Wirtschaftswissenschaft

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Ein grundlegendes ökonomisches Modell: Angebot und Nachfrage. Es erklärt, wie sich Preise auf Märkten bilden und welche Größen dabei eine Rolle spielen.

Die Wirtschaftswissenschaft, auch Ökonomie oder Ökonomik, ist eine Sozialwissenschaft, die die Produktion, die Verteilung und den Konsum von Gütern und Dienstleistungen untersucht.[1][2][3] Die Wirtschaftswissenschaft konzentriert sich auf das Verhalten und die Interaktionen von Wirtschaftsakteuren sowie die Funktionsweise von Ökonomien. Die Mikroökonomie analysiert grundlegende Elemente der Wirtschaft, einschließlich einzelner Agenten und Märkte, ihrer Interaktionen und der Ergebnisse von Interaktionen. Zu einzelnen Agenten können beispielsweise Haushalte, Firmen, Käufer und Verkäufer gehören. Die Makroökonomie analysiert die Wirtschaft als Gesamtsystem, in dem Produktion, Konsum, Sparen und Investitionen interagieren, sowie Faktoren, die sie beeinflussen. Sie beschäftigt sich ferner mit Inflation und Wirtschaftswachstum und staatlichen Maßnahmen, die sich darauf auswirken.

Im deutschsprachigen Raum wird die Wirtschaftswissenschaft in Volkswirtschaftslehre und Betriebswirtschaftslehre eingeteilt.[4] Weitere mögliche Einteilungen sind die zwischen positiver Ökonomie, die beschreibt „was ist“, und normativer Ökonomie, die untersucht „was sein sollte“, – weiterhin zwischen Wirtschaftstheorie und angewandter Wirtschaftswissenschaft, sowie zwischen rationaler und Verhaltensökonomik und zwischen Mainstream-Ökonomie und heterodoxer Ökonomie.[5]

Ökonomische Analysen können in der gesamten Gesellschaft angewendet werden, in der Immobilienwirtschaft,[6] in Unternehmen,[7] auf dem Finanzmarkt,[8] im Gesundheitswesen,[9] im Ingenieurswesen[10] und für staatliche Zwecke[11]. Es gibt aber auch wirtschaftswissenschaftliche Untersuchungen zu Themen wie Kriminalität,[12] Bildung,[13] Familie,[14] Recht,[15] Politik,[16] Religion,[17] Krieg und Frieden,[18] Wissenschaft[19] und Umwelt[20].

Definition

Die Wirtschaftswissenschaft untersucht den rationalen Umgang mit knappen, also nur begrenzt verfügbaren Ressourcen, welche für Akteure einen ökonomischen Wert haben.[21]

Es existieren verschiedene Einteilungen der Wirtschaftswissenschaft.[4] Im internationalen Kontext wird die Wirtschaftswissenschaft in Mikroökonomie und Makroökonomie aufgeteilt, wobei ökonomische Analysen auf Firmen, Privathaushalte oder Staaten angewendet werden können. Im deutschsprachigen Raum hat sich die Unterteilung in Betriebswirtschaftslehre (BWL) und Volkswirtschaftslehre (VWL) etabliert, wobei Mikro- und Makroökonomie Teilbereiche der VWL sind. Die BWL wird im internationalen Kontext meist als Management oder Business Administration bezeichnet.

Historische Aspekte

Es gibt eine Vielzahl historischer Definitionen der Wirtschaftswissenschaften. Sie spiegeln die Entwicklung und Unterschiede der Ansichten unter Ökonomen wider.[22]

Der schottische Philosoph Adam Smith definierte 1776 die damalige politische Ökonomie als „eine Untersuchung des Wesens und der Ursachen des Reichtums der Nationen“ insbesondere als:[23]

‘a branch of the science of a statesman or legislator [with the twofold objectives of providing] a plentiful revenue or subsistence for the people ... [and] to supply the state or commonwealth with a revenue for the public services.’

„ein Zweig der Wissenschaft eines Staatsmannes oder Gesetzgebers [mit dem zweifachen Ziel,] reichlich Einnahmen oder Lebensunterhalt für das Volk bereitzustellen ... [und] den Staat oder das Gemeinwesen mit Einnahmen für die öffentlichen Dienste zu versorgen.“

Adam Smith: The Wealth of Nations Buch IV

John Stuart Mill lieferte 1844 folgende Definition der Wirtschaftswissenschaften:[24]

‘The science which traces the laws of such of the phenomena of society as arise from the combined operations of mankind for the production of wealth, in so far as those phenomena are not modified by the pursuit of any other object.’

„Die Wissenschaft, die die Gesetze derjenigen gesellschaftlichen Phänomene untersucht, die sich aus den vereinigten Tätigkeiten der Menschheit zur Produktion von Reichtum ergeben, sofern diese Phänomene nicht durch das Streben nach einem anderen Ziel modifiziert werden.“

John Stuart Mill: Essays on Some Unsettled Questions of Political Economy

Alfred Marshall lieferte in seinem Lehrbuch Principles of Economics (1890) eine immer noch viel zitierte Definition, die die Analyse über den Reichtum von Nationen von der gesellschaftlichen auf die mikroökonomische Ebene ausdehnt:[23]

‘Economics is a study of man in the ordinary business of life. It enquires how he gets his income and how he uses it. Thus, it is on the one side, the study of wealth and on the other and more important side, a part of the study of man.’

„Die Ökonomie ist die Wissenschaft des Menschen im Vollzug seines gewöhnlichen Lebens. Sie erkundigt sich, wie er sein Einkommen bezieht und wie er es verwendet. Somit ist sie auf der einen Seite die Erforschung des Reichtums und auf der anderen und wichtigeren Seite ein Teil der Erforschung des Menschen.“

Alfred Marshall: Principles of Economics

Lionel Robbins präsentierte 1932 eine heute immer noch gängige Definition der Wirtschaftswissenschaften:[25]

‘Economics is a science which studies human behaviour as a relationship between ends and scarce means which have alternative uses.’

„Die Ökonomie ist eine Wissenschaft, die menschliches Verhalten als eine Beziehung zwischen Zwecken und knappen Mitteln untersucht, die alternative Verwendungen haben.“

Lionel Robbins: An essay on the nature & significance of economic science

Gary Becker, der sich um die Ausweitung der Ökonomie in neue Forschungsbereiche verdient machte, beschreibt den von ihm verwendeten Ansatz als „die Kombination von Annahmen von maximierendem Verhalten, stabilen Präferenzen und Marktgleichgewicht, die unerbittlich und unerschrocken verwendet werden.“[26]

Geschichte

Antike

Ibn Chaldūn: Joseph Schumpeter sieht ihn ihm den wichtigsten Vorläufer der modernen Ökonomie.[27]

Die frühesten erhaltenen ökonomischen Schriften stammen aus Mesopotamien, Griechenland, Rom, Indien, China, Persien und arabischen Zivilisationen.[28] Wirtschaftsvorschriften kommen in den Schriften des böotischen Dichters Hesiod vor.[29] Andere bemerkenswerte Autoren der Antike bis zur Renaissance waren Aristoteles, Xenophon, Chanakya, Qin Shi Huang, Thomas von Aquin und Ibn Chaldūn.[29][30]

Mittelalter

Über wirtschaftliche Zusammenhänge wurde im Mittelalter vor allem von Theologen wie Thomas von Aquin oder Ibn Khaldoun nachgedacht.

In seiner Summa Theologica untersucht Thomas von Aquin viele Fragen ökonomischer Natur, einschließlich der Gründe für Privateigentum, Handel und Profit.

Die Denker der Scholastik argumentierten im Rahmen des Naturrechts. Laut Joseph Schumpeter nahmen sie bereits Überlegungen der modernen Ökonomie auf den Gebieten der Geldpolitik, des Zinses und der Werttheorie vorweg.[31]

Frühe Neuzeit

Jean-Baptiste Colbert, Vertreter des Merkantilismus in Frankreich.

Die moderne ökonomische Wissenschaft in Europa entwickelte sich im Ausgang der Renaissance und frühen Neuzeit.[32]

Zwei theoretische Schulen, die Merkantilisten und Physiokraten, beeinflussten die weitere Entwicklung des Fachs. Beide Schulen wurden mit dem Aufkommen des wirtschaftlichen Nationalismus und des modernen Kapitalismus in Europa in Verbindung gebracht und können als Vorläufer der modernen Wirtschaftswissenschaft angesehen werden.[33]

Der Merkantilismus bezeichnet eine Wirtschaftslehre, die vom 16. bis 18. Jahrhundert in einer Flugschriftenliteratur von Kaufleuten oder Staatsmännern aufblühte. Die Grundthesen waren: Der Reichtum einer Nation hängt von ihrem Anhäufen von Gold und Silber ab. Nationen ohne Zugang zu Minen konnten Gold und Silber aus dem Handel nur durch den Verkauf von Waren im Ausland und die Beschränkung der Einfuhr anderer als von Gold und Silber erhalten. Die Doktrin forderte den daher den Import billiger Rohstoffe für die Herstellung von Waren, die exportiert werden könnten, und eine staatliche Regulierung, um Schutzzölle auf ausländische Fabrikate zu erheben und die Herstellung in den Kolonien zu verbieten.[32]

François Quesnay, einer der führenden Vertreter der Physiokratie.

