Kommissar

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
(Weitergeleitet von Generalkommissär)

Ein Kommissar (von lat. commissarius = „Beauftragter“), im Süden des deutschen Sprachgebiets auch Kommissär (von frz. commissaire), ist ein von einem Auftraggeber mit einer Angelegenheit oder Aufgabe oder per Befehl Beauftragter, in stellvertretender Wahrnehmung der Amtsgeschäfte. Verschiedene Auftraggeber und Aufträge schaffen Funktionen, die oft dem Titel mitgegeben werden. So gibt und gab es zum Beispiel Königliche Kommissare, Landes-,[1] Bezirks-, Distrikts-, Zivil-, Polizei-, Polit-, Regierungskommissare und Bischöfliche Kommissare.

Der Begriff steht zu lat.: commissare = „entsenden“, „beauftragen“ und ist in beiden Bedeutungen des heutigen Worts Kommission zu verstehen: Als Person, die in einem Gremium stellvertretend handelt, oder in kommissarischer Aufgabenwahrnehmung handelt als Kommissionär. In diesem Sinn ist auch der Begriff EU-Kommissar (Regierungsmitglied der EU) zu verstehen.

Kommissarische Amtsausübung

In Politik, Verwaltung und Wirtschaft und beliebigen Organisationen (z. B. Vereinen und kirchlichen Strukturen) kann Verantwortung zwischenzeitlich bzw. vorläufig an einzelne Personen übertragen werden; beispielsweise bei Ausfall eines Verantwortungsträgers durch ernste Erkrankung. Man spricht dann beispielsweise von einem „kommissarischen Abteilungsleiter“ oder einem „kommissarischen Landrat“. Gegebenenfalls muss dies auch im Geschäftsverkehr (bei der Unterschrift mit Dienstfunktion) angezeigt werden, um zu unterstreichen, dass die betreffende Person zwar interimsweise mit der Wahrnehmung der laufenden Geschäfte beauftragt, jedoch nicht zu langfristigen Entscheidungen ermächtigt ist.

Heutige Bezeichnungen

Europäische Kommission

Deutschland

Österreich

Grabstein von Georg Weissel mit Hinweis auf seinen Rang als Oberkommissär (Ob.Koär) der Wiener Berufsfeuerwehr
  • In Österreich wickelt der Notar als Gerichtskommissär den Großteil eines Verlassenschaftsverfahrens ab, die Entscheidungen fällt aber der Richter.
  • Kommissär (Koär) und Oberkommissär (Ob.Koär) sind Amtstitel, die Beamte des Höheren Dienstes (A1), der sogenannten „A-Laufbahn“ des öffentlichen Dienstes, im Rahmen ihrer Tätigkeit führten. Dies galt z. B. für Beamte der Wiener Berufsfeuerwehr ebenso wie für Polizeijuristen (Beamte des rechtskundigen Dienstes). Bis zur Reform von 2005 entsprachen diese Amtstitel den Dienstgraden „Hauptmann“ und „Major“ des Bundesheeres, seitdem rangieren Kommissär und Major auf einer Stufe (der Oberkommissär entfiel).
  • Für österreichische Polizeivollzugsbeamte gibt es – entgegen so mancher Fernsehserie – hingegen keinen Dienstgrad „Kommissar“. Die Aufgaben, welche bei der deutschen Polizei durch Kommissare wahrgenommen werden, werden bei der österreichischen Polizei im Regelfall von Inspektoren, aber auch von Offizieren erfüllt.

Schweiz

  • Kommissäre sind in der Schweiz und in Süddeutschland Beauftragte von Sportorganisationen.[2]
  • Kommissär war ein polizeilicher Dienstrang in der gesamten Schweiz, wird heute aber nur noch im Kanton Basel-Stadt verwendet.[2] Friedrich Dürrenmatt legte Wert darauf, dass in seinem Buch „Der Richter und sein HenkerKommissär Bärlach eine Rolle spielt.
  • In der Schweiz ist Kommissär die Bezeichnung für einen Beauftragten in verschiedensten, vom kantonalen Recht festgelegten Funktionen; das Wort kommt auch in Zusammensetzungen wie Regierungs-, Zivil-, Bezirks-, Steuer-, Weinbau-, Feld-, Bienenkommissär vor.[2]

Niederlande

Frankreich

Commonwealth

  • Commissioner ist der einem Konsul entsprechende Rang, den Diplomaten eines Commonwealth-Landes in einem anderen Land des Commonwealth bekleiden. Die Dienstsitze dieser Kommissare heißen jedoch Konsulate und nicht Kommissionen – im Unterschied zu den Hochkommissionen.

Historische Bezeichnungen

  • In Norddeutschland vor allem im 18. Jahrhundert häufiger belegbarer Begriff, verwendet im Sinne von „Beauftragter“. Als „Cammer-Commissair“ bezeichnete man jemanden, der als fürstlicher Pächter oder Verwalter dessen Interesse in einer Gutswirtschaft vertrat, ob auf eigene oder auf Rechnung des Eigners, ist dabei nicht hinreichend gesichert. Später nannte man solche Personen allgemein Amtmann.
  • Das Erzbistum Mainz war bis 1803 in Kommissariate gegliedert, die von einem Erzbischöflichen Kommissar geleitet wurden.[3]
  • In der Armee des Deutschen Reiches sowie in der Schweiz gab es früher den Kriegskommissar beziehungsweise (schweizerisch) Kriegskommissär, der sich um Verpflegung und Transport der Truppen kümmerte.
  • In der österreichischen Armee und Marine entsprach der Kommissar dem deutschen Zahlmeister.
  • In der ehemaligen Sowjetunion zur Zeit Lenins und Stalins wurde die Bezeichnung für Regierungsminister in der Form eines Volkskommissars gebraucht.
  • Vgl. zum Politkommissar in der Roten Armee (auch politische Kommissare): Politoffizier, den Kommissarbefehl Hitlers sowie SED-Parteisekretär (DDR)
  • Der Urtyp der politischen Kommissare waren während der Französischen Revolution die Commissaires de la Convention (im April 1793 umbenannt in Représentants en mission). Im Auftrag des französischen Parlaments überwachten sie die Umsetzung der Gesetze in den Ministerien, in allen Landesteilen und in der Armee. Ähnliche Aufgaben versahen die von der Regierung entsandten Commissaires du Conseil exécutif.
  • Im Deutschen Reich (1871–1945) wurde der Begriff Reichskommissar für Beauftragte von Reichsregierungen oder Reichsbehörden verwendet. Reichskommissare wurden für zentrale staatliche Orte oder große zivile Territorien mit Machtbefugnissen ausgestattet, um komplexe Verwaltungsaufgaben zu übernehmen.

Siehe auch

Weblinks

Wiktionary: Kommissar – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Siehe beispielsweise Landeskommissärbezirk
  2. a b c Hans Bickel, Christoph Landolt: Schweizerhochdeutsch. Wörterbuch der Standardsprache in der deutschen Schweiz. 2., vollständig überarbeitete und erweiterte Aufl. Hrsg. vom Schweizerischen Verein für die deutsche Sprache. Dudenverlag, Berlin 2018, ISBN 978-3-411-70418-7, S. 52.
  3. Georg May: Die Organisation von Gerichtsbarkeit und Verwaltung in der Erzdiözese Mainz vom hohen Mittelalter bis zum Ende der Reichskirche, Band 2: Die Kommissariate. Gesellschaft für Mittelrheinische Kirchengeschichte, Mainz 2004, ISBN 3-929135-44-2.