Goldene Ära der spanischen Softwareindustrie

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Die Goldene Ära der spanischen Software[industrie] (spanisch Edad de oro del software español) fand in den Jahren 1983 bis 1992 statt und machte Spanien zum zweitgrößten Softwareherstellerland Europas für Unterhaltungssoftware auf der 8-Bit-Architektur hinter dem Vereinigten Königreich. Das Ende dieser Ära ging mit dem Verschwinden der 8-Bit-Architektur einher, die durch die Computer mit 16-Bit-Architektur abgelöst wurde. Sie brachte einige Softwarehersteller wie Dinamic Software, Topo Soft, Opera Soft, Made in Spain und Zigurat hervor. Der Name Edad de oro del soft español wurde von Fachzeitschriften in dieser Zeit geprägt und wird bis heute benutzt.

Geschichte

Aufstieg (1983–1985)

1983 erreichten die ersten Heimcomputer Spanien. Es handelte sich um 8-Bit-Maschinen. Der ZX Spectrum und die Amstrad CPC, in Deutschland baugleich Schneider CPC, gehörten zu den meistverkauften Heimcomputern Spaniens, gefolgt von MSX, dem C64 und anderen. Es handelten sich um einfache Maschinen mit geringen Ressourcen, die einfach zu manipulieren waren, weshalb viele junge Programmierer anfingen, auf diesen Geräten zu experimentieren.

Die Goldene Ära der spanischen Software begann mit der Vermarktung des Videospiels Bugaboo von Indescomp. Es wurde das erste Videospiel, das aus Spanien massiv exportiert wurde. Kurz darauf folgte von denselben Programmierern das Spiel Fred (Roland in the Caves), diesmal vom Hersteller Made in Spain und war ein weiterer Exporterfolg, worauf die Eigentümer von Made in Spain entschieden, den Software-Distributor Zigurat zu gründen und neben der eigenen auch Software unabhängiger Firmen zu handeln. Made in Spain wurde zu einer Produktionsgesellschaft von Zigurat. Jahre später wurden Made in Spain und Zigurat als Unternehmen wieder zusammengelegt.

Inzwischen machte Dinamic Software erste Schritte mit dem Text-Adventure Yength auf dem ZX Spectrum. Der spanische Softwarehändler Erbe Software wurde aktiv und blieb es für über ein Jahrzehnt lang. Anfangs versuchte Erbe Software, selbst Spiele zu entwickeln, stellte dies jedoch bald wieder ein.

Höhepunkt (1985–1989)

Mit der Geburtsstunde der Magazine Micromanía und Microhobby im Jahr 1985 stieg die Popularität der Videospiele und der Rest der führenden Unternehmen der Ära nahmen ihre Aktivitäten auf: Opera Soft 1986; Topo Soft erschien 1987 mit Livingstone, I presume, gefolgt von Spirits. Danach arbeiteten die Programmierer für Erbe Software an Las tres luces de Glaurung, welches auch unter dem Namen Conquestador vertrieben wurde.

Das frisch gegründete Unternehmen Zigurat erlebte seine Erfolge mit Sir Fred und El misterio del Nilo, dem inoffiziellen Spiel zum Film Auf der Jagd nach dem Juwel vom Nil, bei dem es Probleme gab, da einer der Charaktere Michael Douglas zu sehr ähnelte und die Programmierer infolgedessen diese Figur in Exportversionen zwangsweise abändern mussten.

Der erste nennenswerte Erfolg von Dinamic war die Johny Jones Trilogy und umfasste Saimazoom, Babaliba, und Abu Simbel Profanation. Danach folgte die Trilogie Moves, welche Army Moves, Navy Moves und das deutlich später veröffentlichte Arctic Moves umfasste.

Es folgten Spiele, die sich an berühmten Sportlern anlehnten. Zuerst stellte Dinamic mit Basket Master Fernando Martín dar. Daraufhin folgten andere Firmen dem Konzept und stellten Ángel Nieto, Carlos Sainz, Poli Díaz, Emilio Butragueño und weitere Sportler in ihren Spielen dar.

