Rosa-Luxemburg-Stiftung

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Rosa-Luxemburg-Stiftung Gesellschaftsanalyse und politische Bildung
(RLS)
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Rechtsform Eingetragener Verein
Gründung 1990 in Berlin
Sitz Berlin Deutschland
Vorläufer Verein Gesellschaftsanalyse und politische Bildung
Zweck Politische Bildungsarbeit, internationale Verständigung und Zusammenarbeit, Förderung begabter und engagierter junger Menschen durch Stipendien, Wissenschaft und Forschung mit gesellschaftspolitischer Zielsetzung, Förderung von Kunst und Kultur, die Dokumentation der demokratisch-sozialistischen Bewegung.[1]
Vorsitz Dagmar Enkelmann[2]
Geschäftsführung Daniela Trochowski[3]
Umsatz 81.672.794,78 (2020)
Beschäftigte über 300[4]
Mitglieder 146[5]
Website rosalux.de
Zentrale der Rosa-Luxemburg-Stiftung im Neubau

Die Rosa-Luxemburg-Stiftung Gesellschaftsanalyse und politische Bildung e. V. (RLS) ist eine deutsche, parteinahe Stiftung der Partei Die Linke mit Sitz in Berlin. Benannt ist sie nach Rosa Luxemburg, der Politikerin und Vertreterin der europäischen Arbeiterbewegung, und versteht sich als der geistigen Grundströmung des demokratischen Sozialismus verpflichtet. Der Verein gehört zu den Trägern der politischen Bildungsarbeit in Deutschland.

Geschichte

Der Verein ging aus dem 1990 gegründeten Verein Gesellschaftsanalyse und politische Bildung e. V. hervor und wurde zwei Jahre später von der PDS als parteinaher, bundesweit tätiger Verein anerkannt.[6] Die Umbenennung des Vereins in Rosa-Luxemburg-Stiftung Gesellschaftsanalyse und politische Bildung e. V. erfolgte im Jahr 2000.[6] Im Rahmen eines Stiftungsverbundes kooperiert er in Deutschland mit Vereinen und Landesstiftungen, die der politischen Linken nahestehen. Die RLS nahm an mehreren internationalen Veranstaltungen wie dem Weltsozialforum in Porto Alegre 2001 und dem Europäischen Sozialforum in Paris 2003 teil.

Engagement

Der Verein fühlt sich dem Demokratischen Sozialismus verbunden und fördert zahlreiche Projekte, veröffentlicht Publikationen und veranstaltet Ausstellungen. Mit ungefähr sechzig Angestellten und vielen ehrenamtlichen Mitarbeitern unterstützt der Verein gemeinnützige Zwecke wie die Förderung von politischer Bildung und Wissenschaft, Kunst und Kultur sowie die internationale Verständigung. Über ihr Studienwerk vergibt die RLS Stipendien an Studierende und Promovierende. Finanziert wird die RLS über den Bundeshaushalt sowie über Mitgliedsbeiträge und Spenden.

Der Verein fungiert seit 1990 als Herausgeber der Marx-Engels-Werke beim Karl Dietz Verlag Berlin und war beteiligt an der Herausgabe der Zeitschrift Utopie kreativ bis 2008. Seit 2009 erscheint die Zeitschrift Luxemburg im VSA-Verlag.

Rechtsform und Finanzierung

Wie es auch bei den meisten anderen parteinahen Stiftungen der Fall ist, hat die RLS trotz des Namens nicht die Rechtsform einer Stiftung, sondern eines eingetragenen Vereins. Sie finanziert sich aus Spenden, Mitgliedsbeiträgen und insbesondere aus staatlichen Zuschüssen. Von diesen erhielt sie im Jahr 2017 rund 64 Mio. €.[7]

Organisation

Grundlagen

Das oberste Organ ist die Mitgliederversammlung, die alle vier Jahre den Vorstand wählt. Derzeit gehören dem Vorstand vierzehn Mitglieder an. (Stand Juli 2018) Am 1. Dezember 2012 wurde Dagmar Enkelmann zur Vorsitzenden ernannt. Sie trat damit die Nachfolge von Heinz Vietze an, der das Amt von 2006 bis 2012 ausübte. Dem weiteren Vorstand gehören u. a. Thomas Händel, Jan Korte und Rainer Rilling an. Der Verein hat einen wissenschaftlichen Beirat mit ihrem Vorsitzenden Alex Demirović[8], dem u. a. auch Irene Dölling, Jörg Hafkemeyer, Frigga Haug, Michael R. Krätke, Rainer Land, Birgit Mahnkopf, Birgit Sauer und Axel Troost angehören.

