Joblinge

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JOBLINGE gAG
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Rechtsform gemeinnützige Aktiengesellschaft
Gründung 2007 in München
Sitz München (Dachorganisation)
Zweck Arbeitsmarktintegration gegen Jugendarbeitslosigkeit
Vorsitz Kadim Tas
Website www.joblinge.de

Joblinge (eigene Schreibweise: JOBLINGE) ist eine gemeinnützige Aktiengesellschaft,[1] die sich an benachteiligte Jugendliche zwischen 15 und 27 Jahren richtet,[2] die Anschluss an den Ausbildungs- bzw. Arbeitsmarkt suchen. Im Rahmen eines sechsmonatigen Programms werden sie auf eine betriebliche duale Ausbildung oder eine Anstellung im ersten Arbeitsmarkt vorbereitet.

Seit der Gründung 2007 durch die Unternehmensberatung Boston Consulting Group und die Eberhard von Kuenheim Stiftung wurden deutschlandweit mehr als 30 Standorte eröffnet. Joblinge gehört zu den ersten Social-Franchise-Vertretern in Deutschland. Die Dachorganisation hat ihren Sitz in München.

Ziel und Konzept

Die Initiative will einen Beitrag gegen Jugendarbeitslosigkeit leisten, indem sie benachteiligte junge Menschen zwischen 15 und 27 Jahren nachhaltig in den Arbeitsmarkt integriert.[3][4] Während eines sechsmonatigen Programms sollen berufliche und soziale Kompetenzen der Teilnehmenden aufgebaut und gestärkt werden, damit sie sich nach der Vermittlung selbstständig auf dem Arbeitsmarkt bewegen können.[5] Der Einstieg in den Arbeitsmarkt soll mithilfe eines Unterstützungsnetzwerks aus Wirtschaft, Staat und Zivilgesellschaft geebnet werden.[6]

Praxis von Tag 1, 1:1-Betreuung der Teilnehmenden durch ehrenamtliche Mentoren und Mitarbeitende, gebündeltes gesellschaftliches Engagement von Wirtschaft, Staat und Zivilgesellschaft und die Steuerung und Unterstützung der Standorte durch die bundesweit agierende Dachorganisation versteht die gemeinnützige Initiative als ihre zentralen Merkmale.[1]

Programmaufbau

Das sechsmonatige Programm gliedert sich in vier Phasen:[7]

  1. In der Aufnahmephase sollen die Teilnehmenden im Rahmen einer gemeinnützigen Projektarbeit ihre Motivation und Einsatzbereitschaft unter Beweis stellen.[5]
  2. Die Orientierungsphase dient der Berufsorientierung und Berufsfeldfindung sowie der Vermittlung von Schlüsselkompetenzen durch unternehmerische Gruppenprojekte, Trainings und ein Kultur- und Sportprogramm.[8] Zudem erhalten die Teilnehmenden Unterstützung bei der Neustrukturierung der Lebensumstände (z. B. Schulden, Wohnsituation, Gesundheit und anderen persönlichen Themen).[9]
  3. In der Praxisphase liegt der Fokus auf dem Qualifizierungspraktikum, in dem die erlernten Kompetenzen in der Praxis angewendet und erste Berufserfahrung gesammelt werden.[10]
  4. In der Probephase können die Teilnehmenden ihre Fähigkeiten bei einem potentiellen Arbeitgeber unter Beweis stellen und sich ihren Ausbildungs- oder Arbeitsplatz selbst erarbeiten.[10]

Auch nach Beendigung des Programms und der Aufnahme in ein reguläres Ausbildungs- oder Arbeitsverhältnis bleibt Joblinge mit den Jugendlichen und den Unternehmen während der Anschlussphase in Kontakt. So will Joblinge das Ziel der nachhaltigen Vermittlung sicherstellen.[9]

