und mechanische Apparate m.b.H, Erfinder: Paul-Günther Erbslöh.
- ↑ a b Kai Posmik: Wie die DDR zu ihrem ersten Handy kam. Mithilfe des sächsischen Ingenieurs Gottfried Schuppang gelang es einst dem VEB Funkwerk Köpenick, westliche Weltkonzerne auszustechen. (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven) Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. , Sächsische Zeitung, 14. April 2010.
- ↑ Rohde & Schwarz-Tochter FTK fünf Jahre alt (PDF; 335 kB), Neues von Rohde & Schwarz, Heft 157, 1998
- ↑ gemäß Rahmenvereinbarung über Durchführung von industriellen Instandsetzungen an Bewaffnung und Ausrüstung, Berlin 1982.
- ↑ Pressemitteilung zum Bebauungsplan in Köpenick: Senatsverwaltung übernimmt Bebauungsplanverfahren 9-50 „Funkwerk Köpenick" in Berlin-Köpenick, OT Wendenschloß, abgerufen am 7. Januar 2017/ergänzt am 10. April 2020.
- ↑ Ergebnisse aus einem Planungswettbewerb auf competititononline.de, abgerufen am 10. April 2020.
- ↑ Wohnungsbau in Berlin - Treptow-Köpenick baut auf auf www.neues-deutschland.de; abgerufen am 10. April 2020.
- ↑ Betriebsempfänger des VEB FWK im Detail
- ↑ Montagevorschrift für UKW 600; auf e-bay angeboten, abgerufen am 9. September 2016.
- ↑ Kurzinformation zum System U700 bei der Transportpolizei mit Montage- und Bedienungsanleitung, abgerufen am 9. September 2016.
- ↑ Verkauf eines KN1-E bei e-bay für 351 Euro, abgerufen am 9. September 2016.
- ↑ Erzeugnisbeispiele auf radiomuseum.org, abgerufen am 10. Dezember 2012