Grabengasse 6 (Bad Kissingen)

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Grabengasse 6 in Bad Kissingen.

Das Gebäude Grabengasse 6, das so genannte Bratwurstglöckle in Bad Kissingen, der Großen Kreisstadt des unterfränkischen Landkreises Bad Kissingen, gehört zu den Bad Kissinger Baudenkmälern und ist unter der Nummer D-6-72-114-18 in der Bayerischen Denkmalliste registriert.

Geschichte

Vorgeschichte

Eine Bebauung des Grundstücks der Grabengasse 6 lässt sich seit dem Mittelalter nachweisen. In seiner ersten Baufassung dürfte das heutige Bratwurstglöckle in der Zeit von 1770 bis 1780 entstanden sein; der Bauherr ist unbekannt.

Mit unbekanntem Datum sind als erste Hausbesitzer Valentin und Matthäus Bibrich bekannt. Für die Jahre 1826, 1845 und 1859 (jeweils unter der Haus-Nr. 25) ist als Hausbesitzer ein Kilian Albert nachgewiesen, für das Jahr 1867 (weiterhin unter der Haus-Nr. 25) der Metzger Michael Albert sowie für die Jahre 1875 (unter der Haus-Nr. 25) und 1883 (ab da unter der Haus-Nr. 6) der Metzgermeister Albert Müller.

Das heutige Bratwurstglöckle

In seiner heutigen Form entstand das Gebäude, in dem sich das Bratwurstglöckle befindet, im Jahr 1887.[1][2][3] Es wurde in Klinkerbauweise und im Stil der Neorenaissance erbaut; das Aussehen des Gebäudes ist von dem vorspringenden Dreieckserker. Das farbige Fenster in der Tür zur Gaststube trägt die Datierung 1887.

Das Bratwurstglöckle wurde am 9. April 1890 vom Wirt Valentin Kolb, sei 1889 Eigentümer des Grundstücks, eröffnet. Er richtete das Lokal im altfränkischen sowie im gründerzeitlichen Stil ein und nahm von Beginn an Biere wie das Würzburger Hofbräu und das Münchener Hackerbräu sowie Nürnberger und Fränkische Bratwurstspezialitäten in sein Angebot auf. Das Bratwurstglöckle beherbergt eine noch funktionierende Registrierkasse aus dem Jahr 1904. Im Jahr 1900 ließ Valentin Korb den Erker und das zweite Geschoss umbauen und eröffnete die alte Metzgerei des Hauses.

Etwa zu dieser Zeit könnte der von Bad Kissinger Bürgern gut besuchter Stammtisch entstanden sein (das älteste Foto des Stammtischs stammt aus dem Jahr 1904). Später wurde über dem Stammtisch ein Fuchsschwanz mit sechsfachem Glockenspiel angebracht.

Im Jahr 1909 wurde das Bratwurstglöckle von Josef Derreth übernommen, der Leibkoch des bayerischen Königs Ludwig II. war und Valentin Kolbs Tochter Louise geheiratet hatte. Josef Derreth ließ den Dachstuhl im Jahr 1912 umbauen sowie im Jahr 1922 aufstocken. Professor E. Netsch (Mitglied des Wiener Konzertvereins), der mit seinem Orchester bis zum Ersten Weltkrieg Kurmusik in Bad Kissingen spielte, verfasste mit dem „Glöckle-Marsch-Lied“ den einstigen Schlager des Bratwurstglöckle.

Nach Josef Derreths Tod im Jahr 1932 übernahm dessen Sohn Carl Derreth und seine aus Bad Kissingen stammenden Frau Toni, geb. Pesel, das Bratwurstglöckle. Beide führten die Gaststätte von 1932 bis 1978. Im Jahr 1955 bekamen Carl und Toni Derreth von einem Kurgastehepaar, das während seines dreiwöchigen Aufenthaltes in Bad Kissingen dem Bratwurstglöckle 42 Besuche abstattete, ein Gästebuch als Abschiedsgeschenk. Die erste Fotografie im Gästebuch entstand vor dem Eingang des Bratwurstglöckle und zeigt Carl Derreth mit dem Schauspieler Werner Krauß, der sich gerade für Dreharbeiten zum Film Sohn ohne Heimat in Bad Kissingen aufhielt, und mit dem Bad Kissinger Arzt Dr. Grieninger und dessen Tochter. Neben Werner Krauß besuchten zahlreiche weitere berühmte Persönlichkeiten das Bratwurstglöckle (siehe Abschnitt „Gästeliste“).[4]

Im Jahr 1978 übernahm Carl Derreths Tochter Hanni mit ihrem Ehemann, dem Autoverkäufer Erwin Kuhn, der nun sein Hobby Kochen zum Beruf machte. In den Wintermonaten arbeitete er als Hotelmanager in Nairobi. Vater Carl Derreth war bis zu seinem Tod im Jahr 1984 für den kaufmännischen Teil des Restaurants zuständig.

Ab dem 29. März 1986 wurde das Bratwurstglöckle vom Ehepaar Krines geleitet. Sie sahen sich der Herausforderung gegenüber, die Ausstattung des Bratwurstglöckle wie Küche, Thekenanlage, Aufzüge und die gesamte Installation auf dem neuesten technischen Stand zu halten und gleichzeitig den altfränkischen Stil des Lokals zu bewahren. Auf der Speisekarte wurden fränkische Spezialitäten, gutbürgerliches Mittags- und Abendessen, internationale Gerichte sowie verschiedene Biersorten und Schoppenweine, Brotzeitgerichte, Kaffee und fränkischer Kuchen etabliert.

Später wurde das Bratwurstglöckle von der Firma Mynastya GmbH übernommen.

Gästeliste

Berühmte Persönlichkeiten, die das Bratwurstglöckle aufsuchten, waren (in alphabetischer Reihenfolge):[4]

Literatur

  • Würzburger Hofbräu, Hannelore Kuhn geb. Derreth, Arnolf und Ruth Krines, Bad Kissingen (Hrsg.): 100 Jahre Bratwurstglöckle Bad Kissingen 1890–1990, Bad Kissingen 1990
  • Denis André Chevalley, Stefan Gerlach: Stadt Bad Kissingen (= Bayerisches Landesamt für Denkmalpflege [Hrsg.]: Denkmäler in Bayern. Band VI.75/2). Karl M. Lipp Verlag, München 1998, ISBN 3-87490-577-2, S. 34 f.
  • Peter Weidisch (Hrsg.): Das Bratwurstglöckle, Infoflyer aus der Reihe Stadtgeschichtliche Informationen, Bad Kissingen, ohne Jahresangabe

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Würzburger Hofbräu, Hannelore Kuhn geb. Derreth, Arnolf und Ruth Krines, Bad Kissingen (Hrsg.): 100 Jahre Bratwurstglöckle Bad Kissingen 1890–1990, Bad Kissingen 1990, S. 6
  2. Peter Weidisch (Hrsg.): Das Bratwurstglöckle, Infoflyer aus der Reihe Stadtgeschichtliche Informationen, Bad Kissingen, ohne Jahresangabe
  3. Chevalley spricht vom Baujahr 1899, doch spricht die Datierung an der Eingangstür eher für das Jahr 1887.
  4. a b Würzburger Hofbräu, Hannelore Kuhn geb. Derreth, Arnolf und Ruth Krines, Bad Kissingen (Hrsg.): 100 Jahre Bratwurstglöckle Bad Kissingen 1890–1990, Bad Kissingen 1990, S. 14f.

Koordinaten: 50° 11′ 57,44″ N, 10° 4′ 34,32″ O