Greiner (Unternehmen)

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Greiner AG

Rechtsform Aktiengesellschaft
Gründung 1868
Sitz Kremsmünster, Österreich
Leitung
Mitarbeiterzahl 11.015 (2021)[2]
Umsatz 2.274 Mrd. Euro (2020)[2]
Branche Mischkonzern
Website https://www.greiner.com

Die Greiner AG ist ein deutsch-österreichisches Familienunternehmen mit Sitz in Kremsmünster (Österreich)[3], das weltweit zu den größten Herstellern und Verarbeitern von Kunst- und Schaumstoff gehört und sich in fünfter Generation in Familienbesitz befindet. Mit ihren drei Spartengesellschaften erwirtschaftete Greiner im Geschäftsjahr 2021 einen Umsatz von rund 2,27 Mrd. Euro. Das Unternehmen beschäftigte 2021 11.015 Mitarbeiter an 129 Standorten in 33 Ländern[2]. 2018 feierte Greiner das 150-jährige Bestehen.

Geschichte

Die ursprüngliche Gründung des Unternehmens erfolgte durch Carl Albert Greiner am 7. September 1868 als Kolonialwaren- und Eisenwarengeschäft in Nürtingen (Baden-Württemberg). Unter anderem wurde ein selbst hergestellter Sprudel vermarktet, der mit Korken verschlossen wurde. Bereits nach kurzer Zeit befasste sich der Firmengründer nur noch mit der Fabrikation und Vermarktung von Korkstopfen, die mit einer damals vollkommen neuartigen Korkschneidemaschine geschnitten wurden und auch fremd verkauft wurden. Der Erfolg war überwältigend, sodass man sich nur noch auf die Korkfabrikation, einschließlich der Vermarktung der anfallenden Abfälle (u. a. Feueranzünder), konzentrierte. Die vier Söhne des Firmengründers traten nach und nach ebenfalls in das Unternehmen ein, was 1899 zunächst zur Gründung der österreichischen Filiale in Kremsmünster (Oberösterreich), führte. Eine weitere Filiale wurde 1903 in Sant Feliu de Guíxols (Spanien) gegründet, um den Import von Kork abzusichern. Beide Unternehmen, in Österreich wie in Deutschland, entwickelten sich trotz Weltkrieg gut, auch dank der eigenen Importbasis in San Feliu nahe Barcelona. Alle Standorte firmierten unter dem Namen C. A. Greiner und Söhne GmbH und Co KG.[4]

Technologisch bedeutsam war nach dem Zweiten Weltkrieg die Hinwendung zu einem gänzlich neuen Werkstoff. 1952 erhielt das Unternehmen die Lizenz zur Herstellung von Schaumstoff, was zunächst in Nürtingen, später auch in Kremsmünster zur nächsten großen Wachstumsphase führte[4]. Die Schaumstofferzeugnisse (Moltopren) wurden vorwiegend in der Möbel- und Bekleidungsindustrie abgesetzt. Greiner beschäftigte damals bereits rund 500 Mitarbeiter.

1960 wurde Greiner Packaging in Kremsmünster als weiterer Betriebszweig für Spritzguss- und Tiefziehwerk mit Druckerei und Formenbau gegründet[5]. Greiner Packaging stellte zunächst Kunststoffverpackungen wie Dosen für die Pharmazie, Joghurtbecher und Einweggeschirr her.[6]

Kurze Zeit nach dem Start des Spritzgusses wurde 1963 in Nürtingen mit den ersten Petrischalen aus Polystyrol begonnen.[4] Das war die Geburtsstunde der Sparte Greiner Bio-One. Zuvor wurden in der Pharmazie und Medizin noch Petrischalen aus Glas genutzt.

1977 entstand ein weiterer Unternehmensbereich, der heute unter Greiner Extrusion firmiert, der im Bereich Kunststoffprofilerzeugung Weltmarktführer in der Herstellung der entsprechenden Werkzeugmaschinen ist.

1983 entwickelt sich aus einem von der Firma Semperit übernommenen Schaumstoffbetrieb in Linz, Oberösterreich, die Sparte Greiner Perfoam. Das Unternehmen produziert Sichtteile und Akustikbauteile für die Automobilindustrie. Die Greiner Perfoam gehört heute zur Sparte NEVEON.

Ausgehend vom Geschäftsbereich Schaumstoff wurde 1986 mit der Herstellung von Fluggastsitzkissen begonnen. Dieser Geschäftsbereich firmiert heute unter dem Namen Greiner aerospace[7] und gehört ebenso wie Greiner PURTEC, die Wärmedämmungen für Boiler herstellt, zur Sparte NEVEON.

