Julie Virginie Scheuermann

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Julia Virginia Scheuermann (um 1912)

Julie Virginie Scheuermann (Pseudonym: Julia Virginia;[1] * 1. April 1878 in Frankfurt am Main; † 23. April 1942[2]) war eine deutsche Lyrikerin, Malerin, Übersetzerin und Autorin zum Thema Frauenliteratur.

Familie

Sie stammte mütterlicherseits aus der Alt-Frankfurter Patrizierfamilie Bromm, die ab dem 15. Jahrhundert mit internationalem Großhandel (Venedig und Genua) reich geworden war und während der Reformationszeit als Parteigänger der lutherischen Seite in der Stadt auch politisch eine wichtige Rolle spielte. So beherbergte die Familie in ihrem Frankfurter Stammhaus den Reformator Philipp Melanchthon auf der Hin- und Rückreise zum Reichstag zu Worms (1521). Ihr Vater Wilhelm Scheuermann war Gerichtsrat in Frankfurt.

Leben

Die vielseitig talentierte, sprachbegabte Künstlerin studierte zunächst bei Karl Ludwig Sand in Kassel und München sowie bei Professor Gustav Eberlein in Berlin Malerei und Bildhauerei und avanciert schnell zu einer gefragten Porträtistin, deren Werke in der Großen Berliner Kunstausstellung im Jahr 1900 zu sehen waren. Sie porträtierte in Form von Büsten und Reliefs u. a. den Autor Ludwig Fulda, den Dichterkomponisten Victor von Woikowsky-Biedau, den Frankfurter Senatspräsidenten Diehl und den Autor Hermann Sudermann. Um die Jahrhundertwende 1900 fertigte der Malerkollege Franz von Lenbach einen Halbakt von ihr an, ein Porträt, das sie als Nymphe mit Weinranken im Haar und einem Fuchsfell zeigt. Eine Gedenktafel für Richard Wagner, die am 9. Juli 1910 in Bad Ems enthüllt wurde, stammt von ihr.[3]

Sie heiratete einen französischen Bankier und lebte einige Jahre unter dem Namen Virginia Fould in Paris. Nach dessen Tod kehrte sie in ihre Heimatstadt Frankfurt zurück.

Gleichzeitig begann sie zu schreiben und gehörte bereits ab 1898 zu den Autorinnen des Verlages Schuster & Löffler in Berlin. Unter ihrem Künstlernamen Julia Virginia publizierte sie eine Reihe von Bänden mit eigenen Gedichten. Sie übersetzte u. a. Gedichte und den Roman Der Künstler des ukrainischen Dichters Taras Schewtschenko ins Deutsche sowie Tagebuchnotizen und den Briefwechsel der russischen Malerin Marie Bashkirtseff mit dem französischen Schriftsteller Guy de Maupassant. Sie edierte die Gedichte von Annette von Droste-Hülshoff und veröffentlichte eine damals viel beachtete Anthologie über zeitgenössische deutsche Frauenlyrik.

Sie war Mitglied im Berliner Frauenclub von 1900 e.V. Zu ihrem Freundeskreis zählten u. a. Richard Dehmel, Detlev von Liliencron, Paul Heyse, Wilhelm von Scholz und Josephine Levy-Rathenau. 1922 heiratete sie Richard Laengsdorff, einen Bekannten aus Kindertagen, und nannte sich seither „Julia Virginia Laengsdorff“. Nach 1938 verlieren sich die Spuren ihres Lebens. Im Marbacher Literaturarchiv und im Hamburger Staatsarchiv befinden sich einige Briefe und Handschriften von ihr. Kurz vor ihrem Tod am 23. April 1942 vermachte sie dem Schopenhauer-Museum testamentarisch einen Brief des Philosophen.[2]

Werke (Auswahl)

Bücher

  • Primitien, Gedichte, 1903
  • Sturm und Stern, Gedichte, Schuster & Loeffler, Berlin, 1905. Mit einem Nachwort neu hrsg. von Nikola Roßbach. Hamburg, Igel-Verlag 2017. ISBN 978-3-86815-717-8
  • Frauenlyrik unserer Zeit, Berlin, Leipzig 1907
  • Annette Freiin von Droste-Hülshoff – Gedichte Virginia, Julia (Hg/Einl) Berlin-Leipzig, Hermann Seemann Nachf, (1907)
  • Maria Bashkirtseff Tagebuchblätter und Briefwechsel mit Guy de Maupassant, Seemann Verlag, 1910
  • Ausgewählte Gedichte von Taras Schewtschenko. Aus dem Ukrainischen. Leipzig 1911. Im Xenien-Verlag. 108 S. mit 7 Tafeln.
  • Das bunte Band, Gedichte, 1913

Aufsätze und Vorträge

  • Gedanken um Goya, Berlin, 1928
  • Ottilie Wilhelmine Roederstein zu ihrem 70. Geburtstag. In: Frau und Gegenwart, 25, 1928/29.
  • Die Roederstein, Westermanns Monatshefte, Braunschweig, September 1929
  • Kleine Schopenhauer-Erinnerung, 19. Jahrbuch der Schopenhauergesellschaft 1932
  • Von alter deutscher Kochkunst, in "Deutsche Heimatküche" von Ernst Marquardt. Societäts-Verlag Frankfurt, 1935
  • Frankfurter Frauenköpfe, Frankfurter Zeitung. Stadtblatt Nr. 204, August 1936

Literatur

Weblinks

Commons: Julie Virginie Scheuermann – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Michael Holzmann, Hanns Bohatta (Hrsg.): Deutsches Pseudonymen-Lexikon. Akademischer Verlag, Wien / Leipzig 1906, S. 144 (Textarchiv – Internet Archive).
  2. a b Schopenhauer-Jahrbuch. Nr. 30. Frankfurt, 1943, S. 299, (Google snippet).
  3. Bernhard Schuster (Hrsg.): Die Musik. 9. Jahrgang, 4. Quartalsband, Band 36 (1909–1910), Heft 22. Schuster und Loeffler, Berlin / Leipzig 1910 (Textarchiv – Internet Archive).