Die Physiokratie bezeichnete eine Gruppe französischer Denker und Schriftsteller des 18. Jahrhunderts und ihre Idee, die Wirtschaft als Kreislauf von Einkommen und Produktion zu denken. Physiokraten glaubten, dass nur die landwirtschaftliche Produktion einen deutlichen Kostenüberschuss erwirtschafte, so dass die Landwirtschaft die Grundlage allen Reichtums sei. So widersetzten sie sich der merkantilistischen Politik der Förderung von Produktion und Handel auf Kosten der Landwirtschaft, einschließlich der Einfuhrzölle. Physiokraten plädierten dafür, die administrativ aufwendigen Steuererhebungen durch eine einzige Steuer auf das Einkommen der Landbesitzer zu ersetzen. Als Reaktion auf die umfangreichen merkantilistischen Handelsbestimmungen befürworteten die Physiokraten eine Politik des Laissez-faire, die minimale staatliche Eingriffe in die Wirtschaft forderte.[34]

19. Jhd.

Klassik

Adam Smith gilt weithin als Begründer der modernen Wirtschaftswissenschaft

Die Veröffentlichung von Adam Smiths Der Wohlstand der Nationen wurde als die Geburtsstunde der Ökonomie als eigenständiger Disziplin angesehen.[35][36] Das Werk klassifizierte Land, Arbeit und Kapital als die drei Produktionsfaktoren, welche Beiträge zum Wohlstand einer Nation lieferten. Damit widersprach Smith der physiokratischen Vorstellung, dass nur die Landwirtschaft produktiv sei.[36]

Smith unterstreicht außerdem die Vorteile der Arbeitsteilung, etwa die erhöhte Arbeitsproduktivität und Handelsgewinne. Diese Vorteile zeigten sich zwischen Stadt und Land und zwischen Nationen. Er stellt dabei die These auf, dass die Arbeitsteilung dabei durch die Größe des Marktes begrenzt ist. Ein größerer gemeinsamer Markt führe zu mehr Arbeitsteilung und damit zu mehr Wohlstand.[37]

Ein weiterer wichtiger Ökonom war David Ricardo. Er hat als erster das Prinzip des komparativen Kostenvorteils dargestellt und bewiesen, dass sich jede Nation auf die Produktion und den Export von Gütern spezialisieren sollte, worin sie die geringsten relativen Produktionskosten hat.[38] Das Prinzip wird als grundlegendes Argument für Freihandel und die Abschaffung von Handelszöllen bezeichnet.[39]

Während Adam Smith die Einkommensproduktion betonte, konzentrierte sich David Ricardo auf die Einkommensverteilung zwischen Grundbesitzern, Arbeitern und Kapitalisten. Ricardo sah einen inhärenten Konflikt zwischen Grundbesitzern einerseits und Arbeit und Kapital andererseits. Er postulierte, dass das Wachstum der Bevölkerung und des Kapitals, das einem festen Bodenangebot entgegenwirkt, die Renten in die Höhe treibt und die Löhne und Profite niedrig hält.[40]

John Stuart Mill unterscheidet sich von Ökonomen dieser Zeit in der Frage nach einer Umverteilung der vom Markt produzierten Einkommen. Er weist dem Markt zwei Rollen zu: eine Fähigkeit zur Verteilung von Ressourcen und eine Fähigkeit zur Verteilung von Einkommen. Der Markt sei bei der Ressourcenallokation sehr effizient, aber bei der Einkommensverteilung ist er weniger effizient, weshalb die Gesellschaft Markteingriffe durchführen sollte.[41][42]

Die Werttheorie war ein weiteres wichtiges Forschungsobjekt der klassischen Nationalökonomie. Alle genannten Ökonomen waren Vertreter der Arbeitswerttheorie, d. h. der Auffassung, dass es ein objektives Wertmaß gäbe und dies durch die aufgewendete Arbeitszeit gegeben sei.[43]

Marxismus

Karl Marx, Autor des Kapital

Der Marxismus und die marxistische Wirtschaftstheorie entstammen der klassischen Ökonomie und leiten sich aus den Werken von Karl Marx her.[44] Der erste Band von Marx' Hauptwerk Das Kapital wurde 1867 in deutscher Sprache veröffentlicht.[44] Darin konzentrierte sich Marx auf die Arbeitswerttheorie und die Mehrwerttheorie, die seiner Ansicht nach die strukturelle Ausbeutung der Ware Arbeitskraft durch das Kapital erkläre.[45] Marx ging dabei davon aus, dass der Wert einer produzierten Ware durch die Arbeit bestimmt wird, die in ihre Produktion floss, und er zeigte, dass die Arbeiter nur einen Teil des Wertes, den ihre Arbeit geschaffen hatte, als Lohn ausgezahlt bekamen.[46]

Die marxistische Wirtschaftstheorie wird zur heterodoxen Ökonomie gezählt und vom ökonomischen Mainstream abgelehnt.[47][48]

Neoklassik

Vilfredo Pareto, neoklassischer Ökonom und Begründer der Wohlfahrtsökonomik

Die Neoklassik, die auch als neoklassische Theorie oder Grenznutzenschule bezeichnet wird, entstand zwischen 1870 und 1910. Die Theorie ist vor allem durch eine Übernahme mathematischer Methoden aus den Naturwissenschaften gekennzeichnet. Sie begründet die Wirtschaftswissenschaft als moderne empirisch-mathematische Wissenschaft.[49]

Die neoklassische Ökonomie untersucht das Verhalten von Einzelpersonen, Haushalten und Organisationen (die als wirtschaftliche Akteure, Akteure oder Agenten bezeichnet werden), wenn sie knappe Ressourcen verwalten oder verwenden, die alternative Verwendungen haben, um gewünschte Ziele zu erreichen.[49] Wissenschaftliche Axiome der Neoklassik sind, dass Agenten rational handeln, mehrere wünschenswerte Ziele in Sicht haben, begrenzte Ressourcen, um diese Ziele zu erreichen, eine Reihe stabiler Präferenzen, ein eindeutiges übergeordnetes Leitziel und die Fähigkeit, zwischen verschiedenen Optionen zu wählen.[50]

Die neoklassische Ökonomie führte Angebot und Nachfrage als systematische Determinanten von Preis und Menge in die Modellbildung ein. Sie verzichtete auf die aus der klassischen Ökonomie übernommene Arbeitswerttheorie zugunsten einer Werttheorie basierend auf dem Konzept des Grenznutzens auf der Nachfrageseite und einer Kostentheorie auf der Angebotsseite.[51] Im 20. Jahrhundert entfernten sich neoklassische Theoretiker von einer früheren Vorstellung, dass der Gesamtnutzen für eine Gesellschaft gemessen werden könnte, zugunsten des ordinalen Nutzens, der lediglich verhaltensbasierte Beziehungen zwischen Personen darstellt.

In der Mikroökonomie stellt die neoklassische Ökonomie Anreize und Kosten dar, die eine entscheidende Rolle bei ökonomischen Entscheidungen spielen. Ein unmittelbares Beispiel hierfür ist die Haushaltstheorie, die analysiert, wie Preise (als Kosten) und Einkommen die nachgefragte Menge beeinflussen.[52]

In der Makroökonomie ist besonders die Quantitätstheorie des Geldes zu nennen, welche bis heute die dominante Theorie zur Erklärung von Inflation darstellt.[53]

Die neoklassische Ökonomie wird gelegentlich als orthodoxe Ökonomie bezeichnet, sei es von ihren Kritikern oder Sympathisanten.[54][55] Die moderne Mainstream-Ökonomie baut auf der neoklassischen Theorie auf, jedoch mit vielen Verfeinerungen, die frühere Analysen entweder ergänzen oder verallgemeinern. Beispiele dafür sind Ökonometrie, Spieltheorie, die Analyse von Marktversagen und unvollkommener Wettbewerb und das neoklassische Modell des Wirtschaftswachstums zur Analyse langfristiger Variablen, die das Nationaleinkommen beeinflussen.[56]

20. Jhd.

Keynesianismus

John Maynard Keynes, Begründer des Keynesianismus

Der Keynesianismus bezeichnet eine ökonomische Theorie, die von John Maynard Keynes begründet wurde, insbesondere seinem Hauptwerk Allgemeine Theorie der Beschäftigung, des Zinses und des Geldes. Keynes begründete damit die moderne Makroökonomie als eigenständiges Feld. Das Buch konzentrierte sich auf Determinanten des Nationaleinkommens auf kurze Sicht, wenn Preise relativ unflexibel sind. Keynes versuchte zu erklären, warum sich Arbeitslosigkeit auf dem Arbeitsmarkt aufgrund einer geringen „effektiven Nachfrage“ möglicherweise nicht selbst korrigiert und warum Preisflexibilität und Geldpolitik erfolglos sein können. Daher müsse der Staat durch Fiskalpolitik bzw. deficit spending auf die Wirtschaft einwirken.

Als die große Weltwirtschaftskrise ausbrach, hatten neoklassische Ökonomen Schwierigkeiten zu erklären, warum Waren unverkauft bleiben und Arbeiter arbeitslos werden konnten. In der neoklassischen Theorie sollten Preise und Löhne einfach soweit fallen, bis der Markt ein neues Gleichgewicht erreicht, wo alle Waren und Arbeitskräfte verkauft werden können. Keynes bot somit eine neue Wirtschaftstheorie an, die erklärte, warum Märkte möglicherweise nicht zu einem Gleichgewicht finden.

Die keynesianische Theorie hatte historisch vor allem einen dominanten Nachfolger: die neoklassische Synthese, welche versuchte, Keynes Theorie und die neoklassische Ökonomie zusammenzuführen.[57][58]

Ab 1950er Jahren wurde diese Synthese von den meisten Ökonomen akzeptiert. Vertreter wie Paul Samuelson, Franco Modigliani, James Tobin und Robert Solow entwickelten formale mathematische Modelle und spezifische Theorien von Konsum, Investitionen und Geldnachfrage, die den keynesianischen Rahmen präzisierten.

Chicagoer Schule

Milton Friedman, Begründer des Monetarismus und einflussreicher Denker des politischen Liberalismus im 20. Jhd.

Die Chicagoer Schule bezeichnet eine Sammlung verschiedener ökonomischer Theorien.[59] Milton Friedman, George Stigler und Robert E. Lucas gelten als führende Vertreter.[60] Milton Friedman war dabei Befürworter des Monetarismus, einer makroökonomischen Position, die den Keynesianismus ablehnte und die Geldpolitik gegenüber der Fiskalpolitik betonte. Er hat die neoklassische Quantitätstheorie des Geldes aktualisiert und dabei die Funktion der Geldnachfrage betont.[61] Friedman argumentierte weiterhin, dass Geldpolitik effektiver sei als Fiskalpolitik.[62]

Die neue klassische Makroökonomie übte auch Kritik am Keynesianismus. Entscheidend war dabei die Einführung von rationalen Erwartungen in die ökonomischen Modelle durch Robert Lucas.[63] Der Keynesianismus war von adaptiven Erwartungen ausgegangen, d. h. es wurde angenommen, dass Agenten die jüngste Vergangenheit betrachten, um Erwartungen über die Zukunft zu erstellen. Mit rationalen Erwartungen zeigten Neue klassische Ökonomen, dass die Geldpolitik nur begrenzte Auswirkungen habe und Fiskalpolitik faktisch unwirksam sei.[64][65]

Außerdem übte Robert E. Lucas eine fundamentale Kritik an den Modellen des Keynesianismus: die Lukas-Kritik. Sie besagt, dass die meisten makroökonomischen Modelle nur statische Annahmen treffen, während sich reale Ökonomien dynamisch verhalten würden. Agenten passen ihre Erwartungen dynamisch an sich verändernde Informationen an. Daher seien die meisten keynesianischen makroökonomischen Modelle nicht haltbar.[66]

Damit läutete Lucas einen Paradigmenwechsel in der Makroökonomie ein, der als Mikrofundierung bekannt ist.[67]

