Internationale Filmfestspiele von Venedig 2008

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Logo und Schriftzug der 65. Filmfestspiele von Venedig
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Roter Teppich mit Goldene-Löwen-Installation von Dante Ferretti

Die 65. Internationalen Filmfestspiele von Venedig (65. Mostra Internazionale d’Arte Cinematografica) fanden vom 27. August bis zum 6. September 2008 statt. 3.689 Filme aus 72 Ländern bewarben sich für eine Teilnahme an dem Festival, das zu den drei bedeutendsten A-Festivals weltweit zählt. In der wichtigsten Sektion, dem Wettbewerb, konkurrierten 21 Langfilme um den Goldenen Löwen, den Hauptpreis des Festivals. Die Auszeichnung ging schließlich an die amerikanische Filmproduktion The Wrestler von Darren Aronofsky.[1]

Eröffnet wurde das Festival mit Do visìvel ao invisìvel, einem siebenminütigen Drama von Manoel de Oliveira, dem wiederum der amerikanische Spielfilm Burn After Reading von Ethan und Joel Coen folgte. Die russische Schauspielerin Xenia Rappoport moderierte die Eröffnungs- und Abschlusszeremonien.[2]

Festivalleiter Marco Müller, der die Veranstaltung für dieses Jahr als „pluralistisch und damit gewollt widersprüchlich“ bezeichnete,[3] hatte das Festival dem 2008 verstorbenen, ägyptischen Regisseur Youssef Chahine gewidmet. In einer Retrospektive wurden italienische Filme von 1946 bis 1975 gezeigt, darunter viele aus der Bewegung des Italienischen Neorealismus.

Am 5. September 2008 wurde der Italiener Ermanno Olmi mit dem Goldenen Löwen für sein Lebenswerk ausgezeichnet. Der 77-jährige Regisseur hatte unter anderem 1988 mit seiner Literaturverfilmung Die Legende vom heiligen Trinker den Wettbewerb von Venedig gewonnen.[4]

Wettbewerb

Jury

Diesjähriger Jurypräsident war der deutsche Regisseur Wim Wenders, der 1982 mit dem Goldenen Löwen für den Film Der Stand der Dinge ausgezeichnet worden war.

Zur Seite standen ihm fünf weitere Jurymitglieder

Filme

Im Wettbewerb wurden 21 Langfilme gezeigt, die meisten davon Weltpremieren. Fünf der Filme waren in den Vereinigten Staaten produziert worden, vier Filme stammten aus Italien.

Obwohl deutsche Koproduktionen in den letzten Jahren regelmäßig vertreten waren, waren immer seltener deutschsprachige Filme im Hauptwettbewerb aufgetaucht, das letzte Mal 2003 mit Margarethe von Trottas Rosenstraße und 2006 mit Barbara Alberts Fallen. 2008 rang der deutsche Regisseur Christian Petzold mit Jerichow um den Goldenen Löwen, während der deutsche Opernregisseur Werner Schroeter mit dem französischsprachigen Diese Nacht im Wettbewerb vertreten war.

Der griechische Regisseur Theo Angelopoulos hatte ebenfalls geplant, seinen neuen Film Dust of Time mit Bruno Ganz in der Hauptrolle in Venedig vorzustellen, was aber aus Streitigkeiten um den Aufführungstermin bereits im Vorfeld gescheitert war.[3]

Als Favoriten wurden während des Festivals vor allem Hayao Miyazakis gesellschaftskritischer Zeichentrickfilm Gake no Ue no Ponyo über einen Goldfisch, der zum Mensch wird und sich mit einem kleinen Jungen anfreundet,[5] Kathryn Bigelows The Hurt Locker über den Irakkrieg und Jonathan Demmes Familiendrama Rachel Getting Married gehandelt.[6]

