Gemeiner Weiß-Täubling

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
Gemeiner Weiß-Täubling
Gemeiner Weiß-Täubling (Russula delica)

Gemeiner Weiß-Täubling (Russula delica)

Systematik
Klasse: Agaricomycetes
Unterklasse: unsichere Stellung (incertae sedis)
Ordnung: Täublingsartige (Russulales)
Familie: Täublingsverwandte (Russulaceae)
Gattung: Täublinge (Russula)
Art: Gemeiner Weiß-Täubling
Wissenschaftlicher Name
Russula delica
Fr.

Der Gemeine Weiß-Täubling (Russula delica)[1] oder auch Breitblättrige Weiß-Täubling ist ein Pilz aus der Familie der Täublingsverwandten (Russulaceae). Er wird auch Breitblättriger- oder Blaublättriger Weiß-Täubling genannt. Das lateinische Epithetondelica“ bedeutet abgestillt und ist eine Anspielung auf die bei Feuchtigkeit tränenden Lamellen.

Merkmale

Makroskopische Merkmale

Der Hut ist meist zwischen 5 und 16 cm breit, kann aber auch mehr als 20 cm breit werden. Somit zählt der Breitblättrige Weiß-Täubling zu den größten Täublingen. Sein Hut entwickelt sich schon in der Erde. Wenn er den Boden durchstößt, ist er schon deutlich abgeflacht und in der Mitte niedergedrückt. Daher belädt sich der Hut stets mit Erde, Laub und kleinen Ästchen, weshalb man den Breitblättrigen Weiß-Täubling im Volksmund auch Erdschieber nennt. Im Alter ist sein Hut deutlich trichterförmig vertieft, so dass sein äußeres Erscheinungsbild stark an die großen weißen Milchlinge der Sektion Albati (Wolliger Milchling (Lactarius vellereus) und Pfeffermilchling (Lactarius piperatus)) erinnert, mit denen der Pilz auch tatsächlich nahe verwandt ist. Sein Hut ist schmutzig weiß und dunkelt im Alter nach und wird dann oft ocker-bräunlich. Der Rand ist glatt und bleibt lange eingerollt, die Oberfläche ist anfangs oft fein-filzig, dann glatt, später oft runzelig oder grubig.

Die Lamellen sind weiß und tränen bei Feuchtigkeit. Sie sind jung angewachsen und später am Stiel herablaufend und stehen anfangs ziemlich dicht, später oft auch sehr entfernt. Sie sind mehr oder weniger gegabelt und unregelmäßig untermischt. Das Sporenpulver ist weiß bis cremeweiß.

Der feste weiße Stiel ist kurz und stämmig, etwa 2–6 cm lang und 2–4 cm breit.

Das Fleisch ist weiß und behält die Farbe auch nach dem Anschneiden oder Brechen. Es ist ausgesprochen fest und spröde, riecht jung angenehm fruchtig, im Alter aber oft unangenehm fisch- oder wanzenartig und hat einen milden bis schärflichen Geschmack.[2][3]

Mikroskopische Merkmale

Die Sporen sind breit elliptisch und 8–12 µm lang sowie 7–9 µm breit. Die Warzen sind 0,5–1,5 µm hoch, stehen oft in Ketten oder sind gelegentlich durch feine Linien, seltener auch netzartig verbunden.

Die Huthaut-Zystiden sind wurmartig bis eng zylindrisch und reagieren kaum mit Sulfovanillin.[4] An den Lamellenschneiden stehen sie sehr dicht und an den Lamellenflächen in großer Zahl. Sie sind spindelförmig und besitzen oft eine wie aufgesetzte Spitze. Mit Sulfovanillin reagieren sie stark.[5]

Artabgrenzung

Der Schmalblättrige Täubling (Russula chloroides) sieht dem Gemeinen Weiß-Täubling zum Verwechseln ähnlich. Er besitzt engerstehende und schmalere Lamellen. Die Lamellen haben manchmal einen mehr oder weniger starken grünlichen Schimmer, was in dem Art-Epitheton chloroides zum Ausdruck kommt. Zusätzlich oder stattdessen kann auch eine bläuliche, ringförmige Zone am Stielansatz ausgebildet sein.

Sehr ähnlich sind auch der Gelbsporige Täubling (Russula flavispora) und der Gelbblättrige Täubling (Russula pallidospora), beide haben mehr oder weniger gelbliche Lamellen und ein cremefarbenes oder gelbliches Sporenpulver.

