Kreatin

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Strukturformel
Strukturformel von Kreatin
Allgemeines
Name Kreatin
Andere Namen
  • Creatin
  • Creatine (englisch)
  • N-Amidinosarkosin
  • N-(Aminoiminomethyl)-N-methyl-glycin
  • α-Methylguanidinoessigsäure
  • CREATINE (INCI)[1]
Summenformel C4H9N3O2
Kurzbeschreibung

weißer Feststoff[2]

Externe Identifikatoren/Datenbanken
CAS-Nummer
EG-Nummer 200-306-6
ECHA-InfoCard 100.000.278
PubChem 586
ChemSpider 566
DrugBank DB00148
Eigenschaften
Molare Masse 131,13 g·mol−1
Aggregatzustand

fest

Dichte

1,33 g·cm−3 (wasserfrei)[2]

Schmelzpunkt

303 °C (Monohydrat, Zers.)[3]

Löslichkeit
Sicherheitshinweise
GHS-Gefahrstoffkennzeichnung [4]
keine GHS-Piktogramme
H- und P-Sätze H: keine H-Sätze
P: keine P-Sätze [4]
Soweit möglich und gebräuchlich, werden SI-Einheiten verwendet. Wenn nicht anders vermerkt, gelten die angegebenen Daten bei Standardbedingungen.

Kreatin oder Creatin (von griechisch κρέας kreas, deutsch ‚Fleisch‘) ist ein Stoff, der in Wirbeltieren u. a. zur Versorgung der Muskeln mit Energie beiträgt. Kreatin wird in der Niere, der Leber und in der Bauchspeicheldrüse synthetisiert, leitet sich formal von den Aminosäuren Glycin, Arginin und Methionin ab und ist zu ca. 90 % im Skelettmuskel vorhanden. Kreatin wurde 1832 von Eugène Chevreul als Bestandteil der Fleischbrühe entdeckt.[5] Der deutsche Chemiker Justus von Liebig wies Kreatin 1847 als Komponente im Fleisch verschiedener Säugetierarten nach.

In der Nahrung und Aufnahme

Kreatin ist vor allem in Fleisch und Fisch in Mengen von etwa 2 bis 7 g pro kg Nahrung enthalten, Muttermilch und Kuhmilch enthalten moderate Mengen an Kreatin, während Obst und Gemüse lediglich Spuren davon enthalten.[6] Bei Tieren kommt Kreatin vorrangig in der Skelettmuskulatur, der Herzmuskulatur und im Gehirn vor, in geringeren Mengen aber praktisch in allen Zellen des Körpers. Generell enthalten weiße, glycolytische Muskelfasern (Sprintmuskeln) mehr Kreatin als rote, oxidative Muskelfasern (Ausdauermuskeln). Wurstwaren weisen im Vergleich zu Frischfleisch einen verminderten Kreatingehalt auf. Während der Zubereitung und der Lagerung von Würsten kann ein signifikanter Anteil von Kreatin durch die Hitzeeinwirkung und die Lagerung in feuchtem Milieu in das Abbauprodukt Kreatinin umgewandelt werden. Z. B. gehen beim Pökeln und Trocknen eines Schinkens während der ersten zehn Monate (Rohschinken) rund 75 % des Kreatins verloren.[7]

Die nicht-enzymatische, spontane Umwandlungsrate von Kreatin zu Kreatinin (chemische Gleichgewichtsreaktion), die besonders in Lösung stattfindet, ist stark abhängig vom pH-Wert, der Temperatur und der Zeit. Unter günstigen Umständen kann Kreatin in wässriger Lösung stunden- bis tagelang – aber nicht monatelang – stabil bleiben. Deshalb sind keine Getränke mit gelöstem Kreatin auf dem Markt.

