Jakob I Bernoulli

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Jakob Bernoulli

Jakob I Bernoulli (* 27. Dezember 1654jul. / 6. Januar 1655greg. in Basel; † 16. August 1705 ebenda) war ein Schweizer Mathematiker und Physiker. Die Bezeichnung „Jakob I“ dient zur Unterscheidung von seinem Grossneffen Jakob II Bernoulli (1759–1789), siehe auch den Artikel zur Familie Bernoulli. Jakob Bernoulli hat wesentlich zur Entwicklung der Wahrscheinlichkeitstheorie (siehe auch Binomialverteilung und Bernoulli-Verteilung) sowie zur Variationsrechnung und zur Untersuchung von Potenzreihen beigetragen. Zudem hat er zusammen mit seinem jüngeren Bruder Johann I Bernoulli die Infinitesimalrechnung von Leibniz bearbeitet und verbreitet.

Leben

Jakob I war der Sohn des Kaufmanns Niklaus Bernoulli und dessen Ehefrau Margaretha Schönauer sowie der älteste Bruder des Mathematikers Johann I Bernoulli. Nach dem Schulbesuch und erstem Unterricht durch den Vater studierte Jakob auf dessen Wunsch Philosophie und Theologie an der Universität Basel. 1671 erreichte er den Magister artium und 1676 das Lizenziat lic. theol. Gegen den Willen des Vaters und fast autodidaktisch vertiefte er sich sehr in Mathematik und Astronomie.

In den Jahren 1676 bis 1680 hatte Jakob verschiedene Anstellungen als Hauslehrer in Genf inne. Während dieser Zeit reiste er auch mehrmals nach Frankreich. In den Jahren 1681 bis 1682 unternahm Jakob I eine Art Kavalierstour durch Holland, Grossbritannien und Deutschland. Während dieser Reisen lernte er nicht nur die cartesische Mathematik kennen, sondern u. a. auch Hudde, Boyle und Hooke. Viele seiner späteren Kontakte mit damals führenden Mathematikern sind aus dieser Zeit hervorgegangen.

Wieder zu Hause in Basel, hielt Jakob ab 1683 private Vorlesungen über Experimentalphysik an der Universität Basel. Während dieser Zeit studierte er u. a. die Géométrie von René Descartes sowie die Arbeiten von John Wallis und Isaac Barrow, worauf er begann, sich für die Infinitesimalrechnung zu interessieren. Im Jahr 1684 heiratete er Judith Stupanus, mit der er später zwei Kinder bekam. Im Gegensatz zu vielen anderen Mitgliedern der Familie Bernoulli waren beide Kinder weder in der Mathematik noch in der Physik aktiv.

Datei:Basel - Grabstein Bernoulli.jpg
Johann Jakob Keller: Epitaph für Jakob Bernoulli, im Kreuzgang des Basler Münsters

Ab 1686 verwendete Jakob die vollständige Induktion, untersuchte wichtige Potenzreihen mit Hilfe der Bernoulli-Zahlen, und begründete die Wahrscheinlichkeitstheorie mit (siehe Bernoulli-Verteilung). Im Jahre 1687 wurde er zum Professor für Mathematik an der Universität Basel ernannt und begann zusammen mit seinem jüngeren Bruder und Schüler Johann I Bernoulli, die Infinitesimalrechnung von Leibniz zu bearbeiten und anzuwenden. Die beiden Brüder benutzten als erste diesen neuen Calculus, ohne zum Umfeld von Leibniz zu gehören.

Bis 1689 hatte Jakob wesentliche Arbeiten zu Potenzreihen und zur Wahrscheinlichkeitsrechnung veröffentlicht, u. a. zum Gesetz der großen Zahlen. Er bewies Bernoullis Gesetz der großen Zahlen, das zwar nur den Binomialverteilungsfall behandelt, aber ein erstes schwache Gesetz der großen Zahlen darstellt. In den frühen 1690er Jahren arbeitete er vor allem im Gebiet der Variationsrechnung, wo er wichtige Kurven und Differentialgleichungen untersuchte. 1697 zerstritt sich Jakob nach langjährigen Rivalitäten mit seinem Bruder Johann.

1699 wurde Jakob I als Mitglied in die Akademie der Wissenschaften von Paris und 1702 in die von Berlin (Preußische Akademie der Wissenschaften) aufgenommen.[1] In dieser Zeit korrespondierte er u. a. mit Gottfried Wilhelm Leibniz und Nicolas Fatio de Duillier.

Im Alter von 50 Jahren starb Jakob I Bernoulli am 16. August 1705 in Basel; seine Professur in Basel wurde daraufhin von seinem Bruder Johann übernommen.

Werke

Bernoulli verfasste im Zeitraum von 1689 bis 1704 fünf Abhandlungen über die Reihenlehre, gab die Geometria von René Descartes neu heraus und schrieb mathematische Beiträge für die Acta Eruditorum. Eines seiner wichtigsten Werke, die Ars Conjectandi, wurde erst 1713, also acht Jahre nach seinem Tod, in Basel veröffentlicht. Das Buch fasste Arbeiten anderer Autoren auf dem Gebiet der Wahrscheinlichkeitsrechnung zusammen und entwickelte sie weiter. Neben Strategien, verschiedene Glücksspiele zu gewinnen, enthält das Werk auch die Bernoulli-Zahlen.

Eins von Bernoullis Lieblingsspielzeugen war die logarithmische Spirale, mit der er sich ausgiebig beschäftigte. Der Erzählung nach wünschte sich Bernoulli eine solche Spirale auf seinem Grabstein. Stattdessen meisselte der zuständige Steinmetz nach dem Tod Bernoullis (vermutlich aus Unwissenheit oder um sich Arbeit zu sparen) eine archimedische Spirale in das Epitaph, das heute im Kreuzgang des Basler Münsters besichtigt werden kann.

Spätere Ehrungen

In Basel wurde 1875 zu Ehren von Jakob I Bernoulli beim Eingang des Bernoullianums eine Büste aufgestellt.[2]

1985 wurde der Mondkrater Bernoulli nach ihm und seinem Bruder Johann benannt.

Siehe auch

Publikationen

  • Conamen novi systematis cometarum. Henricus Wetstein, Amsterdam 1682 (Latein, hathitrust.org).
  • De gravitate aetheris. Henricus Wetstein, Amsterdam 1683 (Latein, digitale-sammlungen.de).
  • Die Werke von Jakob Bernoulli. 5 Bände. Birkhäuser, Basel 1969–1999.
  • Wahrscheinlichkeitsrechnung. Ars conjectandi (1713). (= Ostwalds Klassiker. Übersetzt und herausgegeben von R. Haussner) Verlag Wilhelm Engelmann, Leipzig 1899 (Teil 1, 2 – archive.org, Teil 3, 4 – archive.org).
  • The art of conjecturing together with Letter to a friend on sets in court tennis. The Johns Hopkins University Press, 2006 (Herausgeber und Übersetzer Edith Dudley Sylla.)
  • David Speiser, André Weil (Hrsg.): Der Briefwechsel von Jacob Bernoulli. Birkhäuser, Basel 1993.
  • Jacob und Johann Bernoulli. Die Streitschriften. Variationsrechnung. Birkhäuser, Basel 1991.

Literatur

Weblinks

Commons: Jakob Bernoulli – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Mitglieder der Vorgängerakademien. Jakob (I.) Bernoulli. Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften, abgerufen am 21. Februar 2015.
  2. Gustaf Adolf Wanner: Rund um Basels Denkmäler. Basel 1975, S. 40 ff.