Die Aktivitäten im Bereich Schaumstoffherstellung wurden im Rahmen eines Gemeinschaftsunternehmens mit dem belgischen Unternehmen Recticel 1992 gebündelt und firmieren europaweit unter dem Namen Eurofoam.[8] Zunächst wurden, nach dem Fall des eisernen Vorhangs, die Schaumstoffmärkte in Ungarn und Polen erschlossen. Später wurde das Joint Venture auch auf Deutschland ausgeweitet.

Ab 1. Juli 2010 wurde Eurofoam gemeinsam mit Greiner MULTIfoam[9] unter der neu gegründeten Greiner Foam[10] geführt, die ihren Sitz ebenfalls in Kremsmünster hat. 2012 gründete Greiner Foam ein Joint Venture (Unifoam) in Südafrika und damit den ersten Produktionsstandort von Greiner auf dem afrikanischen Kontinent.[11] Im April 2020 stockte Greiner die Anteile an der Eurofoam auf 100 % auf.[12] Seit 1. Februar 2021 firmiert die Greiner Foam International GmbH unter NEVEON Holding GmbH bzw. heißt die Sparte Greiner Foam nun NEVEON.[13]

Struktur des Unternehmens

Seit Mitte 2014 werden sämtliche Unternehmensbereiche von der 1986 gegründeten Greiner Holding AG, Kremsmünster, geführt. Seit Oktober 2018 firmiert man unter Greiner AG. Die Greiner AG ist zu 100 % in Familienbesitz.

Die drei Sparten von Greiner stellten sich mit Stand Mai 2022 wie folgt dar.[14] Greiner Foam wird seit Februar 2021 als NEVEON geführt,[15] bzw. ist Eurofoam seit Mitte 2020 kein Joint Venture mehr, sondern gehört zu 100 % Greiner.[16] Zum 21. Dezember 2021 wurde die ehemalige Sparte Greiner Extrusion an Nimbus verkauft.[17]

  • Greiner Bio-One: ist im Bereich Medizintechnik tätig. Das Geschäftsfeld Preanalytics entwickelt und produziert Entnahmesysteme für Human- und Veterinärproben aus Blut, Urin und Speichel, sowie digitale Systemlösungen (Greiner eHealth Technologies), die für mehr Effizienz und Patientensicherheit im präanalytischen Prozess sorgen. Das Geschäftsfeld BioScience widmet sich Spezialprodukten zur Kultivierung und Analyse von Zellkulturen sowie Mikroplatten für das Hochdurchsatz-Screening. Das dritte Geschäftsfeld ist Mediscan, als kompetenter Dienstleister im Bereich der Sterilisation von medizinischen Produkten, Entkeimung von Lebensmittelverpackungen oder Funktionsverbesserung von Kunststoffen und Halbleitern mittels ionisierender Strahlung.
  • Greiner Packaging: produziert Kunststoffverpackungen für den Food- und Non-Food-Bereich. Zur Produktpalette gehören u. a. Kunststoffbecher, Becher aus Karton-Kunststoff-Kombinationen, Kunststoffflaschen, -container und -eimer, sowie maßgeschneiderte Kunststoffteile und -produkten sowie deren Assembling und Veredelung.
  • NEVEON: ist eine weltweit führende integrierte Schaumstoffgruppe und bietet Polyurethan Weich- und Verbundschäume für vielfältigste Einsatzgebiete – vom Komfortbereich über den Mobilitäts-Sektor bis hin zu unterschiedlichsten Spezialanwendungen. NEVEON entstand Anfang 2021 durch die Bündelung von Eurofoam, Greiner aerospace, Greiner MULTIfoam, Greiner Perfoam, Greiner PURTEC und Unifoam.