Da Kreatin temperaturempfindlich ist, geht auch durch Braten von Fleisch bei hohen Temperaturen eine gewisse Menge Kreatin durch die beschriebene Umwandlung in Kreatinin verloren. Die höchsten Kreatinkonzentrationen in Nahrungsmitteln pro Gramm enthalten frischer Fisch oder getrockneter Stockfisch und Frischfleisch oder Trockenfleisch.[8] (siehe Tabelle unten)

Auch beim Menschen wird Kreatin überwiegend in der Skelettmuskulatur gespeichert. Der Körper eines 75 kg schweren Erwachsenen enthält zwischen 120 und 150 g total Kreatin, d. h. von Phospho-Kreatin (PCr, energetisch geladene Form von Kreatin) plus Kreatin selbst. Im ruhenden Körper findet man Phospho-Kreatin und Kreatin (Cr) in einem Verhältnis von rund ⅔ PCr zu ⅓ Cr, vorwiegend in den Skelettmuskeln, im Herzmuskel und im Gehirn, aber in geringeren Mengen auch in anderen Organen und Zellen. In den schnellen, weißen und vorwiegend glykolytisch arbeitenden Muskelfasern z. B. findet man eine totale Kreatin-Konzentration von bis zu 50 mmol/l Muskel-Nassgewicht oder rund 125–145 mmol/kg Trocken-Muskelmasse[9]

Synthetisches Kreatin wird – ebenso wie natürlich in der Nahrung enthaltenes – über den Darm in das Blut der Leberpfortader resorbiert und gelangt anschließend über den Blutkreislauf zu den verbrauchenden Organen und Geweben.[10]

Kreatingehalte verschiedener Lebensmittel (Rohzustand)
Lebensmittel Kreatingehalt g/kg[6]
Hering 6,5–10,0
Lachs 4,5
Thunfisch 4,0 bzw. 2,7–6,5
Kabeljau 3,0
Scholle 2,0
Schweinefleisch 5,0
Rindfleisch 4,5
Milch 0,1
Preiselbeere 0,02

Biosynthese

Synthese Kreatins aus Guanidinoacetat, katalysiert von der Guanidinoacetat-N-Methyltransferase (GAMT)

Kreatin wird darüber hinaus auch im menschlichen Körper in Mengen von 1 bis 2 g pro Tag von der Leber, den Nieren und der Bauchspeicheldrüse gebildet.[10] Etwa die Hälfte der täglich benötigten Menge an Kreatin von ca. 1,5 bis 2 g für Erwachsene wird, vorwiegend in der Leber, aus Guanidinoacetat hergestellt.[11] Guanidinoacetat seinerseits wird aus den Aminosäuren Arginin und Glycin durch die L-Arginin:Glycin-Amidinotransferase (AGAT, EC 2.1.4.1) vorwiegend in Niere und Bauchspeicheldrüse synthetisiert. Für die Methylierung von Guanidinoacetat wird das Enzym Guanidinoacetat-N-Methyltransferase (GAMT, EC 2.1.1.2) sowie eine aktivierte Form der Aminosäure Methionin, das S-Adenosylmethionin (SAM), benötigt. Letztere Reaktion (siehe nebenstehendes Reaktionsschema) findet hauptsächlich in der Leber statt. Obwohl für die Synthese von Kreatin die Aminosäuren Arginin, Glycin und Methionin gebraucht werden, ist Kreatin selbst keine Aminosäure, sondern eine sogenannte Guanidinium-Verbindung mit einem zentralen Kohlenstoff, an den drei Stickstoffatome gebunden sind. Das so im Körper hergestellte Kreatin gelangt von der Leber ins Blut und von dort in die Zielorgane, z. B. Skelettmuskulatur, Herzmuskel, Gehirn, Nerven, Netzhaut des Auges etc.

