Gestaltungsrecht

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Das Gestaltungsrecht ist ein relatives subjektives Recht, durch das einseitig ein neues Recht begründet oder ein bestehendes Rechtsverhältnis geändert oder aufgehoben werden kann. Es ist Voraussetzung für ein wirksames Gestaltungsgeschäft.

Allgemeines

Gestaltungsrechte sind im Regelfall mit einem Hauptrecht mehr oder weniger eng verbundene Rechte wie beispielsweise die Kreditkündigung bei einem Kreditvertrag. Das Gestaltungsrecht (Ausnahme: z. B. Aneignung, vgl. unten) muss dem anderen Teil gegenüber durch Gestaltungserklärung ausgeübt werden (empfangsbedürftige Willenserklärung). Die Wirkung des Gestaltungsrechts tritt dann mit Zugang der Erklärung ein. Allerdings gibt es auch Gestaltungsrechte, welche durch ein Gerichtsverfahren ausgeübt werden müssen (so genannte Gestaltungsklagerechte).

Arten

Wegen dieser einseitigen Rechtsmacht, die durch Gestaltungsrechte verliehen wird, bedarf das Gewähren eines Gestaltungsrechts einer besonderen Rechtfertigung aus Vertrag oder Gesetz.

Gestaltungsrechte sind beispielsweise:

Ausübung

Mit der Ausübung des Kündigungsrechts endet der gekündigte Vertrag, mit der Ausübung des Rücktrittsrechts (etwa bei einem Kaufvertrag) wandelt sich der betroffene Vertrag in ein Rückgewährschuldverhältnis, und mit der Ausübung des Vorkaufsrechts kommt unmittelbar ein Kaufvertrag zwischen dem Ausübenden und dem Vorkaufsschuldner zustande. Die Aneignung hat die Besonderheit, dass keine weitere Person von der Rechtsgestaltung berührt ist.

Gestaltungsrechte sind grundsätzlich wie alle einseitigen Rechtsgeschäfte (so auch Prozesshandlungen) bedingungs-, befristungsfeindlich sowie unwiderruflich, weil Rechtsunsicherheit vermieden werden soll.

Im Prozess sind jedoch so genannte innerprozessuale Bedingungen erlaubt, da dort das Gericht über die Anträge der Parteien zu entscheiden hat und so keine Rechtsunsicherheit entsteht. Innerprozessuale Bedingungen sind Ausfluss des Dispositionsrechtes der Parteien, wonach diese alleine den Streitgegenstand bestimmen, also darüber disponieren können. Eine weitere Ausnahme der Bedingungsfeindlichkeit sind so genannte Potestativbedingungen, die dann vorliegen, wenn der Erklärungsempfänger den Eintritt der Bedingung alleine steuern kann, also auch keine Rechtsunsicherheit zu seinen Lasten eintritt. Außerdem sind Bedingungen zulässig, die von einer Rechtsfrage abhängig gemacht werden, so genannte Rechtsbedingungen.

Die Unwiderruflichkeit gilt dann nicht, wenn der Gestaltungsgegner die Wirksamkeit der Gestaltung bestreitet, da in diesem Fall der Widerruf nur den Zustand wieder herstellt, welcher der Gestaltungsgegner beansprucht und somit keine weitere Unsicherheit für diesen erzeugt (Ausnahme vgl. § 9 Kündigungsschutzgesetz).[1]

Maßgeblicher Zeitpunkt

Die Wirksamkeit aller Gestaltungsrechte beurteilt sich ausschließlich nach den Verhältnissen zum Zeitpunkt der Erklärung. Auf einen nachträglichen Wegfall des Gestaltungsgrundes kommt es nicht an. Das wird in Rechtsgebieten, denen eine ausgeprägte soziale Komponente anhaftet, vielfach als nicht für jeden Fall sachgerecht angesehen. Daher haben Gesetzgeber und Rechtsprechung Korrekturen vorgenommen: Im Arbeitsrecht entsteht für den Arbeitnehmer ein Wiedereinstellungsanspruch, wenn der Kündigungsgrund nachträglich entfällt, z. B. weil ein beabsichtigter Arbeitsplatzabbau vom Arbeitgeber doch nicht umgesetzt wird. Im Mietrecht normiert § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB die Unwirksamkeit der Kündigung wegen nach Zugang der Kündigungserklärung eintretender Umstände. Nimmt der Vermieter das Recht zur außerordentlichen Kündigung bei Zahlungsverzug wahr, so kann der Mieter die Kündigung noch dadurch unwirksam werden lassen, dass er den Vermieter bis zum Ablauf zweier Monate nach Eintritt der Rechtshängigkeit des Räumungsanspruchs hinsichtlich des fälligen Mietzinses befriedigt. Die zunächst wirksame Kündigung wird also als Rechtsfolge der Vorschrift nachträglich unwirksam.

