Glycerin-Dehydrogenase
Glycerin-Dehydrogenase | ||
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Bändermodell der Glycerin-Dehydrogenase von Geobacillus stearothermophilus, komplexiert mit Glycerin; nach PDB 1JQA | ||
Andere Namen |
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Masse/Länge Primärstruktur | 367 Aminosäuren | |
Sekundär- bis Quartärstruktur | Homodimer und Homooktamer | |
Kofaktor | Zn2+ | |
Bezeichner | ||
Gen-Name(n) | gldA (EcoliWiki) | |
Externe IDs | ||
Enzymklassifikation | ||
EC, Kategorie | 1.1.1.6, Oxidoreduktase | |
Reaktionsart | Dehydrierung | |
Substrat | Glycerin + NAD+ | |
Produkte | Dihydroxyaceton + NADH + H+ | |
Vorkommen | ||
Übergeordnetes Taxon | Bakterien |
Glycerin-Dehydrogenase ist ein Enzym, das in Bakterien die Dehydrierung von Glycerin zu Dihydroxyaceton katalysiert. Dieses Enzym gehört zur Familie der Oxidoreduktasen, wobei die Hydroxygruppe als Donator und NAD+ als Akzeptor fungiert.
Dieses Enzym ist insbesondere eine metallabhängige Alkoholdehydrogenase, die besonders im Glycerin-Metabolismus eine Rolle spielt. Außerdem wurde dieses Enzym bereits aus zahlreichen Bakterien isoliert, beispielsweise Geobacillus stearothermophilus, Klebsiella aerogenes (ehemals als Enterobacter aerogenes bzw. „Aerobacter aerogenes“ bezeichnet)[1][2], Enterococcus faecalis,[3] Erwinia aeroidea[4] und Bacillus megaterium.[5] Allerdings wurden die meisten Studien aufgrund der Thermostabilität mit dem Bakterium Geobacillus stearothermophilus durchgeführt.[6]
Struktur
Die Glycerin-Dehydrogenase ist ein Homooktamer bestehend aus acht identischen Monomer-Untereinheiten, die wiederum aus einer einzelnen Polypeptidkette von 367 Aminosäuren bestehen. Jede dieser Untereinheiten enthält 9 β-Faltblätter und 14 α-Helices innerhalb von zwei verschiedenen Domänen (der N-Terminus beinhaltet 162 und der C-Terminus 206 Aminosäuren). Der Bereich zwischen den beiden Termini dient als aktives Zentrum des Enzyms. Das aktive Zentrum besteht aus einem gebundenen Metallion, einem Bindungszentrum für den Nicotinamid-Ring und einer Bindungsstelle für das Substrat.
Untersuchungen haben gezeigt, dass das aktive Zentrum ein Zn2+-Ion als Cofaktor enthält. Diese Zinkionen bilden tetraedrische Dipol-Wechselwirkungen zwischen den Aminosäureresten Asp173, His256 und His274, sowie einem Wassermolekül aus.
Die NAD+-Bindungsstelle, die sich der Rossmann-Faltung innerhalb der N-terminalen Domäne ähnelt, erstreckt sich von der Oberfläche des Enzyms bis zur Spalte, die das aktive Zentrum enthält. Durch den Nicotinamid-Ring (aktiver Bereich von NAD+) kommt es zur Bildung einer hydrophoben Tasche, bestehend aus den Aminosäureresten Asp100, Asp123, Ala124, Ser127, Leu129, Val131, Asp173, His174 und Phe247.
Schließlich besteht die Substratbindungsstelle aus den Resten Asp123, His256, His274 sowie einem Wassermolekül.[7]
Funktion
Das Enzym katalysiert die Dehydrierung von Glycerin zu Dihydroxyaceton. Im Gegensatz zu den gängigen Stoffwechselwegen zur Verstoffwechslung von Glycerin oxidiert die Glycerin-Dehydrogenase effektiv das Glycerin in anaeroben Stoffwechselvorgängen unter ATP-unabhängigen Bedingungen, was ein nützlicher Mechanismus im Abbau von Glycerin in Bakterien darstellt. Zusätzlich oxidiert das Enzym selektiv eher die Hydroxygruppe am C2-Atom, um ein Keton zu bilden, anstatt eine terminale Hydroxygruppe zu oxidieren, um dafür ein Aldehyd zu bilden.[8]
Katalysiertes Gleichgewicht
Glycerin wird durch die Glycerin-Dehydrogenase oxidiert und dehydriert. Neben dem Reduktionsäquivalent NADH entsteht hierbei Dihydroxyaceton.
