Kaffeegesellschaft

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Die Kaffeegesellschaft, auch als Familie am Kaffeetisch[1] bezeichnet, ist eine 1770/1771[1] von dem französischen Modelleur Jean Jacques Desoches eigens für die Porzellanmanufaktur Fürstenberg entworfene Mehrpersonengruppe.[2] Die Manufakturbezeichnung lautete seinerzeit: Ein kleiner Caffeetisch mit 8 Figuren als 4 große und 4 kleine bekleideten.[3]

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Vorderansicht
Porzellanmanufaktur Fürstenberg-3013.jpg
Rückansicht


Vorgeschichte

Desoches kam 1769 nach Fürstenberg, wo er bis 1774 blieb. Er war in dieser Zeit einer von drei französischen Modelleuren der Manufaktur.[4] Desoches galt nicht nur als der beste und empfindsamste, sondern auch als der fleißigste unter Fürstenbergs Poussierern[5] und war besonders dafür bekannt, dass er detailreiche Mehrpersonengruppen darstellte.[6] In seiner fünfjährigen Tätigkeit in Fürstenberg schuf Desoches etwa 45 Einzelfiguren und Personengruppen, von denen die Kaffeegesellschaft die in der Herstellung komplizierteste war.[7]

Beschreibung

Vier Einzelschritte waren notwendig, um eine Kopie entstehen zu lassen: Zunächst musste das Original in seine einzelnen Bestandteile zerlegt werden, anschließend wurde von jedem Stück eine Abformung (die Negativform) vorgenommen, gefolgt von der Einrichtung der Arbeitsmodelle und schließlich der Herstellung der Arbeitsmodelle. Desoches’ ursprüngliche Kaffeegesellschaft bestand aus 108 Einzelteilen, die sich wiederum aus 68 Arbeitsmodellen zusammensetzten.[7]

Die im Museum Schloss Fürstenberg ausgestellte Gruppe aus acht Personen befindet sich auf einer unregelmäßig oval geformten Standplatte mit Schachbrettmuster (abwechselnd Weiß und Hellbraun gemustert) und umlaufenden goldverzierten Rocaillen.

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Die 84 Einzelteile der Kaffeegesellschaft sowie die verwendete Farbpalette.

Dargestellt sind vier Erwachsene, drei Frauen und ein Mann, sowie vier Kinder, zwei Mädchen und zwei Jungen, außerdem noch ein kleiner Hund. Alle Personen sind im Stil des Rokoko gekleidet. Im Einzelnen sind (von links nach rechts und von vorn nach hinten) dargestellt: ein sitzendes Kindermädchen mit einem kleinen Mädchen auf dem rechten Knie, ein kleines Mädchen und ein kleiner Junge in der Mitte vor dem Holztisch stehend, eine junge Frau, stehend Kaffee einschenkend und schließlich vor dieser kniend ein kleiner Junge, der einen kleinen Hund umarmt. Zwei der Kinder, nämlich die beiden Mädchen, tragen Schuhe und jedes hat eine Kopfbedeckung. Die beiden Jungen jedoch sind barfuß und barhäuptig, sie symbolisieren so den dem aus der Schweiz stammenden Philosophen und Aufklärer Jean-Jacques Rousseau zugeschriebenen Ausspruch Zurück zur Natur!.[7] Anhand der Kleidung der Kinder ist davon auszugehen, dass die Mädchen einem höheren Stand angehören als die Jungen. Das Kind auf dem Knie der Frau wurde in der im Museum Schloss Fürstenberg vorhandenen Ausformung von 1829 (irrtümlich) als Mädchen (mit Schnürkorsett) dargestellt. Ursprünglich war es jedoch die Darstellung eines Jungen. In der Entstehungszeit (um 1770) der Figurengruppe war es noch üblich, auch Jungen bis zum dritten Lebensjahr Röcke anzuziehen. Erst um 1780 folgte man in Deutschland der englischen Mode und zog Jungen Hosen an.[7] Die Frau, die den Kaffee einschenkt, trägt im Gegensatz zu allen anderen Erwachsenen ebenfalls keine Schuhe. In deren Rücken und von ihnen „abgewandt“ sitzt ein junges (Liebes-)Paar. Die elegant gekleidete Dame hat ihren linken Arm um die Schulter des ebenfalls nach der neuesten Mode gekleideten Kavaliers gelegt, weicht jedoch, scheinbar scheu, leicht von dem sich ihr deutlich, wohl zum Kuss, zuneigenden Mann zurück, der mit seiner Rechten ihre Taille umfasst und mit der Linken ihre rechte Hand hält.

