Kleinbahn Unna–Kamen–Werne
Die Kleinbahn Unna-Kamen-Werne GmbH (U.K.W.) war ein Verkehrsunternehmen, das vom 1. August 1909 bis zum 14. Dezember 1950 eine normalspurige Überlandstraßenbahn zwischen den Orten Unna, Kamen, Bergkamen und Werne mit einer Betriebsspannung von 600 Volt Gleichstrom betrieb.
Geschichte
Am 27. Juli 1908 wurde in Kamen durch die Provinz Westfalen, den Landkreis Hamm und die Städte Unna und Kamen, sowie ab dem 28. April 1911 die Gemeinden Rünthe und Werne die Kleinbahn Unna-Kamen-Werne GmbH mit einem Stammkapital von 1.250.000 Goldmark gegründet. Die GmbH erhielt am 22. Dezember 1908 durch den Regierungsbezirk Arnsberg die Konzession für den Bau und den Betrieb einer Straßenbahn.
Die Planungen für den Bau lagen bereits ab 1898 vor. Der Bau begann allerdings erst am 19. April 1909. Nacheinander wurden folgende Abschnitte eröffnet:
- 1. August 1909: Bahnhof Unna – Bahnhof Kamen
- 11. September 1909: Bahnhof Kamen – Betriebshof Kamen
- 20. November 1909: Betriebshof Kamen – Bergkamen
- 14. Dezember 1911: Bergkamen – Werne, Markt
- 13. November 1912: Bahnhof Unna – Unna, Neumarkt mit Anschluss an die Straßenbahn nach Dortmund
Die Strecke war komplett eingleisig und hatte insgesamt sieben Ausweichstellen. Es gab zu Anfang drei, ab 1912 vier Kreuzungen mit Eisenbahnstrecken. Da zwei von ihnen niveaugleich waren, kam es immer wieder zu Verspätungen, insbesondere durch die stark belastete Bahnstrecke Dortmund–Hamm, die in Kamen gekreuzt wurde. Zudem war diese Querung nur für einen Zeitraum von 25 Jahren erlaubt worden.
Im Verlauf des Ersten Weltkrieges wurde die Hälfte des Personals eingezogen, sodass von 69 Mitarbeitern nur noch 35 zur Verfügung standen. Hinzu kamen sinkende Beförderungszahlen zu Beginn des Krieges. 1918, gegen Ende des Krieges, stiegen sie jedoch auf 3.000.000 an. Das um Frauen und Kriegsgefangene verstärkte Personal umfasste nun 118 Personen. Die Unnaer Innenstadtstrecke (Unna Neumarkt – Markt – Unna Bhf) musste von der U.K.W. ab 15. Januar 1917 in Etappen stillgelegt werden, konnte aber zwischen Markt und Bahnhof ab Juni 1923 von der Dortmunder Straßenbahn wieder in Betrieb genommen werden.
Nach dem Krieg kam es wegen der Inflation und Hyperinflation (1918–1923) sowie des Widerstandes gegen die Ruhrbesetzung durch Frankreich und Belgien (1923–1925) immer wieder zu Betriebsunterbrechungen. So sank die Beförderungsleistung im Jahr 1923 auf 940.000 ab. Mehrfach war von der Einstellung des Betriebs die Rede. Die Versuche der Dortmunder Straßenbahn, den Betrieb zu übernehmen, wurden von der Kleinbahnverwaltung abgewehrt.
1935 lief die Genehmigung zur Querung der Köln-Mindener Eisenbahn in Kamen ab. Infolgedessen durften die Wagen der Kleinbahn die Gleise nur noch ohne Personen passieren. Die Fahrgäste wurden bis zum Bahnübergang gefahren und mussten dort aussteigen, zu Fuß über die Gleise gehen und in den Wagen auf der anderen Seite wechseln. Ab 1935 wurde die Umstellung auf Omnibusbetrieb vorbereitet, die durch den Zweiten Weltkrieg zunächst verhindert wurde. Am 14. Dezember 1950 fand die letzte Fahrt der Bahn statt. Im selben Jahr wurde der Betrieb in Verkehrsgesellschaft Kreis Unna mbH, kurz VKU, umbenannt. Diese führt den Verkehr auf der früheren Straßenbahnlinie sowie auf später neu hinzugekommenen Linien mit Bussen fort.
