Johann Ernst Hähnel

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Johann Ernst Hähnel (* 17. April 1697 in Leubsdorf; † vermutlich am 12. Januar 1777 in Wermsdorf) war ein deutscher Orgelbauer, der im 18. Jahrhundert in Sachsen wirkte.

Leben und Werk

Johann Ernst Hähnel wurde als Sohn des Schulmeisters und Organisten Abraham Hähnel und seiner Ehefrau Anna Rosina geboren und am 20. April 1697 getauft.[1] Nicht bekannt ist, wo er den Orgelbau erlernte. In Sachsen wird er mehrfach als „Ausländer“ bezeichnet. Am 4. Juli 1718 heiratete er die Tochter des Dresdner Hoforgelbauers Andreas Tamitius, Johanna Catharina, in der Marienkirche Pirna. In der Orgelbau-Werkstatt seines Schwagers Johann Gottfried Tamitius war Hähnel länger als ein Jahr (1719/1720) Mitarbeiter. Dem Ehepaar wurde am 31. August 1721 die Tochter Sophia Juliana geboren.

Um 1725 arbeitete Hähnel selbstständig in Meißen und ab etwa 1756 in Hubertusburg. Im Jahr 1741 wurde er zum „Königl. poln. und kurfürstl. sächs. Hof- und Land-Orgelbaumeister“ ernannt.[2] In zweiter Ehe war Hähnel mit der erheblich jüngeren Juliane Dorothea Wintzler (* 23. April 1729) verheiratet, die ihre unehelich geborene Tochter Christiane Juliane Wintzler mit in die Ehe brachte. Die Eheschließung fand am 3. April 1755 in Kaditz statt. Vermutet wird, dass es sich um Hähnels leibliche Tochter handelt. Hähnel hielt sich 1751/1752 in Kaditz auf, da er dort eine Orgel baute. Zudem wurde die Tochter, die am 1. November 1778 in Wermsdorf Hähnels Schüler Johann Georg Friedlieb Zöllner heiratete, als Hähnels eheliche Tochter bezeichnet.[3]

Bis 1765 schuf Hähnel fast 50 Orgelneubauten. Kennzeichnend ist der dreiteilige, manchmal fünfteilige Prospekt in den Formen des Rokoko. An das erhöhte und breite Mittelteil schmiegen sich zwei Pfeifenfelder an, die nicht selten in Voluten auslaufen.[3] Neben Orgeln baute Hähnel auch Klaviere. Sein Bau eines „Cymbal royal“ führte von 1730 bis 1734 zu einem Rechtsstreit mit Gottfried Silbermann. Da das Instrument dem um 1720 von Silbermann erfundenen „Cimbal d’amour“ ähnelte, wähnte dieser einen Nachbau.[4] Von Hähnel stammt das musikalische Innenwerk eines Porzellanglockenspiels, das Johann Joachim Kändler 1736/1737 anfertigte.[5]

Trotz seiner qualitätvollen Orgelbauten, seines Titels und seiner Bedeutung für die Orgellandschaft Sachsen lebte Hähnel zeitlebens in armen Verhältnissen.[3] Sein Schülerkreis wirkte in Nordsachsen und darüber hinaus. Zu seinen Schülern zählen Johann Ephraim Hübner (1713–1781), Ferdinand Weber (1715–1784), Johann Dietrich (1716–1758), Johann Gottfried Träger, Johann Friedrich Ludewig († vor 1769) und Johann Daniel Ranft (1727–1804).[6] Adam Gottfried Oehme und David Schubert waren Hähnels Gesellen. Hähnel wurde am 14. Januar 1777 im 80. Lebensjahr in Wermsdorf beerdigt. Johann Georg Friedlieb Zöllner übernahm nach seinem Tod 1777 die Werkstatt im Jagdschloss.[7]

Werkliste (Auswahl)

In der fünften Spalte bezeichnet die römische Zahl die Anzahl der Manuale, ein großes „P“ ein selbstständiges Pedal, ein kleines „p“ ein nur angehängtes Pedal. Die arabische Zahl gibt die Anzahl der klingenden Register an. Die letzte Spalte bietet Angaben zum Erhaltungszustand sowie Links mit weiterführender Information. Kursivschreibung zeigt an, dass die Orgel nicht mehr oder nur das historische Gehäuse erhalten ist.

