Geodaten

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Geodaten sind digitale Informationen, denen auf der Erdoberfläche eine bestimmte räumliche Lage zugewiesen werden kann (Geoinformation, Georeferenz). Sie können unmittelbar gewonnene Primärdaten oder weiter bearbeitete Sekundärdaten sein. Von besonderer Bedeutung für Geodaten sind Metadaten, die die eigentlichen räumlichen Daten zum Beispiel hinsichtlich eines Zeitbezugs oder der Entstehung beschreiben. Geodaten gliedern sich in Raumbezug herstellende Geodaten (in Deutschland als „Geobasisdaten“, in der Schweiz als „Georeferenzdaten“ bezeichnet), die in der Regel von den Vermessungsverwaltungen der Länder oder der Kommunen (in der Schweiz von den zuständigen Stellen der amtlichen Vermessung) bereitgestellt werden, und in Geofachdaten, die aus unterschiedlichen raumbezogenen Fachdatenbanken stammen. Sie werden in einem Geoinformationssystem geführt, das bei internetbasierten Systemen durch einen Geobrowser erschlossen werden kann.

Eine weitverbreitete Objektmodellierung in Geoinformationssystemen (GIS) ist es, derartige Objekte einerseits mit ihrer geometrischen Form (englisch shape), andererseits mit der zugehörigen Sachinformation (Attribute) abzulegen. Letztere können sich auch mit einer Referenz auf das geometrische Objekt beziehen. Theoretisch gibt es keine Beschränkung in der Dimension der geometrischen Form. Auch die Zeit wird oft als Dimension verwendet, etwa bei Messreihen oder Fernerkundungs­daten verschiedener Zeitpunkte.

Vor Beginn der digitalen Ära (vor 1970) wurden Geodaten analog festgehalten: auf Kartenzeichnungen und -Skizzen, in Notizen und später auf Karteikarten, und vor der Zeit des Kartendrucks (Linoldruck 15. Jahrhundert) in handgemalten Einzelkarten.

Modellierung von Geodaten

In der Regel werden die geometrischen Formprimitiven Punkt, Linie und Fläche unterschieden. Flächen werden häufig lediglich als Polygon modelliert. In anspruchsvollen Anwendungen reicht dies aber nicht; hier sind auch krummlinige Flächenbegrenzungen notwendig und Flächen mit Löchern (Enklaven) wie auch Flächen mit räumlich getrennten Teilen (Exklaven) können vorkommen. Seit dem ausgehenden 20. Jahrhundert wird angestrebt, Geodaten nach internationalen Normen und Standards zu modellieren. Im Normenwerk ISO 191xx der Internationalen Organisation für Normung gibt es die Norm ISO 19107 Geographic Information – Spatial Schema, die genau diesen Bereich normt.

Dimension

Datei:DatendimensionenImGIS.png
Datendimensionen im GIS
zweidimensional 2D
Jeder Punkt hat eine x- und eine y-Koordinate. Linienverbindungen oder Flächen, die auf die Punkte aufbauen, liegen also in einer Ebene (xy-Ebene) vor. Dies entspricht der normalen Kartendarstellung und der Datenhaltung im Kataster.
zwei-plus-eins-dimensional 2+1D
Jedes Objekt hat zusätzlich eine attributive Information über die Höhe (zum Beispiel eine Gebäudehöhe am Gebäude). Diese Form findet sich in einigen Katasterdaten wieder.
zweieinhalbdimensional 2,5D
Jeder Punkt der Grundrissdarstellung hat zusätzlich zur x- und y-Koordinate eine Höhe. Damit ist die Höhe jedoch nur eine Funktion der Lage, d. h., es gibt immer nur genau einen Höhenwert zu einer Lagekoordinate (x,y). In dieser Form liegen die meisten digitalen Geländemodelle vor. Senkrechte Wände und Überhänge sind auf diese Weise nicht modellierbar.
dreidimensional 3D
Alle Punkte haben x-, y- und z-Koordinate (bzw. Höhe). Linienverbindungen sind räumliche Linien, die nicht in einer Ebene liegen. Wenn Kreisbögen als Verbindungen vorkommen, werden diese streng genommen Ellipsen­abschnitte, die in einer geneigten Ebene liegen; oder sie müssen durch Linienzüge mit entsprechend kurzen Segmenten angenähert werden. Flächenobjekte sind nur dann ebene Flächen, wenn alle ihre Punkte in einer Ebene liegen, ansonsten sind es gekrümmte Raumflächen.
vierdimensional 4D
Zusätzlich zu den drei Koordinaten im Raum wird die Zeit als vierte Information mitgeführt, die sich aus dem zeitlichen Ablauf ergibt. Das wird zum Beispiel durch Verwendung eines Zeitstempels für jedes Objekt ermöglicht. Damit kann abgefragt werden, zu welchem Zeitpunkt ein Objekt existiert hat oder nicht. Aus diesen Daten können dann Darstellungen der Vergangenheit kreiert werden (zum Beispiel: Wie sah das Ortsbild am 15. Februar 2002 aus, bevor der Neubau errichtet wurde); auch zeitabhängige Animationen können erzeugt werden (beispielsweise der Fortschritt des Kohleabbaus in einem Bergwerk). Möglich ist auch die Darstellung von zeitbezogenen Geodaten (Zeitreihen) als Zeitreise.

