Störfaktor

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Illustration der Störvariable Z, welche die Ursache für X und Y ist.

Störfaktor (nicht zu verwechseln mit Störparameter, oder Störgröße, auch Drittvariable genannt) ist ein Begriff aus der Empirie bei Experimenten. Es sind all jene Faktoren, welche sowohl die abhängige Variable als auch die unabhängige Variable beeinflussen können und nicht manipuliert werden. Dies können Merkmale von Versuchspersonen oder äußere Faktoren sein. Drittvariablen sind als alternative oder konkurrierende Erklärungen zur Ausgangshypothese des Forschungsproblems zu sehen. Zur Kontrolle von Störfaktoren gibt es spezielle Techniken.

Unter einem Confounder (engl. für: ‚Störfaktor‘, von lateinisch confundere: verwechseln, vermischen, zusammengießen) oder eingedeutscht Konfundierungseffekt (vgl. auch „konfus“) versteht man innerhalb von epidemiologischen Studien einen Störfaktor, der mit zwei Faktoren der Beobachtung, nämlich der Exposition sowie dem Endpunkt, in Beziehung steht. Ein Confounder ist eine Variable, die das Auftreten eines Risikofaktors und den beobachteten Endpunkt gleichzeitig mitbestimmt.[1]

Die beobachtete Exposition ist nicht die alleinige Ursache für die beobachtete Wirkung – diese wird zumindest teilweise von einem Confounder hervorgerufen.

Arten

Insbesondere in den Sozialwissenschaften ist es notwendig die Störfaktoren näher zu untersuchen. Dafür wird auf die Varianz zurückgegriffen. Sie ist ein Streuungsmaß für formale Darstellung und berechnet sich aus dem Quadrat der Standardabweichung. Mathematisch ist die Varianz der Durchschnitt aus den quadrierten Abweichungen aller Einzelwerte vom Gesamtmittelwert.

Bedingungen für Konfundierung

In einem Experiment wird getestet, ob eine Zufallsvariable Einfluss auf eine Zufallsvariable hat. Beeinflusst aber neben der bekannten Variable auch eine unbekannte Störvariable die Zufallsvariable , dann spricht man von Konfundierung. Wenn eine dritte Variable zwei Zufallsvariablen beeinflusst, dann wird die kausale Interpretation der Effekte verfälscht. Konfundierung ist eine Möglichkeit dieser Verfälschung. Sie ist von zwei Bedingungen abhängig:

  1. Eine Störvariable hängt mit der unabhängigen Variable stochastisch zusammen.
  2. Eine Störvariable verändert den regressiven Zusammenhang zwischen der abhängigen Variable und der unabhängigen Variable .

Mathematisch ausgedrückt ist eine Regression konfundiert, wenn gilt, dass:

  1. Die Ereignisse und stochastisch abhängig sind und

Quellen von Störfaktoren

Interne und externe Validität bei Experiment und Quasi-Experiment

Quellen, die die interne Validität und externe Validität beeinträchtigen:

  • Zwischenzeitliches Geschehen (Ereignisse, die zusätzlich neben dem Stimulus die abhängige Variable beeinflussen, z. B. „Schwarzer Freitag“)
  • Reifungsprozesse („intrapersonale“ Prozesse, die unabhängig vom Stimulus sind, z. B. Entwicklung eines Kleinkindes)
  • Versuchspersonen-Motivation, zum Beispiel in Form des Effekts sozialer Erwünschtheit
  • Effekte der speziellen Untersuchungsbedingungen und Methoden (engl. testing effects), siehe Reaktivität (Sozialwissenschaften)
  • Hilfsmittel (Veränderung im Messinstrument), das kann auch die unwillentliche Änderung der Gestik beim Versuchsleiter sein
  • Verzerrte Auswahlen und Ausfälle (Unterschied zwischen Kontroll- und Experimentalgruppen nicht nur in Bezug auf den Stimulus, sondern auch in anderen Merkmalen, die die abhängige Variable beeinflussen)
  • Versuchsleiter-Effekte.

Sind Störfaktoren und Stimulus vermischt, spricht man von einer Konfundierung.