Übertragung

Umstritten ist die Übertragbarkeit der Gestaltungsrechte. Sie sind nach § 413 BGB nicht alle selbständig übertragbar, sondern lediglich die nicht akzessorischen Rechte wie das Vorkaufsrecht, Wiederkaufsrecht oder Rücktrittsrecht. Ihre Übertragung erfolgt im Rahmen der Abtretung nach § 398 BGB. Bestimmte Gestaltungsrechte können mit dem Hauptanspruch, zu dem sie gehören, abgetreten werden. So kann ein Anspruch auf Übereignung eines Buchs, bei welchem dem Vertragsschließenden ein Widerrufsrecht zusteht, auch mit diesem Widerrufsrecht abgetreten werden (§ 413 BGB).

Rücknehmbarkeit

Ein ausgeübtes Gestaltungsrecht kann grundsätzlich nicht mehr einseitig zurückgenommen werden, da dies der Rechtssicherheit widersprechen würde. Jedoch kann z. B. eine ausgesprochene Kündigung durch beide Parteien einverständlich aufgehoben werden.

Erlöschen

Aus Gründen der Rechtssicherheit erlöschen viele Gestaltungsrechte nach einer bestimmten Zeit, indem sie verwirken.

Keine Verjährung

Gestaltungsrechte sind keine Ansprüche, können also nicht verjähren (§ 194 Abs. 1 BGB).

Ausschlussfristen

Von der Verjährung sind Ausschlussfristen zu unterscheiden. Mit Ablauf der Frist geht das Gestaltungsrecht unter. Ausschlussfristen können gesetzlich angeordnet sein. Insbesondere im Arbeitsrecht spielen aber auch Ausschlussfristen kraft Tarifvertrag oder Arbeitsvertrag eine große Rolle.

  • Die Irrtumsanfechtung muss „unverzüglich“ (§ 121 S. 1 BGB), die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung oder widerrechtlicher Drohung innerhalb eines Jahres (§ 124 Abs. 1 BGB) erfolgen.
  • Der den Verbraucher schützende Widerruf muss innerhalb der Fristen des § 355 Abs. 2 bzw. Abs. 3 BGB erklärt werden. Beim Widerrufsrecht hängt der Fristbeginn meist davon ab, dass der Verbraucher über die Möglichkeit des Widerrufs belehrt wurde.

Mitunter wird das Erlöschen eines Gestaltungsrechts auch an die Verjährung eines Anspruches geknüpft, wie es § 218 BGB für das Rücktrittsrecht tut, um das Erlöschen als Einrede auszugestalten.

Gestaltungsgegenrechte

In einigen Fällen ist ein Gestaltungsgegenrecht des vom Gestaltungsrecht Betroffenen möglich. So sieht beispielsweise das Gesetz in bestimmten Fällen ein (hier nicht abdingbares) Recht des Wohnraummieters gegen eine Kündigung des Vermieters nach § 574 BGB vor. Zur Wirksamkeit des Gestaltungsgegenrecht ist hier theoretisch keine gerichtliche Durchsetzung nötig, auch wenn in der Praxis es wohl zu einer solchen kommen dürfte. Ist das Gegenrecht nur im Wege einer Klage durchsetzbar spricht man auch von einem Gestaltungsgegenklagerecht.[1]

Gestaltungsklagerechte

Hierbei muss der Gestaltende Klage erheben, um die Gestaltungswirkung durch Urteil erzielen zu können. Solche Urteile heißen auch Gestaltungsurteile, welche im Gegensatz zu z. B. Leistungsurteilen keiner Vollstreckung bedürfen.[1] Beispiele für Gestaltungsklagerechte finden sich vor allem im Familien- und Gesellschaftsrecht:

Einzelnachweise

  1. a b c Medicus, Allgemeiner Teil des BGB 10. Auflage, C.F. Müller.