Komm und sieh

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Film
Deutscher Titel Komm und sieh
In der DDR: Geh und sieh
Originaltitel Иди и смотри
Produktionsland Sowjetunion
Originalsprache Russisch
Belarussisch
Deutsch
Erscheinungsjahr 1985
Länge 146 Minuten
Altersfreigabe FSK 16
Stab
Regie Elem Klimow
Drehbuch Ales Adamowitsch
Elem Klimow
Produktion Mosfilm und Belarusfilm
Musik Oleg Jantschenko
Kamera Alexei Rodionow
Schnitt Walerija Belowa
Besetzung

Komm und sieh (russisch Иди́ и смотри́ / Idi i smotri), in der DDR Geh und sieh, ist ein sowjetischer Antikriegsfilm des Regisseurs Elem Klimow aus dem Jahr 1985. Der Film entstand nach literarischen Vorlagen von Ales Adamowitsch, mit dem zum Zeitpunkt der Dreharbeiten 14 Jahre jungen Laiendarsteller Alexei Krawtschenko in der Hauptrolle. Produziert wurde der Film von Mosfilm und Belarusfilm.

Handlung

Die Handlung des Films spielt 1943, dem dritten Jahr der deutschen Besetzung von Belarus während des Zweiten Weltkrieges. Der junge Fljora schließt sich gegen den Willen seiner Mutter den Partisanen an.

Bei den Partisanen muss er zunächst nur Hilfstätigkeiten ausführen. Trotzdem bleibt er enthusiastisch; das Leben im Wald und die Aussicht auf den Kampf erscheinen ihm zunächst wie ein großes Abenteuer. Als die Partisanen in die Schlacht ziehen, soll Fljora jedoch im Lager bleiben und dieses bewachen. Wütend und enttäuscht verlässt er das Lager. Im Wald trifft er auf das Mädchen Glascha, die er bereits aus dem Partisanenlager kennt. Als das Gebiet plötzlich von deutschen Luftlandeeinheiten angegriffen wird, flüchten Fljora und Glascha.

Fljora will nun in sein Heimatdorf zurückkehren, das er jedoch verlassen vorfindet. Er glaubt dennoch daran, dass seine Familie lebt und sich die Dorfbewohner auf einer Insel in einem nahegelegenen Moor versteckt haben. Als beide das Dorf verlassen, blickt Glascha noch einmal über die Schulter und sieht hinter einer Scheune dutzende aufgestapelte Leichen. Zunächst sagt sie Fljora nichts davon.

Bei der Flucht durch das Moor werden beide vor Angst und Erschöpfung hysterisch. Wütend schreit Glascha heraus, dass alle Bewohner tot seien. Im Versteck finden sie schließlich doch noch einige Dorfbewohner, die Fljora informieren, dass seine Mutter und Schwestern von deutschen Soldaten ermordet wurden. Nach einem missglückten Versuch, für die Überlebenden etwas zu essen zu organisieren, gerät Fljora in ein weiteres Dorf, das zum Ziel einer Vergeltungsaktion für Partisanenübergriffe wird. Er erlebt mit, wie die Bewohner dieses Dorfes in eine Scheune gesperrt und bei lebendigem Leibe verbrannt werden (am Ende des Filmes wird darauf hingewiesen, dass mit 628 Dörfern in Belarus während der gesamten Zeit der deutschen Besatzung auf ähnliche Weise verfahren wurde).

Das Schicksal wendet sich und die Partisanen und Fljora bekommen die Täter in die Hände. Anschließend üben sie Vergeltung für das begangene Massaker. Am Ende des Martyriums ist Fljora ein anderer Mensch, sein Gesicht um Jahre gealtert.

Hintergrund

Der Titel des Films leitet sich aus dem 6. Kapitel der Offenbarung des Johannes ab. Der Ausruf „komm und sieh“ (in den Versen 1, 3, 5 und 7) bildet dort die Aufforderung, die Verheerungen zu betrachten, die durch die vier Reiter der Apokalypse angerichtet werden.