Im brasilianischen São Paulo, in Quito, in Buenos Aires sowie in Mexiko-Stadt unterhält der Verein Regionalbüros, um die Aktivitäten in Lateinamerika zu koordinieren. Im Nahen Osten ist die RLS mit zwei Büros in Tel Aviv und Ramallah präsent. Sie ist weiterhin in Brüssel, Prag, New York City, Johannesburg, Dakar, Dar-Es-Salaam, Hanoi, Moskau, Peking, Warschau, Neu-Delhi und Belgrad mit regionalen Vertretungen vor Ort. Im Oktober 2012 wurde ein Büro in Athen eröffnet. Der Verein ist weiterhin korrespondierendes Mitglied der Deutschen UNESCO-Kommission.

Institut für Gesellschaftsanalyse

Zum Verein gehört das Institut für Gesellschaftsanalyse (IfG). Diesem gehören 15 Angestellte sowie fünf freie Mitarbeiter an.[9] Die Arbeit erfolgt in Kooperation mit dem wissenschaftlichen Beirat der Stiftung. Mario Candeias ist seit 2013 der Direktor des Instituts.[10] Sein Vorgänger war Michael Brie. Weitere beteiligte Mitarbeiter sind u. a. Alex Demirović und Rainer Rilling. Zu den Arbeitsschwerpunkten des Instituts gehören u. a. die Analyse des Kapitalismus sowie die Beschäftigung mit dem Demokratischen Sozialismus.

Landesstiftungen

Der Verein kooperiert in einem Verbund mit mehreren Landesstiftungen in den einzelnen Bundesländern. Diese tragen überwiegend den Namen „Rosa-Luxemburg-Stiftung“, teilweise aber auch Bezeichnungen wie der Kurt-Eisner-Verein[11] in Bayern, die Helle Panke[12] in Berlin oder die Jenny-Marx-Gesellschaft[13] in Rheinland-Pfalz.

Die Landesstiftungen haben ein eigenständiges Programm und eigene Haushalte, aus denen sie besondere Aktivitäten finanzieren. Die Rosa-Luxemburg-Stiftung Brandenburg verleiht etwa den John-Desmond-Bernal-Preis an Nachwuchswissenschaftler,[14] die sächsische Landesstiftung den Wissenschaftspreis der Rosa-Luxemburg-Stiftung Sachsen.

Hans- und Lea-Grundig-Stiftung

Nach Vereinbarung mit der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald hat die Rosa-Luxemburg-Stiftung am 9. Februar 2011 die Trägerschaft der Hans- und Lea-Grundig-Stiftung übernommen und sich zum Ziel gesetzt, den letztmals 1996 verliehenen Hans-und-Lea-Grundig-Preis im Sinne der Stifterin Lea Grundig weiter zu vergeben.[15]

Treuhandstiftungen

Die Rosa-Luxemburg-Stiftung vertritt rechtlich mehrere unselbständige Stiftungen, welche gemäß ihren Satzungen jeweils eigene Ziele verfolgen. Die Liste umfasst (Stand November 2021):[16]

Neubau Stiftungszentrale

Für eine neu zu bauende Hauptverwaltung wurde 2013 ein Architektenwettbewerb veranstaltet, den die ARGE Kim Nalleweg + Trujillo Moya Architekten gewonnen hatte. Nach diesen Plänen starteten die Bauarbeiten am 30. Oktober 2017 mit dem symbolischen ersten Spatenstich.[17] Der Deutsche Bundestag hatte im Jahr 2014 gut 20 Millionen Euro bewilligt, die bis zum Jahr 2018 abgerufen werden konnten.[18]

Der Neubau mit rund 5700 Quadratmetern[19] Geschossfläche wurde auf einem 2,8 Millionen Euro teuren Grundstück in Berlin-Friedrichshain nahe der East-Side-Gallery südöstlich des Ostbahnhofs und neben dem Postbahnhof gebaut.[20] Für das Projekt hatte sich im Sommer 2013 die Grundstücksgesellschaft Straße der Pariser Kommune 8 GmbH & Co. KG gegründet. Diese Firma gehört nach Recherchen der Tageszeitung Die Welt nicht der Stiftung, sondern zum Beteiligungsvermögen des ehemaligen Hauptmanns des MfS Matthias Schindler.[21] Die Stiftung erteilte keine Auskünfte darüber, warum sie die größte Investition ihrer Geschichte mit einem ehemaligen Offizier des DDR-Geheimdienstes verwirklicht.[22] Diese Zahlungsmodalitäten gehen auf Bodo Ramelow, Ministerpräsident von Thüringen, zurück. Der Politiker der Partei Die Linke war bis zu seinem Ausscheiden Ende November 2014 im Vorstand der Stiftung für den Neubau zuständig.[23] Ramelow hat diesbezüglich Kritik an seinem Vorgehen zurückgewiesen.[24]

