Handelsstrategie

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Handelsstrategie ist eine Strategie, die im Warenhandel oder beim Handel mit Finanzprodukten langfristig die Gewinnchancen erhöhen und Verlustgefahren verhindern soll.

Allgemeines

Handelsstrategien dienen zur Erfüllung der gesetzten Handelsziele.[1] Staaten können im Rahmen ihrer Handelspolitik im Außenhandel Handelsstrategien verfolgen. So legte die „Generaldirektion Handel“ der EU-Kommission im Oktober 2015 eine neue Handelsstrategie vor.[2] Kern der Handelsstrategie ist es, mit allen wichtigen Handelspartnern zunehmend Handelsabkommen oder Freihandelsabkommen zu verhandeln.[3] Dabei stellte sich heraus, dass Länder mit außenorientierten Handelsstrategien erfolgreicher sind als Staaten, die sich mit Schutzzöllen oder protektionistischen Barrieren abgeschottet haben.[4] Im nationalen Warenhandel werden Handelsstrategien auf allen Handelsstufen angewandt (Groß-, Einzel- und Versandhandel). Im Finanzwesen sind Handelsstrategien eng mit der Risikoeinstellung des Entscheidungsträgers verbunden.

Handelsstrategien können analog aus der Spieltheorie abgeleitet werden, wo die Strategie ein vor Spielbeginn vom Spieler festgelegter Verhaltensplan darstellt, der die Handlungen und Unterlassungen beinhaltet, die – abhängig von den Handlungen/Unterlassungen anderer Spieler und eigener Handlungen – den jeweils nächsten Schritt (Zug) im Spiel festlegt.[5] Sehr ausgeprägt ist die Spielstrategie insbesondere beim Schach. Übertragen auf die Handelsstrategie wird diese vor Handelsbeginn festgelegt und muss das eigene und zu erwartende fremde Marktverhalten planen, bevor eigene Entscheidungen im Rahmen des Handelsziels getroffen werden.

Warenhandel

Der Warenhandel entwickelt innerhalb der Handelsstrategie Marktstrategien, für die eine Marktanalyse von Marktdaten erforderlich ist, um Marktverhalten und Strategien anderer Marktteilnehmer kennenzulernen, daraus eigene Verhaltensweisen abzuleiten und für die künftige Marktentwicklung zu nutzen.

Zur Handelsstrategie zählt unter anderem die Umsetzung der Handelsfunktionen. Bei der Zeitüberbrückungs- oder Lagerhaltungsfunktion beispielsweise gehört es zur Handelsstrategie des Handels, einerseits ausreichend Lagerkapazitäten vorzuhalten, um jederzeit Lieferbereitschaft zu besitzen und Lieferengpässe und Regallücken zu vermeiden. Andererseits müssen die Leerkosten bei den Lagerkosten und Überbestände vermieden werden.

Arten

Unterschieden wird zwischen einer Totalmarktstrategie und einer Segmentationsstrategie:[6]

  • Die Totalmarktstrategie sorgt für die Abdeckung aller bedienten relevanten Märkte und deren Zielgruppen.
  • Die Segmentationsstrategie konzentriert sich auf bestimmte Teilmärkte oder Marktsegmente.

Dabei stehen stets das Sortiment, die Preispolitik und die Wahl der Betriebsform und des Betriebstyps im Vordergrund.

Wirtschaftliche Aspekte

Die Märkte sind für Handelsunternehmen zwecks Verwirklichung ihres Unternehmensziels der Gewinnmaximierung von wesentlicher Bedeutung. Handelsstrategien dienen der Erfüllung dieses Unternehmensziels. Deshalb ist die Marktbeobachtung mit nachfolgender Marktbearbeitung ein wichtiger Erfolgsfaktor. Die Absatzkette muss durch Optimierung der Distributionslogistik frei von Betriebsstörungen gehalten werden. Handelsstrategien zielen auch darauf ab, Lager- und Absatzrisiken zu vermeiden. Dies verringert die Gefahr von Regallücken und Überbeständen.

Finanzwesen

Im Finanzwesen bilden Handelsstrategien (auch: Trading-Strategien) für Marktteilnehmer wie Anleger, Broker, Effektenhändler, Investmentfonds, Kreditinstitute, Pensionsfonds, Trader oder Versicherer die Grundlage für deren Kauf- und Verkaufsentscheidungen auf den Finanzmärkten. Im Laufe der Jahre haben sich an den Finanzmärkten zahlreiche Handelsstrategien herausgebildet, sodass jeder Anlegertyp die zu seiner Risikoeinstellung passende Strategie finden muss. Keine davon ist von vornherein optimal; alle weisen ihre Vor- und Nachteile auf.[7] Marktteilnehmer sollten an einer einmal gewählten Strategie festhalten und sie nicht bei jedem Verlust ändern.

Arten

Aus der Vielzahl der vorhandenen Handelsstrategien seien die wichtigsten erwähnt:

Diese Strategien wenden auch Hedgefonds bei ihren Hedgefonds-Strategien an, wobei sie jedoch hohe Risikofreude zeigen.

