Jürgen Noack

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Jürgen Noack (* 29. September 1938 in Mallmitz/Schlesien) ist ein ehemaliger deutscher Kanusportler, Diplomsportlehrer und Lektor an der Universität Leipzig.

Leben

Im Ergebnis der territorialen Verschiebungen am Ende des Zweiten Weltkrieges musste Noack seine schlesische Geburtsheimat verlassen. Die Jugendzeit verbrachte er in Spremberg in der Lausitz und erlernte das Tischlerhandwerk. Mit fünfzehn Jahren trat er der dortigen Betriebssportgemeinschaft „Einheit“ Spremberg bei, die ihn in den Wettkampfdisziplinen des Kanusports ausbildete. In der Bootsbesatzung mit Siegfried Lück war er bald bei regionalen Meisterschaften im damaligen Bezirk Cottbus erfolgreich. 1958 delegierte ihn die BSG an die Deutsche Hochschule für Körperkultur nach Leipzig, wo er auch studierte. Sein erster Trainer dort war Helmut Schmieder, später Siegfried Seidemann. Für den SC DHfK Leipzig startete er zusammen mit seinem Partner zwischen 1959 und 1967 fünfmal bei Weltmeisterschaften. Dabei errangen sie vier Weltmeistertitel[1] im Kanuslalom und Wildwasserrennen, sowie drei weitere Platzierungen.[2] Hinzu kamen zahlreiche Erfolge bei DDR-Meisterschaften und als Wildwasserspezialist 1968 auch ein Titel im Kanurennsport. Nach dem Studium wurde Noack Kanulehrer am Kulturhaus des Petrolchemischen Kombinates Schwedt, wo er ein Trainingszentrum für diese Sportart errichtete.

In Vorbereitung auf die Olympischen Spiele 1972 holte ihn der Kanuverband der DDR als wissenschaftlichen Mitarbeiter nach Leipzig. Noack war Mitglied des Trainerrates, konstruierte in Zusammenarbeit mit der Forschungs- und Entwicklungsstelle für Sportgeräte Berlin das Wettkampfboot, mit dem Reinhard Eiben 1972 die Kanuslalom-Goldmedaille in Augsburg gewann, und wurde als Kampfrichter für die olympischen Wettbewerbe vorbereitet.

Noacks Kaderakte hatte jedoch einen „Schönheitsfehler“, mit dem er nicht zur Abgrenzungsdoktrin des DTSB-Leistungssportapparates passte. Er war nicht bereit, jegliche Verbindungen zu seinen in der BRD lebenden Familienangehörigen abzubrechen, und wurde nie Mitglied der SED. Der Verband konfrontierte ihn daraufhin unvermittelt mit einem auf den 20. Mai 1975 datierten Schreiben, wonach ihm die Festanstellung im Wissenschaftlichen Zentrum entzogen wurde. Sein Arbeitsvertrag war kurzerhand in ein Abberufungsverhältnis „umgeschrieben“ worden, de facto: Berufsverbot.[3] Auch für die Weiterführung eines begonnenen Promotionsvorhabens hatte ihn die DHfK nicht mehr zugelassen. Dass dies auch unter den Bedingungen der herrschenden Kadernomenklatur nicht das letzte Wort sein musste, bewies die Universität Leipzig. Sie gab Noack eine Perspektive im Hochschulsport. Hier führte er den Kanusport in das Sportprogramm des Institutes für Körpererziehung ein und gründete[4] an der HSG eine Vereinsabteilung Kanu. Unter der Mentortätigkeit von Prof. Günther Röblitz promovierte er schließlich zu perspektivischen Zielstellungen im Lehrgebiet Sport.

Er pflegte eine langjährige Freundschaft zu Walter Gehlen, einem sportlichen Konkurrenten aus der Mannschaft der BRD. Walter hatte zu jener Zeit einen prominenten Namensvetter in Pullach, Reinhard Gehlen, Präsident des Bundesnachrichtendienstes mit militärisch geprägter Vergangenheit. So wurde Noack auch noch beim Militärischen Nachrichtendienst[5] des ehemaligen Ministeriums für Nationale Verteidigung aktenkundig.

Nach der Umstrukturierung des Hochschulsports in den 1990er Jahren fand Noack eine Tätigkeit in einem Umweltprojekt bei „Wissenschaft und Technik Dresden e. V.“ Er war Mitglied des Landesbezirksvorstandes Sachsen der Gewerkschaft ÖTV, die er auch als ehrenamtlicher Richter am Arbeitsgericht Leipzig vertrat. Von 1998 bis 2017 gehörte er dem Rechtsausschuss des Landessportbundes Sachsen an. In seiner Sportart engagierte er sich weiter beim Leipziger Kanu-Club e. V. sowie in der Wettkampforganisation des Kanuparks Markkleeberg.

Noack ist Mitglied eines Leipziger Kanuvereins, dessen Tradition auf die 1931 gegründeten „Arbeiterwasserfahrer Fichte“ zurückgeht. Diese mussten sich in der Zeit des Nationalsozialismus auflösen, konnten jedoch als „Verein Germania“ überleben. Eine junge Studentengruppe, die sich über den Hochschulsport dem Kanusport zugewandt hatte, konstituierte sich nach der Wende unter diesem Namen neu. Noack lebt mit seiner Frau in Machern/Sa. und ist Vater eines Sohnes.

Erfolge

Als Aktiver: Weltmeisterschaften

  • 1961 Gold C II Herren Wildwasserrennen
  • 1963 Gold C II Herren Slalom (Mannschaft)
  • 1963 Gold C II Herren Wildwasserrennen (Mannschaft)
  • 1963 Bronze C II Herren Slalom
  • 1965 Silber C II Herren Wildwasserrennen (Mannschaft)
  • 1967 Gold C II Herren Slalom (Mannschaft)
  • 1967 Bronze C II Herren Wildwasserrennen (Mannschaft)

Ehrungen

Veröffentlichungen

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Schumann, Karsten: DHfK Leipzig 1950 - 1990. Chronologie einer weltbekannten Sporthochschule und das abrupte Ende ihrer Geschichte. DSV Sportverlag Köln 2003, ISBN 3-9808147-4-2, S. 49.
  2. Redaktionskollegium SC DHfK e. V.: 1954-2009 – 55 Jahre SC DHfK Leipzig. Limburger Vereinsdruckerei GmbH, Leipzig 2009, 1. Auflage, S. 319.
  3. Landesdirektion Chemnitz, Rehabilitierungsbehörde: Bescheinigung § 17 i. V. m. § 22 des Beruflichen Rehabilitierungsgesetzes (BerRehaG), Chemnitz, 5. Mai 2009, S. 2.
  4. Cornelius Weiss: Universität Leipzig, Qualifiziertes Arbeitszeugnis, Leipzig, 12. April 1994.
  5. Thomas Mayer: Erst verweigert, später abberufen, dann entlassen. In: Leipziger Volkszeitung, 101. Jahrgang Nr. 66, 18./19.3. 1995, S. 27.