Adenohypophyse

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Lage von Vorder- und Hinterlappen (hell- bzw. dunkelrot) der Hypophyse

Die Adenohypophyse (griechisch-lateinisch: Adenohypophysis) ist der drüsige (endokrine) und größere Teil der an der Basis des Gehirns liegenden Hirnanhangsdrüse (Hypophyse) und besteht aus dem Hypophysenvorderlappen und dem Hypophysenmittellappen oder Hypophysenzwischenlappen.[1] Häufig wird „Adenohypophyse“ auch synonym mit „Hypophysenvorderlappen“ verwendet.[2] Die Adenohypophyse produziert, gesteuert von Hormonen des Hypothalamus, das Wachstumshormon sowie andere Drüsen (Schilddrüse, Keimdrüsen, Nebennierenrinde) kontrollierende Hormone. Sie geht entwicklungsgeschichtlich aus der Rathke-Tasche der Mundbucht hervor und wird somit oft nicht als ein Teil des Gehirns erachtet, im Gegensatz zur Neurohypophyse. Während der Hypophysenvorderlappen beim Menschen (und auch Paarhufern) den vorderen Teil der Hypophyse darstellt, umgibt er bei einigen Säugetieren (z. B. Raubtieren und Pferden) die Neurohypophyse (Hypophysenhinterlappen) vollständig.

Aufbau

Lichtmikroskopisches Bild eines Gewebeschnittes aus dem Hypophysenvorderlappen in der PAS-Orange-G-Färbung, 200-fach vergrößert. Azidophile Zellen färben sich hier gelb-orange, basophile rot-violett und die chromophoben Zellen bleiben farblos.

Der Aufbau der Adenohypophyse ist typisch für eine endokrine Drüse. Hier werden zahlreiche Hormone gebildet, die als Effektor- oder Steuerhormone wirken. Die Hormonproduktion der Adenohypophyse selbst wird wiederum durch Releasing-Hormone (Liberine) und Inhibiting-Hormone (Statine) des Hypothalamus sowie in der Regel durch die regulierten peripheren Hormone gesteuert.

Die Adenohypophyse besteht aus drei Teilen:

  • Der Vorderlappen (die Pars distalis) ist der vorderste Teil der Hypophyse. Er enthält azidophile Alpha-, basophile Beta-, chromophobe Gamma- und azidophile Etazellen (= Schwangerschaftszellen).
  • Der Zwischenlappen (die Pars intermedia) befindet sich zwischen Vorderlappen und Hinterlappen (Teil der Neurohypophyse). In seinen Zellen wird Melanozyten-stimulierendes Hormon (MSH) gebildet.
  • Der Trichterlappen (die Pars tuberalis) umgreift von vorne den Hypophysenstiel (Teil der Neurohypophyse). Über seine Funktion ist bislang nichts bekannt.

Glandotrope Hormone

Glandotrope („auf Drüsen wirkend“, von lateinisch glandula „Drüse“) Hormone sind Steuerhormone des Hypophysenvorderlappens, welche die Hormonproduktion anderer endokriner Organe regulieren:

  • TSH (Thyreoidea stimulierendes Hormon) oder Thyreotropin, stimuliert die Schilddrüse (Glandula thyroidea).
  • ACTH (Adrenocorticotropes Hormon), stimuliert die Nebennierenrinde.
  • FSH (Follikelstimulierendes Hormon), stimuliert die Gonaden.
  • LH (Luteinisierendes Hormon), stimuliert die Gonaden.

Die beiden letztgenannten Hormone werden auch als Gonadotropine zusammengefasst.

Nichtglandotrope Hormone

Effektorhormone, die nicht auf endokrine Drüsen, sondern direkt auf Erfolgsorgane wirken, sind:

  • das Wachstumshormon STH (somatotropes Hormon) oder Somatotropin
  • PRL (Prolaktin) oder laktotropes Hormon (LTH)
  • MSH (Melanozyten-stimulierendes Hormon) oder Melanotropin (auch Melanophorenhormon und Intermedin genannt), welches im Hypophysenmittellappen produziert wird

Zelltypen

Lichtmikroskopisch lassen sich durch unterschiedliches Färbeverhalten in der Adenohypophyse drei Zelltypen unterscheiden. Es handelt sich dabei um azidophile, basophile und chromophobe Zellen.