Streckenführung im Detail
Die Streckenführung ist gut auf den jeweiligen Messtischblättern nachzuverfolgen:[1][2][3] Die Strecke im Verlauf von Norden (Werne) nach Süden (Unna):
Werne
In Betrieb 14. Dezember 1911 – 14. Dezember 1950: Werne Marktplatz – Markt – Am Neutor – Kamener Straße – Brücke über die Lippe (Grenze Werne / Rünthe).
Rünthe
In Betrieb 14. Dezember 1911 – 14. Dezember 1950: Lippebrücke – Werner Straße – Ostenhellweg (früher Hellweg) – Hellweg – spätere Rünther Brücke über den neu gebauten Datteln-Hamm-Kanal (Fertigstellung 17. Juli 1914) – Hellweg – Schachtstraße – Schlägelstraße – Grenze Rünthe / Bergkamen am Beverbach.
Bergkamen
In Betrieb von Grenze Kamen bis Bergkamen Mitte ab 11. September 1909, Bergkamen Mitte bis Grenze Rünthe ab 14. Dezember 1911, ganze Strecke bis 14. Dezember 1950: Schlägelstraße (heute nur noch Rad- und Fußweg) – Kreuzung Zechenbahn – Werner Straße – damaliger Bahnhof Bergkamen / Werne an der Bahnstrecke Oberhausen-Osterfeld-Hamm (die hier ursprünglich geradlinig geführte Werner Straße wurde bereits beim Bau der Bahnstrecke, eröffnet am 1. Mai 1905, mit U-förmigen Rampen und einer etwas weiter östlich angelegten Unterführung unter der Bahn hindurchgeführt. Die U.K.W.-Strecke benutzte von Anfang an diese Straßenführung) – Werner Straße – spätere Kreuzung mit Industrie-Anschlussbahn (heute Bayer AG) – Fritz-Husemann-Straße – damalige spitzwinklige Kreuzung der weiter parallel verlaufenden Anschlussbahn Zeche Monopol / Grimberg I / II – Bergkamen Mitte (Kreuzung Fritz-Husemann-Straße / Präsidentenstraße) – Präsidentenstraße – Streckenabschnitt ursprünglich über freies Feld etwa im Verlauf der später gebauten Ebertstraße – Bambergstraße (heutige Straßenführung gegenüber der damaligen stark begradigt) – Grenze Bergkamen / Kamen.
Kamen
In Betrieb von Grenze Unna bis Kamen Bhf ab 1. August 1909, bis Kamen Depot ab 11. September 1909, bis Grenze Bergkamen ab 20. November 1909, ganze Strecke bis 14. Dezember 1950: Bergkamener Straße – heutige Kreuzung der Autobahn A2 – Bergkamener Straße – Depot Kamen (an der Kreuzung Bergkamener Straße / Lünener Straße, heute Busbetriebshof des Nachfolgebetriebs VKU) – Lünener Straße – Weststraße – Am Geist – Markt – Bahnhofstraße – Maibrücke über die Seseke[4] – Bahnhofstraße – heutiger Rathausplatz – Bahnhofstraße – Kamen Bhf (ebenerdiger Bahnübergang über die Bahnstrecke Dortmund – Hamm der Köln-Mindener Eisenbahn-Gesellschaft (CME) östlich des Bahnhofs Kamen) – Unnaer Straße – Unterquerung der heutigen Autobahn A1 – Grenze Kamen / Unna (auf Höhe des heutigen Gewerbegebietes Kamen Karree).
Unna
In Betrieb von Unna Bhf (Nordseite) bis Grenze Kamen 1. August 1909 – 14. Dezember 1950, von Kreuzung Hansastraße / Friedrich-Ebert-Straße bis Neumarkt / Gericht 13. November 1912 – 15. Januar 1917: Kamener Straße – damals ebenerdiger Bahnübergang über die Strecken Dortmund Süd – Königsborn – Welver und Königsborn – Unna, heute S 4, westlich des Bahnhofs Unna-Königsborn der Königlich-Westfälischen Eisenbahngesellschaft (KWE) – Friedrich-Ebert-Straße – Kreuzung Friedrich-Ebert-Straße / Hansastraße – Friedrich Ebert-Straße – Unna Bhf (Nordseite). Hier lag ursprünglich der Ausgangspunkt der Strecke, in der heutigen Friedrich-Ebert-Straße unmittelbar nördlich der Gleise der Bergisch-Märkischen Eisenbahn BME (Strecken Dortmund – Hörde – Unna – Soest und Schwerte – Unna – Hamm) am Bahnhof Unna. Zur U.K.W.-Linie gelangte man vom Bahnhofsgebäude südlich der Gleise aus, vom alten Rathaus und vom dortigen Endpunkt der Straßenbahn aus Richtung Dortmund nur zu Fuß über einen ebenerdigen Bahnübergang in Verlängerung der Bahnhofstraße. Die Elektrische Straßenbahn des Landkreises Dortmund hatte hier schon seit dem 26. November 1906 ihre Endhaltestelle der Strecke Körne – Wickede – Massen – Unna Markt – Unna Bhf.
