Helmut Käutner

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Helmut Käutner in den Niederlanden, 1960

Helmut Käutner (* 25. März 1908 in Düsseldorf; † 20. April 1980 in Castellina in Chianti, Italien) war ein deutscher Regisseur, Schauspieler und Kabarettist. Er war einer der einflussreichsten Filmregisseure des deutschen Nachkriegskinos und wurde durch seine anspruchsvollen Literaturverfilmungen bekannt.[1] Bei Radio Hamburg (späterer NWDR) hatte er auch mit Hörspielen große Erfolge. Bei etlichen seiner Filme trat er auch als Liedtexter in Erscheinung.

Leben

Anfänge beim Theater und Film

1928 begann Helmut Käutner, Sohn eines Düsseldorfer Kaufmanns, in München zu studieren. Von 1931 bis 1935 spielte Käutner Kabarett im Ensemble Die Nachrichter, schrieb Feuilletons und Kritiken für die bayerische Hochschulzeitung. Von 1936 bis 1938 war er Schauspieler und Regisseur am Schauspielhaus in Leipzig, an den Kammerspielen in München, dem Theater am Schiffbauerdamm, an der Komödie und am Kabarett der Komiker in Berlin. Von 1936 bis 1939 war er Schauspieler und Regisseur am Leipziger Schauspielhaus.

1938 machte er auf sich als Drehbuchautor aufmerksam. Unter anderem schrieb er die Drehbücher zu den Filmen Schneider Wibbel, Salonwagen E 417, Die Stimme aus dem Äther, und Marguerite: 3. 1939 begann seine Karriere als Regisseur mit dem Film Kitty und die Weltkonferenz; Filmerfahrung hatte er schon zuvor als Drehbuchautor und mit einem Kurzauftritt in dem Spielfilm Kreuzer Emden gesammelt.

Käutner gehörte nicht zum Widerstand, jedoch hat er sich während der Zeit des Nationalsozialismus eine gewisse Unabhängigkeit in seinem Schaffen bewahren können. Er drehte mit Kitty und die Weltkonferenz einen Film, der von der Zensur als pro-britisch verboten wurde. Mit Große Freiheit Nr. 7 (vgl. Hamburg-Hymne) und Unter den Brücken schuf er zwei Filme, die in ihrer Betonung des Individuellen stark dem Weltbild der Nationalsozialisten widersprachen und die das deutsche Publikum erst nach Ende des Nationalsozialismus zu sehen bekam. Auch die Filme Kleider machen Leute und Romanze in Moll wichen von Mustern nationalsozialistischer Filmideale ab.[2]

Nach dem Zweiten Weltkrieg

1947 drehte er mit In jenen Tagen, einem die Nachkriegswirklichkeit beschreibenden Trümmerfilm, seinen ersten Film nach dem Weltkrieg. In den nächsten Jahren gelangen ihm mit Filmen wie Der Apfel ist ab (1948) oder Königskinder (1950) jedoch keine Publikumserfolge. 1954 reüssierte er mit dem Antikriegsfilm Die letzte Brücke bei den Filmfestspielen von Cannes 1954 und erhielt dafür den Prix International. In den folgenden Jahren hatte er mit Filmen wie Ludwig II: Glanz und Ende eines Königs, sowie 1955, 1956 und 1958 den Zuckmayer-Verfilmungen Des Teufels General mit Curd Jürgens, Der Hauptmann von Köpenick mit Heinz Rühmann und Der Schinderhannes, wiederum mit Curd Jürgens große Erfolge. 1959 drehte er in den USA, unter anderem mit Charles Coburn und Sandra Dee, Ein Fremder in meinen Armen.

Nach dem Oberhausener Manifest von 1962 und dem darin erklärten Willen des „Neuen Deutschen Films“ zu einem neuen Stil distanzierte sich Käutner im Großen und Ganzen vom Kino. Das Haus in Montevideo von 1963 mit Heinz Rühmann und Ruth Leuwerik, die populäre Verfilmung von Ludwig Thomas Lausbubengeschichten von 1964 mit zahlreichen beliebten Darstellern jener Ära und 1970 die Neuverfilmung der Feuerzangenbowle, mit Walter Giller und Uschi Glas, blieben seine letzten Werke für die große Leinwand.