Eine große Ähnlichkeit hat auch der Wollige Milchling (Lactarius vellereus) und andere Milchlinge aus der Sektion Alberti, die aber leicht daran zu erkennen sind, dass sie bei Verletzung einen weißen Milchsaft ausscheiden.[6]

Ökologie

Der Gemeine Weiß-Täubling ist vor allem in wärmeliebenden Laubwäldern, in erster Linie lichte Buchen- und Eichen-Hainbuchenwälder zu finden. Weiterhin ist er bei Lichtungen, Waldrändern sowie in Parks und Gärten anzutreffen. Der Pilz besiedelt recht trockene bis mäßig frische, flach- bis mittelgründige Braunerden, die mehr oder weniger neutral bis alkalisch sowie mehr oder weniger basenreich, vor allem calciumhaltig sind. Diese Böden generell schwer, auflage- und humusarm und oft oberflächlich verdichtet. Das Grundgestein ist Kalk, Mergel, Basalt und andere basisch verwitterte Ausgangsgesteine. Manchmal ist er zusammen mit dem Harten Zinnober-Täubling (R. rosea) und dem Gefleckten Täubling (R. maculata) anzutreffen.[7]

Der Gemeine Weiß-Täubling ist ein Mykorrhizapilz, der mit verschiedenen Laub- und Nadelbäumen eine symbiontische Beziehung eingehen kann. Zu seinen Symbiose-Partnern zählen Hainbuche (Carpinus), Hasel (Corylus), Weißdorn (Crataegus), Rotbuche (Fagus), Fichte (Picea), Eiche (Quercus) und Linde (Tilia). Man findet ihn in Buchen- und Buchenmischwäldern, Eichen- und Eichenmischwäldern und Tannen- und Fichtenwäldern. Er kommt sowohl im Flachland als auch im Hochgebirge auf sauren oder basischen Böden vor. Er erscheint von Juli bis Oktober.[8]

Verbreitung

Europäische Länder mit Fundnachweisen des Gemeinen Weiß-Täublings.[9][10][11][12][13][14]
Legende:
  • Länder mit Fundmeldungen
  • Länder ohne Nachweise
  • keine Daten
  • außereuropäische Länder
  • Der Gemeine Weiß-Täubling ist eine holarktische Art, die in Nordasien (Israel, Kleinasien, Kaukasus, Sibirien, Kamtschatka, Russland-Fernost, Korea, Japan und Taipan), in Nordamerika, Grönland, Nordafrika (Algerien, Marokko) und fast ganz Europa vorkommt. In Europa ist der Täubling meridional bis subarktisch verbreitet. Im Süden findet man ihn von Spanien über die Balearen und Korsika bis nach Griechenland. Im Westen kommt er von Frankreich über die Beneluxstaaten bis Großbritannien einschließlich der Hebriden vor. In Nordeuropa findet man den Täubling auf Island, Spitzbergen und den Färöer-Inseln und bis nach Lappland hinein in ganz Fennoskandinavien. Im Osten reicht sein Verbreitungsgebiet bis nach Russland und Weißrussland.[7]

    In Nord- und Mittelamerika ist der Gemeine Weiß-Täubling selten und wird meist durch Russula brevipes vertreten, einer ähnlichen Art, die in Europa nicht vorkommt. Dennoch findet man ihn in Kanada, USA, Mexico und Costa Rica.[15]

    Systematik

    Die Art hat über die Jahre hinweg sehr viele taxonomische Änderungen hinter sich. Viele Varietäten und Arten wurden von der Stammart abgetrennt. So auch der nahe verwandte Schmalblättrige Weiß-Täubling (Russula chloroides).[16]

    Der Mykologe John Burton Cleland fand eine Form in den Mount Lofty Ranges (Südaustralien) unter Eukalyptusbäumen, die er 1935 als R. delica beschrieb.[17] Diese Form wurde 1997 durch Cheryl Grgurinovic als neue Art erkannt und als Russula marangania reklassifiziert.[18]

    Infragenerische Systematik

    Der Gemeine Weiß-Täubling ist die Typart der Untersektion Delicinae, die ihrerseits innerhalb der Sektion Plorantes oder (Lactarioides) steht. Die Vertreter dieser Sektion zeichnen sich durch ihre milchlingsähnliche Erscheinung und ihr mehr oder weniger weißes Sporenpulver aus. Wie der heute gebräuchlichere Name Lactarioides schon andeutet, stehen die Vertreter der Sektion der Gattung der Milchlinge (Lactarius) besonders nahe.

