Karl Brunner (Pädagoge)
Karl Brunner (* 9. Juli 1872 in Bernstein, Bezirksamt Wunsiedel; † 1944) war ein deutscher Gymnasiallehrer. Bekannt wurde er als Literatur- und Kinozensor in Berlin 1911–1922.
Familie
Karl Brunner war ein Sohn des Pfarrers Georg Brunner und dessen Ehefrau Maria, geb. Hager. Er heiratete 1899 Emma Hartmann, die aus Salzburg stammte. Sie hatten vier Söhne und eine Tochter.
Ausbildung und Lehrtätigkeit
Nach Besuch der Lateinschule mit Internat in Windsbach und Bestehen der Reifeprüfung am Gymnasium in Bayreuth studierte Brunner Geschichte und Germanistik in Erlangen, Heidelberg und München. In Heidelberg wurde er 1895 zum Dr. phil. promoviert mit einer Dissertation über der pfälzischen Wildfangstreit unter Kurfürst Karl Ludwig. Im Folgejahr absolvierte Brunner die badische Oberlehrerprüfung in Karlsruhe. Von 1897 bis 1902 war er im Generallandesarchiv Karlsruhe tätig. 1901 wurde er außerordentliches Mitglied der Badischen Historischen Kommission. Von 1902 bis 1911 lehrte er als Privatdozent für Geschichte an der Technischen Hochschule in Karlsruhe. Parallel dazu unterrichtete er ab 1903 als Professor am Reuchlin-Gymnasium Pforzheim.[1]
Literatur- und Kinozensor in Berlin
1911 wurde Brunner zum Leiter der „Zentralpolizeistelle zur Bekämpfung unzüchtiger Bilder und Schriften“ in Berlin ernannt und behielt diese Position bis 1922.[2] Dort setzte er sich vor allem für das Verbot sog. Schundliteratur ein, die in seinen Augen die Sittlichkeit der Jugend gefährdete. Er bekämpfte u. a. die im Kaiserreich populären Detektivromane. In der Zeit der Weimarer Republik bekämpfte er vor allem die Darstellung von Sexualität in Literatur, Kinofilm und Theater. So erreichte er ein Verbot des Spielfilms Anders als die Andern von Richard Oswald (1919). 1921 versuchte er, die Theaterzensur in Preußen wiedereinzuführen und ein Aufführungsverbot für Arthur Schnitzlers Stück Reigen durchzusetzen. Dies führte zu scharfer Kritik von Autoren wie Franz Blei, Paul Cassirer, Otto Flake, Siegfried Jacobsohn, Heinrich Mann und Walter Mehring sowie einer Stellungnahme des Kulturpolitikers Konrad Haenisch, alle in der Zeitschrift Die Weltbühne.[3][4][5][6] Brunner wurde nach dieser Affäre in den Ruhestand versetzt.
Schulgründer am Chiemsee
1923 betrieb er die Gründung einer privaten Realschule in Prien am Chiemsee sowie einer Traditionsgemeinschaft Treudeutsch.[2] Sie sollten Keimzelle einer Volksbewegung für Militarismus und Keuschheit werden. Brunner überwarf sich jedoch 1925 mit den anderen Lehrkräften und wurde aus der Schule verdrängt, die 1930 aufgelöst wurde, als Behörden wegen der Unterschlagung von Sozialabgaben ermittelten. Brunner trat 1932 in die NSDAP ein und widmete sich seitdem der Förderung des Tourismus am Chiemsee. 1937 wurde er vom Landgericht Rosenheim wegen Unterschlagung von Sozialabgaben zu zwei Monaten Gefängnis verurteilt. Im Mai 1942 erhielt er auf Betreiben eines seiner Söhne sowie seines ehemaligen Schülers Fritz Todt die Goethe-Medaille für Kunst und Wissenschaft.
Werke
- Die Bekämpfung der Schundliteratur, in: Gegen die Schundliteratur. Verhandlungen und Beschlüsse der 39. Hauptversammlung der Gesellschaft für Verbreitung von Volksbildung am 3. und 4. Oktober 1909 in Dortmund, Berlin 1909, S. 52–91
- Von der Geistesnahrung niedriger Art. Eine ernste Warnung, in: Das Jugendgeleitbuch. Gedenke, daß Du ein Deutscher bist, hg. v. Thomas Westerich, Leipzig 1914, S. 349–364
- Im schönen Chiemgau. Ein Führer und Berater, Rosenheim 1935.
Literatur
- Mirjam Storim: Literatur und Sittlichkeit. Die Unterhaltungsliteraturdebatte um 1900, in: Das bewegte Buch. Buchwesen und soziale, nationale und kulturelle Bewegungen um 1900, hg. v. Mark Lehmstadt u. Andreas Herzog, Wiesbaden 1999, S. 369–396
Weblinks
- Florian G. Mildenberger: Karl Brunner - Sittenwächter im Wartestand. Traunsteiner Tagblatt 17. Februar 2018
Einzelnachweise
- ↑ Bunner, Karl, Dr. phil., Prof. In: Degeners Wer ist's? Degener, Berlin 1935, S. 213.
- ↑ a b Florian G. Mildenberger: Karl Brunner - Sittenwächter im Wartestand. In: Traunsteiner Tagblatt. 17. Februar 2018, abgerufen am 3. Juni 2022.
- ↑ Gutachten über Brunner. In: Die Weltbühne. Nr. 46. Berlin November 1921, S. 501 f.
- ↑ Gutachten über Brunner. In: Die Weltbühne. Nr. 47. Berlin November 1921, S. 521–525.
- ↑ Gutachten über Brunner. In: Die Weltbühne. Nr. 49. Berlin Dezember 1921, S. 570 ff.
- ↑ Gutachten über Brunner. In: Die Weltbühne. Nr. 50. Berlin Dezember 1921, S. 598 ff.
Personendaten | |
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NAME | Brunner, Karl |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Gymnasiallehrer |
GEBURTSDATUM | 9. Juli 1872 |
GEBURTSORT | Bernstein, Bezirksamt Wunsiedel |
STERBEDATUM | 1944 |