Neukeynesianismus

Stanley Fischer, Mitbegründer des Neukeynesianismus

Der Neukeynesianismus ist der aktuelle wissenschaftliche Konsens der ökonomischen Theorie. Hauptvertreter sind dabei Stanley Fischer, John B. Taylor und Oliver Blanchard. Der Neukeynesianismus entstand aus der Synthese der Neuen Klassischen Makroökonomik, d. h. rationale Erwartungen und Mikrofundierung wurden akzeptiert. Zugleich bezog man aber auch die Einsicht John Maynard Keynes ein, dass sich Preise und Löhne kurzfristig nicht perfekt anpassen können. Die Verschmelzung von Elementen aus den verschiedenen Denkrichtungen wurde als neue neoklassische Synthese bezeichnet.[68] Neue keynesianische Modelle untersuchten daher Quellen von Starrheit bei Preisen und Löhnen (sticky prices and wages) und andere Formen des Marktversagens.[69] So konnte gezeigt werden, dass Fiskal- und Geldpolitik effizientere makroökonomische Ergebnisse produzieren können als Laissez-faire.[70][71]

Die so entstandenen ökonomischen Theorien werden genutzt, um dynamische stochastische allgemeine Gleichgewichtsmodelle (DSGE) zu erstellen. Diese stellen den heutigen Stand der Makroökonomie dar und werden von internationalen Organisationen und Zentralbanken verwendet.[72]

Die europäische Zentralbank verwendet zum Beispiel das Smets–Wouters Modell, ein DSGE-Modell, um die Auswirkungen ihrer Geldpolitik auf die Eurozone zu untersuchen.[73]

21. Jhd.

Entwicklung des Konsens

Oliver Blanchard, wichtiger zeitgenössischer Makroökonom, der den ökonomischen Konsens nach der Weltfinanzkrise maßgeblich weiterentwickelte.[74]

Die Finanzkrise von 2007–2008 und die anschließende Große Rezession stellten die damalige Makroökonomik der kurzen und mittleren Frist in Frage.[75] Nur wenige Ökonomen hatten die Krise vorhergesagt und es gab große Meinungsverschiedenheiten darüber, wie man ihr begegnen sollte.[76][77] Die neue neoklassische Synthese entstand während einer Phase relativer Stabilität und wurde noch nicht in einem schwierigen wirtschaftlichen Umfeld getestet.[75] Viele Ökonomen stimmen darin überein, dass die Krise von einer Spekulationsblase herrührte, aber ein Modell des Finanzsektors oder einer Theorie von Vermögensblasen waren bisher nicht vorhanden.[78] Das Scheitern der damaligen makroökonomischen Theorie bei der Erklärung der Krise veranlasste die Makroökonomen, ihre Denkweise neu zu bewerten.[79]

Besonders kritisiert wurden vor allem die vorherrschenden DSGE-Modelle, die als umfassende Makro-Modelle der Wirtschaft entwickelt wurden.[80] Ökonomen wie Robert Solow kritisierten die unplausiblen Annahmen der Modelle, z. B. dass ein einziger „repräsentativer Agent“ die komplexe Interaktion der vielen verschiedenen Agenten darstellt, aus denen die reale Ökonomie besteht.[81] Joseph Stiglitz forderte eine Erneuerung der Wirtschaftsmodelle, um die neuen Erkenntnisse der Informationsökonomik und der Verhaltensökonomik zu integrieren.[82]

Die Vertrauenskrise der DGSE-Modelle hat den tieferen wissenschaftlichen Konsens des Neukeynesismus und der neuen neoklassischen Synthese jedoch nicht erschüttert.[83][84] Stattdessen konzentrierte man sich auf die Entwicklung von Modellen, die die neuen Daten erklären können.[84] Dazu wurden die ökonomischen Modelle um weitere Formen des Marktversagens erweitert, etwa auf Finanzmärkten.[85] Außerdem erlauben zeitgenössische DGSE-Modelle eine größere Heterogenität der Agenten mit Faktoren wie Alter, Bildungsstand und verfügbaren Informationen. Diese neukeynesianischen (NK) Modelle mit heterogenen Agenten (HA) werden auch kurz als HANK-Modelle bezeichnet und sind ein gegenwärtiges Forschungsfeld der makroökonomischen Modellierung.[86] Daneben werden spezifische Bereiche der Ökonomie direkt modelliert, etwa der Transmissionsmechanismus der Geldpolitik.[87]

Außerdem wurde das Feld der modernen Makroökonomik hinsichtlich neuer Probleme wie Ungleichheit und Klimawandel erweitert. Empirische makroökonomische Forschung zeigte, wie schädlich hohe Ungleichheit für das Wachstumspotential von Ökonomien ist.[88] Die makroökonomischen Modelle der EZB und internationaler Institutionen wie dem IWF analysieren Klimarisiken für die langfristige Stabilität des Wirtschaftswachstums und entwickeln effektive und effiziente Lösungen.[89][90]

Betriebswirtschaft

Die Betriebswirtschaftslehre (BWL) als reine Beschreibung von Tätigkeiten und deren Zwecken in einzelnen Unternehmen begann schon im 15. Jahrhundert in Italien. Dort wurde im Jahre 1494 auch für das Rechnungswesen der BWL die Technik der doppelten Buchführung durch Luca Pacioli entwickelt und veröffentlicht.

Als Begründer der Handlungswissenschaft gilt der Franzose Jacques Savary, der im Jahre 1675 das erste systematisch gegliederte Lehrbuch zur Betriebswirtschaft veröffentlichte: Le parfait Négociant. Darin fasste er das gesamte kaufmännische Wissen seiner Zeit zusammen, beschrieb das Handelsgeschäft und die damit verbundenen Risiken und schlug unter anderem vor, zur bilanziellen Bewertung des betrieblichen Vermögens das Niederstwertprinzip anzuwenden und für den periodengerechten Abschluss transitorische Posten vorzusehen.[91] Savary hatte großen Einfluss auf Paul Jacob Marperger aus Nürnberg, der in seinem 1714 veröffentlichten Hauptwerk Nothwendige und nützliche Fragen über die Kauffmannschafft ebenfalls das Handelsgeschäft beschrieb und die Handelsspanne rechtfertigte. Als Erster begründete er den wissenschaftlichen Anspruch des Fachs, indem er forderte, auf Universitäten öffentliche Professores Mercaturae zu verordnen.[92]

Als Savarys eigentlicher Nachfolger im deutschen Sprachraum aber gilt jedoch Carl Günther Ludovici, der „sein Augenmerk allein auf das Zusammentragen und systematische Aufbauen des Stoffes“ richtete und mit seinem Werk „Eröffnete Akademie der Kaufleute oder vollständiges Kaufmannslexikon die beste Sammlung seiner Zeit schuf“ (Eduard Weber). In deren Anhang findet sich mit dem Grundriss eines vollständigen Kaufmanns-Systems eine systematische Darstellung der Handlungswissenschaft, die den Stoff in die Arten der Handels- und Handelshilfsbetriebe, die produktiven Faktoren (Waren, Personen, Sachmittel) sowie die Handelstätigkeit als Ein- und Verkauf gliedert.

Nach einer Zeit des Niederganges der Betriebswirtschaftslehre und der Verdrängung durch die Volkswirtschaftslehre nahm ihre Bedeutung seit Beginn des 20. Jahrhunderts erheblich zu.

Heterodoxe Ökonomie

Heterodoxe Ökonomie bezeichnet verschiedene wirtschaftswissenschaftliche Schulen, die außerhalb des ökonomischen Mainstreams liegen. Dazu zählen zum Beispiel die Österreichische Schule, die Freiburger Schule, die Stockholmer Schule, der Postkeynesianismus und die Neoricardianische Schule.

Methodik

Theorie

Die moderne Mainstream-Ökonomie stützt sich auf a priori quantitative Wirtschaftsmodelle, die eine Vielzahl von Konzepten verwenden.[93] Die Modelle gehen typischerweise von einer Ceteris-Paribus-Annahme aus. Das bedeutet, dass außer der beobachteten Variablen alle anderen im Modell verwendeten Variablen konstant gehalten werden. Das Ziel neuer ökonomischer Theorien ist bei gleichen Informationsinputs bessere und präzisiere Vorhersagen zu treffen.[94]

Zu den Hauptkonzepten der Mikroökonomie gehören Angebot und Nachfrage, Grenznutzen, die Theorie der rationalen Entscheidung, Opportunitätskosten, Budgetrestriktionen, Nutzen und die Theorie der Unternehmung.[95]

Die oben genannten mikroökonomischen Konzepte spielen auch eine wichtige Rolle in makroökonomischen Modellen – zum Beispiel sagt die Quantitätstheorie des Geldes in der Geldtheorie voraus, dass eine Erhöhung der Wachstumsrate der Geldmenge die Inflation erhöht.[96] Außerdem wird angenommen, dass die Inflation durch rationale Erwartungen beeinflusst wird.[97] Frühe makroökonomische Modelle konzentrierten sich auf die Modellierung der Beziehungen zwischen aggregierten Variablen. In den 1970er Jahren wurden dann durch Robert Lukas ein neues wissenschaftliches Paradigma eingeführt: die Mikrofundierung. Dabei werden makroökonomische Gleichungen direkt aus dem mikroökonomischen Verhalten der einzelnen Agenten abgeleitet.[98]

Besonders im Neukeynesianismus und der Neuen Klassischen Makroökonomik wird dieses Paradigma verwendet, um DSGE-Modelle zu formulieren, welche den aktuellen Stand der makroökonomischen Modellierung darstellen.

Empirie

Ökonomische Theorien werden häufig empirisch getestet, hauptsächlich durch den Einsatz von Ökonometrie unter Verwendung von Wirtschaftsdaten.[99] Die in den Naturwissenschaften üblichen kontrollierten Experimente sind schwierig und in der Wirtschaftswissenschaft ungewöhnlich, stattdessen werden umfassende Daten durch Beobachtung untersucht. Diese Art von Tests wird normalerweise als weniger streng angesehen als kontrollierte Experimente, und die Schlussfolgerungen sind in der Regel eher vorläufig. Das Feld der experimentellen Ökonomik wächst jedoch, und natürliche Experiment werden zunehmend genutzt.[100]

Statistische Methoden wie die Regressionsanalyse sind in empirischen Arbeiten üblich.[101] Ökonomen verwenden diese Methoden, um die Größe, die wirtschaftliche und statistische Signifikanz („Signalstärke“) der hypothetischen Beziehung(en) zu schätzen und um Rauschen von anderen Variablen zu korrigieren. Auf diese Weise kann eine Hypothese akzeptiert werden. Die Akzeptanz hängt von der falsifizierbaren Hypothese ab, die die Tests überlebt. Die Verwendung allgemein anerkannter Methoden muss angesichts unterschiedlicher Tests, Datensätze und früherer Überzeugungen nicht zu einer endgültigen Schlussfolgerung oder sogar zu einem Konsens zu einer bestimmten Frage führen.

In der angewandten Ökonomie sind Input-Output-Modelle mit Methoden der linearen Programmierung weit verbreitet. Große Datenmengen werden durch Computerprogramme geleitet, um die Auswirkungen bestimmter Richtlinien zu analysieren; IMPLAN ist ein bekanntes Beispiel.

