Ian Brady

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Ian Brady (Geburtsname Ian Duncan Stewart; * 2. Januar 1938 in Glasgow, Schottland; † 15. Mai 2017 in Maghull, Merseyside, England)[1] war ein britischer Serienmörder, der gemeinsam mit Myra Hindley als Moormörder (englisch Moors Murderer) in die Kriminalgeschichte einging.

Leben

Ian Brady wurde 1938 als Kind einer Kellnerin in Gorbals, einem der Problemviertel Glasgows, geboren. Nach dem Tod seines Vaters gab seine Mutter ihn mit drei Monaten zu den Pflegeeltern Mary und John Sloan.

Im Alter von zehn Jahren wechselte er auf eine Schule für hochbegabte Kinder, fiel dort jedoch vor allem durch sein „schlechtes Verhalten“ auf. Schon früh beschäftigte er sich mit den Schriften von de Sade, Nietzsche und Dostojewski und mit Hitlers Mein Kampf.

Zwischen seinem 13. und 16. Lebensjahr kam er mehrfach wegen Diebstahls und Einbruch mit dem Gesetz in Konflikt und wurde zu einer zweijährigen Bewährungsstrafe verurteilt. Eine der Bewährungsauflagen bestand darin, dass er zu seiner Mutter ziehen musste, die inzwischen in Manchester mit einem Mann namens Patrick Brady verheiratet war. Er nahm den neuen Namen seiner Mutter an.[1] Nachdem er einem LKW-Fahrer geholfen hatte, von einem Gemüsemarkt, auf dem er inzwischen arbeitete, Früchte zu stehlen, wurde Brady 1955 zu einer zweijährigen Freiheitsstrafe verurteilt.

Er arbeitete nach seiner Entlassung zuerst bei einer Brauerei und später als Buchhalter bei einer kleinen Chemiefabrik. Dort lernte er im Januar 1962 auch Myra Hindley kennen. Brady und Hindley begannen eine Liebesbeziehung, die auf dem gemeinsamen Hass auf die Gesellschaft und Bradys perversen sexuellen Fantasien aufbaute.[1]

Brady hielt sich für einen Außenseiter der Gesellschaft, herausragend aufgrund seiner Willenskraft und Selbstdisziplin. Er wollte sich mit seinen folgenden Verbrechen von der üblichen Kriminalität abheben. In einem späteren Schreiben an die Presse rechtfertigte er seine Taten als „das Produkt einer existenzialistischen Philosophie, gepaart mit der Spiritualität des Todes selbst“.

Morde

1963 begann das Paar mit seiner Mordserie, der mindestens fünf Kinder und Jugendliche im Alter von 10 bis 17 Jahren zum Opfer fielen. Ihr erstes Opfer war die 16-jährige Pauline Reade. Hindley sprach sie mit der Bitte an, ob das Mädchen ihr helfen könne; sie habe ihren Handschuh verloren. Mit der Aussicht auf Finderlohn lockte sie Reade in das bei Manchester gelegene Saddleworth Moor und überwältigte sie dann gemeinsam mit Brady. In ihrer gemeinsamen Wohnung missbrauchten und ermordeten sie das Mädchen.

Auch die anderen Opfer des Paars, John Kilbride (12), Keith Bennett (12), Lesley Ann Downey (10) und Edward Evans (17), wurden meist von Hindley angesprochen. An der Stelle, an der sie Kilbrides Leiche verscharrt hatten, posierte Hindley für ein Foto mit ihrem Schoßhund; dieses Foto führte die Polizei später zum Fundort im Saddleworth Moor.

Im Sommer 2013 wurde von einer Fernsehdokumentation des britischen Senders ITV die Vermutung geäußert, dass es sich bei den Fotos, die Brady und Hindley machten, um Hinweise ähnlich einem Grabkreuz zu den Gräbern der Opfer handele. Die Leiche von Keith Bennett, die trotz wiederholter Suchen im Saddleworth Moor nicht gefunden werden konnte, soll sich dem Fernsehsender nach an den Ramshaw Rocks oberhalb von Leek und dem Tittesworth Reservoir in Staffordshire und damit über 60 km entfernt vom Saddleworth Moor befinden.[2]

Bis zum Tode von Brady konnte die Leiche von Keith Bennett nicht gefunden werden. Brady hatte selbst gesagt, er habe seinem Anwalt einen Brief gegeben, in dem er nähere Angaben zum Ort, an dem die Leiche liegt, gemacht hat. Die mögliche Existenz dieses Briefes ist jedoch nie geklärt worden. Angehörige forderten nach dem Tod auf, dass eventuelle Zeugnisse aus dem Nachlass, die zur Auffindung der Leiche beitragen könnten, freigegeben werden sollten. Fachleute bezweifelten jedoch, dass Brady überhaupt brauchbare Informationen hätte geben können, da er vor langer Zeit im Moor war, das außerdem ständig seine Erscheinung verändert.[3]

Brady und Hindley versuchten wiederholt, auch andere Menschen für ihre Taten zu begeistern, unter anderem Hindleys 17-jährigen Schwager David Smith, vor dessen Augen Brady 1966 den 17-jährigen Edward Evans folterte und ermordete. Smith floh aus dem Haus und alarmierte die Polizei.

