Ha-Ha
Ein Ha-Ha oder Aha ist ein Gestaltungsmittel der Gartenkunst. Der Ha-Ha ersetzt eine sichtbare Parkmauer oder einen Zaun. Er ist als trockener, deutlich unter dem Geländeniveau liegender, tiefer Graben mit steilen Böschungen oder als in einem Graben stehende, einseitig das Erdreich abstützende oder auch frei stehende Mauer (doppelter Ha-Ha) ausgeführt. Ein mit steilen Wänden ausgemauerter Grenzgraben heißt
(„Wolfssprung“).
Ein Ha-Ha verhindert, dass Tiere und ungebetene Besucher in den Garten gelangen, ohne dass der Blick auf das Gelände und die umgebende Landschaft durch eine Mauer verstellt wird. Der Garten kann dadurch größer wirken.
Herkunft des Wortes
Der englische Ausdruck Ha-Ha, der sich auch im Deutschen eingebürgert hat, erklärt sich aus dem lautmalerischen Ausruf des Erstaunens. Der Ha-Ha, aus der Ferne nicht erkennbar, wird erst beim Herantreten sichtbar, verblüfft den Besucher, der die Konstruktion oft überrascht mit „Ha-ha!“ bzw. „Aha!“ kommentiert.[1]
Das Wort bezeichnete ursprünglich ein Hindernis, das einen Weg versperrte oder einen Weg, der als Sackgasse endete. Es ging dann auf das Gestaltungselement in den englischen Landschaftsgärten des 18. Jahrhunderts über (
, „abgesenkter Zaun“).[2]
Geschichte
Ha-Has wurden seit dem frühen 18. Jahrhundert von Gartenkünstlern eingesetzt.
erläuterte in seinem zeitgenössisch verbreiteten Werk
[3] (Paris 1709; „Die Theorie und Praxis des Gartenbaus“) die Konstruktion eines Ha-Has. Dezallier sah in der freie Sicht erlaubenden Maueröffnung eine Verbesserung gegenüber einem Eisengitter (eine
, „freie Sicht“). Eine erste Skizze veröffentlichte
.
schrieb die früheste Verwirklichung
zu und lobte
für den Einsatz der Ha-Has. Die Idee, eine Maueröffnung in der Einfriedung eines Gartens durch einen Sperrgraben mit einem abgesenkten Hindernis zu schaffen, stammte noch aus dem Barock; sie kam mit der Anlage von Gärten im englischen Stil häufiger zur Anwendung. Um 1695 legte ein französischer Gärtner in
das erste (noch kleine) Ha-Ha in England an. Heute werden öffentliche Gebäude gelegentlich „diskret“ mit einem Ha-Ha vor unerwünschtem Zutritt, etwa im Rahmen von politischen Demonstrationen, geschützt (Plenarsaal des schleswig-holsteinischen Landtages im Landeshaus Kiel, Neubau der Europäischen Zentralbank).
Beispiele in Schlossgärten
Im Nymphenburger Schlosspark in München existieren vier Ha-Has (hier traditionell „Aha“ genannt) als Verlängerungen der großen Durchsichten und Wiesentäler. Weitere Beispiele finden sich im Park von Schloss Benrath in Düsseldorf und am Niederrhein im Forstgarten von Kleve. Auch der halbkreisförmige Garten des Karlsruher Schlosses ist auf der Nord- und Ostseite durch ein Ha-Ha, hier als Graben mit innenseitig angefüllter Mauer ausgeführt, vom sich anschließenden Hardtwald getrennt. Der Pillnitzer Schlosspark in Dresden weist nach Westen ein Ha-Ha auf. Vom
bei Paris ermöglicht ein Ha-Ha den Blick in den
. Am Südrand der Eremitage (Bayreuth) findet sich heute noch eine Geländesenke, die als Haha seit dem 18. Jahrhundert die Parklandschaft von den anschließenden Feldern trennt. Landschaftsgestalterisch werden Ha-Has auch mit anderen Elementen kombiniert (etwa
am Ende einer Sichtachse, in Wirklichkeit durch einen unsichtbaren Graben unterbrochen; oder ein, außerhalb des Gartens stehender
, ein als Blickfang fungierender Turm oder Einzelbaum).
„Wolfsgrube“, saut-de-loup
Ausgemauerte Vertiefungen vor Schlössern wie dem
in
oder dem Stadtpalais
in Paris werden als
bezeichnet. Der Graben, zu breit, um von einem Wolf übersprungen zu werden (nach Michel Conan), kann von einer Brücke überspannt sein (Wolfsgrube) oder sich am Ende einer Allee befinden oder diese unterbrechen, um auf diese Weise den Zutritt von außen zu verhindern. Ein solcher Graben wurde auch vor dem Schloss Bellevue angelegt. Eine Abgrenzung der
von den Ha-Has erscheint willkürlich.
Reichstagsgebäude in Berlin
Nach einem Beschluss der Bau- und Raumkommission vom 6. Juli 2018 soll zum Schutz des Reichstagsgebäudes vor dem Westportal quer über den Platz der Republik ein 2,5 m tiefer und bis zu 10 m breiter Ha-Ha-Graben sowie an den Seiten zur Rampe ein Sicherheitszaun mit Toren errichtet werden.[4] Im Februar 2020 wurde das Vorhaben vom Bundestag mehrheitlich befürwortet; eine Genehmigung des Finanzministeriums stand zu dieser Zeit noch aus.[5][6][7]
Literatur
- Antoine Josephe Dezallier d’Argenville:La théorie et la pratique du jardinage ou l’on traite à fond des beaux jardins.Jean Mariette, Paris 1709, S. 73–74 (in Teil 1, Kap. 8).
- Horace Walpole: Über die englische Gartenkunst. Manutius-Verlag, Heidelberg 1993, ISBN 3-925678-35-2.
- Michel Conan:Dictionnaire historique de l’art des jardins. Hazan, Paris 1997. ISBN 2-85025-543-2, S. 123 («Haha ou ahah»), S. 209 («Saut-de-loup»).
- Dorothy Stroud:Ha-ha. In:The Oxford companion to gardens, herausgegeben vonPatrick Goode, Michael Lancaster. Oxford, New York 2001, ISBN 0-19-860440-8, S. 241.
Weblinks
Fußnoten
- ↑ Bill Bryson: Eine kurze Geschichte der alltäglichen Dinge. Goldmann Verlag, München 2011, ISBN 978-3-442-30122-5.
- ↑ The Ha Ha in Horace Walpole Essay on Modern Gardening. 15. Februar 2006, abgerufen am 14. April 2021.
- ↑ Volltext
- ↑ Skizze des Grabens in Christian Latz: Schutzgraben vor dem Reichstag wird größer als gedacht. (Memento vom 31. Oktober 2020 im Internet Archive). In: Berliner Morgenpost, 14. Februar 2020.
- ↑ Ulrich Paul: Parlament diskutiert: Schützt ein Graben den Reichstag vor Terror-Angriffen? In: Berliner Zeitung, 18. Juli 2019.
- ↑ Laura Hofmann: Ein Graben vor dem Reichstag. In: Der Tagesspiegel, 18. Juli 2019.
- ↑ Deutscher Bundestag: Baukommission des Bundestages konkretisiert Pläne für Besucherzentrum. In: https://www.bundestag.de/, 12. Februar 2020.