    Bedeutung

    Der Gemeine Weiß-Täubling ist essbar, gilt aber als nicht sonderlich schmackhaft, da er besonders im Alter einen unangenehmen Geschmack hat, weshalb ihn einige Mykologen – mit einem anspruchsvolleren Gaumen – auch für ungenießbar halten.[19][20]

    Literatur

    Dieser Artikel beruht in Teilen auf Informationen aus dem englischsprachigen Wikipedia-Artikel über Russula delica

    Einzelnachweise

    1. Synonyme von Russula delica. In: Species Fungorum / speciesfungorum.org. Abgerufen am 5. September 2011.
    2. Hans E. Laux (Hrsg.): Der Kosmos PilzAtlas. Franckh-Kosmos Verlag, Stuttgart 2002, ISBN 3-440-10622-5, S. 180.
    3. [[Hermann Jahn|Hermann Jahn]]: Pilze rundum unter Westfälische Pilzbriefe (Beschreibung des Gemeinen Weiß-Täublings Nr. 227 auf Seite 177; PDF; 6,4 MB)
    4. Roger Phillips: Russula delica. (Nicht mehr online verfügbar.) In: rogersmushrooms.com. Website RogersMushrooms, archiviert vom Original am 28. Januar 2016; abgerufen am 5. September 2011 (englisch).
    5. Edmund Michael, Bruno Hennig, Hanns Kreisel: Handbuch für Pilzfreunde. Fünfter Band: Blätterpilze – Milchlinge und Täublinge. 2. Auflage. Fischer, Stuttgart 1983, ISBN 3-437-30350-3, S. 232.
    6. Hans Haas: The Young Specialist looks at Fungi. Burke, 1969, ISBN 0-222-79409-7, S. 74.
    7. a b German Josef Krieglsteiner (Hrsg.), Andreas Gminder, Wulfard Winterhoff: Die Großpilze Baden-Württembergs. Band 2: Ständerpilze: Leisten-, Keulen-, Korallen- und Stoppelpilze, Bauchpilze, Röhrlings- und Täublingsartige. Ulmer, Stuttgart 2000, ISBN 3-8001-3531-0, S. 442.
    8. Russula delica in der PILZOEK-Datenbank. In: pilzoek.de. Abgerufen am 18. August 2011.
    9. Torbjørn Borgen, Steen A. Elborne, Henning Knudsen: Arctic and Alpine Mycology. Hrsg.: David Boertmann und Henning Knudsen. Band 6. Museum Tusculanum Press, 2006, ISBN 978-87-635-1277-0, A checklist of the Greenland basidiomycetes, S. 37–59.
    10. Cvetomir M. Denchev, Boris Assyov: Checklist of the larger basidiomycetes in Bulgaria. In: Mycotaxon. Band 111, 2010, ISSN 0093-4666, S. 279–282 (mycotaxon.com [PDF; 592 kB; abgerufen am 31. August 2011]).
    11. Z. Tkalcec, A. Mešic: Preliminary checklist of Agaricales from Croatia V:. Families Crepidotaceae, Russulaceae and Strophariaceae. In: Mycotaxon. Band 88, 2003, ISSN 0093-4666, S. 291 (online [abgerufen am 31. August 2011]).
    12. Weltweite Verbreitung von Russula delica. (Nicht mehr online verfügbar.) In: GBIF Portal / data.gbif.org. Archiviert vom Original am 3. Dezember 2013; abgerufen am 18. August 2011.
    13. D. M. Dimou, G. I. Zervakis, E. Polemis: Mycodiversity studies in selected ecosystems of Greece: 4. (PDF; 599 kB) Macrofungi from Abies cephalonica forests and other intermixed tree species (Oxya Mt., central Greece). In: Mycotaxon 104 / mycotaxon.com. 2008, S. 39–42, abgerufen am 22. August 2011.
    14. Gordana Kasom, Mitko Karadelev: Survey of the family Russulaceae (Agaricomycetes, Fungi) in Montenegro. In: Warsaw Versita (Hrsg.): Acta Botanica Croatica. Band 71, Nr. 2, 2012, ISSN 0365-0588, S. 1–14 (online [PDF]). online (Memento des Originals vom 27. April 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/versita.metapress.com
    15. D. Arora: Mushrooms Demystified. Ten Speed Press, 1986, ISBN 0-89815-169-4, S. 88.
    16. Russula chloroides. The Russulales News Team, 2007, abgerufen am 31. Dezember 2010.
    17. J. B. Cleland: Toadstools and mushrooms and other larger fungi of South Australia. South Australian Government Printer, 1976, S. 150 (Erstausgabe: 1935).
    18. N. L. Bougher, K. Syme: Fungi of Southern Australia. University of Western Australia Press, Nedlands, WA 1998, ISBN 1-875560-80-7, S. 148.
    19. Roger Phillips: Mushrooms. Pan MacMillan, 2006, ISBN 0-330-44237-6, S. 45–46.
    20. S. Nilson, O. Persson: Fungi of Northern Europe. Band 2: Gill-Fungi. Penguin, 1977, ISBN 0-14-063006-6, S. 112.

    Weblinks

    Commons: Gemeiner Weiß-Täubling (Russula delica) – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien