Kinderwagen

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Moderner Kinderwagen
Schubkarren des 13. Jahrhunderts: Mit ihnen wurden Güter genauso wie Kinder transportiert.
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Deutsche Ansichtskarte von 1904: Familie mit Kinderwagen.
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Kinderwagen von 1910, ausgestellt im Freilichtmuseum Massing.
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Historischer Brennabor-Kinderwagen mit einer Federung, wie sie auch bei Kutschen verwandt wurde.
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DDR-„Sportwagen“ aus den 1950er Jahren
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Leipziger Warenhaus 1974: In der DDR war es üblich, Kleinkinder während des Einkaufs im Kinderwagen vor dem Laden zurückzulassen.
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Treppenschienen für Kinderwagen.

Der Kinderwagen ist ein Transportmittel, mit dem Säuglinge und Kleinkinder im Liegen oder im Sitzen befördert werden.

Geschichte

Im Europa des Mittelalters wurden die hier zwischen 1170 und 1250 eingeführten Schubkarren für den Transport von Kindern verwendet.

Quellen zufolge hat etwa Mitte des 16. Jahrhunderts ein Tischler erstmals ein Transportwägelchen gebaut, das für sein einjähriges Kind gedacht war. Davor wurden die Kinder in Tüchern, Körben und Holzsäcken herumgetragen, die teilweise auch an Lasttieren festgeschnallt wurden, oder sie wurden in den genannten Schubkarren transportiert. Vor 1800 wurden die kleinen Wägen nur sehr vereinzelt dazu verwendet, Kinder zu befördern. Die Kinder mussten dabei sitzen und wurden von Hunden oder Ziegen gezogen. Je besser die Straßen wurden, desto mehr wurden leiterwagenähnliche Wägelchen benutzt, die auf Bestellung von einigen wenigen Tischlern gefertigt wurden.[1]

Der Kinderwagen für die Straße hat sich aus dem Stubenwagen entwickelt, einem mit Rädern versehenen Kinderkörbchen, das innerhalb der Wohnung benutzt wurde. Erfunden wurde er in Großbritannien, wo es zu Beginn des 19. Jahrhunderts üblich wurde, mit Kleinkindern täglich Spaziergänge zu machen. 1840 wurde in England die erste Fabrik für Kinderwagen gegründet. Die ersten Modelle waren sehr hoch und hatten drei Räder; sie waren so konstruiert, dass die Babys darin nur sitzen konnten. Für die ersten Lebensmonate waren diese Wagen daher nicht geeignet. Einige Jahre später wurde das neue Gefährt am englischen Königshof eingeführt. 1855 notierte ein Beobachter: „Die Straßen von London sind voller Kinderwagen, die mir bisher unbekannt waren und in denen die Babys von ihren Kindermädchen geschoben statt gezogen werden.“ 1880 wurden die ersten Modelle konstruiert, in denen der Säugling liegen konnte. Der Aufsatz bestand aus einem Korb aus Weidengeflecht, das Gestell hatte nun vier Räder.[2]

Mitte des 19. Jahrhunderts gründete der Stellmacher Ernst Albert Naether in Zeitz eine Firma zur Herstellung von Kinderwagen, die zu DDR-Zeiten in den volkseigenen Betrieb Zekiwa umgewandelt wurde. Der größte deutsche Hersteller von Kinderwagen in der Zeit vor 1945 war die Brandenburger Firma "Brennabor", die 1871 aus einem Korbmachergeschäft hervorging. Nach Demontage und Enteignung bestand der Betrieb noch einige Jahre als VEB Brandenburger Kinderwagen und wurde dann in das Zeitzer Kinderwagenkombinat eingegliedert.

Die Entwicklung der Kinderwagen wurde im 20. Jahrhundert stark vom Automobilbau beeinflusst. So wiesen die Kinderwagen der 1950er Jahre oftmals Zierleisten und geschwungene Kotflügel auf. Seit den 1920er Jahren war das Gestell aus Stahl, die Räder waren deutlich kleiner als früher.

Kinderwagentypen

Folgende typische Varianten von Kinderwagen lassen sich unterscheiden.