Auch wenn die Objekte nur zweidimensionale Formen haben, lassen sie sich in den dreidimensionalen oder zweidimensionalen Raum einbetten. Das heißt zum Beispiel für einen Punkt, dass drei Koordinaten (x,y,z) oder zwei Koordinaten (x,y) gespeichert werden.

Topologie

Neben der Geometrie (Form, Größe und Lage) der Objekte werden auch die topologischen Beziehungen der Objekte modelliert. Hierzu dienen die topologischen Grundformen Knoten, Kante und Masche. In einfachen Systemen entsprechen den Punkten die Knoten, den Linien die Kanten und den Flächen die Maschen. Auf die explizite Modellierung der Topologie kann verzichtet werden, wenn sie sich aus den geometrischen Daten ableiten lässt. Das ist bei einfachen Systemen dann der Fall, wenn die geometrischen Daten dreidimensional vorliegen. Zweidimensionale Geometrien reichen in der Regel nicht aus, um eine Topologie abzuleiten; eine höhengleiche und eine höhenseparierte Kreuzung (Brücke) sind beispielsweise topologisch unterschiedlich, in der zweidimensionalen Geometrie jedoch nicht voneinander unterscheidbar.

Qualität von Geodaten

Die Qualität von Daten kann nur auf Basis der Qualitätsmerkmale im Hinblick auf eine konkrete Fragestellung beurteilt werden. Als Datenqualität kann die Menge von Datenmerkmalen bezeichnet werden, die den Einsatz der Daten für eine konkrete Aufgabe ermöglichen. Diese Datenmerkmale sollten in den entsprechenden Metadaten dokumentiert sein. Die Qualitätsparameter der ISO-Norm ISO 19113 sind:[1]

Vollständigkeit (completeness)

Präsenz oder Fehlen von Objekten, ihrer Attribute und Beziehungen:

  • Datenüberschuss (commission): Datensatz enthält für die Fragestellung irrelevante Informationen
  • Datenmangel (omission): Datensatz enthält weniger Daten als für die Fragestellung benötigt

Logische Konsistenz (logical consistency)

Einhaltung von logischen Regeln der konzeptionellen, logischen und physikalischen Datenstruktur:

  • Konzeptuelle Konsistenz (conceptual consistency): Einhaltung des konzeptuellen Schemas, z. B. bei Aktualisierungen
  • Wertekonsistenz (domain consistency): Einhaltung des Wertebereichs, beispielsweise keine negativen Werte bei einer Bevölkerungskartierung
  • Formatkonsistenz (format consistency): Übereinstimmung des Datensatzes mit der physikalischen Datenstruktur
  • Topologische Konsistenz (topological consistency): Richtigkeit der kodierten topologischen Charakteristika, z. B. Nachbarschaftsbeziehungen müssen erhalten bleiben
  • Geometrische Konsistenz (geometrical consistency): Inwieweit stimmt der Geodatensatz mit den geometrischen Bedingungen der zugehörigen Spezifikation überein, z. B. keine doppelten Digitalisierungspunkte

Positionsgenauigkeit (positional accuracy)