Entstehungsgeschichte und Standorte

Gemeinsam mit Experten und ehrenamtlichen Partnern entwickelten The Boston Consulting Group und die Eberhard von Kuenheim Stiftung 2007 das Joblinge-Konzept.[5] Ziel war es, einen neuen Lösungsweg aufzuzeigen, um benachteiligten Jugendlichen dauerhaft Teilhabe an Arbeitsleben und Gesellschaft zu ermöglichen. 2008 wurde der erste Standort als gemeinnützige Aktiengesellschaft im niederbayerischen Zwiesel gegründet. 2009 startete als zweiter Pilotstandort die Joblinge gAG München. 2010 wurden die gAG Berlin und 2011 die gAG FrankfurtRheinMain eröffnet. 2012 folgten die gAG Leipzig und die gAG Rheinland. 2013 startete die gAG Ruhr und 2014 nahmen die gAG Region Stuttgart sowie die gAG Hanse die ersten Teilnehmer in das Joblinge-Programm auf, 2017 folgte die gAG Rhein-Neckar. Heute ist Joblinge in diesen Regionen an mehr als 30 Standorten bundesweit aktiv.[9][11]

Organisation

Joblinge ist als Social-Franchise konzipiert: Die gemeinnützige Dachorganisation Joblinge e.V. verbreitet als Franchisegeber das Joblinge-Konzept, dessen Umsetzung in einem Kooperationsvertrag zwischen Standort und Dachorganisation vertraglich geregelt ist. Die Joblinge-Standorte, die die Arbeit mit den Jugendlichen vor Ort verantworten, sind als gemeinnützige AGs aufgestellt. Die Standorte verpflichten sich in der Durchführung zur Einhaltung der verschiedenen Abläufe und Qualitätsstandards. Bestehende gAGs können ihren Wirkungsbereich durch die Eröffnung weiterer Standorte in der Region erweitern. Die Dachorganisation koordiniert die bundesweite Initiative, steuert das Wachstum, unterstützt die Standorte bei der Umsetzung und entwickelt das Konzept stetig weiter. Im Rahmen des Social Franchise wird das Konzept gebührenfrei an die Standorte vergeben.[1]

Formell haben sich die Standorte 2012 in der gemeinnützigen überregionalen Dachorganisation Joblinge e.V. zusammengeschlossen. Neben den Joblinge gAGs ist auch die Joblinge-Stiftung Gesellschafter der Dachorganisation.[1] Während sich die Eberhard von Kuenheim Stiftung planmäßig nach der Pilotphase und der Gründung der Dachorganisation im Jahr 2012 aus der operativen Rolle zurückzog,[12] leitet die Boston Consulting Group die Initiative weiterhin operativ als Teil ihres Social Impact-Engagements.[13] Das Sozialunternehmen ist Mitglied im Social Entrepreneurship Netzwerk Deutschland.[14]

Joblinge Kompass für Geflüchtete

Um die im Rahmen der Flüchtlingskrise in Deutschland ab 2015 eintreffenden jungen Geflüchteten so früh wie möglich zu qualifizieren und in den Arbeitsmarkt zu integrieren, hat die Initiative mit „Joblinge Kompass“ 2016 in zweites Programm entwickelt.[15][16] Das Angebot richtet sich gezielt an junge Menschen zwischen 15 und 27 Jahren, die zahlenmäßig größte Gruppe der Ankommenden, für die es jedoch wenige Angebote gibt. Im Fokus stehen Teilnehmende mit niedriger bis mittlerer Qualifikation und hoher Bleibewahrscheinlichkeit.[17]

Preise und Auszeichnungen

Literatur

  • H. Kopf, S. Müller, D. Rüede, K. Lurtz, P. Russo (Hrsg.): Soziale Innovationen in Deutschland. Springer VS, Heidelberg 2015, ISBN 978-3-658-02348-5.
  • J. Funk, N. Hummel (Hrsg.): Gemeinsam gegen Jugendarbeitslosigkeit – Das Erfolgsmodell Joblinge, Tagungsband zu den 11. Wiesbadener Gesprächen zur Sozialpolitik. F.A.Z.-Verlag, 2015, ISBN 978-3-95601-119-1.
  • A. Bentner, S. Dylong: Mehr Diversity im demographischen Wandel. Impulse für ein innovatives Personal-Management, Best Practice: Die Joblinge – Chancen für Jugendliche und Unternehmen. Springer, 2015, ISBN 978-3-658-10335-4.
  • Disrupting Unemployment. Business-led solutions for Action. World Economic Forum, April 2015
  • The Boston Consulting Group: Integrationskraft Arbeit – Eine Zwischenbilanz: Erfahrungen von 300 Unternehmen mit der Arbeitsmarktintegration von 2.500 Geflüchteten. 2017
  • Reisach, Ulrike (Hg.): Kommunikation und Integration: Ein Handbuch für Akteure in der Flüchtlingshilfe. Achter Verlag, 2017, ISBN 978-3-981-76744-5

