Harry Wünsche

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie

Harry Wünsche (* 8. Mai 1929 in Plauen; † 3. Mai 2008) war ein deutscher Völkerrechtler, Präsident der Gesellschaft für Völkerrecht in der DDR und im wiedervereinigten Deutschland Rechtsanwalt und Vorsitzender des Kuratoriums Stiftung West-Östliche Begegnungen mit Sitz in Berlin.

Leben

Harry Reinhold Wünsche wurde als Sohn eines Angestellten im sächsischen Vogtland, in der Stadt der Plauener Spitze, geboren. Das Abitur legte er 1946 in Chemnitz ab an einer Schule, die 1949 in Karl-Marx-Oberschule umbenannt wurde und 1993 den Namen Georgius-Agricola-Gymnasium erhielt.[1] Parteipolitisch engagierte er sich von März bis September 1946 im Landesverband Sachsen der CDU als Mitglied[2], trat jedoch im Folgejahr in die SED ein und betonte seine Stellung als einer der Gründer der FDJ in Chemnitz. In den Jahren von 1947 bis 1949 arbeitete er als Lehrer an Schulen dieser Stadt im Erzgebirgsvorland. Anschließend wirkte er 1949/50 als stellvertretender Direktor am Seminar für soziale Frauenberufe in Chemnitz.

Wissenschaftliche Laufbahn

Danach begann er mit dem Studium der Rechtswissenschaft an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (MLU) und wechselte aber bald von Halle nach Potsdam-Babelsberg an die Deutsche Akademie für Staats- und Rechtswissenschaft (DASR), wo der Jura-Student und -Assistent 1952 das Staatsexamen bestand und ihm die Leitung des Lehrstuhls Völkerrecht übertragen wurde. Im Jahre 1956 promovierte Wünsche dort zum Dr. jur. mit der Arbeit „Die imperialistische Konzeption von der ‚Integration‘ Europas nach dem zweiten Weltkrieg.“[3] Seine Habilitationsarbeit verteidigte er 1965 erfolgreich.[4] Zum ordentlichen Professor wurde er 1966 berufen und leitete als Völkerrechtler anschließend den Lehrstuhl Internationales Organisations- und Vertragsrecht sowie ab 1978 die Abteilung Völkerrecht, Diplomaten- und Konsularrecht des Instituts für Internationale Beziehungen der DASR. Er war einer der Autoren des Lehrbuchs Völkerrecht, das mit „allen für das Völkerrecht wichtigen Stimmen“ in der damaligen DDR im Jahre 1973 erschien, wie Bernhard Graefrath, Herbert Kröger und Peter Alfons Steiniger, und 1981 in zweiter, überarbeiteter und ergänzter Auflage.[5]

Tätigkeiten als Diplomat

Im Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten der DDR (MfAA) übernahm Wünsche 1961 die Tätigkeit eines 1. Sekretärs und wirkte von 1962 bis 1964 als Botschaftsrat an der DDR-Botschaft in der UdSSR in Moskau.[6] Als Leiter der Abteilung Analyse, Prognose u. Planung im MfAA wurde er in den Jahren 1968 bis 1971 eingesetzt.

Ehrenamtliches Wirken als Jurist in Vereinigungen (Auswahl)

Neben seiner hauptberuflichen Tätigkeit übte Wünsche in unterschiedlichen Gremien ehrenamtliche Funktionen aus – als:

Mitglied der DDR-Delegation auf der III. Seerechtskonferenz der Vereinten Nationen

Im Status eines Botschafters war Wünsche Mitglied der DDR-Delegation auf der III. Seerechtskonferenz an. Er gehörte zur Stammbesetzung.[10] Die Delegationen aus den damaligen beiden deutschen Staaten saßen während einer Plenarsitzung in Genf im August 1980 nebeneinander: Der Diplomat Herbert Dreher (* 1916) neben Gunter Görner (* 1939) und hinter beiden Delegationsleitern: Harry Wünsche.[11] In der DDR-Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft Neue Justiz veröffentlichte er 1975 zusammen mit Görner einem Beitrag über „Entwicklungstendenzen bei der Kodifizierung des Seevölkerrechts“.[12]