Jahr Ort Kirche Bild Manuale Register Bemerkungen
1719 Bad Schandau St.-Johannis-Kirche II/P 27 Mitarbeit bei Tamitius’ Orgelneubau; nicht erhalten
1723–1724 Mittelsaida Dorfkirche I/P 12 Neubau; weitgehend erhalten
1724–1725 Steinbach (Bad Lausick) Dorfkirche II/P 14 Neubau; weitgehend erhalten
1725 Moritzburg Schloss Moritzburg nicht erhalten
1730 Ottendorf-Okrilla Ev. Kirche 1873 nach Blitzschlag verbrannt
1734–1735 Meißen St. Afra nicht erhalten
1737 Brockwitz (Coswig) Kirche Brockwitz II/P 18 Neubau; 1906 ersetzt, Gehäuse in umgebauter Form erhalten
1737 Mühlberg Neustädter Kirche I/P 11 Neubau; nicht erhalten[8]
1738 Friedrichstadt (Dresden) Matthäuskirche II/P 27 Umbau; 1861 ersetzt
1738–1739 Röhrsdorf St. Bartholomäus Neubau; nicht erhalten
1740 Deutschenbora Dorfkirche Orgel Kirche Deutschenbora Neubau; 1914 Werk durch Hermann Eule ersetzt, Prospekt erhalten →Orgel
1740 Friedrichswalde bei Pirna Dorfkirche I/P 10 Orgel vermutlich von Johann Ernst Hähnel: nicht erhalten. 1905 abgebrochen und durch eine Orgel von Gebrüder Jehmlich (Bruno & Emil), Dresden, ersetzt. → Orgel
1740 Struppen Dorfkirche I/P 12 Umbau; 1896 Umbau und 1927 Erweiterung um zweites Manual durch Gebr. Jehmlich; zum großen Teil erhalten
1742–1743 Bärenstein Stadtkirche II/P 22 Neubau; einige Register erhalten
1742–1743 Pausa Dorfkirche I 8 ursprünglich wahrscheinlich für Schloss Bärenstein, mehrfach umgesetzt
1743 Zehista Schlosskirche I 8 Neubau; 1953 neues Pfeifenwerk, nur Gehäuse, Windlade und Klaviatur erhalten[8]
1744 Naundorf (Sachsen) St. Katharinen Neubau
1745 Leuben (Oschatz) Kirche Neubau
1744–1746 Oschatz St.-Aegidien-Kirche II/P 31 Neubau; nicht erhalten
1748–1749 Königstein (Sächsische Schweiz) Marienkirche Neubau; nicht erhalten
1750 Etzoldshain (Bad Lausick) Ev. Kirche I/P 9 1917 abgebrochen
1750 Wickershain (Geithain) St. Marien
1751–1753 Dresden-Kaditz Emmauskirche (Dresden) II/P 25 nicht erhalten
1754–1755 Pausitz Dorfkirche Neubau; Gehäuse erhalten
1756 Schrebitz Wenzelkirche Neubau; Prospekt erhalten
1756 Staucha St. Johannis Neubau; nicht erhalten
1756 Hohenwussen (Naundorf) Ev. Kirche I/P 11 nicht erhalten
1770 Mehltheuer Kirche Neubau; nicht erhalten
1770–1771 Krippehna St. Lukas I/P 14 1869 auf II/P/16 erweitert; 2015–2018 Restaurierung in den Zustand von 1771 (I/P/14), Orgelwerkstatt Kristian Wegscheider, Dresden → Orgel[9]
1773 Luppa Ev. Kirche Neubau; nicht erhalten
1774 Mautitz Dorfkirche Neubau; nicht erhalten
1775 Tragnitz St. Pankratius Neubau; nicht erhalten
um 1775 Merkwitz Dorfkirche Neubau; nicht erhalten

Literatur

  • Ulrich Dähnert: Historische Orgeln in Sachsen. Ein Orgelinventar. VEB Deutscher Verlag für Musik, Frankfurt 1980, ISBN 3-920112-76-8.
  • Ulrich Eichler: Neue Erkenntnisse zum Orgelbauer Johann Ernst Hähnel. In: Ars Organi. Jg. 64, Heft 3, 2016, S. 133–136 (PDF-Datei; 535 kB).
  • Ulrich Eichler: Der sächsische Orgelbauer Johann Ernst Hähnel (1697–1777). Sax-Verlag, Markkleeberg 2018, ISBN 978-3-86729-213-9.
  • Frank-Harald Greß: Die Orgeln Gottfried Silbermanns (= Veröffentlichungen der Gesellschaft der Orgelfreunde, 177). 3. Auflage. Sandstein, Dresden 2007, ISBN 978-3-930382-50-7.
  • Uwe Pape, Wolfram Hackel (Hrsg.): Lexikon norddeutscher Orgelbauer. Bd. 2: Sachsen und Umgebung. Pape, Berlin 2012, ISBN 978-3-921140-92-5.
  • Uwe Pape (Hrsg.): Lexikon norddeutscher Orgelbauer. Bd. 1: Thüringen und Umgebung. Pape, Berlin 2009, ISBN 978-3-921140-86-4.

Varia

  • Der oben genannte Autor Ulrich Eichler (1937–2020; Pfarrer) war ein Nachkomme der Orgelbauer Johann Ernst Hähnel und Johann Georg Friedlieb Zöllner. Er fand von der Ahnenforschung zur Orgelforschung.[10]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Eichler: Neue Erkenntnisse zum Orgelbauer Johann Ernst Hähnel. 2016, S. 1 (PDF-Datei; 535 kB).
  2. Pape, Hackel (Hrsg.): Lexikon norddeutscher Orgelbauer. Bd. 2: Sachsen und Umgebung. 2012, S. 129.
  3. a b c Eichler: Neue Erkenntnisse zum Orgelbauer Johann Ernst Hähnel. 2016, S. 2 (PDF-Datei; 535 kB).
  4. Greß: Die Orgeln Gottfried Silbermanns. 2012, S. 24, 31.
  5. Greß: Die Orgeln Gottfried Silbermanns. 2012, S. 12.
  6. Eichler: Der sächsische Orgelbauer Johann Ernst Hähnel. 2018, S. 17.
  7. Schloss Hubertusburg – 1770 auf wermsdorf.de, abgerufen am 17. April 2018.
  8. a b Ulrich Dähnert: Historische Orgeln in Sachsen. Das Musikinstrument, Frankfurt/Main / Leipzig 1980, S. 223.
  9. Orgel in Krippehna, abgerufen am 2. September 2018.
  10. Zum Autor, Sax-Verlag, PDF, abgerufen am 14. März 2022