Künstlerische Fotografie

aus Wikipedia, der freien Enzyklopädie
(Weitergeleitet von Kunstfotograf)

Josef H. Neumann: Gustav I (1976)
Hochgeschwindigkeitsfotografie: eine eingeschaltete Glühlampe, wurde mit einer Softair-Pistole beschossen

Als künstlerische Fotografie, Fotokunst oder Kunstfotografie werden Anwendungen fotografischer Mittel bezeichnet durch die ein inhaltliches oder formales Anliegen ausgedrückt werden soll. Ihr Zweck ist meist nicht ausschließlich die kommerzielle Verwertung und sie wird überwiegend nicht durch konkrete Bestellungen - Auftragskunst initiiert. Man spricht auch von „konzeptioneller Fotografie“, also einer intentionellen Herangehensweise, um beispielsweise den Blick auf die Wirklichkeit zu verändern und eine Botschaft, eine Aussage des Fotografen zu vermitteln. Teilbereiche sind die experimentelle Fotografie, die impressionistische Fotografie und die surreale Fotografie.

Auftrag

Impressionistische Fotografie

In der künstlerischen Fotografie kann das Medium Fotografie als künstlerisches Ausdrucksmittel oder zum Erzielen aufklärerischer, sozialkritischer oder anderer ideologischer bzw. politischer Wirkungen verwendet werden. Im Allgemeinen kann bei der künstlerischen Fotografie das Foto auch als Werk bezeichnet werden und ist als bildende Kunst zu verstehen. Nach dieser Definition geben Fotografien nicht die Wirklichkeit wieder, sondern sind die Interpretation eines Moments. Solche künstlerischen Fotografien sind zumeist Teile aus sogenannten Serien. Die Betrachtung der gesamten Serie, anstatt eines einzelnen Werkes, kann das Erfassen der beabsichtigten Aussage erleichtern. In der Kunstfotografie kann es auch zu Korrekturen am Bild im Labor oder am Computer kommen, dabei sind der Kreativität des Künstlers keine Grenzen gesetzt. Die Rechtfertigung für Fotografie als Kunstform lieferte Pontus Hultén treffend:

„Fotografieren ist einfach. Doch die Fotografie ist eine sehr schwierige Kunst.“

Pontus Hulten[1]

Ein wesentliches Thema zeitgenössischer Fotografie ist die Selbstreflexion des Mediums, seiner Geschichte und seiner Wahrnehmung. Der Glaube an die Objektivität einer Fotografie wurde nachhaltig erschüttert und die moderne Digitalfotografie nährt diesen Eindruck zusätzlich. Da unsere Sehgewohnheiten oft formale Gesichtspunkte zur Klassifikation als z. B. typisch für ein Modebild, ein Nachrichtenbild, ein Porträt oder ein Werbebild, heranziehen, fällt der künstlerischen Fotografie eine Erweiterung der Möglichkeiten zu: Das Spiel mit Grenzüberschreitungen oder der Bruch mit Sehgewohnheiten wird so zu einem wesentlichen Stilmittel zeitgenössischer Fotografie.[2]

Entstehung

Eine erste Kunstfotografie entstand Mitte des 19. Jahrhunderts mit dem Bemühen, mit der Kamera die Malerei zu imitieren, wenngleich die technischen Möglichkeiten doch sehr begrenzt waren. Einerseits wurden Bilder z. B. unschärfer gemacht, andererseits wurden in Studios Menschen in malerischen Umgebungen abgebildet, neben einer auf dem Teppich stehenden griechischen Säule beispielsweise. Die ersten Schritte in Richtung künstlerische Fotografie entstanden mit dem Anspruch einer konzeptionellen Fotografie, also eine Fotografie, die neben das tatsächliche Festhalten eines Moments, Bildaussagen, Bildsprache und eine strukturierte Ordnung der Bildelemente im Sinne einer Komposition setzt.

Zu den frühen Pionieren zählten die Fotografen der Brotherhood of the Linked Ring (1892–1909), die der Fotografie einen künstlerischen Anspruch geben wollten.

