Karminsäure

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Strukturformel
Struktur von Karminsäure
Allgemeines
Name Karminsäure
Andere Namen
  • 7β-D-Glucopyranosyl-9,10-dihydro-3,5,6,8-tetrahydroxy-1-methyl-9,10-dioxoanthracencarbonsäure
  • 3,5,6,8-Tetrahydroxy-1-methyl-9,10-dioxo-7-[(2S,3R,4R,5S,6R)-3,4,5-trihydroxy-6-(hydroxymethyl)oxan-2-yl]anthracen-2-carbonsäure (IUPAC)
  • C.I. 75470
  • Carminsäure
  • E 120[1]
Summenformel C22H20O13
Kurzbeschreibung

scharlachroter, geruchsloser Feststoff mit schwach zusammenziehendem Geschmack.[2]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer 1260-17-9
EG-Nummer 215-023-3
ECHA-InfoCard 100.013.658
PubChem 10255083
ChemSpider 8430568
Eigenschaften
Molare Masse 492,38 g·mol−1
Aggregatzustand

fest

Schmelzpunkt

136 °C (Zersetzung)[3]

Löslichkeit

schlecht in Wasser (30 g·l−1 bei 25 °C)[3]

Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung [3]
keine GHS-Piktogramme
H- und P-Sätze H: keine H-Sätze
P: keine P-Sätze [3]
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Karminsäure ist eine chemische Verbindung und Hauptbestandteil des Farbstoffs Karmin. Die glucosefreie Verbindung ist die Kermessäure.

Chemische Struktur

Karminsäure ist ein C-Glycosid mit einem Anthrachinon-Derivat als Aglycon und einer Glucose als Zucker-Einheit. Dabei ist der Zucker nicht acetalisch, sondern über eine β-konfigurierte[4] Kohlenstoff-Kohlenstoffbindung an das Aglycon gebunden. Eine Totalsynthese wurde 1991 veröffentlicht.[5]

Vorkommen und Gewinnung

Cochenilleschildlaus-Kolonie auf einer Opuntie

Karminsäure kommt in der Natur in verschiedenen Schildläusen, wie z. B. der Cochenilleschildlaus (Dactylopius coccus C.) vor und dient dem Insekt der Abwehr von Fressfeinden. Aus 1 kg getrockneten Cochenilleschildläusen erhält man etwa 50 g Karmin.[6]

Verwendung

In Deutschland wurde „Carminsäure“ durch die Farbstoff-Verordnung ab 1959 für die Verwendung in Lebensmitteln zugelassen.[7] Zur Übernahme der Richtlinie des Rats zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten für färbende Stoffe, die in Lebensmitteln verwendet werden dürfen in nationales Recht wurde die Farbstoff-Verordnung 1966 angepasst und für „Karminsäure“ die E-Nummer E 120 aufgenommen.[8] Ab 1978 wurde die Verwendung in Deutschland durch die Zusatzstoff-Zulassungsverordnung geregelt. Durch die Verordnung (EG) Nr. 1333/2008, die am 20. Januar 2009 in Kraft trat, ist die Verwendung von „Echtem Karmin“ als Lebensmittelzusatzstoff E 120 im ganzen EWR einheitlich geregelt.[9] Es darf für Konserven von roten Früchten, Käse, Fischrogen-Imitate, Maronenkrem, Brotaufstriche aus Obst und Gemüse, Frühstücksgetreidekost, Wurst und Fleischzubereitungen, Fisch und Krebstiere, Fisch- und Krebstierpaste und aromatisierte Getränke (z. B. Campari) verwendet werden. Je nach Anwendung liegt die zulässige Höchstmenge zwischen 50 und 250 mg/kg. Für spezielle Anwendungen, wie essbare Wurstumhüllungen, gibt es keine Mengenbegrenzungen (quantum satis).[9] Als Surrogat wird der synthetische Azofarbstoff Cochenillerot A (E 124) verwendet. In der Kosmetik-Industrie findet der Farbstoff nach wie vor Anwendung in Lippenstiften.[10][11]

Literatur

  • Franziska Schulze, Juliane Titus, Peter Mettke, Stefan Berger, Hans-Ullrich Siehl, Klaus-Peter Zeller, Dieter Sicker: Karminsäure – Das Rot aus Cochenilleläusen. In: Chemie in unserer Zeit. Band 47, Nr. 4. Wiley-VCH, Weinheim 2013, doi:10.1002/ciuz.201300634.
  • Thomas Eisner, Stephen Nowicki, Michael Goetz, Jerrold Meinwald: Red Cochineal Dye (Carminic Acid): Its Role in Nature. In: American Association for the Advancement of Science (Hrsg.): Science. Band 208, Nr. 4447, 1980, doi:10.1126/science.208.4447.1039.

Einzelnachweise

  1. Eintrag zu E 120: Cochineal, Carminic acid, Carmines in der Europäischen Datenbank für Lebensmittelzusatzstoffe, abgerufen am 6. Februar 2022.
  2. P.H. List, L. Hörhammer (Hrsg.): Hagers Handbuch der Pharmazeutischen Praxis. Zweiter Band, Wirkstoffgruppen II, Chemikalien und Drogen (A–AL). 4. Auflage. Springer-Verlag, Berlin, Heidelberg 1969 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  3. a b c d Datenblatt Carminsäure bei Merck, abgerufen am 21. November 2017.
  4. A. Fiecchi, M. Anastasia, G. Galli, P. Gariboldi: Assignment of the β Configuration to the C-Glycosyl Bond in Carminic Acid, in: J. Org. Chem. 1981, 46, 1319–1320, doi:10.1021/jo00320a061.
  5. P. Allevi, M. Anastasia, P. Ciuffreda, A. Fiecchi, A. Scala, S. Bingham, M. Muir, J. Tyman: The 1st Total Synthesis of Carminic Acid, in: J. Chem. Soc., Chem. Commun. 1991, 1319–1320; doi:10.1039/C39910001319.
  6. Eintrag zu Karmin. In: Römpp Online. Georg Thieme Verlag, abgerufen am 15. Juni 2016.
  7. BGBl. 1959 I S. 756 vom 19. Dezember 1959
  8. BGBl. 1966 I S. 74 vom 20. Januar 1966
  9. a b Verordnung (EG) Nr. 1333/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über Lebensmittelzusatzstoffe.
  10. E. Lück, H. Gölitz, P. Kuhnert: Lexikon Lebensmittelzusatzstoffe., 2. Auflage, S. 122, Behr's Verlag DE, 1998, ISBN 978-3-86022-462-5.
  11. E 120 - Echtes Karmin. Abgerufen am 23. November 2018.