Die literarische Romanvorlage Хатынская аповесць (1971 erstmals veröffentlicht, deutsch Die Erzählung von Chatyn) und das Drehbuch von Ales Adamowitsch beziehen sich, ohne dokumentieren zu wollen, auf den Massenmord der SS-Sondereinheit Dirlewanger am 22. März 1943 an den Bewohnern des Dorfes Chatyn. Marcus Stiglegger hielt dazu fest: „Wir erfahren nichts über konkrete Orte, Fronten oder Ereignisse. Auch wenn er den SS-Kommandanten nach einem historischen Nazi, namentlich SS-Oberführer Oskar Dirlewanger, gestaltet, und die Soldaten tatsächlich von Deutschen dargestellt werden, spielt das letztlich keine Rolle für den Film.[1]

Aufgrund seiner Tätigkeit als Funktionär im sowjetischen Filmemacherverband ergab sich für Elem Klimow danach keine weitere Möglichkeit zur Realisierung eines Films. So blieb Komm und sieh Klimows letzter Film, der als sein filmisches Vermächtnis gilt.[2] Auch Hauptdarsteller Alexei Krawtschenko trat erst 10 Jahre danach wieder in einem Film auf.

Rezeption

Komm und sieh wurde in sowjetischen Kinos 28,9 Millionen Mal gesehen.[3] Der Film wurde auf mehreren Filmfestivals gezeigt und kam am 9. Mai 1986 unter dem Titel Geh und sieh in die Kinos der DDR, am 7. Mai 1987 in die der Bundesrepublik.

Kritiker nahmen den Film fast ausschließlich positiv auf, dabei wurde auch das Spiel des jugendlichen Hauptdarstellers Alexei Krawtschenko gelobt. Der Film wurde von der Jury der Evangelischen Filmarbeit im September 1987 zum „Film des Monats“ gekürt.[4]

Rita Kempley schrieb in der Washington Post: „‚Komm und sieh‘ klingt wie die Einladung zu einem Kinderspiel. Nichts könnte weiter von der Wahrheit entfernt sein.“ („Come and See“ sounds like an invitation to a child’s game. Nothing could be further from the truth.). Hier sei eine „halluzinatorische Unterwelt aus Blut und Schlamm und eskalierendem Wahnsinn“ zu sehen (hallucinatory nether world of blood and mud and escalating madness).[5]

„‚Komm und siehe‘ ist ein Kriegsfilm von ungeheuerer Brutalität, aber auf seinem Höhepunkt schlägt der Schrecken um in furchtbare Nachdenklichkeit.“

Andreas Kilb (Die Zeit)[6]

Ian Nathan schrieb im Filmmagazin Empire, Komm und sieh werde zu Recht betrachtet als „einer der kraftvollsten und verstörendsten Kriegsfilme, die je entstanden sind“ (Properly considered one of the most powerful and disturbing war movies ever made), und spricht weiter von einer „Vision der Hölle auf Erden“ (vision of hell on earth).[7]

„Dieser Film wurde surreal und impressionistisch genannt, aber das ist der falsche Schluss. ‚Geh und sieh‘ ist Realität und Wahrheit.“

The Spinning Image[8]

Auszeichnungen

Der Film nahm 1985 im Wettbewerb des Internationalen Filmfestivals Moskau teil und gewann gemeinsam mit Christos Siopahas Kathodos ton 9, I und Norman Jewisons Sergeant Waters – Eine Soldatengeschichte den Hauptpreis. Komm und sieh wurde außerdem mit dem FIPRESCI-Preis des Festivals ausgezeichnet.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Marcus Stiglegger: Rezension: Geh und sieh / Komm und sieh. In: ikonenmagazin.de
  2. Ronald Bergan: Elem Klimov: Russian film director famed for his devastating portrayal of war but frustrated by the Soviet system. In: theguardian.com vom 4. November 2003.
  3. Robert Niemi: 100 Great War Movies: The Real History Behind the Films. ABC-CLIO, 2018, ISBN 978-1-4408-3385-4, Seite 63.
  4. Film des Monats September 1987: Komm und Siehe. In: filmdesmonats.de. Jury der Evangelischen Filmarbeit, 1987, abgerufen am 5. August 2013.
  5. washingtonpost.com
  6. Andreas Kilb: Die Schönheit des Schreckens. In: Die Zeit, Nr. 19/1987, S. 48
  7. Ian Nathan: Come And See (15). In: Empire (Magazin). Abgerufen am 20. Juli 2008 (englisch).
  8. Ted Forsyth: Come and See. In: The Spinning Image. Abgerufen am 21. Juli 2008 (englisch): „This film has been called surreal and impressionistic, but this is the wrong conclusion. Come and See is reality and truth.“