Die jüngere Differenzierung zwischen künstlerischer und angewandter Fotografie hat sich etwa ab 1945 herausgebildet.

Die Anfänge der künstlerischen Fotografie setzen stilistisch in der Kunst des späten Biedermeier an, deren Ziel die möglichst authentische Darstellung der Wirklichkeit war. Vor allem die bei der Kamera zwingende scharfe Abgrenzung des Bildrandes durch das Bildformat war im Biedermeier bereits gemalt worden, um die Reihung der Motive als Teile ihrer Welt zu zeigen: Kleinbürgertum gegenüber der egozentrischen Sicht des Adels auf die Welt. Auf der anderen Seite war die Fotografie stilbildend für den Impressionismus (Momentfotografie), dessen erste Ausstellung in einem Fotoatelier stattfand, bei Nadar.

Umgekehrt wirkte die Fotografie befruchtend auf die Malerei des Impressionismus zurück. Zufällig wirkende Kompositionen mit angeschnittenen Menschen, Wagen und Tieren hielten ihren Einzug. Robert Demachy hatte die Ballettszenen von Edgar Degas nachempfunden. Edgar Degas seinerseits setzte die Schnappschuss-Wirkung, die absichtsvolle Zufälligkeit von Bildausschnitt und Komposition, als Stilmittel in seinen Gemälden ein. Gustave Caillebotte, der 1876 zum ersten Mal seine Gemälde bei einer Impressionisten-Ausstellung zeigte, warfen seine Kritiker vor, die Wirklichkeit „fotografisch“ also zu realistisch wiederzugeben. Er nahm Techniken und Themen vorweg, die sich erst in den 1920er-Jahren als „Neues Sehen“ in der Fotografie etablierten.[3] Fotografen wie André Kertész, Wols und László Moholy-Nagy weisen eine besondere Nähe zu Caillebottes Werk auf. Ihre Bilder greifen zum Teil dieselben Motive auf oder zeigen einen Ausschnitt aus der gleichen Perspektive. So gibt es zum Beispiel Aufnahmen von Straßen und Plätzen in einer steilen Draufsicht, wie sie schon auf den Gemälden Caillebottes zu finden sind.[3]

Auch der Piktorialismus, eine kunstfotografische Stilrichtung, lieferte Beiträge zur Fotografie als Kunstform. Ziel des Stiles war es, nicht lediglich ein bloßes, einen Augenblick in der Realität festhaltendes Abbild des Motivs herzustellen, sondern eine symbolische Darstellung von Gemütszuständen oder grundlegenden Werten zu erzielen.[4] Seine Blütezeit fand der Piktorialismus zwischen dem Ende des 19. Jahrhunderts bis zum Ersten Weltkrieg, in Japan noch bis etwa 1925; piktorialistische Fotografien wurden allerdings teilweise noch bis zum Ende der 1950er Jahre angefertigt.

August Sanders berühmtes Projekt „Menschen des 20. Jahrhunderts“ ist in seiner enzyklopädischen Anlage gleichzeitig ein Vorläufer der konzeptuellen Fotografie.[2]

Die künstlerische Fotografie löste sich jedoch rasch von Dogmen und gliederte sich in zahlreiche Stilrichtungen und Genres auf, vor allem weil es wenig Sinn macht in „Schulen“ wie in der Malerei zu gliedern. Susan Sontag spricht deswegen eher von Bewegungen, so wie Alfred Stieglitz und die Photo-Secession, Edward Weston und F/64, Albert Renger-Patzsch und die Neue Sachlichkeit, Walker Evans und das Farm Security Administration-Projekt oder an Henri Cartier-Bresson und Magnum Photos.[5] Zu diesen Bewegungen zählt auch die Düsseldorfer Photoschule.

