Durchschreibepapier
Durchschreibepapier, auch Blaupapier, Kohlepapier, Durchschlagpapier oder selbstkopierendes Papier genannt, wird verwendet, um Schriftstücke in mehrfacher Ausfertigung zu erstellen, häufig um eine Zweitschrift für einen Beleg anzufertigen.
In Österreich existiert zwar auch die Bezeichnung Durchschreibepapier, hat aber eine andere Bedeutung. Es wird dabei jenes Blatt beim Durchschreiben bezeichnet, auf dem die Kopie mit einem Durchschlagpapier angefertigt wird. Dieses dünne Papier wird ansonsten als Durchschlagpapier[1] oder Florpost bezeichnet. In der Schweiz werden Druckprodukte aus Durchschreibepapier als Garnituren, in Österreich als Durchschreibsatz bezeichnet.
Das Kohlepapier wird dazu unter das Original gelegt, während unter das Kohlepapier ein weiteres (oft dünnes) Blatt Papier gelegt wird. Drückt man nun mit dem Stift beim Schreiben auf das oberste Blatt fest genug auf, wird Farbe vom Kohlepapier auf das unterste Blatt übertragen. Das funktioniert auch mit Schreibmaschinen, welche die Zeichen mit Druck auf das Papier bringen, insbesondere solche mit einem Typenhebel, Typenrad oder Kugelkopf. Auch mehrfache Kopien (Durchschläge) sind möglich, indem jeweils ein Blatt Kohlepapier und ein Blatt gewöhnliches Papier untergelegt wird. Die Höchstanzahl der Durchschläge hängt dabei vom Druck und der Dicke der Papiere ab. Um überhaupt ausreichenden Druck (= Kraft pro Fläche) zu erzeugen, muss generell ein hartes Schreibgerät verwendet werden, z. B. ein Kugelschreiber oder Bleistift, während etwa Filzschreiber oder Füllfederhalter nicht geeignet sind.
Meist werden schwarze Kohlepapiere für Schreibmaschinen-Durchschläge und blaue für handgeschriebene Kopien benutzt. Korrekturen sind aufwändig, da sie auf jedem Blatt einzeln ausgeführt werden müssen – das Korrekturband der Schreibmaschine funktioniert nur am Original.
Auch für Zeilendrucker, wie sie in Rechenzentren teilweise noch eingesetzt werden, gibt es Endlospapiersätze, die Durchschreibepapier enthalten. Formularsätze für Nadeldrucker sind unter anderem in Arztpraxen und für die sofortige Belegausfertigung üblich.
Geschichte
Weil Computer mit Textverarbeitungs-Software die Schreibmaschine fast vollständig verdrängt haben, sind Kohlepapiere heutzutage praktisch nur noch für handschriftliche Dokumente in Gebrauch.
Wer das Kohlepapier erfunden hat, ist nicht bekannt. Am 7. Oktober 1806 wurde ein Patent an den Engländer Ralph Wedgwood für einen Apparat zur Verdoppelung von Schriftstücken vergeben (Noctograph), mit dem ein tintengetränktes Papier in Verbindung mit einem Metall-Schreibstift gemeint war. Die Produktion begann er einige Jahre später.
Durchpauspapiere wurden früher mit einer Schicht Indigo-haltigen Stärkekleisters hergestellt.[2] Wegen seiner Farbstärke und Lichtechtheit wurde in der Folge Berliner Blau dafür eingesetzt.[3]
Durchschreibepapiere ohne Kohleschicht
Moderne kohlefreie Durchschreibepapiere dienen zur Anfertigung von Kopien ohne Kohleschicht z. B. für Rechnungen (ein Drittel des Gesamtverbrauchs), Formulare und Verträge.
Es handelt sich um ein holzfreies Trägerpapier, das mit verschiedenen Chemikalien beschichtet wird. Die Kopie entsteht durch die chemische Reaktion zwischen einem Farbgeber und einem Entwickler. Das Prinzip beruht also darauf, eine Kopie anzufertigen, indem durch den von einem Schreibgerät, einem Computerdrucker oder einer Schreibmaschine erzeugten Druck auf das Papier eine chemische Reaktion zwischen zwei einander ergänzenden Schichten herbeigeführt wird. Die erste, übertragende Schicht, die sogenannte CB-Schicht (
– beschichtete Rückseite), besteht aus Mikrokapseln, die einen in einem Bindemittel eingelagerten farbgebenden Stoff enthalten. Diese Kapseln mit einem Durchmesser von zehn Mikrometern enthalten z. B. farbloses Kristallviolettlacton. Wird mechanischer Druck auf diese Kapseln ausgeübt, so bersten sie und geben den Farbgeber frei, der von der zweiten, aufnehmenden Schicht, der sogenannten CF-Schicht (Coated Front – beschichtete Vorderseite), absorbiert wird. Diese CF-Schicht besteht aus einer reaktiven Substanz („aktivierter Ton“), die mit dem Farbgeber z. B. zum blauvioletten Triphenylmethanfarbstoff reagiert und ein Abbild erzeugt.[4] Die Weiterentwicklung führte zu Thermodruckern, bei denen der Farbstoff durch Hitze freigesetzt wird oder zu farbigen Verbindungen reagiert.