Genauigkeit der Lage von Objekten:

  • Absolute (äußere) Genauigkeit (absolute or external accuracy): Übereinstimmung festgestellter Koordinatenwerte mit wahren Koordinatenwerten
  • Relative (innere) Genauigkeit (relative or internal accuracy): Übereinstimmung relativer Positionen von Objekten zueinander mit wahren relativen Positionen
  • Rasterdatengenauigkeit (gridded data position accuracy): Übereinstimmung von Rasterdatenpositionswerten mit wahren Werten

Zeitliche Genauigkeit (temporal accuracy)

Genauigkeit der Zeitangaben und der zeitlichen Beziehungen von Objekten:

  • Genauigkeit von Zeitmessungen (accuracy of a time measurement): Angabe zu einem Datensatz über die Genauigkeit der zeitlichen Angabe, z. B. minutengenau, taggenau
  • Zeitliche Konsistenz (temporal consistency): Richtigkeit der zeitlichen Ereignisse und Abfolgen, z. B. Reihenfolge der Landnutzung
  • Zeitliche Gültigkeit (temporal validity): Inwieweit stimmt der Datensatz in Bezug auf den geforderten Zeitpunkt, z. B. Zeitangabe vom Typ: Jahr-Monat-Tag

Thematische Genauigkeit (thematic accuracy)

Genauigkeit von quantitativen Attributen und von nicht-quantitativen Attributen – Zuordnung von Objekten zu Objektklassen und Richtigkeit der Beziehungen:

  • Richtigkeit der Klassifikation (classification correctness): Stimmen Objekte, oder ihre Attribute mit den zugewiesenen Klassen überein, z. B. Zuordnung zu Fluss, statt zu Weg
  • Richtigkeit nichtquantitativer Attribute (non-quantitative attribute correctness): z. B. Nutzungsart von Grundstücken
  • Genauigkeit quantitativer Attribute (quantitative attribute correctness): z. B. Fläche von Grundstücken

Rechtlicher Rahmen für Geodaten

Vor DSGVO, Mai 2018 (und damit veraltet): Ob und wann frei oder für staatliche Stellen allgemein zugängliche Geodaten mit dem Datenschutz für personenbezogene Daten kollidieren können, ist in Deutschland noch weitgehend ungeklärt. Erste Anstrengungen, das Thema Geodaten und Datenschutz intensiver zu beleuchten, wurden durch die Kommission für Geoinformationswirtschaft gemacht. Diese und das Bundesministerium für Wirtschaft gaben dazu Studien beim Unabhängigen Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein in Auftrag. Letzteres kam in der im September 2008 veröffentlichten Studie zu dem Ergebnis, dass derzeit sowohl die Interessen der an einer Nutzung interessierten Stellen, als auch die datenschutzrechtlichen Belange, mit den bestehenden gesetzlichen Regeln nur unzureichend in Ausgleich gebracht werden können. Insbesondere der auch auf der EU-Ebene angestoßene INSPIRE-Prozess erfordert ein modernes Geodatenrecht, welches auch mit den Geodatenzugangsgesetzen des Bundes und der Länder (z. B. dem am 1. August 2008 in Bayern in Kraft getretenen Geodateninfrastrukturgesetz) nicht geschaffen wird. Diese Gesetze greifen vielmehr auf hergebrachte Zugangsregelungen zurück und reagieren nicht auf die neuen Herausforderungen für eine Nutzung von Geodaten und dem Schutz der Persönlichkeitsrechte Einzelner.

Mit DSGVO, Mai 2018: Die Rechtsgrundlage für die Verwendung von Geodaten hat sich mit Wirkung der DSGVO ab Mai 2018 verändert. Erste Aussagen können wie folgt zusammengefasst werden: Zu beachten ist, ob es sich bei den Geodaten um Informationen über eine natürliche Person handelt oder nicht (z. B. Position einer Person oder Gebäudehöhe). Auch wenn eine nicht-personenbezogene Geoinformation wie eine Gebäudehöhe mit einer Person durch die Georeferenz in Beziehung gesetzt werden kann, bleibt die Geoinformation, hier die Gebäudehöhe, weiterhin eine nicht personenbezogene Information.[2] Eine erste ausführliche, juristische Stellungnahme tätigte dazu Rechtsanwalt Schmidt.[3] Aus techniksoziologischer Sicht grundlegend siehe auch die Studie Aktuelle Fragen der Geodaten-Nutzung auf mobilen Geräten des Instituts für Technikfolgen-Abschätzung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ITA/ÖAW).[4]

Da Geodaten auch staatliche Sicherheitsinteressen berühren können, sind insoweit entsprechende Gesetzeseinschränkungen des freien Zugangs geplant.