Die experimentelle Ökonomik hat den Einsatz wissenschaftlich kontrollierter Experimente in der Wirtschaftswissenschaft befördert. Dies hat die seit langem bekannte Abgrenzung der Ökonomie von den Naturwissenschaften reduziert, weil jetzt direkte Experimente möglich sind, um ökonomische Axiome zu überprüfen. In einigen Fällen haben diese herausgefunden, dass Axiome, wie vollständige Rationalität der Agenten nicht richtig sind.[100] Das Ultimatumspiel hat beispielsweise gezeigt, dass Menschen ungleiche Angebote ablehnen.[102]

In der Verhaltensökonomik erhielt der Psychologe Daniel Kahneman 2002 den Alfred-Nobel-Gedächtnispreis für Wirtschaftswissenschaften für seine und Amos Tverskys empirische Arbeit zu mehreren kognitiven Verzerrungen und Heuristiken.

Historische Aspekte

John Stuart Mill

John Stuart Mill war einer der ersten Denker, der sich mit Erkenntnistheorie und Methoden der Ökonomik auseinandersetzte- besonders in seinem erkenntnistheoretischen und wissenschaftsphilosophischen Hauptwerk A System of Logic (1848). Darin entwickelt Mill eine radikal empiristische Auffassung von Wissenschaft. Er verteidigt die These, dass es rein deduktives Denken nicht gibt: Die Prämissen, auf denen jeder Syllogismus basiert, haben notwendigerweise empirischen und induktiven Ursprung. Mit anderen Worten: Wissenschaftler leiten ihre Axiome und Postulate notwendigerweise aus Verallgemeinerungen ab, die auf Beobachtungen beruhen.[103]

Mill zeigt außerdem, dass die Sozialwissenschaften durch eine bestimmte Besonderheit gekennzeichnet sind: die Unmöglichkeit, kontrollierte Experimente im Labor durchzuführen. Das Studienfeld ist nämlich das menschliche Verhalten in Gesellschaften. Diese Besonderheit bringt Mill dazu, die Ökonomie als eine deduktive und apriorische Wissenschaft zu charakterisieren. Ökonomen können die Unmöglichkeit überwinden, kausale Faktoren durch Experimente zu isolieren. Dabei verlassen sie sich auf die Tatsache, dass die Ökonomie einen Aspekt des menschlichen Handelns untersucht, der für uns durch Selbstreflexion verständlich ist: rationales Verhalten.[104] Aufgabe der Ökonomie ist es, „ökonomisches“, also rationales Verhalten von den anderen das tatsächliche Verhalten bestimmenden Faktoren zu isolieren, um daraus empirische Konsequenzen abzuleiten. Damit führt Mill den methodologischen Apriorismus ein: Der Ökonom geht von einem a priori bestimmten Axiom (ökonomische Rationalität) aus und kann durch eine Folge von deduktiven Sätzen empirische Sätze produzieren.[104]

Für Mill besteht die wissenschaftliche Methodik aus 4 Etappen:[105]

  1. Hypothese formulieren
  2. Vorhersage ableiten
  3. Vorhersage testen
  4. Hypothese mit dem erhaltenen Ergebnis bewerten

Für Mill ist die Ökonomie eine ungenaue Wissenschaft, da ihre Zusammenhänge oft von mehreren Ursachen abhängen, welche die Modellierung sehr schwer machen. Man kann daher nur Tendenzen erkennen, welche sich dann empirisch testen lassen.[105]

Logischer Positivismus

Die 1920er und 1930er Jahre markierten mit der Gründung des Wiener Kreises und dem logischen Positivismus eine echte Revolution in der Erkenntnistheorie und Wissenschaftsphilosophie, welche sich auch auf die Ökonomie auswirkt.[106] Das Programm des logischen Positivismus besteht darin, eine klare die Abgrenzung von Sinn und Unsinn zu ermöglichen, das heißt, Kriterien aufzuzeigen, anhand derer sinnvolle von sinnlosen Aussagen unterschieden werden können. Der logische Positivismus will damit jede metaphysische Betrachtung aus der philosophischen und wissenschaftlichen Reflexion entfernen.[107]

Hauptvertreter Positivismus in der Ökonomie sind insbesondere Paul Samuelson und Milton Friedman.[108] Letzterer verteidigt in einem berühmten Artikel aus dem Jahr 1953, The Methodology of Positive Economics, die These des methodologischen Instrumentalismus: Für Friedman hängt der Wert ökonomischer Modelle nicht vom Realismus der Annahmen ab (anders als für Mill), sondern vielmehr davon, dass sie exakte Vorhersagen ermöglichen. Daher ist die Kritik am mangelnden Realismus der Gründungspostulate der Ökonomie, wie die Rationalität der Akteure irrelevant, da nur der instrumentelle Wert dieser Hypothesen von Bedeutung ist. Das heißt, insofern sie die Grundlage von Theorien mit genauen Vorhersagen sind, ist ihre Verwendung gerechtfertigt.[109]

Bereiche

Mikroökonomie

Die Mikroökonomie untersucht Handels-, Produktions- und Konsumentscheidungen, wie sie auf einem traditionellen Markt stattfinden.

Die Mikroökonomie untersucht, wie einzelne Agenten innerhalb eines Marktes interagieren, um ein Marktsystem zu bilden.[110] Zu diesen Agenten gehören private und öffentliche Akteure mit verschiedenen Eigenschaften. Das auf dem Markt gehandelte Gut kann ein Produkt wie Äpfel, Autos oder Computer oder eine Dienstleistung wie Reparaturdienste, Rechtsbeistand oder Unterhaltung sein.

Theoretisch können in einem freien Markt die Aggregate (Summe) der von den Käufern nachgefragten und der von den Verkäufern angebotenen Menge im Laufe der Zeit als Reaktion auf Preisänderungen ein wirtschaftliches Gleichgewicht erreichen; In der Praxis können verschiedene Probleme ein Gleichgewicht verhindern, und nicht jedes erreichte Gleichgewicht ist ethisch gerecht.

Elektronischer Handel bringt Käufer und Verkäufer über eine elektronische Handelsplattform zusammen, um virtuelle Marktplätze zu schaffen, wie hier an der Börse von São Paulo.

Es existieren verschiedene Marktstrukturen. In vollkommenen Märkten ist kein Teilnehmer groß genug, um über genug Marktmacht zu verfügen, um den Preis eines homogenen Produkts festzulegen. Mit anderen Worten, jeder Teilnehmer ist ein Preisnehmer, da kein Teilnehmer den Preis eines Produkts beeinflussen kann. In der realen Welt erleben Märkte oft einen unvollkommenen Wettbewerb.[111]

Zu den Formen unvollkommenen Wettbewerbs gehören Monopole (bei dem es nur einen Anbieter eines Gutes gibt), Duopole (bei dem es nur zwei Anbieter eines Gutes gibt), Oligopole (bei dem es nur wenige Verkäufer eines Gutes gibt), monopolistische Konkurrent (bei dem es viele Anbieter gibt, die stark differenzierte Waren verkaufen), Monopsone (bei dem es nur einen Nachfrager eines Gutes gibt) und Oligopson (bei dem es wenige Nachfrager eines Gutes gibt). Im Gegensatz zum vollkommenen Wettbewerb bedeutet unvollkommener Wettbewerb unweigerlich, dass die Marktmacht ungleich verteilt ist.[112] Unternehmen im unvollkommenen Wettbewerb haben das Potenzial, Preismacher zu sein, das heißt, sie können durch einen überproportionalen Anteil an Marktmacht die Preise ihrer Produkte beeinflussen.[113]

Die Mikroökonomie untersucht einzelne Märkte, indem sie das Wirtschaftssystem vereinfacht und davon ausgeht, dass die Aktivität auf dem analysierten Markt keine Auswirkungen auf andere Märkte hat. Diese Analysemethode wird als Partielle Gleichgewichtsanalyse bezeichnet.[114] Diese Methode aggregiert dabei die Summe aller Aktivitäten in nur einem Markt. Das Allgemeine Gleichgewichtsmodell untersucht verschiedene Märkte und ihr Verhalten. Es aggregiert die Summe aller Aktivitäten über alle Märkte hinweg. Diese Methode untersucht sowohl Marktänderungen als auch deren Wechselwirkungen, die zu einem globalen Gleichgewicht führen.[114]

Angebot und Nachfrage

Die Theorie von Angebot und Nachfrage stellt ein grundlegendes mikroökonomisches Modell da.[115] Es erklärt, wie Preise den Konsum und die Produktion von Gütermengen steuern. Preise und Gütermengen sind die am direktesten beobachtbaren Größen in einer Marktwirtschaft.[116] Das Modell gilt für Märkte mit vollständiger Konkurrenz.

Je höher der Preis, umso niedriger ist die Nachfrage eines Gutes

Die Nachfrage bezeichnet die Menge, die alle Konsumenten zu einem bestimmten Preis zu kaufen bereit wären. Die Nachfrage wird oft durch eine Grafik dargestellt, die Preis und nachgefragte Menge zeigt. Das Gesetz der Nachfrage besagt, dass Preis und nachgefragte Menge auf einem bestimmten Markt im Allgemeinen in umgekehrter Beziehung stehen.[117] Das heißt, je höher der Preis ist, desto weniger wären die Leute bereit, es zu kaufen. Wenn der Preis einer Ware sinkt, bewegen sich die Verbraucher von relativ teureren Gütern zu ihr (Substitutionseffekt). Darüber hinaus erhöht die Kaufkraft aus dem Preisverfall die Kauffähigkeit der Konsumenten (Einkommenseffekt).[115]

Die Haushaltstheorie ist ein verwandtes ökonomisches Modell. Es besagt, dass der einzelne Konsument rational wählt, hinsichtlich der am meisten bevorzugten Menge jedes Gutes bei gegebenem Einkommen, Preisen, Geschmack usw. Diesen Vorgang nennt man Nutzenmaximierung. Der Nutzen bezeichnet das Maß an Bedürfnisbefriedigung, welches mit verschiedenen Warenbündeln erreicht wird.[116] Einkommen und Vermögen stellen dabei die Budgetrestriktionen des Haushalts dar.

Das Marktgleichgewicht ist der Schnittpunkt von Angebots- und Nachfragekurve

Das Angebot ist das Verhältnis zwischen dem Preis eines Gutes und der zu diesem Preis verfügbaren Menge. Es kann als Grafik dargestellt werden, die Preis und produzierte Menge in Beziehung setzt. Je höher der Preis, zu dem eine Ware verkauft werden kann, desto mehr davon werden die Produzenten liefern. Der höhere Preis macht es rentabel, die Produktion zu erhöhen. Das Gesetz des Angebots besagt, dass ein Anstieg des Preises im Allgemeinen zu einer Ausweitung des Angebots und ein Preisrückgang zu einem Rückgang des Angebots führt.[115]

Es wird angenommen, dass Produzenten, zum Beispiel Unternehmen, Gewinnmaximierer sind. Das bedeutet, dass sie versuchen, die Menge an Gütern zu produzieren und zu liefern, die ihnen den höchsten Gewinn bringt.[118]

Ein Marktgleichgewicht tritt ein, wenn die angebotene Menge der nachgefragten Menge entspricht, der Schnittpunkt der Angebots- und Nachfragekurve.