Auf Grund einer 1912 erfolgten vertraglichen Einigung zwischen der N.S.U. und dem Landkreis Dortmund wurde der Straßenbahnverkehr in Unna neu geordnet: Die V.K.U. konnte die Strecke vom Bhf Unna (Südseite) durch die Bahnhofstraße zum Markt übernehmen und bis zum Gericht am Neumarkt verlängern. Voraussetzung für Beides war der Bau einer Verbindungsstrecke vom nördlichen zum südlichen Bahnhofsbereich mit einer Unterführung der heutigen Kantstraße unter den Bahngleisen.
Umsteigepunkt zur Dortmunder Linie war nun der Unnaer Markt. Im Gegenzug zum Verlust der Strecke in der Bahnhofstraße erhielt die Dortmunder Linie eine Neubaustrecke vom Markt über die Wasserstraße und die Iserlohner Straße zum Lehrerseminar (auf Höhe der Seminarstraße) und zeitweise, vor allem im Ausflugsverkehr, weiter zum Schützenhaus. Diese Neubaustrecke, 1914 auf die Dortmunder Straßenbahn GmbH übergegangen, wurde bereits 1916 wieder aufgegeben und bis zum Markt zurückgenommen.
Verlängerung der N.S.U.: Bahnunterführung im Zuge der heutigen Kantstraße, die damals gebaute Stahlbrücke ist heute noch (Stand 2022) in Betrieb.[5] Der Abschnitt Unna Bhf (Nordseite) – Bahnhofstraße wurde aufgegeben. Weiterer Verlauf: heutiger Ostring – Bahnhofstraße – Markt – Hertingerstraße – Endhaltestelle Unna Neumarkt / Gericht (in der Hertingerstraße auf Höhe Gürtelstraße / Südwall). Die Strecke wurde im Ersten Weltkrieg ab 15. Januar 1917 von der U.K.W. abschnittsweise stillgelegt, aber zwischen Markt und Bahnhof ab Juni 1923 von der Dortmunder Straßenbahn GmbH wieder in Betrieb genommen (endgültige Stilllegung 31. Juli 1965).
Einzelnachweise
- ↑ Messtischblatt Unna Nr. 4412 von 1937, Digitalisat Landkartenarchiv [ https://www.landkartenarchiv.de/messtichblatt.php?q=4412_2507_Unna_ca_1937_uniberk_C056976449 ], abgerufen am 15. Februar 2022
- ↑ Messtischblatt Kamen Nr.4411 von 1927 / 1931, Digitalisat Deutsche Fotothek [ http://www.deutschefotothek.de/documents/obj/71054587/df_dk_0010001_4411 ] abgerufen am 15. Februar 2022
- ↑ Messtischblatt Lünen Nr. 4311 von 1914, Digitalisat Deutsche Fotothek [ http://www.deutschefotothek.de/documents/obj/71054446/df_dk_0010001_4311_1914 ], abgerufen am 15. Februar 2022
- ↑ Maibrücke Kamen, Klaus Holzer: Die Maibrücke, Kulturkreis Kamen [1], abgerufen am 15. Februar 2022
- ↑ Bahnbrücke Kantstraße Unna [2], abgerufen am 15. Februar 2022
Literatur
- Höltge, Dieter: Straßen- und Stadtbahnen in Deutschland. Band 3: Westfalen (ohne Ruhrgebiet). EK-Verlag, Freiburg im Breisgau 1992, ISBN 3-88255-332-4.
- Basner, Klaus, Peter Kracht, Klaus Seifert: Unna – Historisches Porträt einer Stadt. Stadtgeschichtliche Beiträge, Band 2 (1806-2013). Kapitel II, Im Kaiserreich, Abschnitt 6, Verkehr, Post, Telekommunikation. Historischer Verein zu Unna e.V., Unna 2013, ISBN 978-3-9813452-9-2.