Klassifikation
Es gibt zwei grundlegende Systeme für die Herstellung von Selbstdurchschreibepapier. Das vorwiegend eingesetzte System (das bei mehr als 95 % des Selbstdurchschreibepapiers zur Anwendung kommt) besteht darin, den in Mikrokapseln eingeschlossenen Farbstoff und den kohlefreien Entwickler getrennt aufzubringen. Anhand dieses Verfahrens werden drei Arten von Selbstdurchschreibepapier erzeugt:[4]
- CB-Deckblatt (Coated Back– beschichtete Rückseite): Dies ist ein Selbstdurchschreibepapier mit einer übertragenden Beschichtung auf der Rückseite, welche die mit dem Farbgeber gefüllten Mikrokapseln enthält. Diese Sorte von Selbstdurchschreibepapier wird als das oberste Blatt von Formularsätzen verwendet.
- CFB (Coated Front and Back– beschichtete Vorder- und Rückseite): Diese Sorte von Selbstdurchschreibepapier ist auf der Vorderseite mit einer als chemischer Entwickler wirkenden reaktiven Substanz und auf der Rückseite mit Mikrokapseln beschichtet. CFB-Papier wird für das mittlere Blatt oder für eines von mehreren mittleren Blättern von Formularsätzen verwendet. Es ist der zentrale Bestandteil des Satzes, der die Kopie sowohl empfängt als auch weitergibt.
- CF (Coated Front– beschichtete Vorderseite): Diese Sorte von Selbstdurchschreibepapier wird als letztes Blatt von Formularsätzen verwendet und ist auf der Vorderseite mit einer reaktiven Substanz beschichtet, während die Rückseite nicht mit Mikrokapseln beschichtet ist, die Farbgeber enthalten.
Ein Sonderfall stellt das SC (
) bezeichnete Papier dar. Hierbei befinden sich Mikrokapseln und Farbbildner auf ein und demselben Blatt. Das ermöglicht SC-Papier mit jedem beliebigen Papier (z. B. normalem Kopierpapier oder Firmenbriefpapier) zu verwenden, um eine Durchschrift zu erzeugen. 3M bietet speziell für Schreibmaschinenbenutzer das so genannte (auch eingefärbt erhältliche)
an, das hinter das zu beschriftende Original aus Normalpapier in die Schreibmaschine eingespannt werden konnte. Im Gegensatz zum vorgenannten beschichteten Papier (Ober-, Mittel- und Unterblatt) enthielt das Material Mikrokapseln, die durch den Druck während des Schreibvorganges (auch handschriftlich) zerstört wurden und sich unter Sauerstoffkontakt verfärbten. Das funktionierte auch mit Einzelblättern als Durchschlag, bis zu drei gut lesbare Kopien konnten so in einem Arbeitsgang angefertigt werden.
Ähnliches
Ebenfalls zur Herstellung der Kopie eines Originals wird das Transparentpapier (Pauspapier) verwendet, allerdings erfolgt das Erstellen einer Kopie hier nicht gleichzeitig beim Erstellen des Originals, sondern zu einem späteren Zeitpunkt. Das auf das zu kopierende Objekt gelegte Pauspapier enthält nach dem Durchzeichnen selbst die Kopie des Originals.
Im Bereich der Schneiderei oder Näherei wird ein dem Durchschreibepapier ähnliches Papier verwendet, das so genannte Kopierpapier.
Trivia
- Um die Verwendungsdauer des Kohlepapiers zu verlängern, das kriegsbedingt knapp war, empfahl die Reichsbahndirektion Mainz 1944, die darauf noch vorhandene restliche Beschichtung mit einem zusammengeballten Stück alten Durchschlagpapiers gleichmäßig und nicht allzu kräftig zu verreiben.[5]
- Der Begriff „Blaupause“ ist ein Sammelbegriff für verschiedene, meist veraltete Kopierverfahren. Er wird oft auch auf die Hektografie und auf die Verwendung von Durchschreibepapier angewendet und stammt ursprünglich von den Lichtpausverfahren der Cyanotypie und der Diazotypie. Dokumente wie Baupläne, Schaltpläne, Technische Zeichnungen etc. waren meist nur als Blaupause verfügbar.[6]
- Blaupause wird zunehmend auch im allgemeinen Sprachgebrauch sowie im Kontext von Betriebswirtschaft, Ökonomie und Politik verwendet im Sinne von Plan, Modell, Konstrukt, Vorlage, Vorbild, Grundlage oder Idee.[6]
- Bei E-Mails können neben den eigentlichen Empfängern auch Kopien der Nachricht an weitere Empfänger im CC-Adressfeld gesendet werden. „CC“ steht dabei für den englischen Begriff Carbon Copy, also eine mithilfe von Kohlepapier hergestellte Kopie.
Weblinks
- Mikroverkapselung: Reaktionsdurchschreibepapier
- Information und Kommunikation in Geschichte und Gegenwart (ein wenig Info zum Thema)
Einzelnachweise
- ↑ Eintrag auf duden.de. Abgerufen am 9. Dezember 2015.
- ↑ A. Beythien: Untersuchung von Nahrungs-, Genussmitteln und Gebrauchsgegenständen. Springer-Verlag, 2013 (Reprint einer Ausgabe von 1918), ISBN 978-3-642-99636-8, S. 856 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- ↑ Prometheus. Verlag von Rudolf Mückenberger, 1901 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
- ↑ a b Entscheidung der Europäischen Kommission in der Sache COMP/M.4513 – Arjowiggins/ M-real Zanders Reflex (PDF; 914 kB).
- ↑ Deutsche Reichsbahn (Hg.): Amtsblatt der Reichsbahndirektion Mainz vom 15. Juli 1944, Nr. 34. Bekanntmachung Nr. 496, S. 236.
- ↑ a b Matthias Heine: Hört doch auf, „Blaupause“ zu sagen, Ihr Angeber!, bei welt.de