Verurteilung

Am 6. Mai 1966 wurden Ian Brady und Myra Hindley zu lebenslanger Freiheitsstrafe verurteilt. Die Morde und Misshandlungen an den drei Jugendlichen Lesley Ann Downley, John Kilbride und Edward Evans hatten sie im Prozess nicht gestanden. Ihre Taten, die sie auf Fotos und Tonbändern festgehalten hatten, zeugten von geradezu unmenschlicher Grausamkeit. Als Beweismittel wurde im Gerichtssaal unter anderem ein Tonband abgespielt, auf dem das Paar die Ermordung von Lesley Ann Downey aufgezeichnet hatte. Auf dem Tonband hörte man die Zehnjährige um ihr Leben flehen. Dieser Prozess blieb so über Jahrzehnte im öffentlichen Bewusstsein präsent; die Nation stand unter Schock.

Mehr als 20 Jahre später gestand Ian Brady gegenüber dem Journalisten Fred Harrison, auch für die Morde an Pauline Reade und Keith Bennett verantwortlich zu sein.[4] Er gab jedoch trotz der Bitten von Keiths Mutter Winnie Johnson nicht den Ort preis, an dem er dessen Leiche beseitigt hatte.[5]

Einweisung in die Psychiatrie

Ian Brady wurde 1985 durch Psychiater für unzurechnungsfähig erklärt und aus dem Strafvollzug in die forensische Psychiatrie des Ashworth Hospital eingewiesen. Brady befand sich ab 1999 in einem Hungerstreik – sein selbsterklärtes Ziel war es, seinen Tod herbeizuführen; er wurde deshalb zwangsernährt.[6][7] Nach eigenen Angaben nahm er keine Nahrung zu sich, während das Krankenhauspersonal in einer öffentlichen Anhörung am 25. Juli 2013 berichtete, dass er sich „jeden Tag Toast zubereite“ und das angebotene Essen „an den meisten Tagen“ zu sich nähme, was auch den Angaben von Prozessbeobachtern zu seiner physischen Erscheinung entspricht.[8][9]

Im Juli 2012 brach Brady im Krankenhaus erstmals zusammen und erlitt einen Atemstillstand. Er wurde jedoch von den verantwortlichen Ärzten wiederbelebt und daraufhin weiter zwangsernährt. Im Herbst 2012 brach er sich bei einem Sturz zwei Wirbel. Am 28. Januar 2013 beantragte Brady über seine Anwältin eine gerichtliche Verfügung, wonach er im Fall von erneuter schwerster Krankheit keine weiteren lebenserhaltenden Maßnahmen bekommen darf.[10]

Im Juni 2013 fand eine Anhörung von Brady und Sachverständigen vor einem Mental Health Review Tribunal statt, die dazu beitragen sollte, eine Entscheidung über Bradys weitere Unterbringung in der Psychiatrie zu treffen. Die Anhörung, die ursprünglich bereits 2012 stattfinden sollte, wegen der Gesundheitsprobleme Bradys aber verschoben wurde, war das erste Mal seit 47 Jahren, dass Brady in der Öffentlichkeit gesehen wurde. In der Anhörung sprach Brady auch selbst zu seiner Situation. Sachverständige und Krankenhauspersonal berichteten von psychotischen Episoden mit paranoiden Wahnvorstellungen und bestätigten, dass er damit noch immer unter der ursprünglich diagnostizierten Schizophrenie leide, auch wenn er seine Krankheit besser beherrschen könne. Brady selbst gab an, er habe das angeführte Verhalten nur entsprechend der Technik des Method Acting und Konstantin Stanislawski gespielt. Bradys Anwälte selbst gestanden ein, dass ihr Mandant unter einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung leide, aber sie bestehen darauf, dass er nicht psychisch krank sei.[8][9] Brady strebte an, in ein Gefängnis in Schottland verlegt zu werden, da er dort geboren und aufgewachsen sei. Hintergrund dieses Wunsches war aber auch, dass in Schottland keine Zwangsernährung von Gefangenen stattfindet und Brady so, wie von ihm beabsichtigt, verhungern würde.[11]