Er begann für das Fernsehen zu produzieren und gelegentlich auch als Schauspieler aufzutreten (so z. B. als Sir Frederic Fairlie im TV-Straßenfeger Die Frau in Weiß (1971)). Zudem engagierte er sich vermehrt auch als Regisseur am Theater.

1967 erhielt er den Adolf-Grimme-Preis mit Gold für seine beim Saarländischen Rundfunk hergestellte Fernsehproduktion Valentin Katajews chirurgische Eingriffe in das Seelenleben des Dr. Igor Igorowitsch. 1974 spielte er in Hans-Jürgen Syberbergs Kinofilm Karl May die Titelrolle.

Zudem arbeitete Helmut Käutner für Radio Hamburg, später Teil des NWDR, wo er seine Arbeits- und Inszenierungsweise auf das Hörspiel übertrug. Unter anderem bearbeitete er bereits 1945 Thornton Wilders Unsere kleine Stadt als Hörspiel.

Sein umfangreicher schriftlicher Nachlass befindet sich im Archiv der Akademie der Künste in Berlin.[3]

Privates

Helmut Käutner war seit 1934 mit der Schauspielerin Erica Balqué verheiratet, die seit Die letzte Brücke in fast all seinen Filmen als Regieassistentin fungierte. Seine letzten Lebensjahre, bereits schwer krank, verbrachte er mit seiner Frau in der Toskana in seinem Haus in Castellina in Chianti, im Norden der Provinz Siena. Dort starb er im Alter von 72 Jahren.

Helmut Käutner wurde in einem Ehrengrab der Stadt Berlin in der Abt. III-U-7 auf dem Waldfriedhof Zehlendorf in Berlin beigesetzt.[4] Zu seinem Andenken vergibt seine Geburtsstadt Düsseldorf seit 1982 den Helmut-Käutner-Preis. In Essen, Berlin und München-Neuperlach wurden ihm zu Ehren Straßen benannt.

Filmografie

Regie, soweit nichts anderes angegeben

Kinofilme

Fernsehen

  • 1958: Juchten und Lavendel (Co-Drehbuch)
  • 1962: Annoncentheater
  • 1964: Das Gespenst von Canterville
  • 1965: Romulus der Große
  • 1965: Die Flasche
  • 1966: Robin Hood, der edle Ritter
  • 1966: Leben wie die Fürsten
  • 1967: Die spanische Puppe
  • 1967: Stella
  • 1967: Valentin Katajews chirurgische Eingriffe in das Seelenleben des Dr. Igor Igorowitsch
  • 1968: Bel Ami
  • 1968: Babeck (Rolle: Dr. Brenner)
  • 1969: Tagebuch eines Frauenmörders
  • 1969: Christoph Kolumbus oder Die Entdeckung Amerikas
  • 1970: Einladung ins Schloß oder Die Kunst das Spiel zu spielen
  • 1970: Ständig in Angst (Hauser’s Memory) (Darsteller)
  • 1970: Der Kommissar: Folge 20: Messer im Rücken (Rolle: Hugo Blasek)
  • 1970: Der Kommissar: Folge 27: Anonymer Anruf (Regie)
  • 1971: TatortDer Richter in Weiss (Rolle: Prof. Dr. Kemm)
  • 1971: Die Frau in Weiß (Rolle: Sir Frederic Fairlie)
  • 1971: Die gefälschte Göttin
  • 1972: Die seltsamen Abenteuer des geheimen Kanzleisekretärs Tusmann
  • 1972: Ornifile oder der erzürnte Himmel
  • 1974: Die preußische Heirat (nach dem Lustspiel „Zopf und Schwert“ von Karl Gutzkow)
  • 1974: Derrick: Stiftungsfest
  • 1974: Derrick: Nur Aufregungen für Rohn
  • 1976: Margarete in Aix
  • 1976: Derrick: Auf eigene Faust
  • 1977: Eichholz & Söhne
  • 1978: Mulligans Rückkehr