Zur Greiner AG gehören neben den vier operativen Sparten auch Greiner Real Estate, Greiner Technology & Innovation und die Greiner Krabbelstube.[18][19]

Sonstiges

  • Im Jahr 1992 erhielt die C. A. Greiner und Söhne Gesellschaft m.b.H. die Staatliche Auszeichnung und durfte das Bundeswappen im Geschäftsverkehr verwenden. Auf Grund von Umstrukturierungen 1999 bzw. 2001 erlosch dieses Recht jedoch. Allerdings erhielt das Teilunternehmen Greiner Packaging diese Auszeichnung erneut noch vor 2006.[20]
  • Im Zusammenhang mit der Jagd nach dem Heilbronner Phantom wurde im März 2009 bekannt, dass verschiedene Polizeidienststellen in Deutschland, Österreich und Frankreich Abstrichbestecke (Wattestäbchen) der Greiner Bio One International AG für die Aufnahme von DNA-Spuren an Tatorten verwendeten, obwohl diese nach Angabe des Unternehmens dafür überhaupt nicht geeignet sind, da sie zwar steril sind, allerdings DNA-Reste aus dem Produktionsprozess aufweisen. Solche DNA-Verunreinigungen führten zu der irrtümlichen Jagd auf eine „Phantom-Täterin“. Tatsächlich hatte es keine Täterin gegeben, sondern die Ermittler bzw. die Kriminaltechnischen Labors waren den DNA-Verunreinigungen der Abstrichbestecke aufgesessen. Nach Bekanntwerden der Ermittlungspanne weist die Firma auf ihrer Homepage darauf hin, dass die von den Polizeidienststellen bezogenen Abstrichbestecke gar nicht für diesen Einsatzzweck geeignet sind, was in der Produktbeschreibung und dem Beipackzettel von Anfang an vermerkt wurde. Ende Juli 2009 gab die Staatsanwaltschaft Stuttgart bekannt, dass es gegen die Lieferanten der Abstrichbestecke (die Greiner Bio-One) kein Ermittlungsverfahren geben werde. Der Beobachtungsvorgang gegen das Unternehmen sei beendet worden, sagte ein Sprecher der Behörde. Ein Anfangsverdacht gegen die Firma wegen Vorspiegelung falscher Tatsachen habe sich nicht feststellen lassen.[21]
  • Das deutsche Bundeskartellamt verhängte im Juni 2015 Bußgelder in Höhe von 75 Mio. Euro gegen die fünf Automobilzulieferer Autoneum, die Carcoustics aus Leverkusen, die Tochtergesellschaft Greiner Perfoam, die Ideal Automotive aus Burgebrach und die deutsche Tochter der International Automotive Components (IAC) in Düsseldorf wegen illegaler Preisabsprachen im Zeitraum von 2005 bis 2013.[22]

Siehe auch

Weblinks

Commons: Greiner Holding – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b c Greiner AG das Unternehmen. Greiner AG, abgerufen am 18. Mai 2021.
  2. a b c Greiner AG das Unternehmen. Greiner AG, abgerufen am 18. Mai 2021.
  3. Greiner AG. Greiner AG, abgerufen am 18. Mai 2021.
  4. a b c Vom Kaufmannsladen zum internationalen Konzern. Greiner AG, abgerufen am 7. Mai 2018.
  5. Meilensteine in der Geschichte. Greiner Packaging International GmbH, abgerufen am 7. Mai 2018.
  6. Produkte (Memento vom 3. November 2014 im Internet Archive)
  7. http://greiner-aerospace.com/
  8. http://www.eurofoam.at/
  9. http://www.greiner-multifoam.com/
  10. http://www.greiner-gfi.com/
  11. Greiner AG die Geschichte. Greiner AG, abgerufen am 18. Mai 2020.
  12. Greiner übernimmt Eurofoam. Greiner AG, abgerufen am 18. Mai 2020.
  13. NEVEON: Greiner bündelt Kräfte im Bereich der Schaumstoffproduktion. Greiner AG, abgerufen am 18. Februar 2021.
  14. Greiner AG Jahresbericht 2021. (PDF) Greiner AG, abgerufen am 31. Juli 2022.
  15. NEVEON: Greiner bündelt Kräfte im Bereich der Schaumstoffproduktion. Greiner AG, abgerufen am 18. Februar 2021.
  16. Greiner übernimmt Eurofoam. Greiner AG, abgerufen am 18. Mai 2020.
  17. Greiner schließt Verkauf der Extrusionssparte an Nimbus ab. Abgerufen am 31. Juli 2022 (österreichisches Deutsch).
  18. Greiner Real Estate. Abgerufen am 9. August 2020.
  19. Greiner Technology & Innovation. Abgerufen am 9. August 2020.
  20. Verzeichnis der Staatswappenträger abgerufen am 6. April 2020
  21. Bericht auf spiegel-online.de. Abgerufen am 31. Juli 2009.
  22. Bundeskartellamt verhängt Bußgelder in Höhe von 75 Mio. Euro gegen Automobilzulieferer. Bundeskartellamt, 24. Juni 2015, abgerufen am 24. Juni 2015.