Das Mental Health Review Tribunal kam zu der Entscheidung, dass Brady zum Wohl seiner eigenen Gesundheit und Sicherheit und der Sicherheit anderer Personen noch immer ärztliche Behandlung benötigt, weil er an einer psychischen Krankheit leidet. Deshalb wurde sein Gesuch auf Verlegung in ein Gefängnis abgelehnt und seine weitere Unterbringung im Ashworth Hospital bestätigt.[12]

Eine erneute Überprüfung dieser Entscheidung war für den September 2016 angesetzt, sie wurde aber abgesagt, da Brady darauf bestand, sich durch den Anwalt Robin Makin der Anwaltskanzlei E Rex Makin & Co vertreten zu lassen, der für ihn seit über 25 Jahren tätig ist. Da die Kanzlei nicht Mitglied in der Sektion für psychiatrische Verfahren der Anwaltskammer ist, kann sie keine staatliche Kostenübernahme für ihre Tätigkeit in diesem Verfahren beantragen. Im Februar 2017 wurde gerichtlich entschieden, dass es in der europäischen Menschenrechtskonvention keine rechtliche Grundlage gäbe, dass ein Verfahren im Zusammenhang mit einer Unterbringung wegen einer psychischen Erkrankung durch einen Wahlanwalt, der vom Staat bezahlt wird, begleitet werden müsse. Ein Verfahren zur Durchsetzung dieser Forderung vor dem High Court wurde deshalb als aussichtslos beurteilt.[11]

Seine Anwälte erklärten wenige Wochen vor dem Tod ihres 79-jährigen Mandanten, er sei schwer krank, sei seit Jahren bettlägerig. Da er an einem Lungenemphysem leide, erhalte er ständig Sauerstoff und werde viermal täglich mit einem Inhalator behandelt.[11]

Tod

Brady starb am 15. Mai 2017 im Ashworth Hospital in Maghull. Brady hatte zuletzt ständige Pflege durch Palliativkrankenschwestern im Ashworth Hospital erhalten. Eine Todesursache wurde zunächst nicht mitgeteilt.[13][1] Ein Coroner stellte als Todesursache Herzversagen und eine chronische, die Lunge blockierende Krankheit fest. Es wurde verfügt, dass die Leiche erst zur Bestattung freigegeben wird, wenn sichergestellt ist, dass es ein Bestattungsunternehmen und ein Krematorium gibt, die die Verbrennung durchführen und dass die Asche nach der Verbrennung nicht auf dem Saddleworth Moor verstreut wird.[3] In einer zweiten Sitzung des Coroner Court wurde entschieden, dass Bradys Leiche an dessen Anwalt Robert Makin zur Vorbereitung der Beerdigung übergeben wird. Makin hatte zuvor versichert, dass es keine Pläne gegeben habe, die Asche auf dem Saddleworth Moor zu verstreuen, was der Coroner Alby Howard-Murphy, so erklärte er, in der ersten Sitzung als im Bereich des Möglichen verstanden hatte.[14] Die Stadt Glasgow verbot allen vier Krematorien der Stadt, die Verbrennung der Leiche Bradys durchzuführen, um seine Asche anschließend in der Stadt zu verstreuen, so wie es der Wunsch Bradys gewesen sein soll. Mit dieser Entscheidung soll dem Willen der Bevölkerung entsprochen werden.[15] Im Oktober 2017 entschied ein Richter des High Court, dass sein Anwalt nicht länger das Recht habe, eine Beerdigung für Brady durchzuführen. Als Begründung wurde angegeben, dass Makin seine Pläne für das weitere Vorgehen nicht hinreichend offen mit der Regionalverwaltung von Tameside und Oldham besprochen habe und dass die Angelegenheit sich nun zu lange hingezogen habe. Weiterhin wurde verfügt, dass entgegen den Wünschen von Brady nicht der fünfte Satz der Symphonie fantastique von Hector Berlioz gespielt werden dürfte. Der Richter begründete dies unter Hinzuziehung des englischsprachigen Wikipediaartikels der Symphonie damit, dass die Verwendung dieses Satzes gemäß seinem Inhalt die Gefühle der Hinterbliebenen bei dieser Gelegenheit verletzen würde. Zwar habe ein Verstorbener das Recht, derartige Regelungen zu treffen, doch in diesem Falle überwiege das Interesse der Öffentlichkeit auf einen würdevollen Umgang. Es wurde auch jede weitere Zeremonie im Zusammenhang mit der Beerdigung durch den Richter untersagt. Den Behörden von Tameside und Oldham wurde das Recht übertragen, sich um die Leiche Bradys in einer schnellen und würdevollen Art und Weise zu kümmern. Einzelheiten zu diesem Vorgang, die im Richterspruch erwähnt werden, wurden im Interesse eines geordneten Ablaufes nicht veröffentlicht.[16]

