Großes Torpedoboot 1898

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Großes Torpedoboot 1898
S 90 mit angetretener Besatzung (1901)
Schiffsdaten
Land Deutsches Reich Deutsches Reich
Schiffsart Großes Torpedoboot
Bauzeitraum 1899 bis 1907
Stapellauf des Typschiffes 26. Juli 1899
Gebaute Einheiten 48
Dienstzeit 1899 bis 1921
Maschinenanlage
Maschine 3 × Schichau-Thornycroft Dampfkessel
2 × Wasserrohrkessel
  • S 125

3 × Dampfkessel
1 × Parsons System 6 Turbine

4 × Dampfkessel
1 × Parsons System 6 Turbine

Maschinen-
leistung
5900 bis 10800 PS
Höchst-
geschwindigkeit
30 kn (56 km/h)
Propeller 2 dreiflügelig Ø 2,25 m
Bewaffnung

Als Großes Torpedoboot 1898 wurde eine Baureihe von 48 Großen Torpedobooten für die Kaiserliche Marine bezeichnet. 36 Einheiten wurden von den Schichau-Werken in Elbing gebaut, 12 Einheiten von der Germaniawerft in Kiel. Die Buchstabenkennung vor der Schiffsnummer kennzeichnet die Bauwerft des jeweiligen Schiffes. S steht hierbei für Boote aus den Schichau-Werken, G für Boote aus der Germaniawerft.[1] In einigen Quellen werden die Boote auch S-90-Klasse genannt.

Technik und Baugeschichte

Die Kaiserliche Marine war sich seit Mitte der 1890er Jahre dessen bewusst, dass ihre zwar sehr seefähigen und gegenüber ausländischen Marinen größeren Torpedoboote eine schlagkräftige Waffe in einem möglichen Seekrieg darstellen konnten, jedoch drohte mit der Einführung des damals neuen Torpedobootszerstörers britischerseits dieser Vorteil verloren zu gehen. Nach intensiven technischen und taktischen Vorüberlegungen präferierte man nun ein größeres Boot, das gegenüber dem neuartigen Zerstörer weiterhin offensiv bestehen konnte. Unabdingbar dafür war jedoch eine deutliche Größensteigerung der Boote sowie die gleichzeitige Abkehr von der bisherigen Doktrin des Einwellenantriebs und der Vorgabe, dass ein einziger Offizier zur Führung des Bootes genügen müsse. Gegenüber der letzten Serie der kleinen Boote wurde das Deplacement mehr als verdoppelt und die Geschwindigkeit auf 27 kn gesteigert. Zugleich stiegen die Seefähigkeit und die Seeausdauer. Die Klasse hatte eine etwas schwächere Geschützbewaffnung als gleichaltrige britische Torpedobootszerstörer, trugen jedoch ein Torpedorohr mehr. Den gleichaltrigen französischen Torpedobootszerstören waren die Boote dieses Typs in allen Belangen überlegen.

Die 48 Einheiten wurden zwischen 1898 und 1907 sowohl in den Schichau-Werken (36 Einheiten) und der Germaniawerft (12 Einheiten) gebaut. Während der Bauphase wurde das Design kontinuierlich angepasst und geändert. Zehn verschiedene Konstrukteure waren daran beteiligt. Daraus ergeben sich mehrere teils gravierend unterschiedliche Bauzustände. Die Gesamtlänge erstreckt sich von 63 bis 71,5 m. Die Breite erstreckt sich von 7 bis 7,75 m und der Tiefgang von 2,03 bis 3,22 m.[2] Die Boote S 90 bis S 131 und G 108 bis G 113 waren in elf wasserdichte Abteilungen eingeteilt. Die Schiffe G 132 bis G 137 wurden um ein Abteil erweitert.[3] Der Antrieb der meisten Einheiten erfolgte über zwei vertikale 3-Zylinder-Dreifachexpansions-Dampfmaschinen, die zwei dreiblättrige Schraubenpropeller antrieben. Der benötigte Dampf wurde von drei kohlebefeuerten Wasserrohrkesseln erzeugt. Je nach Bauzustand erreichten die Schiffe zwischen 27 und 30 Knoten, wobei die angegebene Leistung zwischen 5.900 und 7.000 PS (4.400 bis 5.200 kW) stark variierte. S 125 und G 137 wurden mit neuen Parsons-Dampfturbinen ausgerüstet, wobei G 137 noch einen zusätzlichen Kessel erhielt. S 125 erreichte 6.600 PS (4.900 kW) und 28 Knoten während G137 es auf 10.800 PS (8.100 kW) und 30 Knoten brachte.[4] Jedes Schiff war mit 110-Volt-Generatoren für die elektrische Versorgung ausgerüstet und führte sowohl eine Jolle und ein zusätzliches Beiboot mit.[3] Die Steuerung erfolgte über zwei Ruder, wobei eins jeweils am Heck und am Bug angebracht war.[4]

