LNG Bodenseefähre

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Die LNG-Fähre wird aussehen wie die Lodi.
Zur Unterscheidung dient der hohe Ventilationsmast des FS14

Bei der LNG Bodenseefähre (Arbeitstitel FS14, "Fährschiff 14" der Flotte der von den Stadtwerken Konstanz betriebenen Autofähre Konstanz–Meersburg) handelt es sich um eine Doppelendfähre, deren Rohbau bei der Hamburger Werft Pella Sietas gefertigt wurde. FS14 wird "das erste Binnenfahrgastschiff in Europa sein, das von schnelllaufenden reinen Gasmotoren angetrieben wird". "LNG" ist dabei die Abkürzung von Liquified natural gas, verflüssigtes Erdgas. Die Inbetriebnahme sollte ursprünglich 2020 erfolgen, verzögerte sich aber aufgrund technischer Probleme und Lieferschwierigkeiten im Zug der weltweiten Corona-Pandemie seit 2020 sowie eines Rechtsstreits über Nachforderungen mit der Werft; sie ist nun (März 2022) für das 1. Quartal 2023 angekündigt.[1][2]

Beschreibung

In einem EU-weiten Vergabeverfahren wurde die LNG-Fähre für einen Betrieb zum Transport von mehr als 60 Pkw und 700 Passagieren ausgeschrieben. Auftraggeber sind die Stadtwerke Konstanz; als Klassifikationsgesellschaft zur technischen Abnahme wurde das Bureau Veritas gewählt.

Bei einer Länge von 82,5 und einer Breite von 13 Metern sowie einem Gewicht von ca. 840 t weist das neue Schiff eine Tragfähigkeit von 400 t auf.[2] Äußerlich und mit der gleichen Kapazität entspricht es dabei weitgehend der 2010 in den Dienst der Bodensee-Fährflotte gestellten Lodi. Im Gegensatz zur Lodi wird FS14 allerdings mit verflüssigtem Erdgas (LNG) anstelle von Dieseltreibstoff betrieben. Mit mittlerweile (Frühjahr 2022) fast 25 Mio. Euro geschätzten Baukosten[1] wird das LNG-Schiff das größte und das teuerste Fährschiff auf dem Bodensee sein.

Zum Antrieb werden zwei 8-Zylinder-Gasmotoren der Baureihe 4000 der Fa. MTU Friedrichshafen eingebaut, die jeweils 746 Kilowatt leisten. Die MTU-Maschinen übertragen ihre Leistung auf zwei Voith-Schneider-Propeller. Der LNG-Tank befindet sich in einem separaten hermetisch abgetrennten Raum, der nur durch eine gasdichte Druckschleuse zugänglich ist. Alle Gasleitungen sind doppelwandig und mit integrierten Gasschnüfflern ausgeführt. Sollten Leckagen auftreten, strömt das Gas über einen hohen Ventilationsmast nach außen.

Mit einem um ca. 80 % reduzierten Stickoxid-Ausstoß, einer gegen Null gefahrenen Feinstaub-Emission sowie einen um ca. 15 % geringeren CO2-Ausstoß soll FS14 die 1970 in Dienst gestellte Fontainebleau ersetzen. Der Motor kann auch mit "Bio-LNG" betrieben werden – beim Einsatz von aus erneuerbaren Energien hergestelltem LNG soll das Fährschiff "klimaneutral" betrieben werden können.[2]

Entwicklung

Die Pella Sietas-Werft sollte die Fähre ursprünglich schlüsselfertig liefern: Das Schiff wurde in 17 Sektionen aus 560 Tonnen Stahl in Abmessungen von 13,5 Meter mal 4,5 Meter in Hamburg vorgefertigt, die jeweils ca. 35 Tonnen schweren Sektionen ab Ende Oktober 2019 per LKW-Schwertransport von Hamburg über Leipzig an den Bodensee transportiert. Im österreichischen Fußach am Bodensee erfolgte die Rumpfmontage und der Innenausbau. Ende Juni 2020 wurde das Schiff zu Wasser gelassen und dann zum abschließenden Endausbau in den künftigen Heimathafen geschleppt, den Fährhafen in Staad (Konstanz).[3] Während des Rechtsstreits über Nachforderungen der Pella Sietas-Werft stand der Ausbau still. Mitte September 2021[4] meldete die Hamburger Werft Insolvenz an.[5] Nach vergeblicher Suche nach neuen Werften über den Winter 2021/2022 entschlossen sich die Stadtwerke Konstanz, den Rohbau in eigener Verantwortung fahrtüchtig zu machen und die fehlende Schiffsausrüstung und Anlagentechnik zu installieren. Als Partner hierfür soll eine "im Schiffsbau sehr erfahrene Projektwerft" gewonnen werden.[1]

Kosten

Ursprünglich wurden die Baukosten mit 17,7 Mio. Euro geschätzt. Nach der Überführung des Schiff-Rohbaus nach Konstanz erhob die Hamburger Werft allerdings Nachzahlungs-Forderungen in Millionenhöhe. Über diese kam es zu einem Rechtsstreit, den die Stadtwerke Konstanz mit einer Zahlung von 2,5 Mio. Euro beilegten. Für den Endausbau in eigener Regie werden nun nochmals Kosten von über 4 Mio. Euro veranschlagt. Etwaige Verteuerungen und Lieferschwierigkeiten von Roh- und Betriebsstoffen sowie weiterer Materialien infolge Russlands Überfalls auf die Ukraine Ende Februar 2022 konnten hier noch nicht berücksichtigt werden.[1]

Siehe auch

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b c d Badische Zeitung: Die Problemfähre vom Bodensee wird noch teurer und kommt später - Südwest - Badische Zeitung. Abgerufen am 1. April 2022.
  2. a b c FS14 - Neue LNG-Fähre. Abgerufen am 19. März 2022.
  3. www.pellasietas.com: Pressemitteilung vom 29. März 2020, abgerufen am 28. März 2021
  4. Sietas Werft: Hamburgs älteste Werft pleite, 200 Leute entlassen. Abgerufen am 1. April 2022.
  5. Pella Sietas GmbH | Insolvenz-Portal. Abgerufen am 1. April 2022.