Heinrich Bütefisch

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Heinrich Bütefisch während der Nürnberger Prozesse

Heinrich Wilhelm August Bütefisch (* 24. Februar 1894 in Hannover; † 13. August 1969 in Essen) war ein deutscher Chemiker und Vorstandsmitglied der I.G. Farbenindustrie AG. Im nationalsozialistischen Deutschen Reich war er Wehrwirtschaftsführer[1] und wurde als Kriegsverbrecher während der Nürnberger Prozesse verurteilt.

Leben

Bütefisch, Sohn eines Lehrers, begann nach dem Abschluss seiner Schullaufbahn 1911 ein Chemiestudium an der Technischen Hochschule Hannover. Als Kriegsfreiwilliger nahm er ab 1914 am Ersten Weltkrieg teil und konnte daher sein Studium erst nach Kriegsende abschließen. Seine Promotion erfolgte 1920. Anschließend war er bei der BASF tätig und im Ammoniakwerk in Merseburg beschäftigt. Er wurde 1925 Abteilungsleiter und erhielt 1927 die Prokura.[2]

Ab 1930 war Bütefisch Leiter der Leunawerke der I.G. Farben. 1936 wurde er als Mitarbeiter Carl Krauchs in Hermann Görings Vierjahresplan Beauftragter für die Ölproduktion.[1] Bütefisch trat 1937 in die NSDAP (Mitgliedsnummer 5.771.136) ein und wurde 1938 Vorstandsmitglied des Technischen Ausschusses der I.G. Farben. Zum Wehrwirtschaftsführer wurde er 1938 ernannt.[2] Ab 1939 war er Ehrenmitglied der SS, wurde zum Obersturmbannführer befördert und gehörte dem Freundeskreis Reichsführer SS an.[1]

Außerdem war Bütefisch Aufsichtsratsmitglied der Hydrierwerke Pölitz AG (Pölitz/Pommern), der Donau Chemie AG (Wien) und der Mineralölbaugesellschaft AG (Berlin).[3] Darüber hinaus wurde er im Jahr 1939 zum Mitglied der Leopoldina gewählt. Parallel war er ab 1941 Leiter der Treibstoffproduktion der I.G. Farben-Fabrik im KZ Auschwitz-Monowitz und damit verantwortlich für die brutale Behandlung vieler Zwangsarbeiter.[1] Bütefisch, Träger des „Ritterkreuzes des Kriegsverdienstkreuzes“, wurde 1945 von der US-Army festgenommen.[4]

Bütefisch wurde 1948 im I.G.-Farben-Prozess wegen Versklavung von Zwangsarbeitern zu sechs Jahren Haft verurteilt; 1951 wurde er – wie viele andere Verurteilte auch – vorzeitig aus der Haft im Kriegsverbrechergefängnis Landsberg entlassen. Anschließend war er erneut Aufsichtsratsmitglied verschiedener Firmen, wie der Ruhrchemie AG, des Mineralölunternehmens Gasolin AG und der Feldmühle. Im März 1964 wurde ihm durch Bundespräsident Heinrich Lübke ungeachtet seiner nationalsozialistischen Vergangenheit das Große Bundesverdienstkreuz für die Tätigkeit im Aufsichtsrat der Ruhrchemie AG verliehen. Wenige Tage später wurde Bütefischs Verurteilung öffentlich bekannt. Daraufhin wurde ihm der Orden wieder aberkannt[2][5] – das erste Mal in der Geschichte des Bundesverdienstkreuzes.[6] Im 1. Frankfurter Auschwitzprozess trat Bütefisch als Zeuge auf.[4]

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b c d Ernst Klee: Das Personenlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945. Fischer Taschenbuch Verlag, Zweite aktualisierte Auflage, Frankfurt am Main 2005, S. 83–84
  2. a b c Hermann Weiß (Hrsg.): Biographisches Lexikon zum Dritten Reich, 1998, S. 68.
  3. Karl von Westphalen u. a. (Hrsg.): Blätter für deutsche und internationale Politik, Band 20. Pahl-Rugenstein Verlag, 1975, S. 571.
  4. a b Wollheim Memorial - Heinrich Bütefisch
  5. Solveig Grothe: 60 Jahre Bundesverdienstkreuz. Die Blechlawine auf einestages.spiegel.de
  6. spiegel.de vom 8. April 1964: Soll und Haben