Bei einem unter dem Gleichgewichtspreis liegenden Preis fehlt die angebotene Menge im Vergleich zur nachgefragten Menge. Konsumenten fordern mehr Ware, als von den Produzenten geliefert wird. Die Folge ist ein Mangel. Es entsteht ein Preisdruck nach oben. Produzenten haben so einen Anreiz, die zusätzlich geforderte Menge zu liefern. Bei einem über dem Gleichgewichtspreis liegenden Preis besteht ein Überschuss der angebotenen Menge gegenüber der nachgefragten Menge. Das drückt den Preis nach unten.

Das Modell von Angebot und Nachfrage sagt voraus, dass sich Preis und Menge bei gegebenen Angebots- und Nachfragekurven so stabilisieren, dass die angebotene Menge der nachgefragten Menge entspricht. Dieser Punkt ist pareto-effizient, weil er sowohl die Konsumentenrente als auch die Produzentenrente maximiert. Bei einer Verschiebung der Nachfrage oder des Angebots sagt die Nachfrage- und Angebotstheorie eine neue Preis-Mengen-Kombination voraus.

Produktion und Effizienz

In der Mikroökonomie bezeichnet Produktion die Umwandlung von Inputs in Outputs. Es ist ein wirtschaftlicher Prozess, der Inputs verwendet, um eine Ware oder eine Dienstleistung für den Austausch oder die direkte Verwendung als Output zu schaffen. Die Produktion ist ein Fluss und damit eine Produktionsrate pro Zeitabschnitt. Zu unterscheiden sind dabei Produktionsalternativen wie Konsum (Lebensmittel, Haarschnitte etc.) vs. Investitionsgüter (neue Traktoren, Gebäude etc.) oder öffentliche Güter (Nationale Verteidigung, Pockenimpfungen etc.) vs. private Güter (neue Computer, Bananen usw.).

Opportunitätskosten sind die ökonomischen Produktionskosten: der Wert der nächstbesten entgangenen Gelegenheit. Dabei muss zwischen jeweils erwünschten, aber sich gegenseitig ausschließenden Optionen gewählt werden. Wenn ein Bäcker beispielsweise eines Morgens einen Sack Mehl verwendet, um Brot zuzubereiten, kann der Bäcker weder das Mehl noch den Morgen verwenden, um stattdessen Kuchen zu backen. Ein Teil der Kosten für die Herstellung von Broten ist, dass weder das Mehl noch der Morgen mehr zur Verfügung stehen, um anderweitig verwendet zu werden. Die Opportunitätskosten einer Aktivität sind ein Element, um sicherzustellen, dass knappe Ressourcen effizient genutzt werden, sodass die Kosten gegen den Wert dieser Aktivität abgewogen werden, wenn mehr oder weniger davon entschieden wird. Opportunitätskosten sind nicht auf monetäre oder finanzielle Kosten beschränkt, sondern können anhand der tatsächlichen Kosten für entgangenen Output, Freizeit oder alles andere, das den alternativen Nutzen (Nutzwert) bietet, gemessen werden.[119]

Zu den im Produktionsprozess verwendeten Inputs gehören primäre Produktionsfaktoren wie Arbeit, Kapital (dauerhafte Produktionsgüter, die in der Produktion verwendet werden, z. B. eine bestehende Fabrik) und Land (einschließlich natürlicher Ressourcen). Andere Inputs können Zwischenprodukte umfassen, die bei der Herstellung von Endprodukten verwendet werden, wie beispielsweise der Stahl in einem neuen Auto.

Ökonomische Effizienz misst, wie gut ein System mit einem gegebenen Satz von Inputs und verfügbarer Technologie den gewünschten Output erzeugt. Die Effizienz wird verbessert, wenn ohne Änderung der Inputs mehr Output erzeugt wird, also die Menge an „Müll“ reduziert wird. Ein allgemein akzeptierter Standard ist die Pareto-Effizienz, die erreicht wird, wenn keine weitere Änderung am System etwas verbessern kann, ohne gleichzeitig etwas anderes zu verschlechtern.

Ein Beispiel einer Produktionsmöglichkeitenkurve für 2 Güter. Wichtige Bereiche sind beschriftet.

Die Produktionsmöglichkeitenkurve (PMK) ist eine Darstellung von Knappheit, Kosten und Effizienz. Im einfachsten Fall kann eine Ökonomie nur zwei Güter produzieren, zum Beispiel Kanonen und Butter. Die PMK ist eine Grafik (wie rechts), die die verschiedenen Mengenkombinationen der beiden Güter zeigt, die mit einer gegebenen Technologie hergestellt werden können, und die Gesamtfaktorinputs, die den realisierbaren Gesamtoutput begrenzen. Jeder Punkt auf der Kurve zeigt den potentiellen Gesamtoutput für die Ökonomie, das heißt den maximal möglichen Output eines Gutes bei gegebener realisierbarer Outputmenge des anderen Gutes.

Knappheit wird in der Abbildung dadurch dargestellt, dass vielleicht ein Bedarf besteht, es aber nicht möglich ist über die PMK hinaus zu konsumieren (nicht realisierbar), sowie durch die negative Steigung der Kurve.[120] Wenn die Produktion eines Gutes entlang der Kurve zunimmt, nimmt die Produktion des anderen Gutes ab, eine umgekehrte Beziehung. Dies liegt daran, dass die Erhöhung des Outputs eines Gutes die Übertragung von Inputs aus der Produktion des anderen Gutes erfordert, wodurch letzteres verringert wird.

Die Steigung der Kurve an einem Punkt gibt den Kompromiss zwischen den beiden Gütern an. Sie misst, was eine zusätzliche Einheit eines Gutes in Einheiten des anderen Gutes kostet. Dies ist ein Beispiel für reale Opportunitätskosten. Wenn also eine weitere Kanone 100 Einheiten Butter kostet, betragen die Opportunitätskosten für eine Kanone 100 Einheiten Butter. Nach der PMK bedeutet Knappheit, dass die Wahl mehr von einem Gut zu produzieren im Aggregat dazu führt, dass man weniger vom anderen Gut produziert. Dennoch kann in einer Marktwirtschaft eine Bewegung entlang der Kurve darauf hindeuten, dass die Wahl des erhöhten Outputs den Agenten als werthaltig erscheint.

Konstruktionsbedingt zeigt jeder Punkt auf der Kurve die Produktionseffizienz bei der Maximierung des Outputs bei gegebenem Gesamteinsatz. Ein Punkt innerhalb der Kurve ist machbar, stellt jedoch eine Produktionsineffizienz dar (Verschwendung von Inputs), da der Output eines oder beider Güter durch Bewegung in nordöstlicher Richtung zu einem Punkt auf der Kurve erhöht werden könnte. Als Beispiele für eine solche Ineffizienzen werden die hohe Arbeitslosigkeit während einer konjunkturellen Rezession, oder die ökonomische Organisation und Regulierung eines Landes genannt, die von einer vollständigen Nutzung der verfügbaren Ressourcen abhält. Auf der Kurve zu sein reicht aber für allokative Effizienz (Pareto-Effizienz) nicht aus. Es muss auch eine Produktionsverteilung von Gütern sein, die die Agenten anderen Punkten auf der Kurve vorziehen.

Angewandte Wirtschaftswissenschaft z. B. in der Politikberatung beschäftigt sich damit, wie die Effizienz einer Wirtschaft optimiert werden kann. Die Realität der Knappheit anzuerkennen und dann herauszufinden, wie die Gesellschaft so organisiert werden kann, dass die verfügbaren Ressourcen möglichst effizient genutzt werden, wurde als „Wesen der Ökonomie“ bezeichnet, zu der das Feld „seinen einzigartigen Beitrag leistet“.[121]

Spezialisierung

Handels- und Verkehrsrouten Deutschlands zur See zum Rest der Welt (um 1930)

Spezialisierung gilt aufgrund theoretischer und empirischer Forschung als Schlüssel zu ökonomischer Effizienz. Unterschiedliche Individuen oder Nationen können unterschiedliche reale Opportunitätskosten der Produktion haben, beispielsweise aufgrund von Unterschieden in den Humankapitalbeständen pro Arbeiter oder im Verhältnis von Kapital zu Arbeitskraft. Theoretisch kann dies zu einem komparativen Vorteil bei der Produktion von Gütern führen, die den relativ teureren und damit relativ billigeren Input intensiver nutzen.

Selbst wenn eine Region einen absoluten Vorteil hinsichtlich des Verhältnisses ihrer Outputs zu den Inputs bei jeder Art von Output hat, sollte sie sich dennoch auf den Output spezialisieren, in dem sie einen komparativen Vorteil hat. Dadurch profitiert sie vom Handel mit einer Region, die keinen absoluten Vorteil hat, aber einen komparativen Vorteil bei der Herstellung von etwas anderem.

Es wurde beobachtet, dass ein hohes Handelsvolumen zwischen Regionen stattfindet, selbst wenn sie Zugang zu ähnlichen Technologien und einer ähnlichen Mischung von Faktorinputs haben. Dies gilt auch für Länder mit hohem Einkommen. Das hat zur Forschung über Skaleneffekte und Agglomerationen geführt, um die Spezialisierung auf ähnliche, aber differenzierte Produktlinien zum Gesamtnutzen der jeweiligen Handelsparteien oder Regionen zu erklären.[122][123]

Die allgemeine Theorie der Spezialisierung gilt für den Handel zwischen Einzelpersonen, landwirtschaftlichen Betrieben, Produzenten, Dienstleistern und nationalen Ökonomien. Unter jedem dieser Produktionssregimes kann es eine entsprechende Arbeitsteilung mit unterschiedlichen spezialisierten Arbeitsgruppen, oder entsprechend unterschiedliche Arten von Investitionsgütern und differenzierter Landnutzung geben.[124][125]

Ein Beispiel wäre ein Land, das sich wie Industrieländer auf die Herstellung von Hightech-Wissensprodukten spezialisiert hat und mit Entwicklungsländern für Waren handelt, die in Fabriken hergestellt werden, in denen Arbeitskräfte relativ billig und reichlich vorhanden sind. Dies führt zu unterschiedlichen Opportunitätskosten. Durch die Spezialisierung der Produktion und gemeinsamen Handel entsteht insgesamt mehr Output und Nutzen, als wenn jedes Land seine eigenen High- und Low-Tech-Produkte herstellen würde.

