KZ Hannover-Stöcken (Akkumulatorenwerke)

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Besucher vor der 2013 eingeweihten Gedenktafel zum Konzentrationslager
Datei:Hannover KZ-Stoecken Accu 01.jpg
Reste des Kommandantenbunkers
Mauerreste auf dem Gelände des ehemaligen KZ-Außenlagers
Datei:Johnson Hannover Kanal.jpg
Blick auf das früheres AFA-Betriebsgelände, danach Varta, heute Johnson Controls, in Hannover am Mittellandkanal

Das KZ-Außenlager Hannover-Stöcken (Akkumulatorenwerke) in Hannover-Stöcken war im Zweiten Weltkrieg eines der Außenlager des Konzentrationslagers Neuengamme. Es existierte vom 19. Juli 1943 bis zum 8. April 1945.[1] Es wurde von der Firma AFA, einer Vorläufergesellschaft der Varta AG, für die Akkumulatorenwerke Hannover-Stöcken errichtet, die in ihren Betrieben KZ-Häftlinge als Zwangsarbeiter einsetzte.

Geschichte

Grundlage für den Häftlingseinsatz in den Betrieben der AFA war ein Vertrag zwischen dem SS-Wirtschafts- und Verwaltungshauptamt und der Firmenleitung vom März 1943, in dem neben der Anzahl der zu „liefernden“ SS-Häftlinge, 1.500, bereits festgelegt war, dass der „monatliche Verlust an Arbeitskräften“ von 80 Häftlingen durch die SS auszugleichen ist. Das KZ Stöcken (Hannover) gehörte als Außenlager zum KZ Neuengamme. Das Lager bestand zwischen Juli 1943 und April 1945 und stand direkt neben dem Werksgelände der Akkumulatorenfabrik. Es wurde durch die SS bewacht. Vor und während des Krieges war die AFA Hauptlieferant von Antriebsbatterien für U-Boote, vorwiegend der Typen VII und XXI, Torpedos (G7e/G7es), sowie Bordbatterien der Fernrakete V2. Ab Juli 1944 unterstanden dem Lagerleiter als „Stützpunktleiter“ die weiteren Außenlager in der Region: das Mühlenberglager, das Lager Ahlem, das Lager Misburg, das Lager Limmer, sowie zwei Frauenlager.

Die Häftlinge wurden in der Bleigießerei, in der Säureabteilung und an den heißen Konterwalzen eingesetzt. Fehlender Arbeitsschutz führte zu Unfällen und Gesundheitsschäden. Nachweislich starben 403 der etwa 15.000 Häftlinge an den schlechten Lebens- und Arbeitsbedingungen im Lager Stöcken. In der Nacht vom 6. auf den 7. April 1945 verließen die marschfähigen Häftlinge das Lager Richtung Bergen-Belsen vor den anrückenden Alliierten. Häftlinge, die nicht Schritt halten konnten, wurden erschossen. Karl Wilhelm Genth, SS-Sanitätsdienstgrad, der den Todesmarsch als Sanitäter begleitete, gab vor dem Staatsanwalt 1961 in Hannover zu, dass er eigenhändig drei Häftlinge durch Genickschuss getötet habe[2]. Die etwa 600 nicht marschfähigen Häftlinge wurden per Bahn nach Mieste transportiert und mussten von dort nach Gardelegen marschieren, wo sie mit einer größeren Gruppe von Häftlingen aus dem KZ Mittelbau-Dora in der Isenschnibber Feldscheune ermordet wurden, die die SS in Brand steckte. Wie viele von den 1.016 Häftlingen in der Feldscheune aus Stöcken zu Tode kamen, ist nicht bekannt, da nicht alle Leichen identifiziert werden konnten.[3][4]

Lagerleiter

Lagerleiter des Konzentrationslagers waren SS-Oberscharführer Johannes P., dann SS-Untersturmführer Hugo Benedict, gefolgt vom SS-Untersturmführer Hans Hermann Griem. Im Juli 1944 wurde es SS-Hauptsturmführer Kurt Klebeck, der sich aber vornehmlich um die Außenlager kümmern musste, so dass die tatsächliche Leitung in Stöcken bei seinem Vertreter, SS-Stabsscharführer Paul Maas, lag.

Klebeck wurde 1947 im sogenannten Ahlem-Prozess zu zehn Jahren Haft verurteilt. Karl Wilhelm Genth und der SS-Stabsscharführer Paul Maas wurden im Jahre 1963 durch das Landgericht Hannover wegen Verbrechen auf dem Todesmarsch zu je drei Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt.[3]

Gedenken

Die Geschichte dieses Lagers, das Schicksal der Inhaftierten und die Aufarbeitung in der Nachkriegszeit – hier insbesondere die Strafverfolgung – ist Mitte der 1980er Jahre umfassend dokumentiert worden.[5]

Zur Erinnerung daran wurde 1987 in Hannover-Marienwerder nahe dem ehemaligen Lager ein Mahnmal mit einer Skulptur und Gedenktafel auf öffentlichem Grund aufgestellt. Die Skulptur errichtete der Bildhauer Hans-Jürgen Breuste in Zusammenarbeit mit ehemaligen Häftlingen. Die Hauptaktionäre der Varta, die Familien Quandt und Klatten, lehnten eine Errichtung eines Mahnmals auf dem Firmengelände ab.[6] Es ist den west- und osteuropäischen Häftlingen gewidmet, die unter unmenschlichen Bedingungen zur Kriegsproduktion gezwungen wurden. Zwischen Glockenberg im Klosterforst und dem Friedhof Marienwerder ist noch der Bunker des Lagerleiters übrig geblieben.

Siehe auch

Literatur

Weblinks

Commons: Hannover-Stöcken concentration camp – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Bundesministerium der Justiz: Verzeichnis der Konzentrationslager und ihrer Außenkommandos gemäß § 42 Abs. 2 BEG Nr. 573, Hannover-Stöcken, Accumulatorenwerk
  2. Wolfgang Benz, Barbara Distel, Angelika Königseder: Der Ort des Terrors: Hinzert, Auschwitz, Neuengamme. Band 5. C.H.Beck, 2005, ISBN 978-3-406-52965-8.
  3. a b Buggeln: Stöckheim (Akkumulatorenwerke). 2007, S. 445 f.
  4. Homepage der Gedenkstätte Feldscheune Isenschnibbe Gardelegen: Zur Geschichte des historischen Ortes. Abgerufen am 22. März 2020.
  5. Rainer Fröbe et al.: Konzentrationslager in Hannover. 1985.
  6. Hans-Jürgen Jakobs: 16. Dezember 2008, ARD: Vorwürfe gegen Quandt (BMW) „Eine deutsche Dynastie, die Nazis und das KZ“. Abgerufen am 25. Januar 2015.

Koordinaten: 52° 24′ 39,4″ N, 9° 37′ 56,9″ O