Gemeinsamer Risikofaktor

Untersucht man den Zusammenhang zwischen Tabakrauchen und Leberzirrhose oder hepatozellulärem Karzinom, kann man eine deutliche Assoziation feststellen. Es besteht jedoch kein biologischer Zusammenhang: Rauchen führt nicht zur Leberzirrhose. Vielmehr sind viele Trinker auch Raucher (statistische Assoziation aufgrund einer übergeordneten gemeinsamen Ursache (Suchtpersönlichkeit)) und Alkoholkonsum ist ein eigenständiger Risikofaktor für Leberzirrhose. In diesem Beispiel wären Suchtpersönlichkeit und Alkohol Confounder im Rahmen der Messung des Effektes, den Rauchen auf das Outcome Leberzirrhose hat.

Suchtpersönlichkeit  →   Alkohol
        ↓                   ↓
      Rauchen    →    Leberzirrhose

Testen von Konfundierung

Messergebnisse sind im Idealfall durch interne Validität gekennzeichnet. Dies bedeutet, dass die abhängige Variable tatsächlich durch den Forschungsansatz inklusive der unabhängigen Variablen erklärt wird. Wird die Messung durch eine Störvariable beeinflusst und verzerrt, liegt also Konfundierung vor, dann ist die interne Validität nicht (mehr) gegeben.

Es muss damit gerechnet werden, dass die unabhängige Variable von weiteren Variablen beeinflusst wird, die gleichsam auch die abhängigen Variablen beeinflussen. Durch diese Überlagerung wird eine genaue Aufschlüsselung der Einflüsse von abhängigen Variablen erschwert oder unmöglich.

Um herauszufinden ob Konfundierung vorliegt und um gegebenenfalls diese abzuschwächen, ist eine Prüfung des Modells notwendig. Es gibt allerdings keinen spezifischen Test auf Konfundierung, da Testprobleme in der Regel asymptotisch getestet werden. Hierzu sind große Stichproben notwendig und statistische Ungenauigkeiten hinsichtlich des Signifikanzniveaus zu erwarten. Allerdings gilt die empirisch oft kaum zu erfüllende Voraussetzung, dass die störenden Einflüsse definiert, voneinander abgegrenzt sowie zuverlässig und valide gemessen werden können (siehe die methodisch kaum mögliche Differenzierung zwischen verschiedenen Antworttendenzen in der Psychologischen Diagnostik).

Stattdessen werden die Bedingungen für Konfundierung herangezogen. Zunächst muss eine potentielle Störvariable, die für die Konfundierung verantwortlich sein kann, gefunden werden. Anschließend gilt es, die beiden Bedingungen für Konfundierung zu testen. Dies ist zum einen die stochastische Abhängigkeit zwischen der unabhängigen Variable und der Störvariable . Die Ereignisse und müssen stochastisch abhängig sein. Dies kann beispielsweise mit einem Chi-Quadrat-Test überprüft werden. Ist die erste Bedingung erfüllt, kann im Weiteren die Unterschiedlichkeit hinsichtlich der Erwartungswerte des Modells überprüft werden. Wenn sich der Zusammenhang zwischen der unabhängigen Variable und der abhängigen Variable ändert, sobald dem Modell eine potentielle Störvariable hinzugefügt wird, ist auch die zweite Bedingung für Konfundierung erfüllt .

Konfundierung liegt demnach vor und kann getestet werden, wenn beide angeführten Bedingungen erfüllt sind, also unabhängige Variable und Störvariable stochastisch abhängig sind und die Erwartungswerte des Modells mit und ohne Störvariable jeweils unterschiedlich groß sind.

Kontrolle von Störfaktoren (Drittvariablenkontrolle) und Vermeidung

Wenn eine Konfundierung zweier Variablen erst im Nachhinein festgestellt wird und die Störvariablen im Experiment nicht erhoben wurden, wird das ganze Experiment unbrauchbar, da nicht mehr eindeutig von der unabhängigen Variablen auf die abhängige Variable geschlossen werden kann.

Eine wirksame Möglichkeit, eine Konfundierung von Vornherein zu verhindern ist die Randomisierung. Hierbei werden die Versuchspersonen durch ein Zufallsverfahren den verschiedenen Versuchsbedingungen zugeordnet. So kann sichergestellt werden, dass kein systematischer Zusammenhang zwischen der abhängigen Variable und möglichen Störvariablen, wie zum Beispiel bestimmten Personeneigenschaften besteht. Eine Randomisierung ist jedoch nur bei echten Experimenten möglich, bei denen die Zuordnung der Personen zu den jeweiligen Treatmentgruppen unter dem Einfluss des Versuchsleiters steht. Bei allen anderen Erhebungsmethoden, wie z. B. Quasi- oder Feldexperimenten oder reinen Beobachtungsverfahren ist eine randomisierte Zuordnung der Versuchspersonen nicht möglich und die Gefahr einer Konfundierung somit prinzipiell vorhanden.