Chemische Stabilität

Kreatin ist bei Raumtemperatur und trockener Lagerung über mehrere Jahre haltbar.[12] Instabilitäten zeigen sich, wenn Kreatin in Wasser gelöst wird. Das Maß des Kreatinzerfalls in wässrigen Lösungen ist nicht abhängig von der Konzentration, sondern vom pH-Wert. Im Allgemeinen gilt: je niedriger der pH-Wert und je höher die Temperatur, desto schneller ist der Zerfall. Kreatin ist relativ stabil in Lösungen mit neutralem pH-Wert (6,5 bis 7,5). Eine Minderung des pH-Wertes resultiert in einer erhöhten Rate des Zerfalls. Bei einer Aufbewahrung bei Temperaturen von 25 Grad zerfällt Kreatin nach drei Tagen signifikant: 4 % bei einem pH-Wert von 5,5, 12 % bei einem pH-Wert von 4,5 und 21 % bei einem pH-Wert von 3,5. Kreatin zerfällt in wässrigen Lösungen während Lagerungen bei Raumtemperaturen innerhalb mehrerer Tage zu Kreatinin, während der Zerfall bei Kühlung vermindert wird. Wenn Kreatin nicht direkt konsumiert wird, nachdem es in Wasser oder anderen trinkbaren Lösungen aufgelöst wurde, sollte es also bei niedrigen Temperaturen gelagert werden, um dem Zerfall entgegenzuwirken. Der Zerfall von Kreatin kann zudem reduziert oder sogar aufgehalten werden, wenn der pH-Wert entweder unter 2,5 vermindert wird oder wenn der pH-Wert erhöht wird. Ein sehr hoher pH-Wert resultiert in der Deprotonierung der Carbonsäuregruppe zum Carboxylat, dessen Reaktivität gegenüber Nucleophilen im Vergleich zur Carbonsäuregruppe herabgesetzt ist. Dies führt dazu, dass der Zerfallsprozess verlangsamt wird, indem die intramolekulare Cyclisierung erschwert wird. Ein sehr niedriger pH-Wert (unter 2,5) führt zu einer Protonierung der Guanidin-Funktionalität des Kreatinmoleküls und somit zur Abnahme dessen Nucleophilie. Dies hat zur Konsequenz, dass die intramolekulare Cyclisierung zum Kreatinin vermieden wird. Diese Auswirkung findet zudem unter den sauren Bedingungen im Magen statt, weshalb der Zerfall zu Kreatinin aufgehalten wird. Die Umwandlung von Kreatin zu Kreatinin im Magen-Darm-Trakt ist deshalb minimal, unbeachtet von der Aufnahmezeit.[13]

Physiologische Bedeutung

Funktionen und Wirkungen im menschlichen Körper

Strukturformel von Kreatinphosphat

Vor allem für die Muskelkontraktion,[14] aber auch für Hirn- und Nervenfunktion[15] wird Kreatin in Form von Kreatinphosphat (auch Phosphokreatin, PCr) benötigt.[16] Kreatinphosphat stellt die Phosphorylgruppe zur Verfügung, die zur Rückwandlung des bei der Kontraktion entstandenen Adenosindiphosphat (ADP) in Adenosintriphosphat (ATP) genutzt wird.[16] In ruhenden Zellen treten rund 60 % des Kreatins als Phosphokreatin (Energieträger) und 40 % als freies Kreatin (Energievorstufe) auf. Die Menge des im menschlichen Körper gespeicherten Kreatins beträgt bei einer erwachsenen Person 120 bis 150 g, rund 1,5–2 % des Totalkreatins wird pro Tag als Kreatinin über die Nieren mit dem Urin ausgeschieden.

Kreatin ist für die normale Entwicklung des menschlichen Körpers und eine optimale Funktion der Körperorgane (Muskeln, Gehirn, Nerven, Seh- und Hörvorgang sowie die Fortpflanzung) notwendig.[17] Eine Supplementation mit Kreatin kann in Hinblick auf veränderte Lebens- (Stress, Hochleistung) und Ernährungsbedingungen sinnvoll und angezeigt sein.[18]

Kreatin ist für die normale Entwicklung des Organismus, insbesondere des Gehirns während der Embryonalentwicklung und der frühkindlichen Phase, sowie für die normale physiologische Funktion der Muskeln und anderer Körperorgane notwendig. Versuchstiere, bei denen der Kreatingehalt in Muskeln und Gehirn durch Füttern eines Kreatinanalogons (β-Guanidinyl-Propionsäure, GPA) reduziert wurde, weisen deutliche pathologische Störungen in Muskel- und Hirnfunktionen auf.[17] Zudem zeigen transgene Versuchstiere, die keine Kreatinkinase (CK) mehr exprimieren, schwerwiegende pathophysiologische Phänotypen, je nachdem welche der vier Kreatinkinase Isoformen in den Muskeln und/oder dem Gehirn fehlen.[19][20]

Menschen mit dem Kreatin-Defizienz-Syndrom, mit Gendefekten entweder in den beiden Enzymen, die an der endogenen Kreatinsynthese beteiligt sind (AGAT und GAMT) oder im Kreatin-Transporter, dem Protein, das Kreatin in die Zielzellen transportiert, zeigen schwerwiegende neurologische und neuromuskuläre pathologische Störungen, z. B. schwach ausgebildete Muskulatur, Entwicklungsstörungen, Unfähigkeit das Sprechen zu lernen, Epilepsie, Autismus, geistige Behinderungen.[21] Dies belegt, dass eine genügende Versorgung des Organismus mit Kreatin, zusammen mit dem Vorhandensein von Kreatinkinase, für die normale Entwicklung und Funktion der Körperorgane essentiell ist.