In Deutschland trat 2009 das Geodatenzugangsgesetz (Gesetz über den Zugang zu digitalen Geodaten – GeoZG) in Kraft. Das Gesetz dient dem Aufbau einer nationalen Geodateninfrastruktur. Es schafft den rechtlichen Rahmen für den Zugang zu Geodaten, Geodatendiensten und Metadaten von geodatenhaltenden Stellen („geodatenhaltende Stellen des Bundes und der bundesunmittelbaren juristischen Personen des öffentlichen Rechts“) sowie die Nutzung dieser Daten und Dienste, insbesondere für Maßnahmen, die Auswirkungen auf die Umwelt haben können. Seit 2012 stellt der Bund Geodaten kostenfrei zur Verfügung. Die am 22. März 2013 verkündete Verordnung (GeoNutzV) räumt umfangreiche Nutzungsrechte (Vervielfältigung, Bearbeitung, Präsentation, Einbindung in Produkte) unter der Maßgabe ein, dass der beigefügte Quellenvermerk sowie rechtliche Hinweise im optischen Zusammenhang erkennbar eingebunden werden und ggf. mit einem Veränderungshinweis versehen wird.[5]

In der Schweiz ist die Zugänglichkeit zu den Geobasisdaten (im Sinne des schweizerischen Begriffs von Geobasisdaten) weitgehend durch das Bundesgesetz über Geoinformation (Geoinformationsgesetz, GeoIG, SR 510.62)[6] geregelt, dem sich die Kantone mit ergänzenden Vollzugserlassen angeschlossen haben. Hier werden die Geobasisdaten nach Bundesrecht (wie auch durch die Kantone in ihrem Rechtsetzungsbereich) in einem Katalog der Geobasisdaten aufgelistet und mit ihren rechtlichen Attributen transparent gemacht, wobei hier explizit auch die Zugangsberechtigung geregelt wird. Mit dieser Regelung der Zugangsberechtigung zu Geobasisdaten (gemäß GeoIG Art. 10–15) konnte der Umgang mit dem Datenschutzes weitgehend rechtlich abgehandelt werden.

Siehe auch

Beispiele für Geodaten

Weiteres

Literatur

  • Mario Martini, Matthias Damm: Auf dem Weg zum Open Government: Zum Regimewechsel im Geodatenrecht. Deutsches Verwaltungsblatt 2013, Heft 1, S. 1–9.

Weblinks

Wiktionary: Geodaten – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Grundlagen der Datenqualität. (PDF) (Nicht mehr online verfügbar.) Christian Müllegger, Uni Wien, 2007, ehemals im Original; abgerufen am 3. Mai 2009.@1@2Vorlage:Toter Link/homepage.univie.ac.at (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven)
  2. GDPR & Geomarketing: Some statements of lawyer Schmidt when geodata is considered as personal data and when it's not. In: infas 360 Blog. 2. August 2018, abgerufen am 4. Juni 2021 (deutsch).
  3. Geodaten und die DSGVO – ein Spannungsfeld – BUSINESS GEOMATICS. Abgerufen am 4. Juni 2021 (deutsch).
  4. Rothmann, Robert; Sterbik-Lamina, Jaro; Peissl, Walter; Čas, Johann: Aktuelle Fragen der Geodaten-Nutzung auf mobilen Geräten. In: Bericht-Nr. ITA-PB A63. Institut für Technikfolgen-Abschätzung (ITA): Wien; im Auftrag von: Österreichische Bundesarbeitskammer., 2012, abgerufen am 1. März 2019.
  5. BGBl. 2013 I Nr. 14
  6. Bundesgesetz vom 5. Oktober 2007 über Geoinformation, abgerufen am 19. April 2019.