Die Rezeption der künstlerischen Fotografie in Museen und Ausstellungen, die zahlreichen Wettbewerbe zeigen deutlich, das Fotografie eine Kunstform sein kann. Susan Sontag kommentierte treffend: „Das wahre Ausmaß des Thriumphs der Fotografie als Kunst und über die Kunst“, wird erst nach und nach erfasst.[6]

Stilrichtungen und Genres

Mit einem Infrarot-Film erzeugtes Schwarzweiss-Bild

Zur künstlerischen Fotografie gehören zumindest teilweise die Stilrichtungen Dokumentar-, Reportage-, Porträt-, Industrie-, Architektur-, Werbe-, Mode-, Akt-, Natur- und Landschafts-, Genre- und Experimentelle Fotografie. Auch die Dokumentation und fotografische Interpretation künstlerischen Wirkens, wie beispielsweise der Aktionen und Werke des Künstlerpaars Christo und Jeanne-Claude können zur künstlerischen Fotografie gezählt werden. Dabei wird dieses Fotografie-Genre zum Teil der Objektkunst.

Ein Sonderfall der künstlerischen Fotografie ist die Schwarzweißfotografie, bei der die realen Farbhelligkeitsnuancen von Objekten in einem bildgebenden Verfahren in unbunten Grauwertabstufungen, einschließlich der Extremwerte Schwarz und Weiß, auf einem Bildspeicher fixiert werden. Mit seiner besonderen Fähigkeit zur minimalistischen Motivabstraktion eignet sich das Schwarzweißverfahren besonders zur künstlerischen Intensivierung einer Bildaussage. Gerade in Zeiten allgegenwärtiger „bunter Bilder“, die sich ab den 1970er Jahren massiv durchsetzen, ist diese Teildisziplin für viele Fotografen das Ausdrucksmedium ihrer Wahl, wobei sich die grundlegenden fotografischen Problemstellungen kaum von denen der Farbfotografie unterscheiden. Anliegen der Schwarzweißfotografie ist die Reduktion auf Strukturen, Licht und Schatten und die Abstraktion.

Bedeutung für den Kunstmarkt

Das Sammeln von Kunstfotografie setzte ein, nachdem das Medium als Werkzeug der Avantgardisten eine wichtigere Stellung eingenommen hatte. Fotografie, die heute überall auf der Welt als künstlerisches Medium anerkannt ist, wurde ein Feld für den Kunstmarkt und zur Anlage von Sammlungen.[7] Die Gründe dazu sind vielschichtig: Akzeptanz des Mediums als Kunstform, hochwertige Fotografien dank Digitalfotografie und Bildbearbeitungsprogrammen, Alternative zum Markt der Gemälde, sowie Spekulation auf Wertsteigerung.

Historische Kritik

Der Kunstcharakter der Fotografie war lange Zeit umstritten: Charles Baudelaire führte dies bereits in seinem Werk Die Fotografie und das moderne Publikum im Jahre 1859 aus. Baudelaire beschäftigte sich mit dem Einfluss der Fotografie auf die Kunst und ebenso mit den tiefgreifenden Veränderungen der Kunstwahrnehmung: Ästhetische Erziehung und Geschmacksbildung wurde nun neben den klassischen Künsten auch durch die Fotografie bestimmt. Baudelaire sah hier die Geschlossenheit der Künste durch ein neues Medium erweitert. Baudelaire erkannte auch die Konkurrenz innerhalb der Kunst: Der Porträtmaler stand nun dem Porträtfotografen gegenüber. Baudelaire kritisierte die Bestrebungen, die Natur zu kopieren, ohne ihr Wesen zu kennen, als eine gegenüber der wahren Kunst feindlich eingestellte Lehre. Diese Kritik manifestiert sich bis heute: Die realistische oder auch idealisierte Abbildung wird oft kritisiert. Künstlerische Fotografie bedeutet bis heute, Wahrnehmung, Dialog und Schöpfung. Zugespitzt formuliert der Kunsttheoretiker Karl Pawek in seinem Buch Das optische Zeitalter (1963): „Der Künstler erschafft die Wirklichkeit, der Fotograf sieht sie.“[8]

