Kaiserplan 1870
Der Kaiserplan von 1870 war eine diplomatische Initiative des preußischen Ministerpräsidenten und Bundeskanzlers des Norddeutschen Bundes Otto von Bismarck. Demnach sollte der preußische König Wilhelm I. den Titel eines Kaisers annehmen.
Ausgangslage und Reaktionen
Seit dem Ausgang des Deutschen Krieges 1866 und der Gründung des Norddeutschen Bundes durch Preußen 1867 war die Einigungspolitik ins Stocken geraten. Die süddeutschen Staaten waren in der Regel nicht von dem Gedanken angetan, bald dem Norddeutschen Bund beizutreten. In dieser Situation überlegte Bismarck, wie er die Deutsche Frage in Bewegung halten könnte.
Am 7. Januar 1870 besprach Bismarck seinen Plan mit dem preußischen Kronprinzen Friedrich, da dieser gute Verbindungen nach England hatte. Später zeigte der britische Botschafter, der mit dem Kronprinzen gesprochen hatte, sein Wohlwollen, und sagte zu, mit Frankreich Kontakt aufzunehmen. Wie erwartet, reagierte Paris mit Protest. Bismarck war bereits davon ausgegangen, dass seine Initiative längere Zeit brauchen würde.[1]
Überraschend äußerte sich der antipreußische Politiker Nepomuk Sepp in der Zweiten Kammer Bayerns verhalten positiv, zumindest nicht ablehnend über einen deutschen Kaiser. Käme es zu einer neuen Nationalversammlung wie in Frankfurt, dann könne er auch an ein einiges Deutschland glauben. Bismarck erhielt die Hilfe von Julius Fröbel bei der Absicht, erst in Süddeutschland und vornehmlich in Bayern Anschub für den Kaisertitel zu finden, und erst dann wieder die europäische Ebene aufzusuchen.[2]
Allerdings stand der Kaiserplan bereits seit April 1870 im Schatten der Frage der potentiellen hohenzollernschen Thronfolge in Spanien. Später, im Dezember während des Deutsch-Französischen Krieges, stimmte der Reichstag dem Antrag des Bundesrats zu, den Titel Deutscher Kaiser in die Verfassung des Deutschen Bundes aufzunehmen, und am 18. Januar 1871 wurde der preußische König Wilhelm I. in Versailles zum Kaiser ausgerufen (Kaiserproklamation).
Motive
Anlass für den Kaiserplan war die Umbenennung des preußischen Auswärtigen Amtes zum norddeutschen; dabei stellte sich auch die Frage des weiteren Ausbaus der norddeutschen Bundesebene. Überlegungen Bismarcks für den Kaiserplan waren:
- Der Gedanke der Deutschen Einheit werde befeuert;
- vor den anstehenden Reichstagsdebatten über den Militäretat später im Jahre 1870 wäre ein Prestigegewinn des Königs von Vorteil gewesen;
- der bisherige Titel des preußischen Königs im Norddeutschen Bund, Präsidium, war im diplomatischen Verkehr unpraktisch.
Der preußische König Wilhelm sperrte sich noch Ende 1870 vehement gegen den Kaisertitel. Seine Sorge war es, dass dieser Titel künstlich sei, den preußischen Königstitel überschatte und von den anderen Monarchen nicht recht anerkannt werden würde.
Siehe auch
- Reichsoberhaupt 1848–1850
- Deutsche Reichsgründung
- Kaiserbrief von November 1870
- Deutscher Kaiser
Belege
- ↑ Ernst Rudolf Huber: Deutsche Verfassungsgeschichte seit 1789. Band III: Bismarck und das Reich. W. Kohlhammer, Stuttgart u. a. 1963, S. 705–708.
- ↑ Ernst Rudolf Huber: Deutsche Verfassungsgeschichte seit 1789. Band III: Bismarck und das Reich. W. Kohlhammer, Stuttgart u. a. 1963, S. 708/709.