Hörspiele

Auszeichnungen

Ehrengrab in Berlin

Literatur

  • Peter Cornelsen: Helmut Käutner. Seine Filme, sein Leben. München: Heyne 1980. (= Heyne Filmbibliothek. 27.) ISBN 3-453-86027-6.
  • Wolfgang Jacobsen und Hans-Helmut Prinzler: Käutner. Berlin: Wiss.-Verlag Spiess 1992. (= Edition Filme. 8.) ISBN 3-89166-159-2.
  • Thomas Koebner: [Artikel] Helmut Käutner. In: Ders. (Hrsg.): Filmregisseure. Biographien, Werkbeschreibungen, Filmographien. 3., aktualisierte und erweiterte Auflage. Reclam, Stuttgart 2008 [1. Aufl. 1999], ISBN 978-3-15-010662-4, S. 365–370 [mit Literaturhinweisen].
  • Thomas Koebner, Fabienne Liptay, Claudia Mehlinger und René Ruppert (Hrsg.): Helmut Käutner. München: edition text + kritik 2008. (= Film-Konzepte. 11.) ISBN 978-3-88377-943-0.
  • Corinna Müller, Rüdiger Koschnitzki: Helmut Käutner – Regisseur, Schauspieler. In: CineGraph – Lexikon zum deutschsprachigen Film, Lieferung 13, 1989.
  • René Ruppert: Helmut Käutner. Freiheitsträume und Zeitkritik (Deep Focus 29). Berlin 2018
  • Hans Dieter Schäfer: Moderne in Dritten Reich. Kultur der Intimität bei Oskar Loerke, Friedo Lampe und Helmut Käutner. Stuttgart: Franz Steiner Verlag 2003, ISBN 3-515-08432-0.
  • Hans-Jürgen Tast: Helmut Käutner – In jenen Tagen. 1947. Schellerten: Kulleraugen 2007. (= Kulleraugen. 33.) ISBN 978-3-88842-034-4.
  • Hans-Jürgen Tast: Helmut Käutner – Unter den Brücken. 1944/45. Schellerten: Kulleraugen 2007. (= Kulleraugen. 34.) ISBN 978-3-88842-033-7.
  • Helmut Käutner, in: Internationales Biographisches Archiv 30/1980 vom 14. Juli 1980, im Munzinger-Archiv (Artikelanfang frei abrufbar)
  • C. Bernd Sucher (Hrsg.): Theaterlexikon. Autoren, Regisseure, Schauspieler, Dramaturgen, Bühnenbildner, Kritiker. Von Christine Dössel und Marietta Piekenbrock unter Mitwirkung von Jean-Claude Kuner und C. Bernd Sucher. 2. Auflage. Deutscher Taschenbuch-Verlag, München 1999, ISBN 3-423-03322-3, S. 350.
  • Kay Weniger: Das große Personenlexikon des Films. Die Schauspieler, Regisseure, Kameraleute, Produzenten, Komponisten, Drehbuchautoren, Filmarchitekten, Ausstatter, Kostümbildner, Cutter, Tontechniker, Maskenbildner und Special Effects Designer des 20. Jahrhunderts. Band 4: H – L. Botho Höfer – Richard Lester. Schwarzkopf & Schwarzkopf, Berlin 2001, ISBN 3-89602-340-3, S. 324 f.

Weblinks

Commons: Helmut Käutner – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Spiegel Online, Hamburg, Germany: Gestorben: Helmut Käutner – Der Spiegel 18/1980. In: spiegel.de. Abgerufen am 2. November 2016.
  2. Sehen Sie Käutner! Rudolf Worschech in Epd-Film 3/2008 auf epd-film.de, abgerufen am 2. Januar 2015.
  3. Helmut-Käutner-Archiv Bestandsübersicht auf den Webseiten der Akademie der Künste in Berlin.
  4. Ehrengrab, Potsdamer Chaussee 75, in Berlin-Nikolassee
  5. Bekanntgabe von Verleihungen des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland. In: Bundesanzeiger. Jg. 25, Nr. 190, 9. Oktober 1973.