Am 28. Oktober 2020 hat die Rosa-Luxemburg-Stiftung die neue Zentrale eröffnet. Das neungeschossige Gebäude ist ein Stahlbeton-Bau mit vorgesetzter Backsteinverkleidung und hat oberhalb des Erdgeschossbereiches auffällige X-förmige Stützen vor den Fenstern der ersten Etage; er kostete 24,7 Millionen Euro. In der neuen Zentrale sind Arbeitsplätze für 155 Personen vorhanden. Und das Haus hat einen öffentlich zugängigen Bereich mit Räumen für Veranstaltungen und Ausstellungen, mit einer Bibliothek und mit dem Stiftungsarchiv. Die Stiftungsgeschäftsführerin, Daniela Trochowski betonte bei der Einweihung vor Pressevertretern, dass insbesondere auf die Einhaltung sozialer Standards während der Bauzeit geachtet wurde, ein Gewerkschafts-Ombudsmann habe garantiert, dass alle Beschäftigten am Bau nach Tariflohn bezahlt wurden. An der Fassade sollen Flächen für die Verbreitung politischer Botschaften genutzt werden.[25] Der benachbarte bisherige Sitz der Stiftung am Franz-Mehring-Platz wird auch weiterhin von der Stiftung genutzt, gilt aber nicht mehr als Hauptsitz.[17]

Publikationen (Auswahl)

  • Nuclear Free Future Foundation, Rosa-Luxemburg-Stiftung, Umweltstiftung Greenpeace, BUND, .ausgestrahlt (Hrsg.): Der Uranatlas. Daten und Fakten über den Rohstoff des Atomzeitalters. 2. Auflage. April 2022 (Online [PDF; 7,6 MB; abgerufen am 29. April 2022]).
  • Rosa Luxemburg, Paul Levi: Die Russische Revolution. Neuausgabe einer viel zitierten, aber selten gelesenen Schrift. Hrsg.: Jörn Schütrumpf. VSA-Verlag, Hamburg 2022, ISBN 978-3-96488-146-5.
  • Julia Dück, Julia Garscha (Hrsg.): Aus Sorge kämpfen. Von Krankenhausstreiks, Sicherheit von Patient*innen und guter Geburt. Februar 2022 (Online [PDF; 1,2 MB; abgerufen am 29. April 2022]).
  • Mario Candeias, Stephan Krull (Hrsg.): Spurwechsel. Studien zu Mobilitätsindustrien, Beschäftigungspotenzialen und alternativer Produktion. VSA-Verlag, Hamburg 2022, ISBN 978-3-96488-123-6.
  • Atlas der Versklavung. Daten und Fakten über Zwangsarbeit und Ausbeutung. 2. Auflage. November 2021 (Online [PDF; 6,8 MB; abgerufen am 29. April 2022]).
  • Sabrina Apicella: Das Prinzip Amazon. Über den Wandel der Verkaufsarbeit und Streiks im transnationalen Versandhandel. Hrsg.: Jörn Schütrumpf. VSA-Verlag, Hamburg 2021, ISBN 978-3-96488-098-7.
  • Atlas der Staatenlosen. Daten und Fakten über Ausgrenzung und Vertreibung. Oktober 2020 (Online [PDF; 11,4 MB; abgerufen am 29. April 2022]).
  • Christoph Trautvetter: Wem gehört die Stadt? Analyse der Eigentümergruppen und ihrer Geschäftspraktiken auf dem Berliner Immobilienmarkt. Oktober 2020 (Online [PDF; 3,3 MB; abgerufen am 29. April 2022]).
  • Bärbel Förster (Hrsg.): Ohne Gedächtnis keine Zukunft. Archive brauchen Gegenwart. Eine Bilanz zu 20 Jahren «Archiv Demokratischer Sozialismus». Dezember 2019 (Online [PDF; 2,0 MB; abgerufen am 29. April 2022]).
  • Benjamin Luig: Edle Tees für Hungerlöhne. Teeexporte von Darjeeling nach Deutschland. Juli 2019 (Online [PDF; 8,9 MB; abgerufen am 29. April 2022]).
  • Atlas der Migration. Daten und Fakten über Menschen in Bewegung. Juni 2019 (Online [PDF; 2,6 MB; abgerufen am 29. April 2022]).
  • Adrian Garcia-Landa, Christoph Trautvetter: Wem zahle ich eigentlich Miete? Den finanzialisierten Immobilienmarkt verstehen: Ein Recherchehandbuch für Mieter*Innen. Februar 2019 (Online [PDF; 2,3 MB; abgerufen am 29. April 2022]).
  • Michael Brie: Rosa Luxemburg neu entdecken. Ein hellblaues Bändchen zu »Freiheit für den Feind! Demokratie und Sozialismus«. VSA-Verlag, Hamburg 2019, ISBN 978-3-89965-886-6.
  • Stephan Kaufmann, Tadzio Müller: Grüner Kapitalismus, Krise, Klimawandel und kein Ende des Wachstums. Karl Dietz Verlag, Berlin 2009, ISBN 978-3-320-02211-2.