Mechanismus
Nachdem NAD+ am Enzym gebunden ist, bindet sich das Glycerin an das aktive Zentrum, sodass zwei aufeinander abgestimmte Wechselwirkungen zwischen zwei benachbarten Hydroxygruppen und dem benachbarten Zinkion entstehen. Daraufhin katalysiert das Enzym die basisunterstützte Deprotonierung der Hydroxygruppe am C2-Atom, um ein Alkoholat zu bilden. Das Zinkatom dient zur Stabilisierung der negativen Ladung beim Alkoholat-Intermediat, bevor die überschüssige Elektronendichte um das Sauerstoffatom sich verlagert, um eine Doppelbindung mit dem C2-Atom zu bilden. Das Hydrid wird anschließend aus dem sekundären Kohlenstoff entfernt und wirkt nun als Nukleophil im Elektronentransfer zum Nicotinamid-Ring des NAD+. Als Ergebnis wurde das von der Basis entfernte Wasserstoffproton in die umgebende Lösung freigesetzt; darauf folgt die Freigabe des Dihydroxyacetons als Produkt, anschließend des NADH durch das Enzym.[9]
Industrielle Bedeutung
Glycerin ist ein Nebenprodukt bei der Herstellung von Biodiesel. Als die Biodiesel-Produktion exponentiell stieg, wurde das Rohglycerin bei der Umesterung von pflanzlichen Ölen in großen Mengen erzeugt. Trotz der breiten Verwendung von reinem Glycerin in der Lebensmittelindustrie, Kosmetik, Pharmazie und vielen anderen Industrien, ist es vergleichsweise kostspielig, das Rohglycerin auf dem höchsten Reinheitsgrad aufzureinigen. In der Biotechnologie kann durch eine modifizierte enzymatische Stoffumsetzung des Rohglycerins zu einer breiten Palette an Produkten führen, z. B. 1,3-Propandiol, 1,2-Propandiol, Bernsteinsäure, Dihydroxyaceton, Wasserstoff, Polyglycerin und Polyester.[10]
Klassifizierung
Unter den Glycerin-Dehydrogenasen findet eine weitere Klassifizierung statt:
Enzym | Enzymklassifizierung | Gen | UniProt | Reaktion | Anmerkung |
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Glycerin-Dehydrogenase (Akzeptor) | EC 1.1.99.22 | – | – | Glycerin + Akzeptor Dihydroxyaceton + reduzierter Akzeptor | Besitzt Pyrrolochinolinchinon als Cofaktor. |
Glycerin-Dehydrogenase (NADP+) | EC 1.1.1.72 | gldB (AspGD) | Q7Z8L1 | Glycerin + NADP+ D-Glycerinaldehyd + NADPH + H+ | Nimmt am Glycerolipid-Metabolismus teil. |
Glycerin-2-Dehydrogenase (NADP+) | EC 1.1.1.156 | GCY1 (SGD) | P14065 | Glycerin + NADP+ Dihydroxyaceton + NADPH + H+ | Nimmt am Glycerolipid-Metabolismus teil. |
Einzelnachweise
- ↑ Robert Main Burton, Nathan O. Kaplan: A DPN SPECIFIC GLYCEROL DEHYDROGENASE FROM AEROBACTER AEROGENES. In: Journal of the American Chemical Society. 75, Nr. 4, Februar 1953, S. 1005–1006. doi:10.1021/ja01100a520.
- ↑ Ec Lin, B. Magasanik: The activation of glycerol dehydrogenase from Aerobacter aerogenes by monovalent cations. (PDF) In: J. Biol. Chem. 235, Nr. 6, Juni 1960, S. 1820–1823. PMID 14417009.
- ↑ N. J. Jacobs, P. J. VanDemark: COMPARISON OF THE MECHANISM OF GLYCEROL OXIDATION IN AEROBICALLY AND ANAEROBICALLY GROWN STREPTOCOCCUS FAECALIS. (PDF) In: Journal of Bacteriology. 79, Nr. 4, April 1960, S. 532–538. PMID 14406375.
- ↑ Mamoru Sugiura, Tsutomu Oikawa, Kazuyuki Hirano, Hiroshi Shimizu, Fumio Hirata: Purification and Some Properties of Glycerol Dehydrogenase from Erwinia aroideae. In: Chemical & Pharmaceutical Bulletin. 26, Nr. 3, 1978, S. 716–721. doi:10.1248/cpb.26.716.
- ↑ Margrit Scharschmidt, Gerhard Pfleiderer, Harald Metz, Wolfgang Brümmer: Isolierung und Charakterisierung von Glycerin-Dehydrogenase aus Bacillus megaterium. In: Hoppe-Seyler’s Zeitschrift für Physiologische Chemie. 364, Nr. 2, 1983, S. 911–922. doi:10.1515/bchm2.1983.364.2.911.
- ↑ P. Spencer, K. J. Bown, M. D. Scawen, T. Atkinson, M. G. Gore: Isolation and characterisation of the glycerol dehydrogenase from Bacillus stearothermophilus. In: Biochemica et Biophysica Acta. 994, Nr. 3, 23. Februar 1989, S. 270–279. doi:10.1016/0167-4838(89)90304-X.
- ↑ S. N. Ruzheinikov, S. Sedelnikova, P. J. Baker, R. Taylor, P. A. Bullough, N. M. Muir, M. G. Gore, D. W. Rice: Glycerol dehydrogenase. structure, specificity, and mechanism of a family III polyol dehydrogenase. (PDF) In: Structure. 9, Nr. 9, September 2001, S. 789–802. doi:10.1016/s0969-2126(01)00645-1. PMID 11566129.
- ↑ Betty N. Leichus, John S. Blanchard: Isotopic Analysis of the Reaction Catalyzed by Glycerol Dehydrogenase. In: Biochemistry. 33, Nr. 48, 1994, S. 14642–14649. doi:10.1021/bi00252a033. PMID 7981227.
- ↑ Sharon Hammes-Schiffer and Stephen J. Benkovic: Relating Protein Motion to Catalysis. In: Annual Review of Biochemistry. 75, Nr. 1, Juli 2006, S. 519–541. doi:10.1146/annurev.biochem.75.103004.142800. PMID 16756501.
- ↑ Naresh Pachauri, Brian He: Value-added Utilization of Crude Glycerol from Biodiesel Production: A Survey of Current Research Activities. (PDF) In: American Society of Agricultural and Biological Engineers. Juni 2006, abgerufen am 5. Juni 2016.