Bewaffnung

Für die Boote war eine Bewaffnung von drei 5,0-cm-Schnelladekanonen L/40 vorgesehen. Für G 132, G 133, G 134 und G 136 wurde die Rohrbewaffnung auf vier 5,2-cm-Schnelladekanonen L/55 erweitert. G 135 erhielt eine 8,8-cm-Schnelladekanone L/35 und zwei 5,2-cm-Schnelladekanonen L/55, während G 135 eine 8,8-cm-Schnelladekanone L/35 und drei 5,2-cm-Schnelladekanone L/55 erhielt. Alle Boote waren mit drei Torpedorohren ⌀ 45,0 cm in Einzelwerfern ausgerüstet. Aufgrund teilweise unterschiedlicher Deckaufbauten konnte die Positionierung der Torpedorohre verschieden sein.[3][5]

Besatzung

Die Großen Torpedoboot 1898 hatten eine Standardbesatzung von zwei Offizieren und fünfundfünfzig Mannschaften. Aufgrund der unterschiedlichen Bauzustände wurde hiervon des Öfteren abgewichen. So hatte S 120 neunundfünfzig Mannschaften an Bord und G132 siebenundsechzig. G131 hatte eine Besatzung von drei Offizieren und achtundsiebzig Mannschaften. Wenn ein Boot als Flaggschiff einer Halbflottille eingesetzt wurde, kamen noch ein Stab von vier weiteren Offizieren und elf Mannschaften hinzu.[3]

Bootsverluste

S 90 war in Tsingtau stationiert. Am 17. Oktober 1914 versenkte es den japanischen Kreuzer Takachiho und wurde danach von der Besatzung selbstversenkt. Die Besatzung wurde in China interniert. Am 15. Oktober 1915 kollidierte S 100 mit dem als Minenschiff eingesetzten Fähre Preußen und sank. 39 Mann der Besatzung kamen dabei ums Leben. S 115, S 117, S 118 und S 119 wurden als 7. Torpedoboots-Halbflottille im Verlauf des Seegefechtes vor Texel vom britischen Leichten Kreuzer HMS Undaunted und vier Zerstörern der Laforey-Klasse versenkt. Am 6. Oktober 1914 wurde S 116 vor Borkum durch das britische U-Boot HMS E9 durch Torpedotreffer versenkt. Kommandant Kurt Freiherr von Ziegesar und acht Mann der Besatzung kamen dabei ums Leben. S 123 ging am 1. Mai 1916 und S 122 am 5. Oktober 1918 durch Minentreffer verloren. S 114 sank nach einer Kollision am 23. November 1914 und S 129 nach Grundberührung am 4. November 1915.

Umbenennungen

Am 27. September 1916 wurden die Großen Torpedoboot 1898 umbenannt, indem diese Boote ihre Hersteller-Kennung in T + Nummer änderten. Am 24. September 1917 und am 22. Februar 1918 erfolgte wegen der Bestellung neuer Boote dann die nächste pauschale Umbenennung alter Torpedoboote, da nach Erreichen der Nummer 197 die kaiserliche Marine ab dem Typ Großes Torpedoboot 1911 ihre Boote wieder ab V 1 zählte.