Theorie und Empirie legen Bedingungen fest, wie Marktpreise von Outputs und produktiven Inputs eine Allokation von Faktorinputs nach komparativem Vorteil auswählen, sodass (relativ) kostengünstige Inputs zu kostengünstigen Outputs fließen. Dabei kann die Gesamtleistung selbstorganisiert oder durch direktes Marktdesign zunehmen. Eine solche Spezialisierung der Produktion schafft Möglichkeiten für Handelsgewinne, wobei Ressourcenbesitzer vom Handel profitieren, indem sie eine Art von Produktion für andere, höherwertigere Güter verkaufen.

Ein möglicher Effekt des Handels ist ein höheres allgemeines Einkommensniveau der Bevölkerung.[126][127]

Marktversagen

Luftverschmutzung ist ein Beispiel für Marktversagen (Negative Externalität)

Marktversagen bezeichnet Situationen, in denen Märkte nicht zu einer effizienten Verteilung von Ressourcen führen. Einige Formen von Marktversagen können durch staatliche Eingriffe beseitigt werden. Marktversagen stellt allerdings nur eine notwendige, jedoch keine hinreichende Bedingung für staatliche Eingriffe dar. Es existieren folgende Formen von Marktversagen:[128]

Einige Bereiche der Wirtschaftswissenschaft beschäftigen sich mehr mit Marktversagen als andere. Die Ökonomie des öffentlichen Sektors ist ein Beispiel. Ein Großteil der Umweltökonomik behandelt den effizienten Umgang mit Externalitäten.[129]

Politische Lösungsoptionen sind gesetzliche Vorschriften, die eine Kosten-Nutzen-Analyse beinhalten, oder Marktlösungen, die Anreizstrukturen ändern, zum Beispiel der Emissionsrechtehandel oder die Neudefinition von Eigentumsrechten.[130]

Unternehmen

Menschen handeln häufig nicht direkt auf Märkten. Stattdessen können sie auf der Angebotsseite in Unternehmen arbeiten und durch diese produzieren. Die offensichtlichsten Arten von Unternehmen sind Kapitalgesellschaften, Personengesellschaften und Trusts. Laut Ronald Coase beginnen Menschen, ihre Produktion in Unternehmen zu organisieren, wenn die Kosten der Geschäftstätigkeit niedriger werden als die Kosten eines Einzelproduzenten auf einem Markt.[131] Unternehmen kombinieren Arbeit und Kapital und können weitaus größere Skaleneffekte erzielen (wenn die durchschnittlichen Kosten pro Einheit sinken, je mehr Einheiten produziert werden) als der einzelne Produzent.

In Märkten mit vollkommenen Wettbewerb, die in der Theorie von Angebot und Nachfrage untersucht werden, gibt es viele Produzenten, von denen keiner den Preis wesentlich beeinflusst. Die Industrieökonomik verallgemeinert diesen speziellen Fall, um das strategische Verhalten von Unternehmen zu untersuchen, die eine erhebliche Preiskontrolle haben. Es betrachtet die Struktur solcher Märkte und deren Wechselwirkungen. Marktstrukturen, die neben dem vollkommenen Wettbewerb untersucht wurden, umfassen den monopolistischen Wettbewerb, verschiedene Formen des Oligopols, das Monopol und Monopson.[132]

Die Betriebswirtschaftslehre wendet die mikroökonomische Analyse auf spezifische Entscheidungen in Unternehmen oder anderen Managementeinheiten an. Sie stützt sich stark auf quantitative Methoden wie Operations Research und Programmierung und auf statistische Methoden wie Regressionsanalysen. Ein verbindendes Thema ist der Versuch, Geschäftsentscheidungen zu optimieren, einschließlich der Minimierung der Stückkosten und der Gewinnmaximierung, unter Berücksichtigung der Unternehmensziele und der durch Technologie und Marktbedingungen auferlegten Beschränkungen.[133]

Spieltheorie

Entscheidungen unter Unsicherheit sind ein wichtiger Forschungsbereich der Mikroökonomie. Unsicherheit bezeichnet eine unbekannte Aussicht auf Gewinn oder Verlust, unabhängig davon, ob sie als Risiko quantifizierbar ist oder nicht. Aufgrund ihrer unterschiedlichen Formen gibt es verschiedene Möglichkeiten, Unsicherheit darzustellen und die Reaktionen der Agenten darauf zu modellieren.[134]

Spieltheorie ist ein Zweig der angewandten Mathematik, der strategische Interaktionen betrachtet. Spieltheorie untersucht, wie Agenten in Situationen handeln, in denen sie mit Agenten interagieren, die andere Interessen haben als sie. Anwendungsbeispiele der Spieltheorie sind Lohnverhandlungen, Ein- und Verkaufsverhandlungen, sowie Preisgestaltungen auf Märkten. Außerdem gibt es wichtige Anwendungen außerhalb der Wirtschaftswissenschaft in so unterschiedlichen Fächern wie der Entwicklung von Nuklearstrategien, Ethik, Politikwissenschaft und Evolutionsbiologie.[135]

Ergebnisse der Spieltheorie werden in verschiedenen Bereichen der Mikroökonomie verwendet. Ein Beispiel ist die Finanzökonomik, wo finanzielle Entscheidungen unter Unsicherheit, Preisgestaltung von Finanzinstrumenten, die Finanzstruktur von Unternehmen, die Effizienz und Fragilität von Finanzmärkten, Finanzkrisen und die damit verbundene Regierungspolitik oder Regulierung untersucht wird.

Einige Formen von Märkten können zu Ineffizienzen im Zusammenhang mit Unsicherheit führen. Der Artikel The Market for Lemons von George Akerlof beschreibt ein Paradebeispiel, nämlichen einen zwielichtigen Gebrauchtwagenmarkt. Kunden, die nicht wissen, ob ein Auto eine „Zitrone“ ist, drücken seinen Preis unter den Wert eines hochwertigen Gebrauchtwagens.[136] Hier kann eine Informationsasymmetrie entstehen, wenn der Verkäufer über mehr oder relevantere Informationen verfügt als der Käufer, aber keinen Anreiz hat, diese offenzulegen. Verwandte Probleme in der Versicherungswirtschaft sind die negative Selektion, wobei sich diejenigen mit dem höchsten Risiko am ehesten versichern (z. B. rücksichtslose Fahrer) und moralisches Risiko, wobei der Abschluss einer Versicherung zu riskanterem Verhalten führt (z. B. rücksichtsloseres Fahren).[137]

Makroökonomie

Darstellung eines Konjunkturverlaufs

Die Makroökonomie untersucht die Wirtschaft als Ganzes, um breite Aggregate und ihre Wechselwirkungen zu erklären.[138] Zu diesen Aggregaten gehören das Nationaleinkommen und die Produktion, die Arbeitslosenquote und die Inflation, sowie Unteraggregate wie der Gesamtkonsum und die Investitionsausgaben und ihre Komponenten.[139] Die Makroökonomie untersucht auch die Auswirkungen der Geld- und Fiskalpolitik.

Mindestens seit den 1960er Jahren ist die Makroökonomie durch eine Integration in Bezug auf die mikrobasierte Modellierung von Sektoren gekennzeichnet, einschließlich der Rationalität der Agenten, der effizienten Nutzung von Marktinformationen und des unvollkommenen Wettbewerbs.[138][140]

Die makroökonomische Analyse berücksichtigt auch Faktoren, die das langfristige Niveau und das Wachstum des Nationaleinkommens beeinflussen. Zu diesen Faktoren zählen Kapitalakkumulation, technologischer Wandel und Arbeitskräftewachstum.[141]

Wachstum

Die Wachstumsökonomik untersucht Faktoren, die das Wirtschaftswachstum erklären – die Zunahme der Produktion pro Kopf eines Landes über einen langen Zeitraum. Dieselben Faktoren werden verwendet, um die Unterschiede im Pro-Kopf-Produktionsniveau zwischen den Ländern zu erklären, insbesondere warum einige Länder schneller wachsen als andere und ob die Länder mit den gleichen Wachstumsraten konvergieren.

Viel untersuchte Faktoren sind die Investitionsrate, das Bevölkerungswachstum und der technische Fortschritt. Diese werden in theoretischer und empirischer Form in den neoklassischen und endogenen Wachstumsmodellen und der Wachstumsbuchhaltung untersucht.[142]

Konjunktur

Die Erklärung des Konjunkturzyklus und besonders die Erklärung für Rezessionen war der Ausgang der Makroökonomie als eigenständiger Disziplin. Während der Weltwirtschaftskrise der 1930er Jahre verfasste John Maynard Keynes ein Buch mit dem Titel Allgemeine Theorie der Beschäftigung, des Zinses und des Geldes, das die Schlüsseltheorien der keynesianischen Makroökonomik skizziert. Keynes argumentierte, dass die gesamtwirtschaftliche Nachfrage nach Gütern während eines wirtschaftlichen Abschwungs unzureichend sein könnte, was zu unnötig hoher Arbeitslosigkeit und Verlusten des Produktionspotenzials führen könnte.

Er plädierte daher für aktive politische Reaktionen des öffentlichen Sektors, einschließlich geldpolitischer Maßnahmen der Zentralbank und fiskalpolitischer Maßnahmen der Regierung, um die Produktion während des Konjunkturzyklus zu stabilisieren. Eine zentrale Schlussfolgerung der keynesianischen Ökonomie ist daher, dass der Markt in manchen Situationen Produktion und Beschäftigung nicht automatisch auf das Niveau der Vollbeschäftigung bringt. Das IS-LM-Modell von John Hicks war die einflussreichste Interpretation der Allgemeinen Theorie.

Im Laufe der Jahre hat sich das Verständnis des Konjunkturzyklus in verschiedene Forschungsprogramme verzweigt, die meist mit dem Keynesianismus in Verbindung stehen oder sich davon unterscheiden. Die neoklassische Synthese bezieht sich auf die Versöhnung der keynesianischen Ökonomie mit der neoklassischen Theorie und stellt fest, dass der Keynesianismus kurzfristig richtig ist, aber mittel- und langfristig durch neoklassische Überlegungen qualifiziert wird.