Klassischer Kinderwagen

Der klassische Kinderwagen besteht aus einem Korb oder einer abnehmbaren Tragetasche sowie einem Fahrgestell. Er ist für den liegenden Transport von Säuglingen gedacht. Heute sind sie auch unter dem Begriff Erstlingswagen bekannt. Kleinkindern sollte im Kinderwagen 35 × 78 cm Fläche zur Verfügung stehen.[3]

Sportwagen

Sport-Kinderwagen sind vorne offen und mit einer Fußstütze versehen. Hinten haben sie oft ein klappbares Verdeck und die Sitzlehne kann meistens verstellt werden. Der Sportwagen ist für den sitzenden Transport von Säuglingen und Kleinkindern im Alter von ein bis zwei Jahren gedacht. Um 2000 wurden dreirädrige Sportwagen populär, die mit größeren Rädern ausgestattet das Joggen mit Kinderwagen ermöglichen sollten. Diese Variante des Sportwagens wird daher auch als Jogger bezeichnet.

Kombi-Kinderwagen

Da ein klassischer Kinderwagen nur kurze Zeit genutzt werden kann, wurde der Kombi-Kinderwagen entwickelt. Er lässt sich vom klassischen Kinderwagen zum Sportwagen umbauen. Mittlerweile gibt es Kindertransportsysteme, welche als Kinderwagen, Buggy und Fahrradanhänger einsetzbar sind.

Buggy

Als kompakt zusammenfaltbarer Sportwagen ist heute der Buggy weitverbreitet. Buggys sind viel handlicher, leicht und durch lenkbare Vorderräder sehr wendig. Entwickelt wurde dieser Kinderwagentyp 1965 von dem 1978 verstorbenen englischen Flugzeugkonstrukteur Owen Maclaren. Dieses neue Modell wurde aus Aluminium hergestellt und konnte im Gegensatz zu den bisherigen Kinderwagen zusammengeklappt werden. Die Produktion bei Maclaren wurde 1967 aufgenommen. Der große Erfolg dieser Buggys führte dazu, dass andere Hersteller eigene Produkte auf den Markt brachten. Wegen ihrer kleinen Räder eignen sich Buggys nur für befestigte Wege und kürzere Wegstrecken.

Spezielle Kinderwagen

Für den Transport von mehreren Kindern werden Kinderwagen unterschiedlicher Bauweisen angeboten. Dabei sind die Sitz- bzw. Liegeflächen neben- oder hintereinander angeordnet. Besondere Kinderwagen werden auch für Kleinkinder angeboten, die aufgrund einer Hüftdysplasie eine Spreizhose tragen müssen. Diese Spreizkinderwagen müssen im Hüftbereich eine breitere Liegefläche aufweisen. Es handelt sich dabei um einen aufspreizbaren Aufsatz. Für Kinder mit Spreizhose, -gips oder Spreizschienen kann so die entsprechende Breite eingestellt werden.[4]

Krippenwagen

Der ursprüngliche Krippenwagen ist für den Transport von bis zu sechs Kleinkindern im Alter von ein bis drei Jahren gedacht. Er wurde in der DDR von den Kinderkrippen verwendet. Besonders geeignet ist er, um mit Kleinkindern größere Ausflüge zu machen. Mittlerweile haben ihn auch Tagesmütter und Kindertagesstätten in Westdeutschland entdeckt. Heute gibt es ein breites Angebot verschiedener Krippenwagen, darunter auch solche, die für zehn Kinder Platz haben. Moderne Krippenwagen weichen häufig ab von der klassischen Form. Sie wurden den ergonomischen Bedürfnissen der Kinderbetreuer angepasst und mit Gurten und anderen sicherheitsrelevanten Details ausgestattet. Weitere Extras sind zum Beispiel Sonnenschutz und Elektromotor. In der Regel werden Krippenwagen gemäß der Sicherheitsnorm EN 1888 oder nach den amerikanischen ASTM-Richtlinien zertifiziert.

Rehabuggy und Rehawagen

Für den Transport von Kindern mit Behinderung werden verschiedene Typen von Kinderwagen angeboten. Diese unterscheiden sich von herkömmlichen Kinderwagen durch eine höhere Tragfähigkeit und bessere Anpassungsmöglichkeiten. Rehabuggys sind aufgrund ihrer Falttechnik in der Regel leichter zu transportieren als Rehawagen. Dafür bieten Rehawagen meist einen besseren Fahrkomfort.

Kinderwagen mit Tretfunktion

Roller Buggy, 2005

Die am Skateboarden orientierten Kinderwagen lassen sich durch die Integration eines Standbrettes zu einem Roller bzw. Longboard erweitern. Sie erlauben dem Fahrer, den Kinderwagen wie einen Tretroller zu nutzen und durch Gewichtsverlagerung zu steuern. Je nach Modell sind die Kinderwagen mit Tretfunktion mit einer Hand- oder Fußbremse ausgestattet. Es können Geschwindigkeiten von bis zu 15 km/h erreicht werden.[5] Der erste Kinderwagen mit Tretfunktion, genannt Roller Buggy, wurde im Jahr 2005 vom Produktdesigner Valentin Vodev entwickelt. Weiters hat sich auch der Kinderwagenhersteller Quinny für die Idee interessiert und beauftragte ein niederländisches Designstudio mit der experimentellen Entwicklung eines Kinderwagens mit Tretfunktion.[6]

Gurtsysteme

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5-Punkt-Gurt in Kinderwagen, 2013

Kinderwagen können entweder über integrierte Gurtsysteme verfügen, die ein Herausklettern verhindern sollen, oder über Befestigungspunkte, an denen ein separater Kinderschutzgurt angebracht werden kann. Integrierte Systeme sind häufig als 5-Punkt-Gurt ausgeführt, hierbei verhindert der Schrittgurt ein Durchrutschen nach unten.[7]

Literatur

  • Der Kinderwagen. In: Stephen van Dulken: Das große Buch der Erfindungen. Ideen, die Geschichte machten. Übersetzt von Andreas Venzke (Originaltitel: Inventing the 19th Century. The Great Age of Victorian Inventions), Artemis und Winkler, Düsseldorf/Zürich 2005, ISBN 978-3-538-07187-2, S. 31f
    Taschenbuchausgabe: insel taschenbuch 3236, Frankfurt am Main/Leipzig 2006, ISBN 978-3-458-34936-5
  • Béatrice Fontanel, Claire D'Harcourt: Babys in den Kulturen der Welt. Übersetzt von Cornelia Panzacchi und Andrea Unseld (Originaltitel: Bèbès du monde), Gerstenberg, Hildesheim 2007. ISBN 978-3-8369-2957-8.
  • Heinz Sturm-Godramstein: Kinderwagen gestern und heute. Erweiterte und aktualisierte Neuauflage, Book on Demand, Norderstedt 2001, ISBN 3-8311-2212-1

Weblinks

Wiktionary: Kinderwagen – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Commons: Kinderwagen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Quellen und Einzelnachweise

  1. Die Geschichte der Kinderwagen. Abgerufen am 13. April 2015.
  2. Béatrice Fontanel/Claire d'Harcourt, Baby, Säugling, Wickelkind. Eine Kulturgeschichte, Hildesheim 1998, S. 184 ff.
  3. Kinderwagen: Nur ein Wagen überzeugt im Test - (Stiftung Warentest; In: test.de vom 3. Februar 2015)
  4. Spreizkinderwagen. (Nicht mehr online verfügbar.) Ehemals im Original; abgerufen am 13. April 2015.@1@2Vorlage:Toter Link/www.arzneimittel.de (Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.
  5. Catherine Osborne: „Scoot’n Stroll“, Azure, Toronto, Azure Publishing, Oktober 2007, S. 46, ISSN 0829-982X
  6. Greg Allen: "The Longboard Stroller, AKA The Quinny Jett Concept Daddytypes", vom 1. Juni 2013.
  7. Der Kinderwagen-Gurt: Hosenträger- oder 5-Punkt-Gurt?. Bonavi. 17. Februar 2017. Archiviert vom Original am 13. Juni 2019. Abgerufen am 13. Juni 2019.