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b c d Joblinge: Ziel & Konzept. In: www.joblinge.de. Abgerufen am 18. September 2020.
  2. Joblinge: Nutzen Sie Ihre Chance auf eine Ausbildung! In: www.joblinge.de. Abgerufen am 18. September 2020.
  3. Joblinge: Transparenz & Wirkung. In: www.joblinge.de. Abgerufen am 18. September 2020.
  4. JOBLINGE – Gemeinsam gegen Jugendarbeitslosigkeit. In: ec.europa.eu. Generaldirektion Migration und Inneres der Europäischen Kommission, 31. Dezember 2014, abgerufen am 18. September 2020.
  5. a b c Axel Schröder: Initiative „Joblinge“ – Hilfe für den Start ins Berufsleben. In: deutschlandfunk.de. 18. Juli 2015, abgerufen am 19. Januar 2019.
  6. Lisa Bolz: Initiative Joblinge hilft arbeitslosen Jugendlichen beim Start ins Berufsleben. In: Wiesbadener Kurier. 25. Januar 2017, abgerufen am 19. Januar 2019.
  7. Das JOBLINGE Programm. In: www.joblinge.de. Abgerufen am 18. September 2020.
  8. Theaterpädagogik für Manager. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 30. Dezember 2014. Abgerufen am 16. Januar 2015.
  9. a b c Stefan Otto: Der schwere Start in die Arbeitswelt. In: Neues Deutschland. 6. Juni 2018, abgerufen am 19. Januar 2019.
  10. a b Thorsten Winter: Joblinge-Chef Tas: Ein Mann für schwierige Fälle. Hrsg.: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 8. September 2015, ISSN 0174-4909 (faz.net [abgerufen am 19. Januar 2019]).
  11. Joblinge: Standortübersicht. In: joblinge.de. Abgerufen am 18. September 2020.
  12. Kuenheim Stiftung – Projekte. In: kuenheim-stiftung.de. Abgerufen am 19. Januar 2019.
  13. BCG: Building Social, Public, and Private Partnerships. In: Boston Consulting Group. Abgerufen am 19. Januar 2019.
  14. SEND: Netzwerk. In: Social Entrepreneurship Netzwerk Deutschland e.V. Abgerufen am 22. Mai 2019.
  15. Florian Franze: Integration von Geflüchteten: Für eine Arbeit arbeiten. In: Die Tageszeitung: taz. 12. Mai 2018, ISSN 0931-9085 (taz.de [abgerufen am 19. Januar 2019]).
  16. JOBLINGE Kompass – Integration durch Arbeit. In: joblinge.de. Abgerufen am 18. September 2020.
  17. „Flüchtlinge und Arbeitsmarkt: Der Traum von der Blitz-Integration“. In: Spiegel Online. August 2016. Abgerufen am 5. Oktober 2016.
  18. Drei Projekte mit delina Bildungspreis ausgezeichnet. Abgerufen am 18. September 2020.
  19. Joblinge – PHINEO „Wirkt“-Siegel. In: phineo.org. Phineo, abgerufen am 19. Januar 2019.
  20. Kathrin Rosendorff: Integrationspreis: „In Problemen baden ist keine Lösung“. 10. Dezember 2014 (welt.de [abgerufen am 19. Januar 2019]).
  21. Integrationsprojekt des Jahres 2014 (Memento vom 12. November 2014 im Internet Archive). Pressemitteilung auf der Website der Bundesregierung. Abgerufen am 23. Januar 2015.