Helmut Creutz

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Helmut Creutz

Helmut Creutz (* 8. Juli 1923[1] in Aachen; † 10. Oktober 2017[2] ebenda) war ein deutscher Wirtschaftsanalytiker und Publizist.

Leben und Wirken

Creutz' Berufsziel war Ingenieur, er wurde aber zunächst in den Zweiten Weltkrieg einbezogen: Arbeitsdienst, Flugzeugführer- und Fluglehrerausbildung, Kriegsgefangener, anschließend zwei Jahre Krankheit.

1949 bekam er eine Halbtagsstelle in einem Betrieb für Innenausbau, später wurde er dort Leiter des Planungsbüros und zeitweise Betriebsleiter.

Ab 1972 war Helmut Creutz als freier Architekt und Schriftsteller tätig, seit 1982 als Wirtschaftsanalytiker und Publizist. 1979/80 war er Mitbegründer der Alternativen Liste und der Grünen in Aachen und Nordrhein-Westfalen.

1973 erschien sein erstes Buch Gehen oder kaputtgehen – ein Betriebstagebuch innerhalb der Veröffentlichungen des Werkkreises Literatur der Arbeitswelt, dem er angehörte. 3.000 Exemplare der Gesamtauflage von 50.000 bezog die IG Metall für ihre Vertrauensleute. Sein zweites Buch Haken krümmt man beizeiten – Schultagebuch eines Vaters war eine kritische Auseinandersetzung mit dem deutschen Bildungssystem, dem „Zwangslernsystem“, wie Creutz es nennt.

Seit 1980 befasste er sich mit den Zusammenhängen zwischen Geld und Gesellschaft, Währung und Wirtschaft. Er hielt zahlreiche Vorträge und Seminare zu diesem Thema und veröffentlichte dazu mehrere Bücher sowie mehr als hundert Aufsätze. Creutz gilt als Anhänger der Lehren von Silvio Gesell. So aktualisierte Creutz 1996 den von Gesell propagierten Ansatz, dass es eine „optimal und krisenfreie funktionierende Marktwirtschaft selbstständiger und freier Wirtschaftssubjekte und Bürger, jenseits des Kapitalismus“ geben könnte.[3] Hermann Kendel attestierte, Creutz habe „die doch weitgehend in Vergessenheit geratenen Erkenntnisse von Silvio Gesell vom Anfang des letzten Jahrhunderts – nämlich, dass eine kleine Minderheit mit Hilfe des Zinseszinseffektes die große Mehrheit der Menschen für sich arbeiten lässt – wieder aufgenommen und sie unermüdlich und mutig weiterentwickelt“.[4]

1993 erschien Creutz' Hauptwerk Das Geld-Syndrom. Es wurde ins Ungarische, Englische, Französische und Teile davon ins Persische übersetzt. Es erschien auch als Hörbuch. 2012 gab Creutz fast 90-jährig eine vollständig überarbeitete Neuausgabe unter dem Titel Das Geld-Syndrom 2012 heraus.

Helmut Creutz war verheiratet und hatte zwei Töchter. Er starb am 10. Oktober 2017 94-jährig in seiner Geburtsstadt Aachen.[5]

Rezeption

Seit der Finanzkrise ab 2007 wurde Helmut Creutz von einigen Wirtschaftswissenschaftlern beachtet. So etwa durch Christian Kreiß an der Hochschule Aalen: „Im Gegensatz zur konventionellen Ökonomie haben Außenseiter wie Helmut Creutz, von dem das Eingangszitat dieser Ausführungen[6] stammt, seit langem auf Denkfehler der gängigen Volkswirtschaftslehre und strukturelle Fehlentwicklungen im Ökonomiesystem hingewiesen, wurden jedoch (und werden größtenteils auch weiterhin) von den recht hochmütig sich verhaltenden Anhängern der gängigen Ökonomielehre nicht ernst genommen“.[6] Jürgen Kremer, Wirtschaftsmathematiker in Koblenz, schrieb, er sei durch Helmut Creutz auf die Umverteilungsmechanismen des Zinses aufmerksam gemacht worden. „Durch die Auseinandersetzung mit ihm und seinen Erkenntnissen bin ich zur Entwicklung der Dynamischen Analyse inspiriert worden. Die dadurch gewonnenen Ergebnisse zählen zu den wichtigsten wissenschaftlichen Einsichten meines Lebens.“[7]