Kreatinbedarf bei fleischarmer und -freier Ernährung

Vegetarier und ältere Personen, die kein oder wenig Fleisch essen, können geringe Mengen von Kreatin (maximal 20 % des bei Mischkost über die Nahrung aufgenommenen Kreatins [22]) mit Milchprodukten aufnehmen.[23][24] Säuglinge, die mit auf Soja basierendem Milchersatz gefüttert werden, nehmen genauso wie Veganer kein Kreatin mit der Nahrung auf. Diese Personengruppen weisen im Blutplasma einen signifikant niedrigeren Kreatin-Gehalt als Omnivoren auf und synthetisieren ihren Kreatinbedarf selbst. Bei älteren Personen kann eine häufig geringe Aufnahme an essenziellen Aminosäuren und Vitamin B12, welche zur Kreatinsynthese benötigt werden, vorliegen.[22]

Therapeutische Anwendung

In der Medizin wird Kreatin als Hilfstherapie[25] bei der Behandlung von diversen Muskelkrankheiten wie z. B. der Muskeldystrophie zur Verbesserung des Muskelaufbaus und der Muskelkraft eingesetzt.[26] Eine Anzahl von tierexperimentellen sowie klinischen Studien mit Patienten mit verschiedenen neuro-muskulären und neuro-degenerativen Erkrankungen wie z. B. der Parkinson’schen oder Huntington’schen Erkrankung sowie der amyotrophen Lateralsklerose (ALS) haben das Potential von Kreatin als wertvoller Zusatztherapie aufgezeigt.[15][27] Weitere klinische Studien mit größeren Patientenzahlen werden vor allem in den Vereinigten Staaten durchgeführt.[18]

Kreatin im Sport

Möglichkeiten der Leistungssteigerung durch Kreatinsupplementierung

Ein gesunder Körper produziert viele der für die Aufrechterhaltung der Körperfunktionalität notwendigen Substanzen selbst oder nimmt diese mit einer ausgewogenen Ernährung in ausreichendem Maße auf. Trotzdem hat sich die zusätzliche Zufuhr von Kreatin in einigen wenigen Sportarten als sinnvoll oder zumindest nicht als nachteilig erwiesen. Zu hinterfragen sind allerdings die Mengen der zusätzlichen Zufuhr, die oft sehr hoch angegeben werden. Immerhin entspricht die Einnahme von 5 g Kreatin der Einnahme beim Verzehr von 1,1 kg rohem Rindfleisch.[28]

Eine Wirksamkeit der Kreatinsupplementierung ist sowohl für die Erhöhung der Kurzzeitleistung und Zunahme der Maximalkraft der Muskulatur, zum Beispiel im Gewichtheben oder beim Sprinten,[27] als auch für eine Verringerung der Zellschäden in Ausdauersportarten wie Marathon beschrieben.[29][30] Dadurch kann auch das Trainingsvolumen gesteigert werden.[31] Im Gegensatz etwa zu Carnitin wird Kreatin von den Muskeln aufgenommen, und durch Phosphorylierung des so aufgenommenen Kreatins erhöht sich die Phospho-Kreatin(PCr)-Konzentration und somit auch das Verhältnis von PCr/ATP, was den zellulären Energiezustand der Muskeln verbessert.[32] Eine 2006 verfasste Studie zeigte, dass Kreatin-Supplementation in Kombination mit Krafttraining die trainingsinduzierte Zunahme in der Anzahl von Satellitenzellen und Myonuclei in menschlichen Skelettmuskeln steigern kann, resultierend daraus ein erhöhtes Muskelfaserwachstum.[33] Dieses Wachstum der glykolytischen, schnellen Typ-II-Fasern und der oxidativen, langsamen Typ-I-Fasern[34] ist begleitet von einer Zunahme der Muskelkraft, die sowohl die Sprint- wie auch die Ausdauerfasern betrifft.[35]

Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) hat in einer Erklärung für Kreatin, im Gegensatz zu den meisten anderen Nahrungsergänzungsmitteln, sogenannte Health Claims offiziell anerkannt.[36] Diese akzeptierten Health Claims für Kreatin besagen, vereinfacht gesagt, dass Kreatin-Supplementation zur Steigerung von Muskelmasse und Muskelkraft sowie der Muskelleistung führt, insbesondere bei sehr intensiven und repetitiven Tätigkeiten. Dabei wird eine tägliche Aufnahme von 3 g Kreatin als Bedingung für die Verwendung zur Leistungssteigerung angegeben.[37]

In einem offiziellen Positionspapier der Internationalen Gesellschaft für Sport-Ernährung durch ein internationales Experten-Panel werden basierend auf einer Vielzahl von wissenschaftlichen Publikationen diese und weitere Vorteile einer Kreatin-Supplementation aufgeführt.[38]

Um die Vorräte des Energieträgers ATP zu erneuern, verwenden die Muskeln vor allem in der ersten Minute der Aktivität hauptsächlich Phospho-Kreatin (synonym Kreatinphosphat).[39] Der Ernährungswissenschaftler Andreas Hahn von der Universität Hannover urteilt in seinem Buch Nahrungsergänzungsmittel:

„Der mögliche Sinn von Kreatingaben bezieht sich ausschließlich auf Menschen mit starken sportlichen Aktivitäten, die mit großem Eifer betrieben werden. Aufgrund gegensätzlicher Studienergebnisse kann jedoch nicht grundsätzlich zu einer Ergänzung mit Kreatin geraten werden. Eine kurzfristige Supplementierung von Kreatin (bis zu 8 Wochen) in Mengen von etwa 20 g/Tag in der ersten Woche und 3 g/Tag in der Erhaltungsphase gilt als unbedenklich.“

Ebenso gilt die Dauersupplementierung (Kreatineinnahme über einen längeren Zeitraum) heute als unbedenklich. Nach einem Zeitraum von vier Wochen nach Ende der Kreatinsupplementierung sinkt der muskuläre Gehalt wieder auf den Ausgangswert ab.

Große Leistungssprünge, wie sie vielfach in übertriebenen Ausmaßen von der Supplement-Industrie für Nahrungsergänzungsmittel beworben werden, sind durch die Supplementation mit Kreatin nicht zu erwarten. Das Hauptaugenmerk sollte besonders im Krafttraining auf einer größtmöglichen Trainingsintensität sowie der von vielen Sportlern beobachteten und auch publizierten höheren Trainingskadenz und besseren Erholung und Ernährung liegen.

Nebenwirkungen der Kreatinsupplementation

Kreatin kann in Einzelfällen und praktisch nur während der im Normalfall nicht notwendigen Hochdosisphase (4 × 5 g Kreatin, also insgesamt 20 g Kreatin pro Tag während 7 bis 10 Tagen) zu Blähungen oder leichtem Durchfall führen. Gelegentlich reagieren Anwender mit Muskelkrämpfen. Wissenschaftliche Studien mit einer großen Anzahl von Sportlern zeigen jedoch, dass diese Nebenwirkungen größtenteils auf nicht-verifizierten Einzelbeobachtungen beruhen und dass Kreatin weder signifikante Blähungen noch Muskelkrämpfe verursacht noch zu Verletzungen führt.[40][41][42] Während der Hochdosisphase kann es zudem zu einer Gewichtszunahme von 1 bis 3 kg kommen. Dies ist vor allem auf Wassereinlagerung zurückzuführen, weil mit dem Kreatin über den Kreatintransporter gleichzeitig Natrium- und Chlorid-Ionen in die Zelle gelangen, was dann zu einer Wasserretention führt. Allmählich normalisiert sich die infolge osmotischer Effekte erhöhte Wasseraufnahme in den Muskeln, und es findet im Verlauf der Kreatin-Supplementierung eine effektive Zunahme von Muskelmasse statt, was mit einer 10- bis 20-prozentigen Erhöhung der Muskelkraft einhergeht.[12]

Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) publizierte 2004 ein Gutachten, demzufolge eine tägliche Einnahme von 3 g Kreatin risikofrei ist, sofern das eingenommene Kreatin – vor allem in Hinblick auf Verunreinigungen mit Dicyandiamid-, Dihydro-1,3,5-Triazin-Derivaten und Schwermetallen – von ausreichender Reinheit (mindestens 99,95 %) ist.[43] Die in der Presse immer wieder angesprochene angebliche Schädlichkeit von Kreatin für die Nieren begann im Jahr 1998 und basiert auf den Daten einer Fallstudie, in der eine Kreatinsupplementation die glomeruläre Filtrationsrate der Niere bei einem 25 Jahre alten Mann negativ beeinflusste, der bereits zuvor unter einer Erkrankung der Nierenfunktion litt.[44] Wenige Tage später verbreitete das französische Sportmagazin L'Équipe die Information, dass eine Kreatinsupplementation allgemein schädlich für die Nieren sei.[45] Verschiedene europäische Medien griffen die Neuigkeiten auf und berichteten dasselbe. Der Einfluss einer Kreatinsupplementation auf klinische Parameter, insbesondere welche die Leber und Nierenfunktion anbelangen, ist seitdem in groß angelegten Studien untersucht worden, wobei keine negativen Effekte festgestellt werden konnten.[46][47] Eine 2008 veröffentlichte Vergleichsstudie der Universität München untersuchte Blut und Urin von 60 älteren Parkinson-Patienten über einen Zeitraum von zwei Jahren. 40 Patienten bekamen ein Kreatin-Supplement mit einer Tagesdosis von 4 g, die 20 anderen ein Placebo. Obwohl es in der Kreatingruppe zu einem Anstieg des Serumkreatins kam, blieben alle anderen Marker der tubulären oder glomerulären Nierenfunktion normal, was auf eine unveränderte Nierenfunktion hindeutet. Unerwünscht traten hauptsächlich Magen-Darm-Beschwerden auf.[48] Die 2011 veröffentlichte Übersichtsarbeit von Kim et al. empfiehlt, dass Tagesdosen >3–5 g nicht von Personen mit bereits eingeschränkter Nierenfunktion oder dem Risiko dafür (gegeben zum Beispiel bei Diabetes mellitus, Bluthochdruck und reduzierter glomerulärer Filtrationsrate) konsumiert werden sollten.[49]

An dieser Stelle soll darauf hingewiesen werden, dass die Nieren für ihre normale Funktion selber Phospho-Kreatin und Kreatin benötigen und entsprechend auch das Enzym Kreatinkinase exprimieren.[50] Zudem findet der erste der beiden endogenen Syntheseschritte für die Herstellung von körpereigenem Kreatin in den Nieren statt. Somit kann die immer wieder fälschlicherweise zitierte Gefahr von Kreatin für die Nieren eindeutig verneint werden. Im Gegenteil, da Nierenkranke und Dialysenpatienten weniger total Körper-Kreatin aufweisen, weil 1) die erkrankte Niere weniger zur endogenen Kreatin-Synthese beitragen kann, 2) weil chronisch-dialysierte Patienten durch Auswaschung körpereigenes Kreatin verlieren und 3) Dialysepatienten wenig Fisch und Fleisch konsumieren dürfen und damit eine alimentäre Unterversorgung von Kreatin aufweisen, wurde neuerdings vorgeschlagen, diese Kreatin-depletierten Patienten mit Kreatin zu supplementieren, damit die körpereigenen Pools von Kreatin in Muskeln, Herz und Gehirn wieder normalisiert würden und sich die Patienten kräftiger und weniger müde und depressiv fühlen, d. h., dass deren Lebensqualität signifikant verbessert würde.[51]

In einem Artikel der Mayo Clinic aus dem Jahr 2013 wird auf mögliche Nebenwirkungen und ungünstige Wechselwirkungen (z. B. mit Coffein) hingewiesen und zudem auf den Ratschlag der amerikanischen Gesundheitsbehörde FDA verwiesen, vor Anwendung einen Arzt zu konsultieren.[52]

