Geometrische Wahrscheinlichkeit
Die geometrische Wahrscheinlichkeit ist ein Begriff aus der elementaren Wahrscheinlichkeitsrechnung, der im 18. Jahrhundert eingeführt wurde und im Unterschied zur Laplace-Wahrscheinlichkeit auf einer überabzählbaren Ergebnismenge basiert. Diese kann üblicherweise ein Intervall auf der Zahlengeraden mit der endlichen Länge oder ein Flächenstück endlichen Inhalts der Zahlenebene sein.
Geometrische Wahrscheinlichkeit auf einem Intervall der Zahlengeraden
Definition
sei ein Intervall auf der Zahlengeraden und ein Teilintervall von . Ein Punkt aus werde zufällig ausgewählt. Die Wahrscheinlichkeit, dass der ausgewählte Punkt in liegt, soll nur von den Längen und nicht von der Lage der Intervalle und abhängen. Damit ist gewährleistet, dass alle gleich langen Intervalle dieselbe Wahrscheinlichkeit besitzen.
Unter diesen Voraussetzungen beträgt die Wahrscheinlichkeit, dass der ausgewählte Punkt in liegt
Besonderheiten gegenüber der Laplace-Wahrscheinlichkeit
Jeder einzelne Punkt aus Ω lässt sich in ein Intervall beliebig kleiner Länge einbetten. Deshalb gilt für jedes aus dem Ergebnisraum . Hieraus lässt sich aufgrund der Kolmogoroff-Axiome folgern, dass jedes aus endlich vielen oder abzählbar unendlich vielen Punkten bestehende Ereignis mit der Wahrscheinlichkeit eintritt. Im Unterschied hierzu tritt bei der Laplace-Wahrscheinlichkeit nur das unmögliche Ereignis mit der Wahrscheinlichkeit ein.
Da jeder Kurvenzug den Flächeninhalt besitzt, ist auch dessen Wahrscheinlichkeit gleich .
Geometrische Wahrscheinlichkeit auf einem Flächenstück der Zahlenebene
Definition
sei ein Flächenstück auf der Zahlenebene und eine Teilfläche von . Ein Punkt aus werde zufällig ausgewählt. Die Wahrscheinlichkeit, dass der ausgewählte Punkt in liegt, soll nur von den Flächeninhalten und nicht von der konkreten Form und Lage der Flächenstücke und abhängen. Damit ist gewährleistet, dass alle inhaltsgleichen Flächenstücke dieselbe Wahrscheinlichkeit besitzen.
Unter diesen Voraussetzungen beträgt die Wahrscheinlichkeit, dass der ausgewählte Punkt in liegt
- ,
wobei , bzw. die Flächeninhalte von , bzw. sind.
Besonderheiten gegenüber der Laplace-Wahrscheinlichkeit
Jeder einzelne Punkt und auch jede Linie und jeder Kurvenzug aus lässt sich in ein Flächenstück beliebig kleinen Inhalts einbetten. Im Unterschied zur Laplace-Wahrscheinlichkeit haben deshalb auch solche Teilflächen und nicht nur das unmögliche Ereignis die Wahrscheinlichkeit .[1][2]
Beispiele
Intervall auf der Zahlengeraden
Das Intervall auf der Zahlengeraden sei im Verhältnis in drei Teilintervalle unterteilt. Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein zufällig ausgewählter Punkt
- auf dem ersten, bzw. zweiten, bzw. dritten Teilintervall,
- jeweils in der Mitte des Teilintervalls liegt?
Lösungsskizze:
- (einzelne Punkte auf der Zahlengeraden)
Flächenstück auf der Zahlenebene
sei ein Quadrat auf der Zahlenebene mit der Seitenlänge . Wie groß ist die Wahrscheinlichkeit, dass ein zufällig ausgewählter Punkt auf der
- Inkreisfläche ,
- Inkreislinie
des Quadrats liegt?
Lösungsskizze:
- (Linie in der Zahlenebene)
Literatur
- Johann Pfanzagl: Elementare Wahrscheinlichkeitsrechnung, Walter de Gruyter Berlin New York 1991, ISBN 3-11-013384-9 (broschiert), ISBN 3-11-013385-7 (gebunden)
Weblinks
- Geometrische Wahrscheinlichkeiten Fakultät für Mathematik und Wirtschaftswissenschaften der Universität Ulm, abgerufen am 23. September 2022
Einzelnachweise
- ↑ Karl Bosch: Statistik für Nichtstatistiker - Zufall und Wahrscheinlichkeit, R. Oldenbourg Verlag München Wien, ISBN 978-3-486-58219-2
- ↑ Geometrische Wahrscheinlichkeit Multimedia-Lexikon aus lernhelfer.de, abgerufen am 23. September 2022