Hans Ulrich Kesselring

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Hans Ulrich Kesselring, auch Hans Ueli Kesselring, (* 1946 auf Schloss Bachtobel; † 6. September 2008 ebenda) war Schweizer Winzer im Thurgau.

Leben und Wirken

Schloss Bachtobel, Hans Ulrich Kesselrings Geburts-, Wohn und Sterbeort

Hans Ulrich Kesselring gehörte als Familienmitglied der 7. Generation der Familie Kesselring an, die sich bis ins 15. Jahrhundert zurückverfolgen lässt. Zusammen mit seiner Schwester Dorothee wuchs er auf dem Weingut Bachtobel auf. Mit 20 Jahren machte er seine Matura und beabsichtigte, an der ETH Zürich Chemie zu studieren. Doch der Tod seines Vaters Hans Kesselring zwang ihn, die Ingenieurschule in Wädenswil zu besuchen, Fachrichtung Weinbau. Anschliessend absolvierte er zwei Fachpraktika bei seinem späteren Mentor und lebenslangen Freund Jules Chauvet (1907–1989) im Beaujolais und in Kalifornien. Mit seiner Rückkehr ins elterliche Weingut löste er seine Mutter ab, die es für ihn in seiner Abwesenheit verwaltet hatte.

Kesselring galt und gilt als Querdenker. Mit seinen unkonventionellen Methoden setzte er sich schnell zwischen die Stühle. So setzte er konsequent auf Holzausbau und die Weine für seinen Pinot Noir No. 3 werden auf der restaurierten mächtigen Baumpresse aus dem 16. Jahrhundert gepresst. In den letzten Jahren seines Schaffens – auch wegen der zuletzt sehr heissen Sommer – rückte Kesselring aber wieder etwas von allzu viel Fülle ab.[1]: S. 23 Beim Mémoire des Vins Suisses, einem Interessenverein Schweizer Weinbaukultur, war er längere Zeit Vorsitzender. Seine Zusammenarbeit mit Chauvet führte zu intensiven fachlichen Dialogen, die auch in der Fachwelt Gehör fanden.[2] Als sein besonderes Vermächtnis wird sein Bemühen um seinen Pinot Noir angesehen, der vier Fünftel seiner Rebfläche ausmacht. Seinen Wunsch, alles auf das Wesentliche zu reduzieren, drückte er auch mit der Gestaltung seiner Flaschenetiketten aus, die auf der Frontseite lediglich die fortlaufende Zahl seiner Kreationen und den Namen seines Weingutes beinhalteten. Als weitere wichtige Sorte galt für ihn Riesling-Silvaner. Der große Johnson klassifiziert seine Weine mit 2–3 Sternen, also mit «mindestens gute», aber auch «beständig hohe Qualität».[3]

Ein Grossteil seines Renommées gründet sich in seiner Fähigkeit, «an die andere aus seinem Wirkungsbereich kaum zu denken wagen», wie etwa sein Versuch, Kleinstparzellen zu verschiedenen, kontrollierten Zeiten mit neuen Reben zu bestücken und die Erfolge in Wachstum, Widerstandsfähigkeit, Ertrag und Qualität biodynamisch zu untersuchen.[4]

Seit seinem Tod führt sein Neffe Johannes Meier die Produktion auf dem Weingut, der zur 230-Jahrfeier im Dezember 2014 den Cuvée No. 4 eingeführt hat.[5][6] Die Pionierleistungen in Sachen Pinot Noir führte nicht nur im eigenen Betrieb zu Qualitätsverbesserung, auch die benachbarten Winzer, insbesondere Michael Broger, Weingut Burkhart und Martin Wolfer gehören zu „der neuen Topliga am Ottenberg“[1]: S. 24, dem Hausberg von Weinfelden. Nach Ansicht von Thomas Vaterlaus hätte dieses Terroir inzwischen die Voraussetzungen für einen Grand Cru nach burgunder Vorbild und nicht, wie dies die laschen Schweizer Weingesetze erlauben.[1]: S. 24

Auszeichnungen

  • 2000: Vinea, Siders: 1. Platz, für «98er Pinot Noir Nr. 3 – Der Andere»[7]
  • 2003: Vinea, Siders: Goldmedaille, für «Auslese Bachtobel 2002»[8]

Literatur

  • Martin Kilchmann: Mensch und Weinbauer zwischen den Stühlen. In: Mémoires des vins suisses, Ausgabe 2009/2010, S. 4f.
  • Jürg Gafner: Zum Tod von Hans Ulrich Kesselring. In: Schweizerische Zeitschrift für Obst- und Weinbau, Nr. 21, 2008, S. 25.
  • Hans-Ulrich Kesselring. Perfektionist ist nicht mehr. In: Vinum, Ausgabe 10/2008, Seite 14.
  • Schlossgeschichten In: Vinum, Ausgabe 4/2003, Seite 20
  • Tom Stevenson: De meest complete wijnencyclopedie. Lannoo Uitgeverij, 2006, ISBN 978-9-077-44511-2.
  • Jules Chauvet: Le vin en question : entretien avec Hans Ulrich Kesselring. Ed. Jean Paul Rocher, Paris 1998, ISBN 2-91136108-3.
    • Il vino questione: conversazione sul vino del futuro con Hans Ulrich Kesselring/Jules Chauvet. Übersetzung ins Italienische: Ivo Bonacorsi. J.-P. Rocher, Paris 2002, ISBN 2-911361-48-2.
  • Walter Kümin: Schweizer Weinführer. Die besten Winzer und ihre Weine. AT Verlag, 1992, ISBN 978-3-855-02437-7. S. 43 und 45f.
  • Kathrin Zellweger: Nachruf für Hans Ulrich Kesselring. In: Thurgauer Jahrbuch, Bd. 84, 2009, S. 218–220. (e-periodica.ch)

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b c Thomas Vaterlaus: Ottenberg im Thurgau: Der Grand Cru In: Vinum, Ausgabe 1–2/2015
  2. Jamie Goode, Sam Harrop: Authentic wine: toward natural and sustainable winemaking. University of California Press 2011, ISBN 978-0-520-26563-9, S. 142–145.
  3. Der große Johnson, 19. Aufl., S. 436.
  4. Sandro Shisla: In Gegensätzen gelebt. In Gedenken an den Weinfelder Winzer Johann Ulrich Kesselring, St. Galler Tagblatt, 16. September 2008, S. 50
  5. Schweiz am Sonntag, 16. November 2014, S. 46.
  6. Website Mémoire des Vins Suisses.
  7. Till Schröder: See im Weinglas.@1@2Vorlage:Toter Link/www.tillschroeder.de (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. Auf der Website des Autors, abgerufen am 2. Dezember 2014.
  8. Thurgauer Weine mit hohen Auszeichnungen. in: Thurgauer Bauer, Nr. 45 (2003), auf der Website des Verbandes Thurgauer Landwirtschaft, abgerufen am 2. Dezember 2014.