Der Monetarismus war eine Gegenreaktion auf den klassischen Keynesianismus. Der Hauptvertreter ist Milton Friedman. Er übte theoretische Kritik an den klassischen keynesianischen Modellen und zeigte, dass das Deficit spending des Keynesianismus nur zu höherer Inflation führe, aber keinen konjunkturellen Effekt habe.[143]

Die Neue klassische Makroökonomik führt diese Kritik fort. Sie postuliert im Gegensatz zur keynesianischen Sicht des Konjunkturzyklus eine Markträumung mit unvollkommenen Informationen. Sie umfasst Friedmans Hypothese permanenter Einkommen und die Theorie der rationalen Erwartungen. Der Hauptvertreter ist Robert Lucas. Die neue klassische Makroökonomik entwickelte die Theorie realer Konjunkturzyklen und zeigte, dass Fiskal- und Geldpolitik sowohl kurz- als auch langfristig keine Effekte auf die Konjunktur haben können.[144]

Die heute dominante makroökonomische Theorie ist der Neukeynesianismus. Rationale Erwartungen wurden akzeptiert, jedoch wurde Vielzahl von Marktversagen in die Theorie integriert. Insbesondere gehen Neukeynesianer davon aus, dass Preise und Löhne starr sind, was bedeutet, dass sie sich nicht sofort an Veränderungen der wirtschaftlichen Bedingungen anpassen. Sowohl Fiskal- als auch Geldpolitik können daher kurz- und mittelfristig reale konjunkturelle Effekte haben.[145]

Arbeitslosigkeit

Arbeitslosigkeit und ihre Ursachen sind ein Forschungsfeld der Makroökonomie. Die Höhe der Arbeitslosigkeit wird anhand der Arbeitslosenquote gemessen, dem Prozentsatz der Arbeitnehmer an der Erwerbsbevölkerung ohne Beschäftigung. Menschen, die im Ruhestand sind, eine Ausbildung absolvieren oder aufgrund fehlender Berufsaussichten von der Arbeitssuche abgehalten werden, sind vom Erwerbsleben ausgeschlossen. Arbeitslosigkeit lässt sich im Allgemeinen in mehrere Typen einteilen, die mit unterschiedlichen Ursachen zusammenhängen.[146]

Klassische Modelle der Arbeitslosigkeit prognostizieren, dass Arbeitslosigkeit auftritt, wenn die Löhne zu hoch sind und der Arbeitsmarkt nicht in ein Gleichgewicht kommen kann. Im Einklang mit der klassischen Arbeitslosigkeit tritt friktionale Arbeitslosigkeit auf, wenn für einen Arbeitnehmer geeignete Stellenangebote vorhanden sind, aber die Zeit, die für die Suche und das Finden des Arbeitsplatzes benötigt wird, zu einer Phase der Arbeitslosigkeit führt.[147]

Strukturelle Arbeitslosigkeit deckt eine Vielzahl möglicher Ursachen für Arbeitslosigkeit ab, darunter ein Missverhältnis zwischen den Qualifikationen der Arbeitnehmer und den für offene Stellen erforderlichen Qualifikationen. Strukturelle Arbeitslosigkeit kann auftreten, wenn sich eine Wirtschaft im Umbruch befindet und Arbeitnehmer feststellen, dass ihre vorherigen Fähigkeiten nicht mehr gefragt sind. Strukturelle Arbeitslosigkeit ähnelt der friktionalen Arbeitslosigkeit, da beide das Problem der Vermittlung von Arbeitskräften und Stellenangeboten widerspiegeln, aber die strukturelle Arbeitslosigkeit deckt die Zeit ab, die für den Erwerb neuer Fähigkeiten und nicht nur für den kurzfristigen Suchprozess erforderlich ist.[148]

Während einige Arten von Arbeitslosigkeit unabhängig von der Wirtschaftslage auftreten können, tritt zyklische Arbeitslosigkeit auf, wenn das Wachstum stagniert. Das Okunsche Gesetz stellt die empirische Beziehung zwischen Arbeitslosigkeit und Wirtschaftswachstum dar. Die ursprüngliche Version des Okunschen Gesetzes besagt, dass eine Steigerung der Produktion um 3 % zu einer Verringerung der Arbeitslosigkeit um 1 % führen würde.[149]

Fiskalpolitik

Regierungen setzen Fiskalpolitik ein, um makroökonomische Bedingungen zu beeinflussen. Dazu passen sie ihre Ausgaben- und Steuerpolitik an, um die Gesamtwirtschaftliche Nachfrage zu verändern. Wenn die Gesamtnachfrage unter das Produktionspotenzial der Wirtschaft fällt, entsteht eine Produktionslücke, bei der ein Teil der Produktionskapazitäten arbeitslos bleibt. Die Regierungen erhöhen die Ausgaben und senken die Steuern, um die Gesamtnachfrage anzukurbeln. Nicht genutzte Ressourcen können von der Regierung verwendet werden.[150]

So können zum Beispiel arbeitslose Bauarbeiter für den Ausbau von Autobahnen eingestellt werden. Steuersenkungen ermöglichen es den Verbrauchern, ihre Ausgaben zu erhöhen, was die Gesamtnachfrage ankurbelt. Sowohl Steuersenkungen als auch staatliche Ausgaben haben Multiplikatoreffekte. Damit ist gemeint, dass der anfängliche Anstieg der Nachfrage aus der Politik die Wirtschaft durchdringt und dort zusätzliche Wirtschaftstätigkeit erzeugt.[151]

Die Auswirkungen der Fiskalpolitik sind durch Crowding-out begrenzt. Wenn keine Produktionslücke besteht, produziert die Wirtschaft mit voller Kapazität und es gibt keine überschüssigen produktiven Ressourcen. Wenn die Regierung in dieser Situation die Ausgaben erhöht, verwendet die Regierung Ressourcen, die ansonsten vom Privatsektor verwendet worden wären, sodass die Gesamtproduktion nicht erhöht wird.[152]

Gegner der schuldenfinanzierten Fiskalpolitik argumentieren außerdem mit dem Konzept der ricardianischen Äquivalenz. Dieses besagt, dass eine Zunahme der Schulden mit zukünftigen Steuererhöhungen bezahlt werden muss, was dazu führt, dass die Menschen ihren Konsum reduzieren und Geld sparen, um die zukünftige Steuererhöhungen zu bezahlen. Daher wird ein etwaiger Nachfrageschub durch Steuersenkungen durch die erhöhten Sparrate ausgeglichen, welche für die zukünftig höheren Steuern gedacht ist.[153]

Es besteht ein Konsens unter zeitgenössischen Makroökonomen, dass schuldenfinanzierte Fiskalpolitik zu einem totalen Crowding-out führt.[152][154]

Geldpolitik

Geld ist in den meisten Marktwirtschaften das Zahlungsmittel für Waren und Dienstleistungen. Außerdem ist es die Rechnungseinheit, in der Preise typischerweise angegeben werden. Geld hat allgemeine Akzeptanz, relative Wertkonstanz, Teilbarkeit, Haltbarkeit, Portabilität und Langlebigkeit, sowie das Vertrauen der Bevölkerung. Es umfasst Geldeinheiten, die von Haushalten gehalten werden, und Bankeinlagen.

Geld als Tauschmittel erleichtert den Handel. Es ist im Wesentlichen ein Wertmaßstab und ein Wertaufbewahrungsmittel und Grundlage für die Kreditschöpfung. Seine wirtschaftliche Funktion kann dem Tauschhandel (nicht-monetärer Austausch) gegenübergestellt werden. Bei einer Vielzahl von produzierten Gütern und spezialisierten Produzenten kann der Tauschhandel Probleme hinsichtlich der Umtauschbarkeit mitbringen, zum Beispiel Äpfel und ein Buch miteinander zu tauschen. Geld kann die Transaktionskosten des Austauschs aufgrund seiner leichten Akzeptanz reduzieren. Dann ist es für den Verkäufer weniger kostspielig, Geld als Gegenleistung anzunehmen, als das, was der Käufer produziert.

Die Menge an Geld in der Wirtschaft kann die Konjunktur und die Inflation beeinflussen.[155] Daher wird die Geldmenge von Zentralbanken gesteuert. Geldpolitik bezeichnet alle Aktivitäten, die eine Zentralbank ergreift, um ihre Ziele zu erfüllen. Zentralbanken nutzen verschiedene Instrumente: die Festsetzung von Leitzinsen, Offenmarktpolitik und die Festlegung der Mindestreservepflichten für Banken.[156]

Die Europäische Zentralbank strebt eine mittelfristige Inflationsrate von 2 % an.[157]

Finanzökonomik

Die Finanzökonomik untersucht die Verwendung und Verteilung von Ressourcen auf Kapitalmärkten. Das heißt, die Methoden und Institutionen, die es Unternehmen und Einzelpersonen ermöglichen, erforderliches Kapital zu beschaffen und Sparern, ihr Kapital zu investieren. Finanzakteure sind alle Wirtschaftsakteure, die Kapital suchen oder investieren wollen.[158]

Finanzökonomische Modelle analysieren, wie Entscheidungen unter Unsicherheit im Kontext der Finanzmärkte getroffen werden. Dabei kommen sowohl mikroökonomische wie auch spieltheoretische Modelle zum Einsatz.

Außenwirtschaftstheorie

Bruttoinlandsprodukt der Staaten der Welt

Die Außenwirtschaftstheorie untersucht die Einflussfaktoren für Waren- und Dienstleistungsströme über internationale Grenzen hinweg.[159] Sie untersucht auch den Umfang und die Verteilung der Handelsgewinne. Dabei wendet sie sowohl Methoden der Mikro- wie auch der Makroökonomie an. Politische Analysen umfassen die Abschätzung der Auswirkungen von sich ändernden Zollsätzen und Handelskontingenten.[160] Das internationale Finanzwesen ist ein makroökonomisches Untersuchungsfeld, das den Kapitalfluss über internationale Grenzen hinweg und die Auswirkungen dieser Bewegungen auf die Wechselkurse untersucht.[161] Der verstärkte Handel mit Gütern, Dienstleistungen und Kapital zwischen Ländern ist ein wichtiger Effekt der gegenwärtigen Globalisierung.

Entwicklungsökonomie

Die Entwicklungsökonomie untersucht die ökonomischen Aspekte des wirtschaftlichen Entwicklungsprozesses von relativ einkommensschwachen Ländern. Die gegenwärtigen Forschungsschwerpunkte sind dabei Strukturwandel, Armut und Wirtschaftswachstum. Ansätze der Entwicklungsökonomie beziehen häufig soziale und politische Faktoren mit ein.[162]

Arbeitsmarktökonomik

Die Arbeitsmarktökonomik versucht, die Funktionsweise und Dynamik der Märkte für Lohnarbeit zu verstehen. Arbeitsmärkte funktionieren durch die Interaktion von Arbeitnehmern und Arbeitgebern. Die Arbeitsökonomie betrachtet die Anbieter von Arbeitsdienstleistungen (Arbeitnehmer), die Nachfrage der Arbeitsdienste (Arbeitgeber) und versucht, das resultierende Muster von Löhnen, Beschäftigung und Einkommen zu verstehen. In der Ökonomie ist Arbeit ein Maß für die von Menschen geleistete Arbeit. Es wird konventionell mit anderen Produktionsfaktoren wie Land und Kapital verglichen.

