Individualabrede

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Als Individualabrede werden im Schuldrecht die zwischen den Vertragsparteien im Einzelnen ausgehandelten Vertragsbestandteile bezeichnet. Dem gegenüber stehen die Allgemeinen Vertragsbedingungen, die für eine Vielzahl von Verträgen vorformuliert sind.

Allgemeines

Der Rechtsbegriff der „individuellen Vertragsabrede“ entstammt § 1 Abs. 2 AGB-Gesetz, das im April 1977 in Kraft trat und im Januar 2002 in das AGB-Recht des BGB überführt wurde. Die individuelle Vertragsabrede soll die zwischen Unternehmern und anderen Unternehmen oder Verbrauchern konkret ausgehandelten Vereinbarungen in Verträgen kennzeichnen, die nicht als Standardformulierung in Formularen oder Vordrucken vorgesehen sind. So gehören beispielsweise handschriftliche Einfügungen in solche Vordrucke zur Individualabrede.

Rechtsfragen

Es handelt sich um eine individuelle Vereinbarung, die mündlich, durch technische Kommunikationsmittel (Telefon, Handy usw.) oder schriftlich abgeschlossen werden kann. Wenn das Gesetz keine besondere Form vorschreibt, ist sogar die stillschweigende Individualabrede durch schlüssiges Verhalten stärker als eine widersprechende schriftliche allgemeine Geschäftsbedingung (AGB).[1] Individualabreden sind wegen des Merkmals des Aushandelns keine AGB und unterliegen daher nicht der gerichtlichen Inhaltskontrolle nach §§ 305 ff. BGB. „Aushandeln“ ist – jedenfalls bei einem nicht ganz leicht verständlichen Text –, dass der Verwender die andere Vertragspartei über den Inhalt und die Tragweite der Zusatzvereinbarung belehrt hat oder sonst wie erkennbar geworden ist, dass der andere deren Sinn wirklich erfasst hat.[2] Gegenstand einer solchen Individualabrede kann jede vertragliche Regelung sein; vor allem spielt sie beim Kaufvertrag oder Arbeitsvertrag eine große Rolle. Allerdings fordert das Bundesarbeitsgericht (BAG) für eine Individualabrede, dass sie durch beide Parteien, also Arbeitnehmer und Arbeitgeber gemeinsam, ausgehandelt wird.[3] Wurde im Kaufvertrag der Kaufpreis durch Individualabrede vereinbart, so gilt dieser anstatt des aufgedruckten Kaufpreises.

Individualabreden unterliegen der Vertragsfreiheit, während AGB nur unter besonderen Voraussetzungen in den Vertrag einbezogen werden und einer besonderen Inhaltskontrolle unterliegen.[4] Eine einmal getroffene Individualabrede lässt sich nicht durch AGB beseitigen. Deshalb setzt sich eine mündliche Individualabrede auch gegen eine vorformulierte Schriftformklausel durch.[5] Individualabreden haben gemäß § 305b BGB stets Vorrang vor (widersprechenden) AGB. Die Beweislast für Individualabreden verbleibt beim Verbraucher.[6]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. BGH NJW 2007, 2106.
  2. BGH, Urteil vom 19. Mai 2005, Az.: III ZR 437/04.
  3. BAG, Urteil vom 20. Mai 2008, Az.: 9 AZR 382/07.
  4. Helmut Rüßmann: Das Zustandekommen des AGB-Vertrages Universität Saarbrücken, 2003
  5. BGH NJW 2006, 138.
  6. Kurt Schellhammer, Schuldrecht nach Anspruchsgrundlagen: BGB Allgemeiner Teil, 2011, S. 1016.