Diese Auffassung, u. a. von Walter Benjamin vertreten, betrachtet die Fotografie nur als ein technisches, standardisiertes, mechanisch reproduzierendes Verfahren, mit dem eine Wirklichkeit auf eine objektive, quasi „natürliche“ Weise abgebildet wird, ohne dass dabei gestalterische und damit künstlerische Aspekte zum Tragen kommen: „die Erfindung eines Apparates zum Zwecke der Produktion … (perspektivischer) Bilder hat ironischerweise die Überzeugung … verstärkt, dass es sich hierbei um die natürliche Repräsentationsform handele. Offenbar ist etwas natürlich, wenn wir eine Maschine bauen können, die es für uns erledigt.“[9] Fotografien dienten gleichwohl aber schon bald als Unterrichtsmittel bzw. Vorlage in der Ausbildung bildender Künstler (Études d’après nature).

Schon in Texten des 19. Jahrhunderts wurde aber auch bereits auf den Kunstcharakter der Fotografie hingewiesen, der mit einem ähnlichen Einsatz der Technik wie bei anderen anerkannten zeitgenössische grafische Verfahren (Aquatinta, Radierung, Lithografie, …) begründet wird. Damit wird auch die Fotografie zu einem künstlerischen Verfahren, mit dem ein Fotograf eigene Bildwirklichkeiten erschafft.[10] William Henry Fox Talbot war bereits vor 160 Jahren der Ansicht, die Fotografie sei „eindeutig ein Werkzeug (...), das in die Hände des findigen Geistes und der Kunst“ gehöre.[2]

Auch zahlreiche Maler des 19. Jahrhunderts, wie etwa Eugène Delacroix, erkannten dies und nutzten Fotografien als Mittel zur Bildfindung und Gestaltung, als künstlerisches Entwurfsinstrument für malerische Werke, allerdings weiterhin ohne ihr einen eigenständigen künstlerischen Wert zuzusprechen. Allerdings gab es auch zuvor schon die Camera obscura die wohl schon Filippo Brunelleschi (1377–1446) bei seiner Anwendung der Zentralperspektive als Hilfsmittel einsetzte. Die Methode von Malern der Fotografie als Skizzenelement wurde auch im 20. und 21. Jahrhundert angewandt. So nutzt David Hockney fotografische Vorlagen (als Polaroid oder auf Film) für Porträts oder in der Landschaftsmalerei, setzte sie aber auch für Fotocollagen im Sinne der Panografie ein.

Auch Fotografen kritisierten teilweise den Mangel an künstlerischem Anspruch. Der Fotograf Henri Cartier-Bresson, selbst als Maler ausgebildet, wollte die Fotografie ebenfalls nicht als Kunstform, sondern als Handwerk betrachtet wissen: „Die Fotografie ist ein Handwerk. Viele wollen daraus eine Kunst machen, aber wir sind einfach Handwerker, die ihre Arbeit gut machen müssen.“ Gleichzeitig nahm er aber für sich auch das Bildfindungskonzept des „entscheidenden Augenblickes“ in Anspruch, das ursprünglich von Gotthold Ephraim Lessing dramenpoetologisch ausgearbeitet wurde. Damit bezieht er sich unmittelbar auf ein künstlerisches Verfahren zur Produktion von Kunstwerken. Cartier-Bressons Argumentation diente also einerseits der poetologischen Nobilitierung, andererseits der handwerklichen Immunisierung gegenüber einer Kritik, die die künstlerische Qualität seiner Werke anzweifeln könnte. So wurden gerade Cartier-Bressons Fotografien sehr früh in Museen und Kunstausstellungen gezeigt, so zum Beispiel in der MoMa-Retrospektive (1947) und der Louvre-Ausstellung (1955). Cartier-Bresson kritisierte sogar Kollegen: „Die Welt ist dabei, in Stücke zu fallen und Leute wie Adams und Weston fotografieren Felsen!“

Fotografie wurde bereits früh als Kunst betrieben (Julia Margaret Cameron, Lewis Carroll und Oscar Gustave Rejlander in den 1860er Jahren). Der entscheidende Schritt zur Anerkennung der Fotografie als Kunstform ist den Bemühungen von Alfred Stieglitz (1864–1946) zu verdanken, der mit seinem Magazin Camera Work den Durchbruch vorbereitete. Auch der Objektkünstler und Fotograf Man Ray versuchte mit fotografischen Methoden Kunst zu schaffen, allerdings auch mit Methoden der Abstraktion, der Bildsprache oder der Symbolik, mit denen er sich von einer realistischen Abbildung abzuheben versuchte.