Die Anwendung einer randomisierten Zuordnung der Versuchspersonen ist auch nur bei großen Stichproben zielführend, da nur bei einer ausreichend großen Stichprobengröße von einer gleichen Verteilung innerhalb der einzelnen Gruppen ausgegangen werden kann. In der Realität sind die Stichproben häufig jedoch aufgrund ökonomischer Überlegungen oder anderer praktischer Gründe eher klein und eine Randomisierung deshalb nicht sinnvoll. In diesen Fällen wird zum Beispiel durch die Konstanthaltung der möglichen konfundierenden Variable versucht, eine Konfundierung und somit eine Verzerrung des Ergebnisses zu verhindern. Eine weitere Möglichkeit ist die Balancierung, bei der die verschiedenen Ausprägungen der möglichen Störvariable gleichmäßig auf die Versuchsgruppen verteilt werden.

Bei den Versuchsformen bei denen es nicht möglich ist, die Stichprobenzusammensetzung vorher zu beeinflussen, ist es wichtig, dass sich der Versuchsleiter im Vorfeld Gedanken über mögliche Störvariablen macht und diese in der Untersuchung mit erhebt. Denn nur so kann hinterher überprüft werden, ob eine Konfundierung zweier Variablen vorliegt und die Konfundierung kann durch statistische Kontrolltechniken im Ergebnis berücksichtigt werden.

In Experimenten gibt es Techniken zur Kontrolle von Störfaktoren. Diese Techniken sind in Sozialwissenschaften besonders wichtig. Im Experiment kann man Versuchs- und Kontrollgruppe(n) bilden, die dazu dienen, den Einfluss von Versuchspersonenmerkmalen auszuschalten, die als Störfaktoren wirken können. Man unterscheidet zwei Verfahren zur Bildung der Gruppen:

  • Randomisierung bedeutet, dass die Zuordnung der Versuchspersonen zu Experimental- und Kontrollgruppe nach dem Zufallsprinzip geschieht. Dadurch wird erreicht, dass sich die Unterschiede zwischen den Versuchsgruppen bei einer hinreichend großen Stichprobe ausmitteln. Durch Randomisierung wird ausgeschlossen, dass es durch die Aufteilung der Versuchspersonen in Experimental- und Kontrollgruppe zu systematischen Verzerrungen der Ergebnisse kommt.
  • Matching oder Parallelisierung bezeichnet Verfahren zur Bildung von Gruppen, die bezüglich eines Störfaktors oder mehrerer Störfaktoren homogen sind. Soll zum Beispiel eine Lehrmethode evaluiert werden, so können durch Parallelisierung zwei hinsichtlich ihrer Noten möglichst ähnliche Schülergruppen gebildet werden.

In Laborexperimenten können auch äußere Faktoren kontrolliert werden:

  • Elimination bezeichnet die Ausschaltung möglicher Störvariablen. Ihr Ziel ist es, dass auf die Versuchspersonen, neben der unabhängigen Variablen, möglichst keine weiteren Faktoren einwirken. Um sicherzustellen, dass die Versuchsperson nicht durch äußere Ereignisse beeinflusst wird, können Experimente zum Beispiel in fensterlosen, schallisolierten Kabinen durchgeführt werden.
  • Konstanthaltung: Um sicherzustellen, dass der beobachtete Effekt auf die Variation der unabhängigen Variablen zurückgeht, wird versucht alle anderen Faktoren konstant zu halten. Da die natürliche Helligkeit von Tag zu Tag und im Tagesverlauf schwankt, sollten z. B. Versuche zur visuellen Wahrnehmung in einem über alle Versuchsdurchführungen hinweg gleich ausgeleuchteten Labor durchgeführt werden.

Beispiele

Hawthorne-Effekt

Ein berühmtes Beispiel für das Auftreten von Konfundierung ist das sogenannte Hawthorne-Experiment aus den 1920er Jahren. Der bei diesen gruppenbasierten Beobachtungsstudien in den USA aufgetretene Hawthorne-Effekt beschreibt den Einfluss von Störvariablen auf ein Experiment.

