Haus Brühl
Haus Brühl ist eine Villa im Stil der Heimatschutzarchitektur, die der Architekt Ernst Walther (1917–2010) in den Jahren 1948 und 1949 im Auftrag des niederländischen Kaufmanns Cornelius Hubert Coenen (1894–1984) in Merzenhausen erbaut hat.[1]
Coenen, der seinen Lebensmittel-Großhandel nach der Hochzeit mit Sibylla Dohmen 1925 aus seiner limburgischen Heimatgemeinde Maasniel (Weiler Spik) nach Niederkrüchten verlegt hatte, war in der Nazi-Diktatur enteignet worden. Mit dem Bau der Villa demonstrierte er im ehemaligen nationalsozialistischen Musterdorf Merzenhausen, dem Geburtsort seiner deutschstämmigen Frau, sein wiedergewonnenes Selbstbewusstsein. Dorthin hatte es die fast mittellose Familie mit drei Kindern verschlagen, nachdem ihr die Ausreise nach Spik von den deutschen Behörden 1939 verwehrt worden war.[2]
Baugeschichte
Die Heimatschutzarchitektur als traditionelle Form der Moderne spielte beim Wiederaufbau der kriegszerstörten Städte im Rheinland eine wichtige Rolle, vor allem auch in Jülich.[3] Ernst Walther, ein Absolvent der RWTH Aachen und Vertreter der Aachener Schule, war damals Kreis- und Stadtbaumeister in Jülich. Ursprünglich wollte der Bauherr an gleicher Stelle einen Bungalow errichten, jedoch wurde der von Ernst Walther hierfür erstellte Entwurf von der zuständigen Baurechtsbehörde als nicht ortstypische Architektur abgelehnt.
Haus Brühl entstand rund 400 Meter südöstlich des kleinen Dorfes Merzenhausen in der Feldflur „Brühlsfeld“, der das Haus seinen Namen verdankt.[4] Das Gebäude wurde von den Bauunternehmern Wilhelm Pickartz aus Koslar und Gehlen aus Barmen ausgeführt. Am 5. Februar 1948 genehmigte das Kreisbauamt Jülich den Entwurf Walthers für eine Villa mit rückwärtiger Hofanlage, die damals nicht ausgeführt wurde.
Allerdings forderte die Behörde, das Gebäude mit geplanten vier Achsen an der Langseite um zwei Achsen zu erweitern und die eingeschossige Garage in den Baukörper zu integrieren. Für Walther war dies der Anlass, Fassadengestaltung und Grundriss völlig zu überarbeiten.[5]
Baubeschreibung
Haus Brühl ist ein zweigeschossiger Ziegelbau mit hohem Walmdach über einem Sockelgeschoss, das Baumaterial ist offensichtlich eine Reminiszenz des Bauherrn an seine niederländische Heimat. Die Südwestfront des Gebäudes, das innerhalb eines kleinen Parks liegt, ist als Schauseite gestaltet. Sie hat sechs Achsen mit hochrechteckigen Holzsprossenfenstern und Schlagläden; die Fenster des Obergeschosses besitzen eine geringere Höhe als die im Untergeschoss.[6]
Die beiden mittleren Achsen werden durch einen Balkon akzentuiert, der von zwei Pfeilern getragen wird und vom Obergeschoss durch zwei Türen zugänglich ist. Unterhalb des Balkons befindet sich der Haupteingang mit einer Freitreppe. Die übrigen Seiten des Hauses sind in ihrer Gliederung weniger regelmäßig. Walthers Entwurf zeichnet sich durch Eleganz und Präzision aus. Das Farbspiel im Material der roten Ziegel, das feine Traufgesims und die scheitrechten Bögen der Fenster sind hierfür charakteristisch.
Literatur
- Ulrich Coenen: Von Juliacum bis Jülich – Die Baugeschichte der Stadt und ihrer Vororte von der Antike bis zur Gegenwart, 2. Auflage, Aachen 1989.
- Ulrich Coenen: Zwischen den Grenzen. Eine Lebensgeschichte, Aachen/Jülich 1993.
- Ulrich Coenen, Heinz Frey: Merzenhausen. Die Geschichte eines linksrheinischen Dorfes, Aachen 2003.
- Ulrich Coenen: Die Unmöglichkeit einfacher Zuschreibungen. In: Arch+ features 96 (2019) – Rechte Räume. Reaktionen. Onlineversion
- Marco Kieser: Heimatschutzarchitektur im Wiederaufbau des Rheinlandes. = Beiträge zur Heimatpflege im Rheinland. Band 4. (Dissertation Universität Köln 1994) Köln 1998.
- Moritz Wild: Architekturlehre und Städtebau im Regierungsbezirk Aachen. René von Schöfer (1883–1954) = Arbeitsheft der rheinischen Denkmalpflege. Band 85. (Dissertation, RWTH Aachen 2017), Petersberg 2019.
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Zur Biografie von Cornelius Hubert Coenen siehe: Ulrich Coenen, Zwischen den Grenzen. Eine Lebensgeschichte, Aachen/Jülich 1993.
- ↑ Coenen, Zwischen den Grenzen, S. 133–201.
- ↑ Marco Kieser: Heimatschutzarchitektur im Wiederaufbau des Rheinlandes. = Beiträge zur Heimatpflege im Rheinland, Köln 1998.
- ↑ Ulrich Coenen: Von Juliacum bis Jülich – Die Baugeschichte der Stadt und ihrer Vororte von der Antike bis zur Gegenwart, 2. Auflage, Aachen 1989. S. 194.
- ↑ Ulrich Coenen, Heinz Frey: Merzenhausen. Die Geschichte eines linksrheinischen Dorfes, Aachen 2003, S. 144.
- ↑ Coenen, Frey: Merzenhausen, S. 145.
Koordinaten: 50° 55′ 54,4″ N, 6° 17′ 48,8″ O