Erstmals trat die Fotografie in Deutschland in der Werkbund-Ausstellung 1929 in Stuttgart in beachtenswertem Umfang mit internationalen Künstlern wie Edward Weston, Imogen Cunningham und Man Ray an die Öffentlichkeit. Spätestens seit den MoMA-Ausstellungen von Edward Steichen (The Family of Man, 1955) und John Szarkowski (1960er) ist Fotografie als Kunst von einem breiten Publikum anerkannt, wobei gleichzeitig der Trend zur Gebrauchskunst begann. Ein wichtiger Meilenstein war 1947 die Gründung der Bildagentur Magnum Photos, eine unabhängige Fotoagentur und Fotografenagentur. Die zahlreichen bekannten Fotografen von Magnum brachten Bilder von hoher Qualität und Aussage in die Massenmedien und veränderten damit auch die Wahrnehmung der Fotografie durch die Öffentlichkeit. Oft wurde das Zeitgeschehen mit künstlerischen Aussagen der Magnum-Fotografen kommentiert – es entstanden ikonografische Bilder.

Ein anderer Aspekt ist die Nutzung der Fotografie in Mode oder Architektur. Diese „Kunstwerke“ wurden spätestens ab den 1920er Jahren zu Objekten einer künstlerischen Fotografie. Modefotografie und Architekturfotografie schufen nun auch ikonografische Bilder.

Die akademische Unsicherheit im Umgang mit der Fotografie verhinderte lange ihren Einzug in die großen Museen. Selbst in den USA, wo die Fotografie ein wesentlicher Faktor der Emanzipation von der europäischen Kunsttradition war, wurden erst in den 1950er Jahren vermehrt fotografische Abteilungen gegründet.[2] Das Museum of Modern Art in New York verfügt seit seiner Eröffnung im Jahr 1929 über eine eigene Abteilung für Fotografie. Die meisten europäischen Museen begannen erst in den 1960er und 1970er Jahren mit dem Aufbau fotografischer Sammlungen.[2]

Als ein mögliches Kriterium für Fotografien als Kunstform sieht Susan Sontag im Kriterium des Neuen. Neu bedeutet hier das Aufzeigen neuer formaler Möglichkeiten oder Abweichungen der tradierten visuellen Sprache[11], heute würde man also von Bildsprache oder fotografischem Sehen sprechen. Wie für jede Kunstform gilt das Neue als ein essentieller Anspruch an die künstlerische Fotografie. Den von Walter Benjamin aufgezeigten Makel der Fotografie, dem eines mechanisch reproduzierten Objektes, dem die Handwerklichkeit der Malerei und ihre Fähigkeit ein Original zu schaffen abgeht, setzt Sontag entgegen, dass Fotografien durchaus über eine gewisse Authentizität aufweisen können.[11] Fotografien, die eine eigene Bildsprache hervorbringen können und in einen Dialog mit dem Betrachter eintreten, können sehr wohl Kunst sein. Nicht zuletzt gilt auch die Rezeption in Museen und Ausstellungen seit Mitte des 20. Jahrhunderts als ein möglicher Indikator für die zunehmende Herausbildung eines ästhetischen Urteils über Fotografien als Kunst.[11]

Josef H. Neumann: Traumarbeit (1976)

Innerhalb des Chemogramm[12] wird 1974 die bis zu diesem Zeitpunkt vorhandene Schnittstelle zwischen den künstlerischen Medien Malerei und Fotografie kunsthistorisch relevant geschlossen. Das Chemogramm[13] von dem Fotodesigner Josef H. Neumann, in den frühen siebziger Jahren erfunden und exakt spezifiziert,[14] vereint Fotografie und Malerei erstmals weltweit innerhalb der schwarzweißen fotografischen Schicht.[15]

Im Jahr 1977 stellte die documenta 6 in Kassel erstmals als international bedeutende Ausstellung in der berühmten Abteilung Fotografie die Arbeiten von historischen und zeitgenössischen Fotografen aus der gesamten Geschichte der Fotografie in den vergleichenden Kontext zur zeitgenössischen Kunst im Zusammenhang mit der Ausstellung „150 Jahren Fotografie“.