Die Leiche Bradys wurde am 25. Oktober 2017 um 21 Uhr von einem Angestellten der Verwaltung von Tameside aus dem Royal Liverpool Hospital zur Einäscherung in das Krematorium von Southport überführt. Die Einäscherung fand dort um 22 Uhr statt. Anschließend wurde die Asche in einer biologisch abbaubaren Urne von der Liverpool Marina zur Seebestattung gebracht, die am 26. Oktober um 2:30 Uhr erfolgte. Den Anweisungen des Gerichts entsprechend gab es während des gesamten Vorgangs keine Musik und keinen Blumenschmuck.[17]

Trivia

2006 entstand der Fernsehfilm Die Moormörderin von Manchester (englischer Originaltitel: Longford), in dem Andy Serkis die Rolle von Ian Brady verkörperte und dafür für den British Academy Television Award nominiert wurde.

Literatur

  • Ian Brady: The Gates of Janus: Serial Killing and its Analysis. Feral House, expanded edition, New York 2015. ISBN 978-1-62731-010-9
  • Peter & Julia Murakami: Lexikon der Serienmörder. 10. Auflage. Ullstein, Berlin 2012, ISBN 978-3-548-35935-9, S. 45–47.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b c d Peter Stanford: Ian Brady obituary. In: The Guardian. Guardian News & Media Ltd., 15. Mai 2017, abgerufen am 16. Mai 2017 (englisch).
  2. Photographs may yield clues to location of Moors murder victim’s remains. In: The Guardian. Guardian News & Media Ltd., 16. Juni 2013, abgerufen am 17. Juni 2013 (englisch).
  3. a b Helen Pidd, Sian Mills, Ian Brady’s ashes must not be scattered on moor, says coroner in: The Guardian, 16. Mai 2017, abgerufen am 17. Mai 2017
  4. Winnie Johnson’s fight for Moors Murder son Keith. In: BBC News. British Broadcasting Corporation, 18. August 2012, abgerufen am 6. Mai 2016 (englisch).
  5. Judith Moritz: Moors Murder victim Keith Bennett’s mother dies. In: BBC News. British Broadcasting Corporation, 18. August 2012, abgerufen am 6. Mai 2016 (englisch).
  6. Peter Gould: Ian Brady seeks public hearing. In: BBC News. British Broadcasting Corporation, 7. Oktober 2002, abgerufen am 16. Mai 2017 (englisch).
  7. Bob Chaundy: Ian Brady: A fight to die. In: BBC News. British Broadcasting Corporation, 10. März 2000, abgerufen am 16. Mai 2017 (englisch).
  8. a b Dominic Casciani: Moors Murderer Ian Brady says insanity was ‘method acting’. In: BBC News. British Broadcasting Corporation, 6. Mai 2016, abgerufen am 25. Juni 2013 (englisch).
  9. a b Dominic Casciani: Ian Brady: Witnessing the tribunal evidence. In: BBC News. British Broadcasting Corporation, 25. Juni 2013, abgerufen am 26. Juni 2013 (englisch).
  10. Martin Robinson: Moors Murderer Ian Brady moves closer to dying in prison after legal breakthrough. In: Daily Mail. Daily Mail and General Trust, 29. Januar 2013, abgerufen am 16. Mai 2017 (englisch).
  11. a b c Frances Perraudin: Moors murderer Ian Brady loses court fight over legal representation. In: The Guardian. Guardian News & Media Ltd., 20. Februar 2017, abgerufen am 21. Februar 2017 (englisch).
  12. Dominic Casciani: Moors Murderer Ian Brady loses prison move bid. In: BBC News. British Broadcasting Corporation, 28. Juni 2013, abgerufen am 16. Mai 2017 (englisch).
  13. Paul Davies: Moors Murderer Ian Brady dead at age 79. In: ITV News. 15. Mai 2017, abgerufen am 16. Mai 2017 (englisch).
  14. Frances Perraudin, Ian Brady’s ashes will not be scattered on Saddleworth Moor, lawyer confirms, in: The Guardian, 17. Mai 2017, abgerufen am 18. Mai 2017
  15. Sarah Whitehead, Ian Brady’s psychiatric nurses speak of ‚daily miracle‘ of treating him, in: The Guardian, 19. Mai 2017, abgerufen am 20. Mai 2017
  16. Owen Bowcott,No funeral for Moors murderer Ian Brady, judge rules, in: The Guardian, 13. Oktober 2017, abgerufen am 14. Oktober 2017
  17. Moors murderer Ian Brady buried at sea after cremation, in: The Guardian, 3. November 2017, abgerufen am 3. November 2017