Filmtitel Regie Produktionsland Darsteller (Auswahl)
Akiresu to kame Takeshi Kitano Japan Takeshi Kitano, Kanako Higuchi, Yūrei Yanagi
L’Autre Patrick Mario Bernard, Pierre Trividic Frankreich Dominique Blanc, Cyril Gueï, Peter Bonke
Birdwatchers – Das Land der roten Menschen Marco Bechis Italien, Brasilien Claudio Santamaria, Alicélia Batista Cabreira, Chiara Caselli
Бумажный солдат
(Bumaschny soldat)
Alexei German Russland Tschulpan Chamatowa, Merab Ninidse, Anastasija Scheweljowa
Auf brennender Erde Guillermo Arriaga Vereinigte Staaten Charlize Theron, Kim Basinger, Joaquim de Almeida
Dangkou Yu Lik-wai Brasilien, Volksrepublik China, Hongkong, Japan Joe Odagiri, Anthony Wong, Huang Yi
Gabbla Tariq Teguia Algerien, Frankreich Kader Affak, Ines Rose Djakou, Ahmed Benaïssa
Gake no Ue no Ponyo Hayao Miyazaki Japan
Un giorno perfetto Ferzan Özpetek Italien Isabella Ferrari, Valerio Mastandrea, Valerio Binasco
The Hurt Locker Kathryn Bigelow Vereinigte Staaten Ralph Fiennes, Guy Pearce, David Morse
Das Geheimnis der Geisha Barbet Schroeder Frankreich Benoît Magimel, Minamoto Lika, Shun Sugata
Jerichow Christian Petzold Deutschland Nina Hoss, Benno Fürmann, Hilmi Sözer
Diese Nacht (Nuit de chien) Werner Schroeter Frankreich, Deutschland, Portugal Pascal Greggory, Bruno Todeschini, Amira Casar
Il papà di Giovanna Pupi Avati Italien Silvio Orlando, Alba Rohrwacher, Francesca Neri
Rachel Getting Married Jonathan Demme Vereinigte Staaten Anne Hathaway, Debra Winger, Rosemarie Dewitt
Il seme della discordia Pappi Corsicato Italien Caterina Murino, Alessandro Gassmann, Martina Stella
The Sky Crawlers Mamoru Oshii Japan
Süt – Milch Semih Kaplanoğlu Türkei, Frankreich, Deutschland Melih Selcuk, Basak Koklukaya
Morgentau (Teza) Haile Gerima Äthiopien, Deutschland, Frankreich Aron Arefe, Abiye Tedla, Takelech Beyene
Vegas: Based on a True Story Amir Naderi Vereinigte Staaten Mark Greenfield, Nancy La Scala, Zach Thomas
The Wrestler Darren Aronofsky Vereinigte Staaten Mickey Rourke, Marisa Tomei, Evan Rachel Wood

Preisträger

Jurypräsident Wim Wenders wollte Mickey Rourke für seine Darstellung in The Wrestler auch den Preis als bester Darsteller vermachen, konnte dies aber wegen der Regularien des Festivals nicht machen. Wenders bat die Festivalleitung darum, dies zu überdenken.[5]

Orizzonti

Die Sektion Orizzonti (dt.: „Horizonte“), die sich „neuen Wegen und Möglichkeiten“ im Film widmet und vor allem für unkonventionelle Filme werben will, zeigte 18 Langfilme sowie zwei weitere Filme, die als „Überraschungsfilme“ erst im Laufe des Festivals bekanntgegeben wurden (Khastegi und Wanmei Shenhuo).

In der internationalen Jury hatte die belgische Regisseurin Chantal Akerman hier den Vorsitz. Weitere Jurymitglieder waren:

Wie jedes Jahr wurden Preise in den zwei Wettbewerbssektionen Spielfilme und Dokumentarfilme vergeben. Die Hauptpreise gingen an den Spielfilm Melancholia des philippinischen Regisseurs Lav Diaz und an den Dokumentarfilm Below Sea Level von Gianfranco Rosi. Besondere Erwähnungen wurden Un lac von Philippe Grandieux und Wo men von Huang Wenhai zuteil.

Als Eventi Orizzonti und als nicht am Wettbewerb teilnehmend wurden außerdem sieben weitere Dokumentarfilme aufgeführt, die meisten davon italienische.

Spielfilme

Filmtitel Regie Produktionsland
A Erva do Rato Julio Bressane, Rosa Dias Brasilien
Dikoe Pole Micheil Kalatosischwili Russland
Goodbye Solo Ramin Bahrani Vereinigte Staaten
Jay Francis Xavier Pasion Philippinen
Khastegi Bahman Motamedian Iran
Un lac Philippe Grandrieux Frankreich
Melancholia Lav Diaz Philippinen
Pa-ra-da Marco Pontecorvo Italien, Frankreich, Rumänien
Parc Arnaud des Pallières Frankreich
Il primo giorno d’inverno Mirko Locatelli Italien
Voy a explotar Gerardo Naranjo Mexiko
Wanmei Shenhuo Emily Tang Volksrepublik China, Hongkong
Zero Bridge Tariq Tapa Indien, Vereinigte Staaten

Dokumentarfilme

Filmtitel Regie Produktionsland
Below Sea Level Gianfranco Rosi Italien, Vereinigte Staaten
L’Exil et le royaume Andreï Schtakleff, Jonathan Le Fourn Frankreich
Los Herederos Eugenio Polgovsky Mexiko
In Paraguay Ross McElwee Vereinigte Staaten
Puisque nous sommes nés Jean-Pierre Duret, Andréa Santana Frankreich, Brasilien
Wo men Huang Wenhai Volksrepublik China, Schweiz
Z32 Avi Mograbi Israel, Frankreich

Corto Cortissimo

In der Reihe Corto Cortissimo wurden 18 Kurzfilme mit einer Länge unter 30 Minuten gezeigt. Als Eventi wurden zusätzlich zu den Filmen, die am Wettbewerb um Auszeichnungen teilnehmen, weitere sechs Kurzfilme gezeigt, darunter Eve der US-amerikanischen Schauspielerin Natalie Portman, die hiermit ihr Regiedebüt vorstellte. In dem Film spielt Lauren Bacall eine Hauptrolle.