Heute ist Fotografie als vollwertige Kunstform akzeptiert. Indikatoren dafür sind die wachsende Anzahl von Museen, Sammlungen und Forschungseinrichtungen für Fotografie, Ausstellungen, die Zunahme der Professuren für Fotografie sowie nicht zuletzt der gestiegene Wert von Fotografien in Kunstauktionen und Sammlerkreisen. Zahlreiche oftmals nicht trennscharfe Genres haben sich entwickelt, darunter die Landschafts-, Akt-, Industrie-, Architekturfotografie und viele mehr, die innerhalb der Fotografie eigene Wirkungsfelder entfaltet haben. Außerdem entwickelt sich die künstlerische Fotomontage zu einem der malenden Kunst gleichwertigen Kunstobjekt.

Neuere Diskussionen innerhalb der Foto- und Kunstwissenschaften verweisen indes auf eine zunehmende Beliebigkeit bei der Kategorisierung von Fotografie. Zunehmend werde demnach von der Kunst und ihren Institutionen absorbiert, was einst ausschließlich in die angewandten Bereiche der Fotografie gehört habe.

Die Digitalfotografie und die massenhafte Verbreitung von Kameras führte zu neuen Diskussionen über den Kunstgehalt der Fotografie. So ist heute die gewohnte und immer wieder gesteigerte Ästhetik oft ein Kritikpunkt und die geschickte Vermarktung von bekannten Fotografen, die sich in immer neuen Rekorden bei Auktionen widerspiegelt. Technisch perfekte Bilder können Kitsch sein, und nur bekannte Muster reproduzieren, ohne das Neue aufzuzeigen. Kritiker schöner oder perfekter Bilder kehren damit zu Baudelaire zurück: Es kommt auf das Erkennen einer Aussage an, auf Kritik, auf das Neue. Fotografie als Kunstform muss Fragen stellen und einen Dialog auslösen.

Kunstfotografie

Vereinigungen künstlerischer Fotografen

Zeitschriften

Galerien

  • Galerie 291
  • Photographers’ Gallery London
  • Behance Gallery.

Fotografiesammlungen in Museen

Bedeutende Fotografen (Auswahl)

Experimentelle Fotografie

Kunststile, in denen mit experimenteller Fotografie gearbeitet wird

Techniken

Bedeutende Fotografen

Panografie, Fotocollage und Fotomontage

Die Panografie, die Fotocollage und die Fotomontage sind Möglichkeiten aus mehreren Fotos oder auch Bildelementen eine geschlosse Fotografie zu erstellen.

Bedeutende Vertreter:

Entwicklung, Abzüge

Wettbewerbe und Preise

  • Der Dr.-Berthold-Roland-Fotokunstpreis wurde aus Anlass seines 80. Geburtstages am 24. Februar 2008 von der Rheinland-Pfalz Bank gestiftet und ist mit 2000 Euro datiert. Er wird im zweijährlichen Turnus an Nachwuchsfotokünstler verliehen
  • IPA International Photography Awards
  • Deutscher Fotobuchpreis der Hochschule der Medien, Stuttgart
  • Vonovia Award für Fotografie
  • Deutsche Börse Photography Foundation Prize
  • ZEISS Photography Award
  • Sony World Photography Awards
  • Fine Art Photography Award
  • Black & White Spider Awards
  • International Minimalist Award