In der Mitte der Personengruppe steht ein Holztisch mit gekreuzten Beinen, auf dem drei Tassen mit Untertassen, eine kleine Milchkanne und ein Deckelbehältnis mit mehreren Zuckerwürfeln stehen. Das Geschirr ist weiß mit Goldrand und einem rötlichbraunen Blumendekor verziert. Die stehende Frau schenkt mit der rechten Hand Kaffee aus einer Kanne ein, während sie sich mit der linken an der Tischkante abstützt. Hinter ihr, auf dem Boden, steht eine kleine Holzkiste, in der vielleicht alle Utensilien für die Kaffeetafel verstaut wurden. Porzellan, Kaffee und Zucker deuten als Luxusgüter auf privilegierte Lebensverhältnisse hin.[7]

Die im Museum Schloss Fürstenberg ausgestellte Gruppe ist eine Ausformung aus dem Jahre 1829. Sie ist 19,5 cm hoch, 22,5 cm breit und 19 cm tief und kommt dem Original von 1770 am nächsten.[7][8]

Rezeption

Die Gruppe gehört zu den populärsten Figurengruppen Fürstenbergs[9] und ist das bedeutendste Werk aus Desoches’ Fürstenberger Zeit sowie eine der wichtigsten Arbeiten der Manufaktur im 18. Jahrhundert.[10] Die Porzellangruppe wurde Anfang des 20. Jahrhunderts in die Modellreihe Alt-Fürstenberg aufgenommen, in der alte Figuren- und Vasenmodelle wieder aufgelegt wurden. Diese Neuauflagen wurden mit einer eigens für diese Modellreihe entwickelten Porzellanmarke versehen.[11]

Auf Wunsch wird die Kaffeegesellschaft noch heute angefertigt und kann erworben werden.

In Museen erhaltene Exemplare

Die älteste erhaltene Kaffeegesellschaft stammt aus dem Jahr 1770, dem ersten Verkaufsjahr der Porzellangruppe. Sie ist rein weiß glasiert.[7] Wie viele Exemplare seit 1770 entstanden und in welchen Ausformungen, ist unbekannt. Weltweit sind Exemplare in Privatsammlungen und Museen erhalten. Die verschiedenen Ausformungen weichen in ihrer Qualität stark voneinander ab.[1] Sie sind zum Teil farbig, zum Teil rein weiß. Die unterschiedlichen Entstehungszeiten lassen sich bei einigen an der Art des Geschirrs erkennen.[5] Auch sind die Personen teilweise anders angeordnet. So lassen sich an den veränderten Darstellungen auch die Wandlungen sowohl in der Kaffeekultur als auch in den Moralvorstellungen der jeweiligen Entstehungszeit ablesen.[7]