Einheiten

Baureihe Großes Torpedoboot 1898
Name Stapellauf Indienststellung Verbleib
SMS S 90 26. Juli 1899 24. Oktober 1899 Am 17. Oktober 1914 vor Tsingtau selbstversenkt.
SMS S 91 25. September 1899 24. April 1900 Am 22. März 1921 aus der Flottenliste gestrichen und am 26. Mai 1921 zum Verschrotten verkauft.
SMS S 92 15. Mai 1900 27. Juni 1900 Am 22. März 1921 aus der Flottenliste gestrichen und am 26. Mai 1921 zum Verschrotten verkauft.
SMS S 93 24. März 1900 14. Juli 1900 Am 22. März 1921 aus der Flottenliste gestrichen und am 26. Mai 1921 zum Verschrotten verkauft.
SMS S 94 23. April 1900 27. Juli 1900 Am 26. Oktober 1920 aus der Flottenliste gestrichen und am 13. Mai 1921 zum Verschrotten verkauft.
SMS S 95 20. Februar 1900 29. August 1900 Am 22. März 1921 aus der Flottenliste gestrichen und am 13. Mai 1921 zum Verschrotten verkauft.
SMS S 96 31. Januar 1900 27. September 1900 Am 22. März 1921 aus der Flottenliste gestrichen und am 26. Mai 1921 zum Verschrotten verkauft.
SMS S 97 16. Dezember 1899 28. Mai 1900 Am 22. März 1921 aus der Flottenliste gestrichen und am 26. Mai 1921 zum Verschrotten verkauft.
SMS S 98 28. Juli 1900 4. November 1900 Am 22. März 1921 aus der Flottenliste gestrichen und am 26. Mai 1921 zum Verschrotten verkauft.
SMS S 99 4. September 1900 13. Dezember 1900 Am 22. März 1921 aus der Flottenliste gestrichen und am 26. Mai 1921 zum Verschrotten verkauft.
SMS S 100 13. November 1900 18. April 1901 Am 15. Oktober 1915 nach Kollision mit der Fähre Preussen gesunken.
SMS S 101 22. Dezember 1900 30. Mai 1901 Am 22. März 1921 aus der Flottenliste gestrichen und am 13. Mai 1921 zum Verschrotten verkauft.
SMS S 102 18. April 1901 18. Juli 1901 Am 22. März 1921 aus der Flottenliste gestrichen und am 13. Mai 1921 zum Verschrotten verkauft.
SMS S 103 15. Mai 1901 17. September 1901 Am 22. März 1921 aus der Flottenliste gestrichen und am 26. Mai 1921 zum Verschrotten verkauft.
SMS S 104 22. Juni 1901 7. Oktober 1901 Am 22. März 1921 aus der Flottenliste gestrichen und am 26. Mai 1921 zum Verschrotten verkauft.
SMS S 105 7. August 1901 17. November 1901 Am 22. März 1921 aus der Flottenliste gestrichen und am 26. Mai 1921 zum Verschrotten verkauft.
SMS S 106 7. September 1901 9. Dezember 1901 Am 22. März 1921 aus der Flottenliste gestrichen und am 26. Mai 1921 zum Verschrotten verkauft.
SMS S 107 17. Oktober 1901 27. Januar 1902 Am 22. März 1921 aus der Flottenliste gestrichen und am 13. Mai 1921 zum Verschrotten verkauft.
SMS G 108 7. September 1901 26. März 1902 Am 22. März 1921 aus der Flottenliste gestrichen, in Hamburg verschrottet.
SMS G 109 9. November 1901 19. Juni 1902 Am 22. März 1921 aus der Flottenliste gestrichen und am 13. Mai 1921 zum Verschrotten verkauft.
SMS G 110 9. September 1902 21. Januar 1903 Am 22. März 1921 aus der Flottenliste gestrichen, in Hamburg verschrottet.
SMS G 111 2. April 1902 21. Juli 1902 Am 22. März 1921 aus der Flottenliste gestrichen und am 13. Mai 1921 zum Verschrotten verkauft.
SMS G 112 19. Juni 1902 6. September 1902 Am 22. März 1921 aus der Flottenliste gestrichen und am 13. Mai 1921 zum Verschrotten verkauft.
SMS G 113 9. August 1902 16. Oktober 1902 Am 22. März 1921 aus der Flottenliste gestrichen und am 8. Juni 1921 zum Verschrotten verkauft.
SMS S 114 9. August 1902 25. Oktober 1902 Am 9. November 1920 aus der Flottenliste gestrichen und am 7. Juni 1921 zum Verschrotten verkauft.
SMS S 115 10. September 1902 22. Februar 1903 Am 17. Oktober 1914 während des Seegefechts vor Texel durch Beschuss des leichten Kreuzers HMS Undaunted und vier Zerstörern der Laforey-Klasse versenkt.
SMS S 116 14. Oktober 1902 28. März 1903 Am 6. Oktober 1914 vom britischen U-Boot HMS E9 in der Nordsee durch Torpedo versenkt.
SMS S 117 4. Februar 1903 21. Mai 1903 Am 17. Oktober 1914 während des Seegefechts vor Texel durch Beschuss des leichten Kreuzers HMS Undaunted und vier Zerstörern der Laforey-Klasse versenkt.
SMS S 118 21. März 1903 9. Juli 1903 Am 17. Oktober 1914 während des Seegefechts vor Texel durch Beschuss des leichten Kreuzers HMS Undaunted und vier Zerstörern der Laforey-Klasse versenkt.
SMS S 119 8. Juli 1903 6. September 1903 Am 17. Oktober 1914 während des Seegefechts vor Texel durch Beschuss des leichten Kreuzers HMS Undaunted und vier Zerstörern der Laforey-Klasse versenkt.
SMS S 120 10. Februar 1904 7. Mai 1904 Am 22. März 1921 aus der Flottenliste gestrichen und am 28. Mai 1921 zum Verschrotten verkauft.
SMS S 121 3. März 1904 17. Juni 1904 Am 22. März 1921 aus der Flottenliste gestrichen und am 13. Juni 1921 zum Verschrotten verkauft.
SMS S 122 23. April 1904 5. August 1904 Am 5. Oktober 1918 in der Nordsee durch Minentreffer versenkt.
SMS S 123 25. Juni 1904 23. August 1904 Am 1. Mai 1916 in der Nordsee durch Minentreffer versenkt.
SMS S 124 3. August 1904 8. Oktober 1904 Am 30. November nach Kollision mit dem dänischen U-Boot Anglodane gesunken
SMS S 125 19. Mai 1904 4. April 1905 Am 22. März 1921 aus der Flottenliste gestrichen und am 13. Juni 1921 zum Verschrotten verkauft.
SMS S 126 26. November 1904 30. April 1905 Am 22. März 1921 aus der Flottenliste gestrichen und am 13. Juni 1921 zum Verschrotten verkauft.
SMS S 127 12. Januar 1905 7. Juni 1905 Am 22. März 1921 aus der Flottenliste gestrichen und am 28. Mai 1921 zum Verschrotten verkauft.
SMS S 128 25. Februar 1905 8. Juli 1905 Am 22. März 1921 aus der Flottenliste gestrichen und am 13. Juni 1921 zum Verschrotten verkauft.
SMS S 129 4. März 1905 10. August 1905 Am 5. November 1915 in der Nordsee als Wrack aufgegeben.
SMS S 130 27. April 1905 17. September 1905 Am 22. März 1921 aus der Flottenliste gestrichen und am 28. Mai 1921 zum Verschrotten verkauft.
SMS S 131 25. Mai 1905 6. Oktober 1905 Am 22. März 1921 aus der Flottenliste gestrichen und am 28. Mai 1921 zum Verschrotten verkauft.
SMS G 132 12. Mai 1906 22. August 1906 Am 22. März 1921 aus der Flottenliste gestrichen und am 28. Mai 1921 zum Verschrotten verkauft.
SMS G 133 30. Juni 1906 10. Dezember 1906 Am 22. März 1921 aus der Flottenliste gestrichen und am 28. Mai 1921 zum Verschrotten verkauft.
SMS G 134 23. Juli 1906 6i März 1907 Am 9. November 1920 aus der Flottenliste gestrichen und am 13. Mai 1921 zum Verschrotten verkauft.
SMS G 135 7. September 1906 24. Januar 1907 Am 25. Mai 1921 aus der Flottenliste gestrichen und am 10. Oktober 1921 zum Verschrotten verkauft.
SMS G 136 25. August 1906 16. März 1907 Am 21. Juli 1921 aus der Flottenliste gestrichen und am 20. August 1921 zum Verschrotten verkauft.
SMS G 137 24. Januar 1907 24. Juli 1907 Am 22. März 1921 aus der Flottenliste gestrichen und am 28. Mai 1921 zum Verschrotten verkauft.

Literatur

  • Erich Gröner: German Warships: 1815–1945. Naval Institute Press, Annapolis 1990, ISBN 0-87021-790-9.
  • Robert Gardiner: Conway's All the World'’s Fighting Ships: 1860–1905. Conway Maritime Press, London 1979, ISBN 0-85177-133-5.
  • Robert Gardiner, Randal Gray: Conway’s All the World’s Fighting Ships: 1906–1921. Naval Institute Press, Annapolis 1985, ISBN 0-87021-907-3.

Weblinks

Commons: S-90-Klasse – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b Gardiner und Gray, Seite 164
  2. Gröner, Seite 170
  3. a b c d Gröner, Seite 169
  4. a b Gröner, Seite 169–170
  5. Gardiner und Gray, Seite 140