Wohlfahrtsökonomik

Die Wohlfahrtsökonomik verwendet mikroökonomische Techniken, um das Wohlergehen anhand der Zuweisung von Produktionsfaktoren hinsichtlich der Erwünschtheit und der wirtschaftlichen Effizienz innerhalb einer Volkswirtschaft zu bewerten. Die Disziplin analysiert die soziale Wohlfahrt, in Bezug auf die wirtschaftlichen Aktivitäten der Individuen, aus denen die betrachtete theoretische Gesellschaft besteht. Dementsprechend sind Individuen mit den damit verbundenen wirtschaftlichen Aktivitäten die Grundeinheiten für die Zusammenführung zur sozialen Wohlfahrt, sei es einer Gruppe, einer Gemeinschaft oder einer Gesellschaft, und es gibt keine „soziale Wohlfahrt“ außer der „Wohlfahrt“, die mit ihren einzelnen Einheiten verbunden ist.[163]

Verwandte Bereiche

Zur Wirtschaftswissenschaft im weiteren Sinne zählen auch interdisziplinäre Bereiche wie Verkehrswirtschaftslehre, Wirtschaftschemie, Wirtschaftsethik, Wirtschaftsgeographie, Wirtschaftsgeschichte, Wirtschaftsinformatik, Wirtschaftsingenieurwesen, Wirtschaftsmathematik, Wirtschaftsstatistik, Wirtschaftspädagogik, Wirtschaftsphilosophie, Wirtschaftspsychologie, Wirtschaftsrecht und Wirtschaftssoziologie.

Wissenschaftlicher Konsens

Michael Woodford hat in einem einflussreichen Aufsatz die wesentlichen Konsenspunkte der modernen Wirtschaftswissenschaft zusammengefasst:[164]

  1. Intertemporale, allgemeine Gleichgewichtsmodelle mit Mikrofundierung
  2. Ökonometrisch-validierte strukturelle Modellierung
  3. Endogene Modellerwartungen (rationale Erwartungen)
  4. Reale Schocks sind wichtige Einflüsse für ökonomische Entwicklungen
  5. Geldpolitik ist sehr effektiv für die makroökonomische Stabilisierung

Intertemporale, allgemeine Gleichgewichtsmodelle mit Mikrofundierung stellen den gegenwärtigen Stand der Ökonomik da. So können kurz- und langfristige Wirtschaftsentwicklungen in einem einheitlichen Rahmen dargestellt werden. Mikro- und Makroökonomie gelten nicht mehr als völlig voneinander getrennte Disziplinen, sondern bilden dank mikroökonomisch fundierten makroökonomischen Modellen eine Einheit.[164]

Ökonomische Politikberatung und theoretische Analyse sollte sich auf quantitative Modelle stützen, die mit ökonometrischen Verfahren empirisch überprüft werden.[165][164] Dazu gehört auch die stochastische Simulation verschiedener Szenarien. Ökonomische Modelle sollten sich mit empirischen Zeitreihen decken.[166] Die Modelle sollten dabei eine vollständige quantitative Beschreibung der Summe aller stochastischen Prozesse liefern, die zu einer Veränderung der Daten in einer Zeitreihe führen. Rein qualitative, nicht quantitative Modelle gelten als nicht akzeptabel.[167]

Ökonomische Modelle beachten die Erwartungen der ökonomischen Agenten. Seit der Lucas-Kritik spielen rationale Erwartungen in ökonomischen Modellen eine wichtige Rolle.[168] Dank starren Löhnen und Preisen können Geld- und Fiskalpolitik reale ökonomische Effekte haben, auch wenn sie von den Agenten vollständig antizipiert werden.[169] Außerdem lassen sich optimale Geld- und fiskalpolitische Maßnahmen mit bei rationalen Erwartungen spezifizieren.[170]

Reale Schocks gelten als wichtige Einflussfaktoren für die wirtschaftliche Entwicklung. Ansichten, dass sich die Konjunktur vor allem auf Schwankungen der Geldmenge zurückführen lässt, gelten aufgrund empirischer Forschung als wenig plausibel. Zu den realen Schocks zählen zum Beispiels Fiskalschocks, Technologieschocks, Schocks in den Präferenzen von Konsumenten und Angebotsschocks. Empirische DSGE-Modelle mit starren Löhnen, Preisen, und Informationen zeigen, dass die ökonomischen Effekte realer Schocks wesentlich vom Charakter der systematischen Geldpolitik abhängen, d. h. von der Natur des konstanten Rückkopplung der Aggregatbedingungen auf die Zentralbankpolitik.[170]

Moderne Ökonomen sind sich einig, dass die Geldpolitik ein sehr effektives Instrument zur makroökonomischen Stabilisierung ist, besonders zur Steuerung der Inflation.[171][164] Schwankungen der realen Wirtschaftstätigkeit, in der Kapazitätsauslastung und in anderen Determinanten der Grenzkosten von Unternehmen sind wichtige unmittelbare Ursachen für Änderungen des allgemeinen Preisniveaus.[172] Die Phillips-Kurve mit Inflationserwartungen wird in aktuellen empirischen DSGE-Modellen verwendet, und eine umfangreiche neuere Literatur hat den Grad dokumentiert, in dem die Entwicklung der realen Grenzkosten Schwankungen in der Inflationsrate erklären kann.[173][174][175] Geldpolitik ist nicht die bloße Kontrolle der Geldmenge, sondern Inflationssteuerung, da die meisten Zentralbanken in ihren geldpolitischen Erwägungen den Geldaggregaten nur wenig Beachtung schenken.[176]

Politik

In verschiedenen Umfragen unter Mitgliedern der American Economic Association, der weltweit-größten ökonomischen Vereinigung, wurde ein breiter wissenschaftlicher Konsens zu folgenden politischen Aussagen ermittelt:[177][178][179][180][181]

  1. Eine Mietpreisbindung reduziert die Quantität und Qualität des Wohnungsangebots. (93 % Zustimmung)
  2. Zölle und Einfuhrkontingente mindern in der Regel die allgemeine Wohlfahrt. (93 % Zustimmung)
  3. Flexible und variable Wechselkurse sind ein effektives internationales Währungssystem. (90 % Zustimmung)
  4. Finanzpolitik (z. B. Steuersenkungen und/oder Erhöhung der Staatsausgaben) hat eine erhebliche stimulierende Wirkung auf eine nicht vollbeschäftigte Wirtschaft. (90 % Zustimmung)
  5. Staaten sollten Unternehmen nicht daran hindern, Arbeitsplätze ins Ausland zu verlagern. (90 % Zustimmung)
  6. Wirtschaftswachstum in entwickelten Ländern führt zu mehr Wohlstand. (88 % Zustimmung)
  7. Die Staaten sollten Agrarsubventionen abschaffen. (85 % Zustimmung)
  8. Eine entsprechend gestaltete Fiskalpolitik kann die Kapitalbildungsrate langfristig erhöhen. (85 % Zustimmung)
  9. Wenn der Staatshaushalt ausgeglichen sein soll, sollte dies über den Konjunkturzyklus hinweg, statt jährlich erfolgen. (85 % Zustimmung)
  10. Geld-Transferleistungen erhöhen die Wohlfahrt der Empfänger stärker, als gleichwertige Sachleistungen. (84 % Zustimmung)
  11. Ein hohes Haushaltsdefizit des Staates wirkt sich negativ auf die Wirtschaft aus. (83 % Zustimmung)
  12. Die Umverteilung von Einkommen ist eine legitime Aufgabe des Staates. (83 % Zustimmung)
  13. Inflation wird in erster Linie durch ein zu starkes Wachstum der Geldmenge verursacht. (83 % Zustimmung)
  14. Staaten sollten gentechnisch veränderte Pflanzen nicht verbieten. (82 % Zustimmung)
  15. Ein Mindestlohn erhöht die Arbeitslosigkeit unter jungen und ungelernten Arbeitnehmern. (79 % Zustimmung)
  16. Der Staat sollte das Sozialsystem im Sinne einer negativen Einkommensteuer umstrukturieren. (79 % Zustimmung)
  17. Der Emissionsrechtehandel stellt einen besseren Ansatz für die Reduktion von Treibhausgasen dar, als Verbote und reine Ausstoßbegrenzungen. (78 % Zustimmung)

Praxis

Die zeitgenössische Wirtschaftswissenschaft verwendet Mathematik.[182] Ökonomen greifen auf die Werkzeuge der Infinitesimalrechnung, der linearen Algebra, der Statistik, der Spieltheorie und der Informatik zurück. Von professionellen Ökonomen wird lediglich erwartet, dass sie mit diesen Werkzeugen vertraut sind, während sich eine Minderheit auf Ökonometrie und die Weiterentwicklung der mathematischen Methoden spezialisiert hat.

Beruf

Die Professionalisierung der Wirtschaftswissenschaft, die sich in der Zunahme von Graduiertenprogrammen zu diesem Thema widerspiegelt, wurde als die wichtigste Veränderung der Wirtschaftswissenschaften seit 1900 beschrieben.[183] Die meisten europäischen Universitäten bieten ein Studium der Wirtschaftswissenschaft im Hauptfach oder Nebenfach an. Ökonomische Fachbereiche gehören dabei entweder der Fakultät der Sozialwissenschaften an oder sie bilden eine eigene wirtschaftswissenschaftliche Fakultät.

In der Privatwirtschaft und in der Industrie, einschließlich Banken und Finanzen, werden professionelle Ökonomen als Berater eingesetzt. Ökonomen arbeiten auch für verschiedene Regierungsabteilungen und -behörden, zum Beispiel das nationale Finanzministerium, die Zentralbank oder das Statistikamt. Außerdem gibt es verschiedene internationale Organisationen wie die OECD, die Weltbank oder den Internationalen Währungsfonds in denen Ökonomen ebenfalls tätig sind.

Preise

Für herausragende wissenschaftliche Beiträge auf diesem Gebiet werden jedes Jahr Dutzende von Preisen verliehen, von denen der bedeutendste der Alfred-Nobel-Gedächtnispreis für Wirtschaftswissenschaften ist. Er wird von der schwedischen Nationalbank gestiftet und gemeinsam mit den Nobelpreisen verliehen, weshalb er im allgemeinen Sprachgebrauch auch als Wirtschaftsnobelpreis bezeichnet wird.

Nach dieser Auszeichnung ist die John-Bates-Clark-Medaille die renommierteste Ehrung in den Wirtschaftswissenschaften.

Es gibt Preise für einzelne Länder z. B. der Nakahara Prize, für die Förderung von jungen Forscherinnen, z. B. der Elaine-Bennett-Forschungspreis oder nach Forschungsbereich, z. B. der Fischer-Black-Preis für Finanzökonomik.

Siehe auch

Portal: Wirtschaft – Übersicht zu Wikipedia-Inhalten zum Thema Wirtschaft

Literatur

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Weblinks

Commons: Ökonomie – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Wirtschaftswissenschaft – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen
Wikibooks: Regal:Wirtschaftswissenschaft – Lern- und Lehrmaterialien

Einzelnachweise

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