Unterdessen veröffentlichte Opera Soft die Spiele Goody, Sol Negro, Cosa Nostra und La Abadía del Crimen, welches auf Umberto Ecos Der Name der Rose basierte. Als letzte der großen Firmen veröffentlichte Topo Soft Spiele wie Mad Mix Game und Survivor.

Das Textadventure Don Quijote von Dinamic Software wurde so erfolgreich, dass sich eine darauf spezialisierte Abteilung des Unternehmens als Aventuras AD unabhängig ausgründete. Von diesen wurden eine Reihe an Spielen wie El Jabato veröffentlicht.

Abstieg (1989–1992)

Ende der 1980er Jahre kamen die 16-Bit-Maschinen, mit dem Commodore Amiga, der Atari ST-Reihe, der IBM PC auf den Markt, gefolgt von Heimkonsolen wie dem Nintendo Entertainment System und der Sega Mega Drive. Die spanischen Unternehmen gaben sich keine große Mühe, sich damit zu beschäftigen und stiegen nie ernsthaft auf 16-Bit-Maschinen um. Sie verharrten auf dem absteigenden Marktsegment der 8-Bit-Rechner, der bereits in ganz Europa ausgestorben war und nur in Spanien noch Stärken aufwies, die im Wesentlichen vom dominierenden Großhändler Erbe Software aufrecht gehalten wurde, der versuchte der Softwarepiraterie Herr zu werden, indem er jedes Spiel für einen Verkaufspreis von 875 Peseten (= 5,26 €) anbot.

In diesem Moment bekamen die spanischen Computerspielhersteller ernsthafte finanzielle Probleme. Einer nach dem anderen brachte sein letztes Spiel heraus. Die einstigen Gründer von Topo Soft verließen das Unternehmen im Jahr 1989 um Animagic zu gründen. Dort entstand Mortadelo y Filemon II (Clever & Smart II). Der Start in schlechten Zeiten sorgte für ein baldiges Ende der Firma.

Topo Soft veröffentlichte Lorna, Journey to the Center of the Earth und nicht zuletzt Gremlins 2 und erreichte damit als erster spanischer Computerspielhersteller, die exklusiven Markenrechte eines Hollywoodfilms für ganz Europa. Im Bewusstsein über die Bedeutung der 16-Bit-Technik wurde 1991 versucht, auf diese mit der Entwicklung einer Benutzeroberfläche für MS-DOS umzusteigen. Das Projekt hatte keinen Erfolg und Topo Soft ging 1992 Bankrott.

Inzwischen hatte Opera Soft nach der Veröffentlichung von Gonzalezzz, Mot und Angel Nieto Pole 500 seine restlichen Unternehmen aufgelöst. Im letzten Geschäftsmonat des Unternehmens kamen noch La Colmena und ein Spiel anlässlich Barcelona 1992 auf den Markt. Einige Programmierer wie Gonzalo Suárez Girard wechselten später zu Pyro Studios (Pyro Mobile) und arbeiteten an Spielen wie Commandos: Behind Enemy Lines (Commandos: Hinter feindlichen Linien).

Aventuras AD hatte paradoxerweise die größten Erfolge in der Zeit der Abstieges. Spiele wie The Ci-U-Than Legends Trilogy, die aus La diosa de Cozumel, Los templos sagrados und Chichén Itzá bestand und den Vorgänger der Adventures La aventura espacial, das eine Menüsteuerung bekam. Dennoch brachen die Verkaufszahlen ein und Aventuras AD musste 1992 schließen.

Zigurat und Dinamic waren die einzigen Unternehmen, die diese Ära überlebten. Sie mussten umstrukturieren und ihr bisheriges Geschäftsfeld verlassen. Nachdem der Markt für 8-Bit-Spiele zusammenbrach, begann Zigurat Arcade-Spiele für Spielautomaten zu produzieren. Dinamic Software hatte After the War, Narco Police und Risky Woods auf den Markt gebracht und ging Bankrott; wurde 1993 als Dinamic Multimedia neu gegründet und hatte mit Pc Futbol seinen Verkaufserfolg. 2001 erlag Dinamic Multimedia der Dotcom-Blase. Die Gründer hatten das Unternehmen 1999 verlassen und ihr Geld in FX Interactive gesteckt.

Weblinks

Einzelnachweise