Literatur

  • Dagmar Enkelmann, Florian Weis (Hrsg.): „Ich lebe am fröhlichsten im Sturm“ (Rosa Luxemburg). 25 Jahre Rosa-Luxemburg-Stiftung: Gesellschaftsanalysen und politische Bildung. VSA, Hamburg, 2015, ISBN 978-3-89965-678-7.

Weblinks

Commons: Rosa-Luxemburg-Stiftung – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Satzung der Rosa-Luxemburg-Stiftung vom 26.11.2016. (PDF) In: rosalux.de. 26. November 2016, abgerufen am 20. August 2017.
  2. https://www.rosalux.de/profil/es_detail/YQSYG8P211/dr-dagmar-enkelmann/
  3. Organigramm der Stiftung.
  4. Jahresbericht 2020. In: rosalux.de. Abgerufen am 15. Februar 2022.
  5. Liste der Vereinsmitglieder. In: rosalux.de. Abgerufen am 20. August 2017.
  6. a b vgl. Heisterkamp: Think Tanks der Parteien? Eine vergleichende Analyse der deutschen politischen Stiftungen, 2. Aufl., S. 442.
  7. Parteinahe Stiftungen kosten Steuerzahler 581 Millionen. Die Welt, 12. Februar 2018, abgerufen am 21. Januar 2020.
  8. Informationen des Büros der Geschäftsführung der RLS, 23. Mai 2016.
  9. Institut für Gesellschaftsanalyse. Website der Rosa-Luxemburg-Stiftung, abgerufen am 16. Februar 2014.
  10. Mario Candeias. Internetpräsenz der Rosa-Luxemburg-Stiftung, abgerufen am 9. April 2017.
  11. Kurt-Eisner-Verein
  12. Helle Panke
  13. Jenny-Marx-Gesllschaft abgerufen am 2. Dezember 2021
  14. Wissenschaft und Innovation – Zukunftspotenzial der Europaregion Berlin-Brandenburg (PDF; 449 kB). 2004.
  15. Universität Greifswald übergibt Hans- und Lea-Grundig-Stiftung an neuen Träger, Pressemitteilung der Ernst-Moritz-Arndt Universität vom 9. Februar 2011.
  16. Treuhandstiftungen. In: Website der Rosa-Luxemburg-Stiftung. Abgerufen am 1. November 2021.
  17. a b «Jetzt wird gebaut». In: www.rosalux.de, 2017; abgerufen am 29. Oktober 2020.
  18. Martin Lutz, Uwe Müller: Das Kartell der Staatsplünderer. Die Welt, 10. Oktober 2014, abgerufen am 9. April 2017.
  19. Der Neubau der Stiftung - Rosa-Luxemburg-Stiftung. Abgerufen am 26. Oktober 2020.
  20. RLS-Neubau mit Schrift und Karte. (JPEG) Die Welt, abgerufen am 9. April 2017.
  21. Die Stasi-Connection. Die Linke Rosa-Luxemburg-Stiftung. (JPEG) Die Welt, abgerufen am 9. April 2017.
  22. Martin Lutz, Uwe Müller: Stasi baut bei Linken-Stiftung mit. In: investigativ.de. Die Welt, 19. Dezember 2014, abgerufen am 9. April 2017.
  23. Martin Lutz, Uwe Müller: Ramelow führte Immobilienfirma mit Stasi-Hauptmann. Die Welt, 30. November 2014, abgerufen am 9. April 2017.
  24. Ramelow und der Ex-Stasi-Offizier: Lieberknecht greift Linke an. Thüringer Allgemeine, 1. Dezember 2014, abgerufen am 9. April 2017.
  25. Fair erbaut. In: Berliner Zeitung, 29. Oktober 2020, S. 8.