Ausstellungen

Studiengänge

Siehe auch

Literatur

  • U. Berns: Fotografie und Fotolabortechnik. Itzehoe 1990
  • Otto Croy: Schritt um Schritt zur Foto Grafik. Heering, Seebruck 1964/1972
  • Michael Fried: Why Photography Matters as Art as Never Before. Yale University Press, Yale 2008
  • Stefan Gronert: Die Düsseldorfer Photoschule. Photographien 1961–2008. Hrgg. von Lothar Schirmer. Schirmer/Mosel, München 2009.
  • Walter Koschatzky: Die Kunst der Photographie – Technik, Geschichte, Meisterwerke. Köln 1993
  • Harald Mante, Josef H. Neumann: Filme kreativ nutzen. Verlag PHOTOGRAPHIE, Schaffhausen 1987, ISBN 3-7231-7600-3
  • Fritz Matthies-Masuren: Die künstlerische Photographie. Velhagen & Klasing, Bielefeld/Leipzig 1922
  • Andreas Schalhorn (Hg.): Neue Realitäten. FotoGrafik von Warhol bis Havekost. Wienand. Köln 2011. ISBN 978-3-86832-061-9.
  • H. Schulz: Fotoschule. München 1989.
  • Gabriele Richter, Josef H. Neumann. Chemogramme: Color Foto. Heft 12, 1976.
  • Susan Sontag, Über Fotografie, 17. Auflage, englische Originalausgabe 1977, S. Fischer Verlag, Frankfurt a. M., 2006, ISBN 978-3-596-23022-8. (Standardwerk des späten 20. Jahrhunderts)

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Pontus Hulten, Pantheon der Fotografie (1992)
  2. a b c d e Andrea Gern: Kunstlexikon Fotografie. Hatje Cantz Verlag, 14. Mai 2002, abgerufen am 21. Januar 2020.
  3. a b Karin Sagner, Ulrich Pohlmann, Claude Ghez, Gilles Chardeau, Milan Chlumsky und Kristin Schrader: Gustave Caillebotte – Ein Impressionist und die Fotografie. Hrsg.: Karin Sagner, Max Hollein. Hirmer Verlag, München 2012, ISBN 978-3-7774-5411-5, S. Verlagsinformation.
  4. P. C. Bunnell: Für eine moderne Fotografie – Die Erneuerung des Pictorialismus. Aus: Michel Frizot: Neue Geschichte der Fotografie. Könneman, Köln 1998, ISBN 3-8290-1327-2, S. 311 f.
  5. Susan Sontag: Über Fotografie. 17. Auflage. S. Fischer Verlag, Frankfurt a. M. 2006, ISBN 978-3-596-23022-8, S. 139 f.
  6. Susan Sontag: Über Fotografie. 17. Auflage. S. Fischer Verlag, Frankfurt a. M. 2006, ISBN 978-3-596-23022-8, S. 140.
  7. Ana Bambić Kostov: Kunstfotografie kaufen und sammeln. Abgerufen am 21. Januar 2020.
  8. Karl Pawek: Das optische Zeitalter. Olten/Freiburg i. Br., 1963, S. 58.
  9. W. J. T. Mitchell: Bildtheorie. Frankfurt am Main 2008, S. 63.
  10. vgl. Wolfgang Kemp: Theorie der Fotografie. München 2006.
  11. a b c Susan Sontag: Über Fotografie. 17. Auflage. Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main 2006, ISBN 978-3-596-23022-8, S. 135 f.
  12. Hannes Schmidt: Bemerkungen zu den Chemogrammen von Josef Neumann. Ausstellung in der Fotografik Studio Galerie von Prof. Pan Walther. In: Photo-Presse. Heft 22, 1976, S. 6
  13. Harald Mante, Josef H. Neumann: Filme kreativ nutzen Verlag PHOTOGRAPHIE, Schaffhausen, 1987, ISBN 3-7231-7600-3, S. 94, 95
  14. Thema 3 - Die Hochglanzwelt des Josef H. Neumann im Stadtjournal des WDR. Abgerufen am 16. März 2016.
  15. Gabriele Richter: Josef H. Neumann. Chemogramme. In: Color Foto. Heft 12, 1976, S. 24