In den Hawthorne-Werken (Illinois, USA), einem Telefonapparate produzierenden Industriebetrieb, wurde in mehreren Versuchsdurchgängen gezielt das Arbeitsumfeld verändert, um die Mitarbeiter zu höheren Produktionsstückzahlen zu motivieren. Neben besserer Beleuchtung wurde in weiteren Schritten jeweils die Wandfarbe verändert oder die Raumtemperatur erhöht. Unmittelbar nach jeder Veränderung konnte kurzfristig eine erhöhte Produktionsrate beobachtet werden, die jedoch nach wenigen Tagen auf das Ausgangsniveau zurückging. Somit führte keine einzige Veränderung des Arbeitsumfelds zu einer dauerhaften Erhöhung der Produktionsrate. Vielmehr lag eine Vermischung verschiedener Variablen bzw. das Auftreten einer dritten Variable (Störvariable), also Konfundierung vor. Die erhöhte Arbeitsleistung ließ sich somit durch eine kurzfristig bewirkte gestiegene Arbeitsmotivation und nicht durch die Verbesserung der Beleuchtung, die Veränderung der Wandfarbe oder die Erhöhung der Raumtemperatur erklären.

Paul C. Cozby nennt dieses Phänomen auch „Third-Variable Problem“. Er führt an, dass etwa kein direkter Zusammenhang zwischen den Variablen Freizeitaktivität und innerer Unruhe bestehen muss, sondern möglicherweise ein höheres Einkommen mehr Zeit für ausgedehnte Freizeitaktivitäten erlaubt. Wenn Einkommen die bestimmende Variable darstellt, lässt sich keine Ursache-Wirkungs-Kette zwischen den untersuchten Variablen Freizeitaktivität und innerer Unruhe feststellen. Die Beziehung wurde durch eine dritte Variable beeinflusst, die eine alternative Erklärung für die beobachteten Effekte darstellt.

Simpson-Paradox

Das Simpson-Paradox ist ein anderes Beispiel in dem Störvariablen eine Rolle spielen.

Siehe auch

Literatur

  • Rainer Schnell u. a.: Methoden der empirischen Sozialforschung. München 1994, ISBN 3-486-22728-9.
  • Jürgen Bortz, Nicola Döring: Forschungsmethoden und Evaluation für Human- und Sozialwissenschaftler. 4., überarbeitete Auflage. Springer-Medizin-Verlag, Heidelberg 2009.
  • Paul C. Cozby: Methods in behavioral research. 10. Auflage. McGraw-Hill Higher Education, Boston 2009, ISBN 978-0-07-337022-4.
  • O. Huber: Das psychologische Experiment. Eine Einführung. Hans Huber Verlag, Bern 2000.
  • Ingeborg Kittmann In: Giselher Guttmann (Hrsg.): Allgemeine Psychologie – Experimentalpsychologische Grundlagen. 2. Auflage. WUV Universitätsverlag, Wien 1994.
  • Christof Nachtigall, Ute Suhl, Rolf Steyer: Einführung in die Konfundierungsanalyse. In: Methevalreport. 2(1), 2000.
  • K. W. Schaie: Methodische Probleme bei der deskriptiven entwicklungspsychologischen Untersuchung des Erwachsenen- und Greisenalters. In: P. B. Baltes, L. H. Eckensberger (Hrsg.): Entwicklungspsychologie der Lebensspanne. Klett-Cotta, Stuttgart 1979.
  • Rainer Schnell, Paul B. Hill, Elke Esser: Methoden der empirischen Sozialforschung. 8., unveränderte Auflage. Oldenbourg-Verlag, München 2008, ISBN 978-3-486-23489-3, S. 208.
  • Winfried Stier: Empirische Forschungsmethoden. 2., verb. Auflage. Springer, Berlin/ New York 1999, ISBN 3-540-65295-7.
  • M. R. Waldmann: Experimente und kausale Theorien. In: D. Janetzko, H. A. Meyer, M. Hildebrandt (Hrsg.): Das experimentalpsychologische Praktikum im Labor und WWW. Hogrefe, Göttingen 2002, S. 13–42.

Einzelnachweise

  1. K. J. Rothman, S. Greenland, T. L. Lash: Modern Epidemiology. Lippincott Williams & Wilkins, 2008, ISBN 978-0-7817-5564-1, S. 130–137. (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche)