Ist Gott für mich, so trete

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Ist Gott für mich, so trete gleich alles wider mich, Erstdruck 1653

Ist Gott für mich, so trete gleich alles wider mich ist ein evangelisches Kirchenlied. Den Text dichtete Paul Gerhardt 1653. Das Lied ist in allen kirchlichen Gesangbüchern des deutschsprachigen Protestantismus enthalten,[1] im Evangelischen Gesangbuch unter Nr. 351 (Hauptlied am Reformationstag[2]), im Mennonitischen Gesangbuch unter Nr. 437.

Form

Paul Gerhardts Dichtung umfasst 15 Strophen – im EG sind die ursprünglichen Strophen 11 und 12 ausgelassen – zu je acht jambischen dreihebigen Zeilen mit dem Reimschema [ababcdcd], wobei weibliche und männliche Reime abwechseln. Dieser regelmäßige Strophenbau begegnet bei Gerhardt und in der gesamten Barockdichtung häufig.

Inhalt

Ausgangspunkt der Dichtung sind die Gipfelaussagen, mit denen Paulus im Römerbrief seine Darlegung des Evangeliums von Jesus Christus zusammenfasst (Röm 8,26–39 LUT):[3] Alle Unheilsmächte sind entmachtet, weil Gott durch die stellvertretende Liebeshingabe seines Sohnes die Sünde, den Ursprung des Unheils, entmachtet hat. Vereinigt mit Christus und erfüllt vom Heiligen Geist überwinden die Glaubenden auf dem Weg zur Herrlichkeit alle Widerstände.

Was Paulus in „Wir“-Aussagen formuliert, wird bei Paul Gerhardt zum nicht enden wollenden, zugleich reflektierten und gefühlsstarken „Ich“-Bekenntnis und, in den Strophen 13 und 14, zum Gebet. Biografische Hintergründe, etwa die Katastrophe des Dreißigjährigen Kriegs, können vermutet werden. Seine schlimmsten persönlichen und beruflichen Leiden hatte Gerhardt zur Zeit der Abfassung des Liedes allerdings noch vor sich.

Melodie

Datei:(Aurel von Bismarck) EG 351 Ist Gott für mich, so trete.mp3 Im Erstdruck des Liedes, der 1653er Ausgabe von Johann Crügers Praxis Pietatis Melica, ist dem Text die Melodieangabe Herzlich tut mich verlangen beigegeben, heute bekannt als O Haupt voll Blut und Wunden. Dieselbe Angabe findet sich in den Gesangbüchern bis weit ins 18. Jahrhundert.[4] Die heute untrennbar und ausschließlich mit Ist Gott für mich, so trete verbundene Melodie?/i war ursprünglich eine weltliche Weise, die um 1590 im elisabethanischen England entstand und in einem Augsburger Gesangbuch von 1609 erstmals mit einem deutschen geistlichen Text begegnet.[5] Trotz ihres – nur stellenweise gelichteten – Moll-Charakters ist sie mit ihren beherzten Intervall-Sprüngen und ihrem vorwärtsdrängenden Rhythmus gleichsam zum maßgeschneiderten Gewand des Textes geworden.[6]

Übersetzung

Catherine Winkworth übersetzte das Lied 1855 unter dem Titel If God be on my side ins Englische.

Literatur

  • Elke Axmacher, Martin Rößler: 351 – Ist Gott für mich, so trete. In: Wolfgang Herbst, Ilsabe Seibt (Hrsg.): Liederkunde zum Evangelischen Gesangbuch. Nr. 14. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2008, ISBN 978-3-525-50338-6, S. 77–85 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).

Weblinks

Commons: Ist Gott für mich, so trete gleich alles wider mich – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Satz für gemischten Chor (SATB) von Georg Sothilander (2017): Noten und Audiodateien im International Music Score Library Project

Einzelnachweise

  1. In katholische Gesangbücher wurde es nicht aufgenommen; eine ö-Fassung existiert nicht.
  2. oder Nun freut euch, lieben Christen g’mein (Liturgischer Kalender im EG)
  3. Der Liedanfang paraphrasiert Röm 8,31b LUT, in den folgenden Strophen wird aber auf den gesamten Abschnitt Bezug genommen.
  4. z. B. Praxis Pietatis Melica von 1736, S. 973, dort mit der Alternativangabe Befiehl du deine Wege
  5. EG
  6. Wegen der späten Verbindung des Textes mit dieser Melodie gibt es keine musikalischen Bearbeitungen aus der Barockzeit.