Über die Preise in der Sektion entschied eine Jury unter dem Vorsitz des US-amerikanischen Regisseurs Amos Poe, der hier mit dem Produzenten Joana Vicente und der italienischen Kritikerin Gianni Rondolino zusammenarbeitete. Den Goldenen Löwen als bester Kurzfilm gewann der mexikanische Film Tierra y Pan von Carlos Armella. Als Grund gab die Jury an: „In wenigen Minuten und in einem einzigen Raum hat es der Autor geschafft, eine dramatische Geschichte über Elend und Einsamkeit zu erzählen, das erzählerische Potential kinematografischer Bilder bis zum Äußersten erforschend.“[7]

Eine besondere Erwähnung wurde an Vacsora von Karchi Perlmann verliehen und der belgische Kurzfilm De Onbaatzunchtigen von Koen Dejaegher wurde mit dem Prix UIP als bester europäischer Film im Corto Cortissimo-Wettbewerb prämiert. Koen Dejaeghers Film ist damit für den Europäischen Filmpreis als „bester Kurzfilm“ nominiert.

Filmtitel Regie Produktionsland Länge
1937 Giacomo Gatti, Francesco Carrozzini Vereinigte Staaten, Frankreich, Italien 24 Minuten
The Butcher’s Shop Philip Haas Vereinigte Staaten 7 Minuten
Corpus/corpus Christophe Loizillon Frankreich 26 Minuten
Dix BIF Frankreich, Vereinigtes Königreich 14 Minuten
Every Breath You Take Igor Šterk Slowenien 10 Minuten
I’m In Away From Here Catriona MacInnes Vereinigtes Königreich 22 Minuten
Ich träume nicht auf Deutsch Ivana Lalovic Schweiz, Bosnien und Herzegowina 15 Minuten
Khi toi 20 Dang Di Phan Vietnam 20 Minuten
Lögner Jonas Odell Schweden 13 Minuten
Noces de cendre Pierre Eden Simon Belgien 13 Minuten
De onbaatzuchtigen Koen Dejaegher Belgien 14 Minuten
The Stars Don’t Twinkle In Outer Space Peter Thwaites Vereinigtes Königreich 10 Minuten
Teine tulemine Tanel Toom Estland 27 Minuten
Tierra y Pan Carlos Armella Mexiko 8 Minuten
Vacsora Karchi Perlmann Ungarn 26 Minuten
Vi der blev tilbage Martin de Thurah Dänemark 25 Minuten
Wode Liu Hui Volksrepublik China 29 Minuten
Zand Joost Van Ginkel Niederlande 20 Minuten

Filme außerhalb des Wettbewerbs

Wie jedes Jahr wurden auch 2008 wieder zahlreiche Filme außerhalb der Wettbewerbssparten gezeigt. Einige bekannte Filmemacher präsentieren ihre Werke so der Öffentlichkeit: der iranische Regisseur Abbas Kiarostami zeigte den Film Shirin, Ethan und Joel Coen waren mit Burn After Reading vertreten und Claire Denis veröffentlichte mit 35 Rhums ihr aktuelles Werk.

Weblinks

Commons: 2008 Venice Film Festival – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. vgl. Venezia 65: Leone d'oro a 'The Wrestler' bei lastampa.it, 6. September 2008
  2. Nick Vivarelli: Rappoport to host Venice fest, Variety, 13. August 2008
  3. a b Petzold will den «Goldenen Löwen» (Memento vom 5. November 2008 im Internet Archive), Netzeitung, 29. Juli 2008
  4. vgl. Olmi wins lifetime award at Venice film festival. Associated Press, 5. September 2008, 08:42 PM GMT
  5. a b Peter Zander: "The Wrestler" gewinnt Goldenen Löwen in Venedig, Welt Online, 6. September 2008
  6. Goldener Löwe für Darren Aronofskys "The Wrestler", Der Standard, 6. September 2008
  7. labiennale.org (Memento des Originals vom 9. September 2008 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.labiennale.org