Literatur

  • Ulla Heise, Beatrix Freifrau von Wolff-Metternich: Die Kaffeegesellschaft. Drei Jahrhunderte Kaffeekultur an der Weser. Eine Ausstellung des Porzellanmuseums Fürstenberg und der Sammlung Eduscho. Nordwestdeutsche Verlagsgesellschaft, Bremen / Bremerhaven 1992, ISBN 3-927857-35-1.
  • Elisabeth Reissinger: Die Kaffeegesellschaft. In: Miszellen des Städtischen Museums Braunschweig. Nr. 51, ISSN 0934-6201. Braunschweig 1996.
  • Christian Scherer: Das Fürstenberger Porzellan. Reimer, Berlin 1909 (archive.org).
  • Ludwig Schnorr von Carolsfeld: Porzellan der europäischen Fabriken. Schmidt, Berlin 1912 (Textarchiv – Internet Archive Volltext). 3. Auflage 1920 (Textarchiv – Internet Archive Volltext). 6., von Erich Köllmann völlig neu bearbeitete Auflage: Klinkhardt & Biermann, Braunschweig 1974.
  • Hildegard Westhoff-Krummacher: Macht Luxus glücklich? Eine Fürstenberger Porzellangruppe antwortet. Die Kaffeegesellschaft von J. J. Desoches 1769/69. In: Keramos. Zeitschrift der Gesellschaft der Keramikfreunde e. V. Düsseldorf. Heft 142, 1993, S. 3–14.

Anmerkungen

  1. Foto der Bodenplatte mit deutlichem (Brand-)Riss auf hatmuseum-digital.de
  2. Die an der Randinnenseite angebrachte Marke der im Museum Schloss Fürstenberg ausgestellten Gruppe ist ein spiegelbildlich ineinander verschlungenes C mit Krone und soll das Monogramm Herzog Karl II. von Braunschweig, Urenkel des Manufakturgründers, Herzog Karl I. von Braunschweig-Wolfenbüttel, darstellen. Das Monogramm weist darauf hin, dass die Manufaktur zur Entstehungszeit dieser Ausformung unter der Regentschaft von Karl II. geführt wurde.

Weblinks

Commons: Kaffeegesellschaft 1770 – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b c Ludwig Schnorr von Carolsfeld: Porzellan der europäischen Fabriken. S. 160.
  2. Karen Polzer: Kunstgeschichte Fürstenberger Porzellan. Inaugural-Dissertation, Münster (Westf.) 1967, S. 81.
  3. Siegfried Ducret: Fürstenberger Porzellan. Band III: Figuren. Verlag Klinkhardt & Biermann, Braunschweig 1965, S. 142.
  4. Ludwig Schnorr von Carolsfeld: Porzellan der europäischen Fabriken. S. 158.
  5. a b Beatrix Freifrau von Wolff-Metternich: Fürstenberg Porzellan: ein Brevier. Klinkhardt & Biermann, 1976, S. 50.
  6. Christian Scherer: Kaffeegesellschaft. In: Ulrich Thieme (Hrsg.): Allgemeines Lexikon der Bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart. Begründet von Ulrich Thieme und Felix Becker. Band 9: Delaulne–Dubois. E. A. Seemann, Leipzig 1913, S. 141 (Textarchiv – Internet Archive).
  7. a b c d e f g h i Elisabeth Reissinger: Die Kaffeegesellschaft. Blatt 1.
  8. Beatrix Freifrau von Wolff Metternich, Manfred Mainz: Die Porzellanmanufaktur Fürstenberg, Band I: Eine Kulturgeschichte im Spiegel des Fürstenberger Porzellans. Prestel 2004, ISBN 3-7913-2921-9, S. 110 f.
  9. Christian Scherer: Das Fürstenberger Porzellan. S. 107 (Textarchiv – Internet Archive).
  10. Die Kaffeegesellschaft „ein Kaffeetisch mit 8 Figuren als 4 großen und 4 kleinen bekleideten“ (spätere Ausformung). auf museum-digital.de
  11. Christian Lechelt: Die Porzellanmanufaktur Fürstenberg, Band III: Von der Privatisierung im Jahr 1859 bis zur Gegenwart. Appelhans 2016, ISBN 978-3-944939-23-0, S. 64 f.
  12. Die Kaffeegesellschaft aus dem Museum Schloss Fürstenberg auf museum-digital.de