Auszeichnungen (Auswahl)

Wünsche erhielt u. a. folgende Auszeichnungen:

Rechtsanwalt

Im vereinten Deutschland wirkte Wünsche als Rechtsanwalt und firmierte unter seinen Namen mit den akademischen Titeln Prof. Dr. Dr. Harry Wünsche. Zunächst war er Sozius in der Berliner Rechtsanwaltskanzlei Finkelnburg[13] und wirkte danach in einer überörtlichen Sozietät.[14] Die Stiftung West-Östliche Begegnungen würdigte im Nachruf für ihren Ehrenvorsitzenden und Rechtsanwalt, dass mit der Stiftungsgründung 1994 "finanzielle Mittel, zu denen seinerzeit Millionen von Mitgliedern der Gesellschaft für Deutsch-Sowjetische Freundschaft in der DDR beigetragen haben, erhalten geblieben sind und … eine dauerhafte Grundlage bilden für die Förderung von Begegnung und Verständigung mit Menschen in den auf dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion neu entstandenen Staaten und Ländern."[15] Wünsche hinterließ eine in Potsdam wohnende Tochter und zwei Söhne, einen von beiden in seiner Heimatstadt Chemnitz, sowie die Ehefrau Heidemarie-Wünsche Plétzka. Die private Trauerfeier und Beisetzung des Verstorbenen erfolgten in der Nordrhein-westfälischen Gemeinde Wachtberg-Berkum.[16]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Schulchronik des Georgius-Agricola-Gymnasiums - 1857 bis heute; Chronik: Klinkerbau von 1929
  2. Biographische Angaben aus dem Handbuch Wer war wer in der DDR?, Stichwort. "Wünsche, Harry", bearbeitet von Andreas Herbst; DNB 1000948447
  3. Potsdam, Akademie für Staats- u. Rechtswissenschaft, Dissertation vom 7. April 1956; DNB 480167761
  4. Breithaupt, Dirk: Rechtswissenschaftliche Biographie DDR, 1993, S. 550 f. [Wünsche, Harry]; DNB 940131013
  5. Stolleis, Michael: Staats- und Verwaltungsrechtswissenschaft in West und Ost 1945-1990, Band 4, S. 563; ISBN 978-3-406-63203-7
  6. Bock, Siegfried (Hrsg.): DDR-Außenpolitik. Ein Überblick, [Daten, Fakten, Personen], Berlin 2010, S. 368; ISBN 978-3-643-10559-2
  7. DDR-Außenpolitik; Teil 3., [Daten, Fakten, Personen], Berlin 2010, S. 368; ISBN 978-3-643-10559-2
  8. ADN-Bericht in: Berliner Zeitung, 20. November 1980, S. 2
  9. Gremien der Stiftung Prof. Dr. Dr. Harry Wünsche †, Ehrenvorsitzender
  10. Görner, Gunter: Völkerrecht im Kontext seiner Zeit; Verlag Rockstuhl, Bad Langensalza/Thüringen 2014, S. 248; ISBN 978-3-86777-742-1
  11. Abbildung in: Görner, Gunter: Völkerrecht im Kontext seiner Zeit; Verlag Rockstuhl, Bad Langensalza/Thüringen 2014, S. 267; ISBN 978-3-86777-742-1
  12. Neue Justiz, Heft 23/1975, S. 673–677
  13. taz, die Tageszeitung vom 26. März 1992
  14. Traueranzeige "Prof. Dr. Dr. Harry Wünsche, Rechtsanwalt" der in München, Berlin und Ludwigshafen damals tätigen Kanzlei, abgedruckt in der Berliner Zeitung vom 10./11.12. Mai 2008, S. 12
  15. Auszug aus dem Nachruf der Stiftung West-Östliche Begegnungen, abgedruckt in der Berliner Zeitung vom 10./11.12. Mai 2008, S. 12
  16. Traueranzeige der Familie, abgedruckt in der Berliner Zeitung vom 10./11.12. Mai 2008, S. 12