Literatur

Weblinks

Wikibooks: Biosynthese von Kreatinphosphat – Lern- und Lehrmaterialien

Einzelnachweise

  1. Eintrag zu CREATINE in der CosIng-Datenbank der EU-Kommission, abgerufen am 28. Dezember 2020.
  2. a b Datenblatt Creatine, anhydrous bei AlfaAesar, abgerufen am 24. Oktober 2019 (PDF) (JavaScript erforderlich).
  3. a b c Eintrag zu Kreatin. In: Römpp Online. Georg Thieme Verlag, abgerufen am 16. Juni 2014.
  4. a b Datenblatt Creatine anhydrous bei Sigma-Aldrich, abgerufen am 24. Oktober 2019 (PDF).
  5. M. S. Bahrke, C. Yesalis (Hrsg.): Performance-Enhancing Substances in Sport and Exercise. Human Kinetics, 2002, ISBN 0-7360-3679-2, S. 175. (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  6. a b Hans-Konrad Biesalski (Hrsg.): Ernährungsmedizin: nach dem Curriculum Ernährungsmedizin der Bundesärztekammer. Georg Thieme Verlag, 2004 ISBN 3-13-100293-X, S. 236. (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  7. N. Marušić, M. C. Aristoy, F. Toldrá: Nutritional pork meat compounds as affected by ham dry-curing. In: Meat Sci., 8. August 2012. E-pub, PMID 22910804
  8. Creatin-Einnahme durch Lebensmittel [Kreatinlevel natürlich erhöhen]. (Nicht mehr online verfügbar.) In: kreatin-creatinmonohydrat.de. Kevin Thomaser, archiviert vom Original am 4. März 2016; abgerufen am 10. November 2015.
  9. E. Hultman, K. Söderlund, J. A. Timmons, G. Cederblad, P. L. Greenhaff: Muscle creatine loading in men. In: Journal of applied physiology. Band 81, Nummer 1, Juli 1996, S. 232–237, doi:10.1152/jappl.1996.81.1.232, PMID 8828669.
  10. a b Kreatin (Creatine) im Schwimmen (Memento vom 12. Dezember 2011 im Internet Archive) von Felix Gmünder, Zürich; abgerufen am 8. November 2011.
  11. Markus Wyss, Olivier Braissant, Ivo Pischel, Gajja S. Salomons, Andreas Schulze, Sylvia Stockler, Theo Wallimann: Creatine and Creatine Kinase in Health and Disease – A Bright Future Ahead? In: Subcellular Biochemistry. 2008, Volume 46, S. 309–334, doi:10.1007/978-1-4020-6486-9_16
  12. a b T. Wallimann: Mehr Energie – mehr Leistung Kreatin – warum, wann und für wen? (PDF; 1,1 MB) In: Schweizer Zeitschrift für Ernährungsmedizin. Nummer 5, 2008.
  13. R. Jäger, M. Purpura, A. Shao, T. Inoue, R. B. Kreider: Analysis of the efficacy, safety, and regulatory status of novel forms of creatine. In: Amino acids. Band 40, Nummer 5, Mai 2011, S. 1369–1383, doi:10.1007/s00726-011-0874-6, PMID 21424716, PMC 3080578 (freier Volltext) (Review).
  14. T. Wallimann, M. Tokarska-Schlattner, D. Neumann u. a.: The Phosphocreatine Circuit: Molecular and Cellular Physiology of Creatine Kinases, Sensitivity to Free Radicals, and Enhancement by Creatine Supplementation. In: Molecular System Bioenergetics: Energy for Life. 22. November 2007. doi:10.1002/9783527621095.ch7C
  15. a b R. H. Andres, A. D. Ducray u. a.: Functions and effects of creatine in the central nervous system. In: Brain research bulletin. Band 76, Nummer 4, Juli 2008, S. 329–343, doi:10.1016/j.brainresbull.2008.02.035. PMID 18502307. (Review).
  16. a b T. Wallimann, M. Wyss u. a.: Intracellular compartmentation, structure and function of creatine kinase isoenzymes in tissues with high and fluctuating energy demands: the 'phosphocreatine circuit’ for cellular energy homeostasis. In: Biochemical Journal. Band 281 ( Pt 1), Januar 1992, S. 21–40, PMID 1731757. PMC 1130636 (freier Volltext). (Review).
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