Gustav-Siewerth-Akademie

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Gustav-Siewerth-Akademie
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Gründung 1988
Trägerschaft privat
Ort Weilheim-Bierbronnen
Bundesland Baden-Württemberg Baden-Württemberg
Land Deutschland Deutschland
Rektor Albrecht von Brandenstein-Zeppelin
Studierende Betrieb ruht seit WS 2014/15[1]
Mitarbeiter 1 (teilzeitbeschäftigt)[2]
Website siewerth-akademie.de

Die Gustav-Siewerth-Akademie (GSA) ist eine 1988 gegründete private Hochschule, deren staatliche Anerkennung 2013 widerrufen wurde.[3] Die Akademie ist benannt nach dem Philosophen und Pädagogen Gustav Siewerth und hat ihren Sitz in Weilheim-Bierbronnen in Baden-Württemberg. Mit zuletzt nur 13 Studenten[2] war sie die kleinste staatlich anerkannte wissenschaftliche Hochschule Deutschlands.[4]

Gründung und weltanschauliche Ausrichtung

Die Akademie entstand im Bestreben, dem Neomarxismus der Frankfurter Schule um Theodor W. Adorno und Max Horkheimer entgegenzuwirken. Gegründet wurde sie von der Philosophin Alma von Stockhausen, Gründungsrektor war der Kirchenhistoriker Remigius Bäumer.[5] Rechtlicher und finanzieller Träger ist eine gemeinnützige Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die Gustav-Siewerth-Haus gGmbH.[6] Der mit der Gründerin befreundete damalige Leiter der Kongregation für die Glaubenslehre Joseph Kardinal Ratzinger nahm nach eigener Darstellung in der ersten Phase aktiv an der Entstehung der Einrichtung teil und beobachtete die weitere Entwicklung mit Wohlwollen.[7] Die Hochschule ist Mitglied im Forum Deutscher Katholiken. Ihre weltanschauliche Grundausrichtung ist konservativ katholisch. Führende Mitglieder des Senats der Akademie unterhalten Beziehungen zum Engelwerk.[8]

Organisation und Studiengänge

Die Akademie erhält keine staatliche oder kirchliche Finanzierung. Laut Gründerin Alma von Stockhausen wurde die staatliche Zulassung durch den damaligen Ministerpräsidenten Hans Filbinger nur unter der Bedingung des Verzichts auf jegliche staatliche Gelder gegeben.[9] Alle Professoren lehren unentgeltlich. Das Gustav-Siewerth-Haus in Oberbierbronnen erwarb die Gründerin 1970, sie hat auch das Inventar sowie die Bibliothek gekauft. Unterhaltskosten sowie die Kosten für die teilzeitbeschäftigte Sekretärin werden von einem Freundeskreis der Akademie finanziert. Die Studenten bezahlen eine Studiengebühr von 900 Euro pro Semester, die laut Alma von Stockhausen absichtlich sehr niedrig gehalten sei. Außerdem haben die Studenten die Möglichkeit, sich die Studiengebühr durch Mithilfe im Haushalt zu erwerben, was sehr gerne angenommen werde. Unterkunft finden die meisten Hochschüler im Kloster Marienburg in Ofteringen bei den Benediktinerschwestern der Ewigen Anbetung und den Passionistinnen. Dort können die Studenten die Nachtanbetung für die betagten Ordensschwestern übernehmen und erhalten dafür Kost und Logis im Gästehaus des Klosters.[9]

Ehrenamtlicher Rektor ist Albrecht Graf von Brandenstein-Zeppelin, Großkanzler der Akademie ist der emeritierte Freiburger Erzbischof Robert Zollitsch. Zum Senat gehören u. a. Leo Elders, Reinhold Ortner, Johannes Stöhr und Roland Süßmuth, zum Lehrkörper u. a. Niels Öffenberger (Logik) und Lutz Sperling (Naturphilosophie). Die Hochschule hat zwei Fachbereiche: Philosophie und Theologie. Sie bietet keine aktuellen Studienabschlüsse an, sondern nur noch den rechtlich auslaufenden Studiengang des Magister artium (M.A.), den die Kirche noch anerkennt.[10] Eine Promotion ist nicht möglich.[4]

Träger ist die Gustav-Siewerth-Haus gGmbH.

Ende der staatlichen Anerkennung

Im Juni 2013 wurde der Hochschule durch die baden-württembergische Wissenschaftsministerin Theresia Bauer die staatliche Anerkennung entzogen, da sie mit ihrem nebenberuflichen wissenschaftlichen Personal, für das jährlich 12.000 bis 26.000 Euro aufgewendet würden, keine nachhaltige Hochschulstruktur vorzuhalten in der Lage sei.[11] Auch biete die Akademie seit 2009 keinen einzigen den Vorgaben des Landeshochschulgesetzes entsprechenden Studiengang mehr an.[12] Da die GSA gegen die Aberkennung beim Verwaltungsgericht Freiburg geklagt hat,[13] war der Widerruf der staatlichen Anerkennung zunächst noch nicht rechtswirksam.[14] Ein Termin zur mündlichen Verhandlung war im März 2015 noch nicht absehbar,[15] das Verfahren im Oktober 2015 noch anhängig.[16] Unterdessen wurde die Akademie immer mehr zur „Phantom-Einrichtung“ ohne festes Personal und ohne Ansprechpartner.[17] Das letzte Vorlesungsverzeichnis wurde für das Sommersemester 2014 erstellt und bot nurmehr nur ein Studium generale ohne anerkannten Abschluss an.[18] Vorträge und eine Sommerakademie im August finden aber weiterhin statt.[19]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Statistische Berichte Baden-Württemberg, Statistisches Landesamt Baden-Württemberg, Artikel-Nr. 3234 15001 B III 1 - j/15, Unterricht und Bildung vom 1. September 2015 (Memento vom 7. Oktober 2015 im Internet Archive) (PDF)
  2. a b Statistische Berichte Baden-Württemberg: Studierende an baden-württembergischen Hochschulen im Wintersemester 2012/13 (Memento vom 6. Oktober 2014 im Internet Archive) (Artikel-Nr. 3234 13001 Unterricht und Bildung) Statistisches Landesamt Baden-Württemberg, Stuttgart, 15. Juli 2013
  3. Es besteht eine Klageerhebung gegen die Entziehung der staatlichen Anerkennung durch das Bildungsministerium des Landes Baden-Württemberg im Jahr 2013. (VG Freiburg (1 K 1098/13) Widerruf der staatlichen Anerkennung für die Gustav-Siewerth-Akademie) (VG Freiburg · Urteil vom 21. Oktober 2015 zu Akteneinsichtsansprüchen · Az. 1 K 2020/13)
  4. a b Hochschulstatus siehe Hochschulkompass (Memento vom 26. Januar 2013 im Internet Archive), Hochschulrektorenkonferenz
  5. Guido Knopps Helfer von Stefan Wirner, Jungle World Nr. 16, 12. April 2000
  6. Gustav-Siewerth-Haus GmbH, Weilheim-Bierbronnen, gegründet 24. November 1987. Handelsregistereintragung Amtsgericht Freiburg HRB 620666
  7. Stellungnahme zur Arbeit der Gustav-Siewerth-Akademie von Kardinal Ratzinger vom 19. Juli 1995, publiziert auf der Internetpräsenz der Hochschule.
  8. Thomas Schuler: Eine Recherche vor Gericht wird zur Recherche fürs Gericht - In: Thomas Leif: Mehr Leidenschaft Recherche: Skandal-Geschichten und Enthüllungsberichte; ein Handbuch zur Recherche und Informationsbeschaffung, VS Verlag, 2003, S. 73–83; Vorabdruck online veröffentlicht in: Netzwerk Recherche (PDF; 1,1 MB), S. 66–76.
  9. a b Die Gustav-Siewerth-Akademie – Teil 1 Geschichten aus Weilheim... von Tanja Borenski, Amtliches Mitteilungsblatt der Gemeinde WEILHEIM, NR.5/KW 10, 7. März 2012
  10. Vorlesungsverzeichnis WS 2012/13 Gustav-Siewerth-Akademie
  11. "Akademie ohne Anerkennung" Badische Zeitung, 1. Juli 2013
  12. Rüdiger Soldt: Exklusiv wie Heidegger, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 9. Juli 2013
  13. Ministerin entzieht Gustav-Siewerth-Akademie staatliche Anerkennung Schwäbisches Tagblatt, 29. Juni 2013
  14. Gustav-Siewerth-Akademie kämpft um die staatliche Anerkennung - Wissenschaftsministerium entzieht der Gustav-Siewerth-Akademie in Weilheim die Anerkennung. Badische Zeitung, 6. Juli 2013
  15. Jahresbericht 2014 des VG Freiburg. 18. März 2015, abgerufen am 7. Mai 2019.
  16. Verwaltungsgericht Freiburg, Urteil vom 21. Oktober 2015 – 1 K 2020 – /13
  17. Katholische Elite-Hochschule im Schwarzwald: Kein Anschluss unter dieser Nummer, Südkurier, 13. August 2014
  18. Vorlesungsverzeichnis SS 2014. Abgerufen am 21. August 2018.
  19. Theologischer Sommerkurs. 17.–22. August 2020. In: Homepage der Akademie. Abgerufen am 22. Oktober 2020.

Koordinaten: 47° 40′ 42,2″ N, 8° 11′ 53,6″ O