Hieraus abgeleitet werden unter anderem:

Elektronische Handelsstrategien

Handelsstrategien werden vor allem im Finanzwesen und hier insbesondere an Börsen (Waren- oder Wertpapierbörsen) oder im außerbörslichen Handel durch elektronische Handelssysteme wie der automatisierte Handel unterstützt; diese Handelsform wird als elektronischer Handel bezeichnet. Unterschieden wird hier nach der Suchstrategie und der Handelsstrategie.[12] Die Suchstrategie verfolgt bei Wertpapierorders das Ziel, eine Teilmenge von Wertpapieren oder konkreter Wertpapiere eines Börsensegments sowie eine Teilmenge potenzieller Kontrahenten aus der Gesamtheit aller Marktteilnehmer in einem elektronischen Handelssystem herauszufiltern. Die Handelsstrategie dagegen sorgt neben Börsenkurs und Menge für weitere Orderdimensionen.[13]

Wirtschaftliche Aspekte

Sämtliche Kauf-, Verkaufs- und Halte-Entscheidungen müssen mit der verfolgten Handelsstrategie übereinstimmen und darauf ausgerichtet sein, Mistrades zu vermeiden. Je größer das Sharpe-Ratio ist, umso erfolgreicher ist die Handelsstrategie.[14] Auf den Umgang mit Marktrisiken spezialisieren sich die Risikoarbitrage und die auf Harry Markowitz zurückgehende Risikostreuung, die beide in Handelsstrategien einfließen können.

Handelsstrategien der Fundamentalanalyse

Typische Handelsstrategien der technischen Analyse

Die typischen technischen Handelsstrategien lassen sich in die folgenden Klassen einteilen:

Trendfolger

Trendfolge-Handelsansätze versuchen in bereits bestehende Kurstrends einzusteigen. Sie steigen wieder aus, sobald der Trend „bricht“. Weil es naturgemäß unmöglich ist, einen Trend zu erkennen, bevor er sich ausgebildet hat, nennt man Trendfolger oft auch „Trittbrettfahrer“. Sie nehmen es in Kauf, nicht die gesamte Bewegung mitzumachen, sondern nur einen Teil davon. Trendfolge hat nichts mit Techniken zu tun, die auf der versuchten Antizipation von Trends beruhen.

Trendfolge-Systeme wurden in der Managed Futures Szene durch erfolgreiche Trader wie Richard Dennis oder William Eckhardt bekannt. Durch die spektakuläre Geschichte eines Experiments in den frühen 1980er Jahren erlangte das Turtle-Trader-System weltweite Bekanntheit. Es wurde 1993 erstmals vollständig offengelegt und publiziert.

Pullback

Ein Pullback-Handelssystem wartet auf eine gegenläufige Bewegung in einem bestehenden Trend und steigt dann in Trendrichtung ein.

Channel-Breakout

Es wird ein Trendkanal definiert. Verlassen die Kurse den Kanal, steigt das System entsprechend ein.

Zyklen

Dieser Ansatz geht davon aus, dass in der Preisbewegung Zyklen enthalten sind. So gibt es z. B. jahreszeitliche Schwankungen bei den Preisen für Rohstoffe. Bekannte Beispiele sind das 6-Phasen Modell von Leon Levey oder das „Ei des Kostolany“.

Muster

Beim Handel von Mustern (englisch patterns) wird davon ausgegangen, dass es bestimmte, sich auch in Zukunft wiederholende Muster im Preis eines Wertpapiers gibt, da die Marktteilnehmer in gleichgelagerten Situationen gleich agieren – so die Annahme. Beispiele für klassische Pattern sind Dreieckformationen, Flaggen, Rechtecke, Doppel-Top und Doppel-Boden.

Strategien im Hochfrequenzhandel

Für den Hochfrequenzhandel gibt es spezialisierte Strategien, die bestimmte Effekte ausnutzen, die auf dieser sehr kurzfristigen Zeitebene auftreten.

Datenbasis

Zum Betrieb und Test von Handelssystemen werden die historischen Kursdaten, ggf. auch Volumendaten und Unternehmensdaten eines Wertpapiers benötigt. Man unterscheidet hier zwischen verschiedenen Zeitrahmen: „End-of-Day“ (EOD)-Daten fassen einen Handelstag in einem Datensatz zusammen. Die sog. Intraday-Daten haben dagegen eine Auflösung von Stunden, Minuten oder sogar Ticks.

Weblinks

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Ludwig G. Poth, Gabler Marketing Begriffe von A – Z, 1999, S. 142 f.
  2. European Commission vom 14. Oktober 2015, Trade for all: Towards a more responsible trade and investment policy, COM497, S. 2 ff.
  3. Stephen Woolcock, EU policy on Preferential Trade Agreements in the 2000s, in: European Law Journal 20(6), 2014, S. 718
  4. Presse- und Informationsamt der Bundesregierung (Hrsg.), Bulletin, 1989, S. 244
  5. Manfred J Holler/Gerhard Illing, Einführung in die Spieltheorie, 1996, S. 33 f.
  6. Ludwig G. Poth, Gabler Marketing Begriffe von A – Z, 1999, S. 142
  7. Christoph A. Scherbaum, So funktioniert die Börse, 2013, S. 110
  8. Michael Kaya, Eine Analyse der Strategieindizes der Deutsche Börse AG, 2007, S. 69
  9. Hermann-Josef Richard, Aktienindizes: Grundlagen ihrer Konstruktion und Verwendungsmöglichkeiten unter besonderer Berücksichtigung des Deutschen Aktienindex DAX, 1992, S. 119
  10. Uwe Wagner, Traden wie ein Profi, 2013, S. 333 F22
  11. Sylvia Mieszkowski/Sigrid Nieberle (Hrsg.), Unlaute: Noise / Geräusch in Kultur, Medien und Wissenschaften seit 1900, 2017, S. 346
  12. Peter Gomber, Elektronische Handelssysteme, 2000, S. 89 f.
  13. Peter Gomber, Elektronische Handelssysteme, 2000, S. 90
  14. Daniel Ruppert, Konzepte zur Messung von Performance und Risiko von Portfolien, 2010, S. 30