Verschiedentlich wurden Creutz rechtsextreme Tendenzen vorgeworfen,[8][9] was damit begründet wird, dass er Anfang der 1980er Jahre mindestens zwei Mal in der Heimvolkshochschule des Collegium Humanum referierte und für die Zeitschrift Der dritte Weg der Freisozialen Union sowie für die DAZ des NPD-nahen[10] Deutschen Arbeitnehmer-Verbands schrieb. Creutz wies die Vorwürfe zurück: Es gehe seinen Kritikern nur um Diffamierung, weder in seiner Vita noch in seinen ganzen Veröffentlichungen sei Belastendes zu finden. Auf der Seite In eigener Sache[11] seines Internetauftritts nahm er detailliert Stellung und bekundete: „Ich distanziere mich uneingeschränkt sowohl vom Rechts- als auch vom Linksextremismus!“

Bücher

  • Das Geld-Syndrom 2012 (aktualisierte Neuausgabe), Wissenschaftsverlag Mainz, Aachen 2012, ISBN 978-3-8107-0140-4.
  • Die 29 Irrtümer rund ums Geld, München: Signum Wirtschaftsverlag, München 2004, ISBN 3-7766-8004-0.
  • Das Geld-Syndrom (1. Auflage), Wirtschaftsverlag Langen Müller/Herbig, München 1993, ISBN 3-7844-7306-7.
  • Bauen, Wohnen, Mieten – welche Rolle spielt das Geld?, Gauke Verlag, Lütjenburg 1987, ISBN 978-3879984077.
  • Wachstum bis zur Krise (zusammen mit Werner Onken und Dieter Suhr), Basis-Verlag, Berlin 1986, ISBN 978-3880254145.
  • Haken krümmt man beizeiten – Schultagebuch eines Vaters, Bertelsmann, 1977, ISBN 978-3423100823.
  • Gehen oder kaputtgehen – ein Betriebstagebuch, Fischer-Taschenbuch-Verlag, 1973, ISBN 978-3436017040.

Interviews

Videos

  • Geldsyndrom. Kurze Einführung in die Problematik des Zinssystems nach dem gleichnamigen Buch. Laufzeit: 10:30 Minuten.
  • „Das Geldsyndrom“ – über den Autor. Befürworter der Geldreform über die Arbeit von Helmut Creutz. Mit englischen Untertiteln. Laufzeit: 9:58 Minuten.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Klaus Wulsten, Ekkehard Lindner und Werner Onken: Helmut Creutz wird 75. (PDF) In: Zeitschrift für Sozialökonomie. Stiftung für Reform der Geld- und Bodenordnung und Sozialwissenschaftliche Gesellschaft 1950 e. V., Juni 1998, S. 44 f., abgerufen am 11. Oktober 2017 (Nr. 117).
  2. Eintrag oben rechts auf der Website von Creutz
  3. Detlef Georg Siebert: Wir im All – das All in uns. Ken Wilbers Vision eines ungeteilten Daseins. Konzepte für eine menschliche Evolution, Books on Demand, Norderstedt 2001, S. 143.
  4. Aus Hermann Kendels persönlicher Unterstützung eines Antrags auf Verleihung des Right Livelihood Award 2007 an Helmut Creutz. Abgerufen auf der Homepage von Helmut Creutz am 21. Juni 2010.
  5. Gerald Eimer: Aachener Querdenker Helmut Creutz ist im Alter von 94 Jahren gestorben. Aachener Nachrichten, 17. Oktober 2017, abgerufen am 19. Oktober 2017.
  6. a b Christian Kreiss: Alles nur Zufall? Die Auswirkungen der Finanzkrise auf Spanien, horizonte 37, Monsheim März 2011. Abgerufen am 28. November 2013.
  7. Aus dem Vorwort seines Buches Grundlagen der Ökonomie – Geldsystem, Wachstum, Zinsen und die Polarisierung der Gesellschaft, Metropolis, Weimar bei Marburg 2012.
  8. Zum Beispiel in Oliver Geden: Rechte Ökologie; Jutta Ditfurth: Entspannt in die Barbarei; Justus Ulbricht: Grün als Brücke zu braun?
  9. Vgl. Klaus Schmitt: Entspannen Sie sich, Frau Ditfurth!, Espero & Editions Achtacht3, 1998, S. 33. Abgerufen am 18. Juni 2012.
  10. Verfassungsschutzbericht für das Land NRW 1994, S. 55f
  11. Helmut Creutz: In eigener Sache