Azidophile Zellen

Diese mit saurem Farbstoff anfärbbaren Zellen (azidophile Zellen) sind am häufigsten in der Adenohypophyse. Charakteristisch sind insbesondere rot anfärbbare Granula im Cytoplasma. Sie bilden ausschließlich nichtglandotrope Hormone und lassen sich in zwei Untergruppen einteilen:

  • Laktotrope Zellen produzieren Prolaktin. Dieser Zelltyp hat einen Anteil von 20 % an den Zellen der Adenohypophyse. Bei Männern sind sie seltener als bei Frauen, bei denen sie in der Schwangerschaft bis zu 70 % der Zellen ausmachen können. Typisch für laktotrope Zellen sind relativ große Sekretionsgranula mit unregelmäßiger Gestalt.
  • Somatotrope Zellen bilden das Somatotrope Hormon (STH). Ihr Anteil an den Zellen der Adenohypophyse beträgt ca. 50 % und sinkt mit dem Alter. Ihre Granula sind kleiner.

Basophile Zellen

Dieser Zelltyp ist aufgrund der im Cytoplasma eingeschlossenen Sekretionsgranula mit basophilen Farbstoffen dunkelviolett-blau anfärbbar. Auch hier lassen sich je nach Hormonproduktion unterschiedliche Zelltypen unterscheiden, wobei alle außer den MSH-bildenden Zellen glandotrope Hormone bilden:

  • Gonadotrope Zellen bilden die Hormone FSH und LH, die auf die Gonaden wirken. Diese Zellen sind relativ groß und stellen ca. 10 % aller Adenohypophysenzellen.
  • Thyreotrope Zellen bilden das Hormon TSH, das auf die Schilddrüse (lateinisch Glandula thyroidea) wirkt. 5 % aller Adenohypophysenzellen sind thyreotrope Zellen, sie besitzen kleine Sekretgranula.
  • Kortikotrope Zellen, die etwa 20 % der Zellen ausmachen, produzieren ACTH, das auf die Nebennierenrinde (lateinisch Cortex glandulae suprarenalis) wirkt.
  • MSH-bildende Zellen kommen besonders in der Pars intermedia vor und stellen 5 % der Zellen.

Chromophobe Zellen

Chromophobe Zellen sind nicht anfärbbar, da sie keine Granula besitzen. Zu den chromophoben Zellen zählen Stammzellen, Sternzellen, die den Gliazellen im Nervensystem ähnlich sind, und verbrauchte endokrine, vormals azido- oder basophile Zellen, die keine Granula mehr besitzen.

Erkrankungen

Zu den Erkrankungen der Adenohypophyse gehören unter anderem Störungen im Hormonhaushalt wie die Unterfunktion des Hypophysenvorderlappens (Hypophysenvorderlappeninsuffizienz, Hypopituitarismus), der hypophysäre Zwergwuchs (Nanosomia pituitaria, durch Wachstumshormonmangel; vgl. auch Kleinwuchs und Hypophysärer Zwergwuchs beim Hund) und die Überfunktion des Hypophysenvorderlappens (hypophysärer Riesenwuchs und Akromegalie sowie Cushingsche Krankheit; vgl. Hypophysenadenom).[3]

Zu Erkrankungen des Hypophysen-Zwischenhirnsystems (bestehend aus Hypophysenhinterlappen und Hypothalamus) siehe Hypophyse und Hypothalamus.

Literatur

  • Ulrich Welsch: Lehrbuch Histologie. Elsevier, München 2010, ISBN 978-3-437-44431-9.

Einzelnachweise

  1. Pschyrembel Klinisches Wörterbuch. Begründet von Willibald Pschyrembel. Bearbeitet von der Wörterbuchredaktion des Verlags. 255. Auflage. De Gruyter, Berlin 1986, ISBN 978-3-11-018534-8, S. 16.
  2. Hypophysenvorderlappen. In: Roche-Lexikon Medizin.
  3. Ludwig Weissbecker: Krankheiten des Hypophysenvorderlappens. In: Ludwig Heilmeyer (Hrsg.): Lehrbuch der Inneren Medizin. Springer-Verlag, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1955; 2. Auflage ebenda 1961, S. 999–1008.